Meine Damen und Herren, Studien zeigen, dass neben der fehlenden Gründerkultur vor allem die Kapitalbeschaffung ein großes Hindernis beim Gründen darstellt. Banken und Investoren - Sie wissen das - halten sich in der Frühphase der Unternehmensgründung zurück. Crowd Funding als Finanzierungsinstrument ist bei uns noch wenig entwickelt, und insbesondere teuren technikaffinen Start-ups mangelt es an Wagniskapital. Ein notwendiges Capital-Venture-Gesetz scheitert bisher am Bundesfinanzminister. Ich habe es von daher sehr begrüßt, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CDU, dass Sie diese Forderung in Ihrem Änderungsantrag explizit mit aufgenommen haben.
Umso wichtiger sind für Gründungen öffentliche Förderprogramme und Finanzierungshilfen von EU, Bund und Ländern. Laut KfW-Gründungsmonitor schneidet Niedersachsen hierbei im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ganz gut ab. Mit dem Programm MikroSTARTer, dem NiedersachsenGründerkredit und dem bundesweit einmaligen Beteiligungsfonds von Land und Niedersachsens Metallarbeitgebern sowie dem neuen Förderprogramm des Bundes „INVEST - Zuschuss für Wagniskapital“ wird jungen Unternehmen in Niedersachsen geholfen, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen.
Eine weitere Erfolgsgeschichte - Sie kennen Sie aus Ihren Wahlkreisen -: In 30 Technologie- und Gründungszentren des VTN - das ist der Verein Technologie-Centren Niedersachsen - werden heute knapp 700 junge Unternehmen in der Startup-Phase aktiv unterstützt, mit steigender Tendenz. Ich finde, das kann sich sehen lassen.
Zu nennen ist auch das EXIST-Programm des Bundes, mit dem Gründungen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen gefördert und das Gründungsklima verbessert
werden. Im Bundesvergleich hat Niedersachsen übrigens einen Platz in der Spitzengruppe bei der Gründungsförderung durch die Hochschulen. Auch bei den Gründungslehrstühlen ist Niedersachsen ganz vorne mit dabei. Damit sind unsere Hochschulen, liebe Kolleginnen von FDP und CDU, offenbar schon weiter, als Sie es mitbekommen haben. Wir freuen uns darüber sehr.
Auch hat sich inzwischen einiges in steuerlicher Hinsicht getan, Herr Grascha. Mit dem vom Bundestag im Dezember verabschiedeten Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften werden zukünftig bei einem Anteilseignerwechsel die Verlustvorträge von jungen, innovativen Start-ups nicht mehr untergehen. Das ist ein gutes Signal für den Wagniskapitalstandort Deutschland.
Darüber hinaus sind aber auch direkte Steueranreize wichtig, und zwar keine mit der Gießkanne, sondern geknüpft an innovationsfreundliche Bedingungen. Deshalb setzt sich Niedersachsen in einer Bundesratsinitiative für Abschreibungsmöglichkeiten auf Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein. Jeder Euro, der in einem Unternehmen bei den Forschungskosten anfällt, soll die Steuerlast drücken, wovon insbesondere Start-ups in Tech-Branchen profitieren werden. Eine tolle Initiative, von der wir hoffen, dass sie bald Gesetzeskraft erreichen wird!
All diese Initiativen, liebe Kollegen und Kolleginnen, zeigen, dass diese Landesregierung einiges auf den Weg gebracht hat, und erste Erfolge werden sichtbar. So weist der neue Start-up-Monitor 2016 neben den fünf bekannten Gründungsregionen Berlin, Hamburg, München, Rhein-Ruhr und Stuttgart erstmals eine weitere, für Gründer attraktive Region - oder, wie es in dieser Sprache heißt: einen Hub - aus: Es ist Oldenburg/Hannover. Wir gratulieren!
(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Die Reihenfolge hat mir gefal- len!)
Am Schluss möchte ich auf Edison zurückkommen. Was wir alle an ihm bewundern, ist nicht nur sein Erfinder-, sondern auch sein Gründergeist. Genau deshalb - da sind sich wohl alle Fraktionen in diesem Hause einig - müssen wir diesen Gründergeist verstärkt in unsere Schulen und in die Klassenzimmer bringen, und zwar nicht nur als Thema auf den Lehrplan, wichtiger ist vielmehr das Ausprobieren. Wo geht das besser, als in einer eigenen Schülerfirma? - In Niedersachsen gibt es ein Netzwerk aus inzwischen 820 nachhaltigen Schülerfirmen. Dieses Netzwerk wollen wir weiter ausbauen.
