Herr Bäumer, der Antrag, der Ihnen hier heute vorliegt, ist kein Antrag von mir alleine, sondern ein Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, und die haben 69 Stimmen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Und alle wissen, dass das nicht stimmt!)
Ich glaube, wir sollten wirklich etwas mehr über die Inhalte reden und hier nicht diese parteipolitischen Spiele betreiben.
Bei dem Thema der Endlagerung tragen wir für 35 000 Generationen Verantwortung. Wir müssen dabei wirklich sorgfältig arbeiten, weil sich Fehler fatal auswirken können.
Ich finde, wenn man an dieser Stelle über die Endlagerfrage diskutiert, dann müssten wir alle zusammen - das würde ich mir von Ihnen eigentlich auch wünschen - doch einmal bekräftigen, dass der Einstieg in die Atomkraft ein Riesenfehler war, nicht nur wegen Tschernobyl und Fukushima, sondern weil wir durch die Produktion des Atommülls vor nahezu unlösbaren Problemen stehen.
Ich möchte nun auf das eingehen, was gerade zu den Grundzügen des Standortauswahlgesetzes vorgetragen wurde. Ich glaube, dass wir in der jetzigen Situation, in der noch Verhandlungen in Berlin geführt werden, unserer Landesregierung den Rücken stärken müssen, indem wir ihr mitgeben, was wir uns noch von den kommenden Gesprächen erhoffen.
- Ja, das steht in unserem Antrag, und ich lade Sie herzlich ein, wenn Ihr Antrag abgelehnt worden ist, unserem Antrag zuzustimmen.
Aber dann können wir doch nicht gleichzeitig sagen, dass wir uns wünschen, dass die Diskussion über die Einrichtung eines Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung noch einmal aufgerollt und noch einmal insgesamt geführt wird. Das ist doch ein ganz zentraler Punkt dieses Gesetzes.
Aber wenn man in der Gesamtschau einmal berücksichtigt, unter welchen Bedingungen wir überhaupt über dieses Thema diskutieren, dann muss ich wirklich sagen: Es stimmt, ich habe Zweifel an der Ernsthaftigkeit auf Ihrer Seite, was eine ergebnisoffene Endlagersuche angeht.
Ich möchte an den Abschlussbericht des GorlebenUntersuchungsausschusses von CDU und FDP erinnern, der erst wenige Wochen alt ist.
Darin wird ganz klar gesagt: Die Auswahl Gorlebens war nicht nur nach dem damaligem Stand der Wissenschaft und Technik vorbildhaft, sondern sie wäre auch heute noch beispielhaft - - -
Frau Kollegin Staudte, ich suchte immer nach einer Möglichkeit, Sie zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen. Das ist manchmal sehr schwer.
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Jörg Hillmer [CDU]: Was haben Sie gegen Herrn Weil?)
Ich möchte noch auf die aktuellen Entwicklungen eingehen. Wir haben die Beratung über diesen Antrag auf heute verschoben, weil vorgestern das Oberverwaltungsgericht Schleswig zur Frage der Zwischenlagerung in Brunsbüttel entschieden hat. Es hat nach einem fast zehn Jahre langen Streit
entschieden, dass dem Zwischenlager Brunsbüttel die atomrechtliche Genehmigung entzogen wird, weil der Terrorschutz, weil die Folgen eines Absturzes eines A 380 bzw. eines Angriff mit neuen panzerbrechenden Waffen nicht berücksichtigt wurden. Das ist ein wirklich gewichtiger Punkt. Ich glaube, dass wir aus diesem Urteil vor allem eines mitnehmen sollten, nämlich dass Sorgfalt und Sicherheit im Umgang mit Atommüll immer allererste Priorität haben sollten
Deswegen bin ich froh, dass wir als rot-grüne Koalition schon vor dieser Gerichtsentscheidung in unserem Koalitionsvertrag festgehalten haben, dass wir eine Sicherheitsüberprüfung aller Atomanlagen in Niedersachsen anstreben. Wir haben den heute vorliegenden Antrag auch dahin gehend angepasst, dass wir noch einmal die Wichtigkeit der Bund-Länder-Kommission betonen, dass natürlich die gesamte Sicherheitsphilosophie der Zwischenlagerung auch Thema in dieser Kommission sein muss. Ich glaube, es ist sehr richtig, dass wir das hier aufgenommen haben.