Eine große Chance für mehr Gründergeist in den Schulen bietet die Digitalisierungsoffensive der Landesregierung in der Bildung. Schon heute ist jede fünfte Gründung digital, d. h. der Einsatz von digitalen Technologien ist entscheidend für die Realisierung des Geschäftskonzepts. Ich bin davon überzeugt, dass Schüler und Schülerinnen, die heute lernen, mit digitalen Technologien Probleme zu lösen, die erfolgreichen Gründer und Gründerinnen von morgen werden können.
Am Schluss möchte ich mich bei allen Kollegen und Kolleginnen für die sehr konstruktive und intensive Diskussion im Ausschuss bedanken. Es ist schade, dass wir uns am Ende nicht auf eine gemeinsam getragene Entschließung einigen konnten. Aber ich glaube, das Anliegen ist deutlich geworden: mehr Gründergeist, ein besseres Gründerklima für Niedersachsen. Ich glaube, das können wir alle hier unterschreiben. Die SPDLandtagsfraktion jedenfalls wird weiterhin gemeinsam mit der Landesregierung dafür arbeiten, dass junge Gründer und Gründerinnen die besten Rahmenbedingungen in Niedersachsen haben werden.
Vielen Dank, Frau Dr. Andretta. - Es hat sich jetzt Christian Grascha, FDP-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Grascha!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zunächst einmal sehr erfreut, dass wir hier heute auch von der Kollegin
Dr. Andretta einen sehr sachlichen und konstruktiven Beitrag zu diesem aus unserer Sicht sehr wichtigen Thema gehört haben.
Denken wir nur einmal an die erste Beratung dieses Antrags zurück! Der eine oder andere Kollege mag sich noch daran erinnern; das liegt mittlerweile anderthalb Jahre zurück. Damals hat der Kollege Erkan für die SPD-Fraktion gesprochen und hat - ich darf daran erinnern - von „neoliberalen Wertvorstellungen“ gesprochen, die wir „unters Volk … bringen“ wollten, von Zeitverschwendung, womit er unseren Antrag meinte, und hat dann auch unsere Kolleginnen in der Fraktion beleidigt, indem er sie als „fleißige FDP-Bienchen“ bezeichnet hat.
Aber, wie gesagt, darüber sind wir ja glücklicherweise hinweggekommen. So konnten wir in den letzten anderthalb Jahren tatsächlich eine sehr konstruktive Debatte in den Fachausschüssen zu diesem Antrag erleben.
Bedauerlicherweise müssen wir feststellen, dass auch im Jahr 2016 die Gründerdynamik in Deutschland und damit auch in Niedersachsen nachgelassen hat; denn insgesamt ging die Zahl der Gründungen - beispielsweise im gewerblichen Bereich um weitere 6 % - zurück. Das führte wiederum mit dazu, dass sich die Zahl der Unternehmen in Deutschland insgesamt um 33 000 verringert hat.
Das ist in der Tat ein sehr ernst zu nehmendes Problem und eine Wohlstandsgefahr für unser Land. In einem Unternehmen, das nicht mehr existiert, können keine Menschen mehr beschäftigt und keine Familien mehr ernährt werden. Das ist in der Tat eine Wohlstandsgefahr.
Deswegen brauchen wir mehr Gründergeist in unserem Land. Wir brauchen mehr Mut, wir brauchen mehr Mut zu Unternehmertum, und wir brauchen mehr Risikokapital. Wie lautet allerdings Ihre Antwort? - Trotz des charmanten Vortrags muss
ich sie leider kritisieren. - Mit dem Änderungsvorschlag von SPD und Grünen geht es darum, erstens das jetzt schon Vorhandene abzufeiern und zweitens neue Dinge zu prüfen. Dann kriegt das Ganze noch einen grünen Anstrich mit dem Hinweis auf die Green Economy. Aber das wird definitiv nicht reichen, um dieser Herausforderung tatsächlich gerecht zu werden.