Noch ein anderer Hinweis! Die Zwischenlager sind ja der Entsorgungsvorsorgenachweis für den Betrieb der Atomkraftwerke, also ist der Betrieb genehmigt, weil es die genehmigten Zwischenlager gibt. Ich glaube, dass das, da wir mit den Energieversorgern ohnehin noch einmal ins Gespräch kommen müssen, was den Gesamtprozess der Endlagersuche angeht, ein wichtiger Punkt ist, den wir da diskutieren müssen.
Das, was wir klipp und klar sagen und wobei ich mir wirklich ein einheitliches Signal des gesamten Landtags wünschen würde, ist: Wir wollen ausschließen, dass zukünftig weitere Castoren aus der Wiederaufarbeitung nach Niedersachsen kommen. - Das gilt nicht nur für Gorleben - die CDU hatte in der vergangenen Debatte plötzlich wieder das Thema aufgemacht und gesagt „wir wollen die doch nach Gorleben bringen“ -, sondern es gilt selbstverständlich auch für Unterweser und für alle anderen niedersächsischen Standorte.
Dafür sollten wir ein einheitliches niedersächsisches Zeichen setzen. Ich glaube, Herr Thümler - Sie wohnen in der Nähe von Unterweser; das ist mir im vergangenen Monat erst nach der Debatte bewusst geworden -, dass Solidarität an dieser Stelle - und nicht einfach wieder mit dem Finger auf Gorleben zeigen - das erfolgversprechendere Mittel wäre.
Das, was wir in unserem Antrag - ich glaube, es ist Punkt 5, wenn es durch die neue Nummerierung nicht verrutscht ist - noch an Erwartungen für das Standortauswahlgesetz formulieren, sind vor allem zwei zentrale Punkte, zum einen das Bundesamt und zum anderen die Frage der Arbeit der Kommission, deren Zusammensetzung, aber vor allem auch die Unabhängigkeit der Kommission. Wir wollen ja die starke Einbindung der Bürgergesellschaft. Verbände und Initiativen müssen mit ihrem Erfahrungswissen sehr viel stärker berücksichtigt werden, als es bisher vorgesehen ist. Ich fand es sehr schade, dass gestern der Vortrag von Herrn Lammert ausgefallen ist. Er hat ja einen sehr diskussionswürdigen Vorschlag in die Debatte eingebracht, bei dem es darum geht: Politik mit Rederecht, aber das Stimmrecht eventuell infrage stellen.
Wichtig ist aber auch, dass wir wirklich sicherstellen, dass die Geschäftsstelle dieser Kommission unabhängig arbeiten kann und dass nicht über diesen Trick das Bundesamt - das war ja im April anders abgemacht - jetzt schon mit der Arbeit anfangen kann. Es ist im Gesetz so konstruiert,
dass dieses Bundesamt mit 245 Stellen angesiedelt ist zwischen Öffentlichkeit und Bundestag, zwischen Kommission und Öffentlichkeit, zwischen BfS und Bundesumweltministerium. Es hat also überall quasi Filterfunktion. Es darf Unterlagen bewerten und selektieren, es entscheidet, was an maßgeblichen Unterlagen weitergegeben wird und was nicht.
Ich glaube, durch die Geschichte von Gorleben und durch das, was der Untersuchungsschuss zutage gefördert hat, müsste uns allen eigentlich klar sein, dass eine solche Filterfunktion sehr, sehr kritisch zu beurteilen ist. Deswegen ist es uns so wichtig - Sie hatten ja immer dafür plädiert, dass dieser Satz gänzlich rauskommt -, dass dieser
Ich habe mich wirklich sehr gefreut, dass auch Sie gesagt haben, Sie würden hier Sätze und Formulierungen unterstützen
- ein Satz bitte noch! -, in denen appelliert wird, dass die Kritikpunkte aus dem Symposium und aus der Anhörung des Umweltausschusses im Bundestag noch berücksichtigt werden. Es ist ja immer die Frage „Rahmengesetz“. Ich glaube, wenn das Bundesamt erst einmal herausgenommen wird, wenn wir die Kommission anders zusammensetzen, dann haben wir im Prinzip das, was ein Rahmengesetz darstellen würde. Dann könnten wir auch endlich die Zusammenarbeit mit den Verbänden wirklich verbessern. Die Politik kann vielleicht ein Gesetz beschließen. Aber einen wirklich akzeptierten Endlagerstandort zu finden, das werden wir nur insgesamt als Gesellschaft erreichen können.