Ich habe in den letzten zwei Jahren mit zahlreichen Gründerinnen und Gründern gesprochen. Ich habe während der Vorbereitung auf die heutige Sitzung einmal nachgezählt: Es waren insgesamt 87 Gespräche, die ich zu diesem Thema geführt habe. In diesen Gesprächen wurden mir immer wieder drei ganz konkrete Probleme genannt.
Das erste Problem war die Bürokratie. Wir haben mit einem Car-Sharing-Gründer gesprochen, der sich in den ersten Monaten nach der Gründung mehr mit dem Amt beschäftigt hat als mit seiner Dienstleistung. Aber das kann es doch nicht sein. Es geht also ganz konkret um Fragen wie: Muss ein junger Gründer tatsächlich monatlich eine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben? Hat er tatsächlich die entsprechenden Vorgaben bei den Buchführungs- und bei den Bilanzierungspflichten einzuhalten? - Wir treten dafür ein, dass insbesondere für das erste Jahr nach der Gründung Bürokratiefreiheit geschaffen wird. Der Gründer muss sich um sein Produkt und um seine Dienstleistung kümmern - aber nicht um den Amtsschimmel, meine Damen und Herren.
Das zweite Problem, das immer wieder angesprochen wurde, war die Rechtssicherheit. Viele Gründer wollen Rechtssicherheit haben, was ihre Situation bei den Sozialversicherungen angeht. Wir haben mit einem Gründer gesprochen, der Hausnotrufgeräte herstellt. Er hat sich selbstständig gemacht und hatte eine etwas kompliziertere Gesellschafterstruktur. Ihm war damals, zwei Jahre nach der Gründung, nicht klar, ob er in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Meine Damen und Herren, die Gründer brauchen Rechtssicherheit; denn wenn das nicht geklärt ist, kann das zu massiven Nachzahlungen und damit zu einer existenziellen Bedrohung führen.
Drittens: Die Finanzierung, Stichwort „Risikokapital“, die finanzielle Unterstützung in der Gründungsphase beispielsweise durch das von uns vorgeschlagene Gründerstipendium sind ebenfalls Themen, die aufgegriffen werden müssen.
Meine Damen und Herren, das sind konkrete Probleme. Es bedarf konkreter Lösungen, die den Gründern auch tatsächlich helfen. Aber was Sie in den Änderungsantrag geschrieben haben, sind nur Prüfaufträge und damit Placebos, die uns in keiner Weise weiterhelfen.
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der auch sehr wichtig ist. Eine Studie der Handelshochschule in Leipzig hat zutage gebracht, dass insbesondere Menschen, die eine duale, also eine berufliche Ausbildung haben, besonders häufig Unternehmensgründer werden. Bei ihnen ist die Gründungswahrscheinlichkeit deutlich höher als bei denen, die eine akademische Ausbildung haben. Deswegen ist es so wichtig, dass wir auch die duale Berufsausbildung attraktiv machen.
Ein weiteres ganz wichtiges Thema ist die Unternehmensnachfolge speziell im Handwerk. Probleme dort können wir insbesondere damit lösen, dass wir die duale Ausbildung attraktiver machen.
Aber man muss ebenso deutlich sagen, dass die Politik hier auch falsche Anreize setzt. In internationalen Studien müssen wir uns als Deutsche beispielswiese immer wieder vorhalten lassen, dass andere Länder bei der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen einen Akademisierungsgrad von 40 % haben. Wir haben „nur“ einen Akademisierungsgrad von 25 %. Da wird uns ein Problem eingeredet, das es in Wahrheit aber nicht gibt. Denn wir haben die duale Berufsausbildung, die von der Qualität und den Ergebnissen her wahrlich besser ist als das, was wir vielfach in der Welt sehen.
Deshalb müssen wir unserer Ansicht nach zu einer deutlichen Wertschätzung der dualen Ausbildung kommen. Es darf beispielsweise nicht sein, dass die Politik festlegt, dass das akademische Studium kostenlos ist, aber die Meisterausbildung 5 000 bis 10 000 Euro kostet. Ein Meister muss genauso viel wert sein wie ein Master. Das wäre dann auch wieder ein Grund, warum sich Menschen selbstständig machen.