Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir doch alle darin vereint sind, unsere Kommunen so zu unterstützen, dass sie zukünftig ihre Aufgaben erfolgreich für die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen können. Hierfür steht Rot-Grün. Somit stellen wir mit dem heute zu beschließenden Gesetzentwurf erneut eine hohe Kommunalfreundlichkeit unter Beweis.
Die Begriffe „Kurbeitrag“ und „Fremdenverkehrsbeitrag“ werden in diesem Gesetzentwurf in die zeitgemäßen Bezeichnungen „Gästebeitrag“ und „Tourismusbeitrag“ umbenannt.
Einen neuen Ansatz bringt die Ausweitung des Kreises der erhebungsberechtigten Kommunen. Diese Möglichkeit soll nun auch den Kommunen eröffnet werden, die eine touristische Prägung haben, aber kein Kurort sind. Darüber hinaus sollen Gemeinden, die Gästebeiträge erheben, Kosten abdecken können, wenn sie eine Gästekarte mit kostenloser Nutzung des öffentlichen Perso
nennahverkehrs anbieten. Das ist eine wirklich gute Förderung des Nahverkehrs. Ich finde das großartig.
Für diese Modernisierung und Anpassung habe ich seit langer Zeit geworben. Zum Beispiel für meine Heimatstadt Goslar - es kann aber ebenso die Weltkulturerbestadt Hildesheim genannt werden - ist die Erhebung von Tourismusbeiträgen eine wichtige Möglichkeit, den steigenden Anforderungen an einen modernen Tourismusort bei steigenden Gästezahlen gerecht zu werden. Stetige Investitionen in touristische Infrastruktur sind notwendig, um ein attraktiver Reiseort zu bleiben.
Der durch die Erhebung eines Tourismusbeitrags entstehende Kreislauf zwischen Kommune, Stadtmarketing, vom Tourismus profitierendem Gewerbe und den Gästen führt dazu, dass alle von der verbesserten und gerechten Finanzierung der touristischen Aufwendungen einen Gewinn und Nutzen haben.
Für die Kommunalpolitiker vor Ort ist es gut, dass die Entscheidung in der Tourismuskommune passiert - und zwar am besten in enger Absprache mit allen Beteiligten - und somit die kommunale Selbstverwaltung gestärkt wird.
Ich bedanke mich bei allen - das ist mein letzter Satz -, die diesen Weg möglich gemacht haben, und bitte um breite Unterstützung für diesen wegweisenden Gesetzentwurf.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Saipa. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte!
Vielen Dank. - Hochverehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Kommunalabgabengesetz beschäftigt uns schon seit einiger Zeit.
Ende letzten Jahres sind Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, auf die glorreiche Idee gekommen, das Thema Widerspruchsverfahren an das Kommunalabgabengesetz anzuflanschen. Sie tun dies, anstatt einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, der das wirklich zentrale
Ich sage hier für meine Fraktion, dass man durchaus offen darüber diskutieren kann, ob alles richtig war, was früher gemacht wurde. Aber ein Instrument wie das Behördenoptionsmodell mal eben so im Schnellverfahren an ein Kommunalabgabengesetz anzuflanschen, ohne dass es dazu umfangreiche Anhörungen im Rechtsausschuss geben kann, ohne dass Analysen darüber betrieben werden können, ob Widerspruchsverfahren sinnvoll sind oder nicht und, wenn ja, in welchen Bereichen, das ist wirklich keine saubere Arbeit, die Sie hier abgeliefert haben, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich hätte erwartet, dass Sie ein ordentliches eigenes Gesetzgebungsverfahren zum Thema Widerspruchsverfahren machen. Das haben Sie verpasst. Das ist schlechte Arbeit.
Aber im Entwurf zum eigentlichen Kommunalabgabengesetz ging es ja insbesondere um die Tourismusbeiträge. Der Kollege Saipa hat das gerade angesprochen. Wir Freien Demokraten lehnen diese Neuregelung der Tourismusbeiträge ab, und zwar nicht, weil zukünftig „Tourismusbeiträge“ und nicht mehr „Fremdenverkehrsabgaben“ erhoben werden, sondern weil Sie ein weiteres Instrument schaffen, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Die Betriebe an den Tourismusstandorten haben über die IHK und ihre berufsständischen Organisationen klare Stellungnahmen abgegeben und gesagt, sie können das nicht leisten. Gerade in manchen unserer touristischen Regionen haben wir es mit schwierigen wirtschaftlichen Situationen zu tun, insbesondere auch für die Betriebe. Diese wollen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, aber zusätzlich belasten. Sie gehen wirklich den falschen Weg, wenn Sie den Leuten zusätzliches Geld aus der Tasche ziehen. Das machen wir nicht mit.
Aber der größte Klopper sind die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns in der Analyse einig, dass Straßenausbaubeiträge in manchen Fällen sehr, sehr große soziale Härten mit sich bringen.
Wenn einzelne Familien oder Rentner bis zu sechsstellige Beträge dafür zahlen müssen, dass die Straße ausgebaut wird, was sie an den Rand ihrer Existenz bringt, dann ist uns klar, dass das ein System ist, das es in dieser Form nicht mehr geben darf.
Aber wenn Sie daraus den Schluss ziehen, die Lasten auf mehr Schultern zu verteilen, indem wiederkehrende Beiträge erhoben werden, führen Sie am Ende das System ad absurdum. Gestern Abend hat mir der Bürgermeister einer Stadt mit 30 000 Einwohnern aus der Region Hannover gesagt, dass er nur für die Administration der wiederkehrenden Beiträge zwei neue Mitarbeiter bräuchte - zwei neue Mitarbeiter, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das zeigt, dass dieses Instrument für die Kommunen unpraktikabel ist.
(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Belit Onay [GRÜNE]: Dann sollen sie es lassen! Das ist doch nur eine Option!)
- Ja, natürlich ist das nur eine Option. Aber es ist eine Option, die ins Leere laufen wird, Herr Onay.
Die Option wird ins Leere laufen. Das zeigen andere Bundesländer. Bayern und Hessen sind angesprochen worden. Rheinland-Pfalz hat das Instrument 30 Jahre lang gehabt und hat sich mittlerweile von diesem Instrument verabschiedet. In Bayern gibt es dieses Instrument seit, ich glaube, drei Jahren. Dort gibt es nur drei oder vier Kommunen, die es anwenden - weil es nicht funktioniert, sehr geehrter Herr Kollege. Weil es nicht funktioniert, läuft es als Lösung für die Probleme mit den Straßenausbaubeiträgen - diese Beiträge halten wir ja für falsch - völlig ins Leere; denn damit bieten Sie keine adäquate Alternative.
Die Alternative zu den Straßenausbaubeiträgen kann nur darin liegen, das Kommunalabgabengesetz dergestalt zu ändern, dass diese generell gestrichen werden. Wir Freie Demokraten kämpfen dafür, Straßenausbaubeiträge in Niedersachsen abzuschaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dann ist die Kommune nämlich auch in der Pflicht, ihre Straßen besser zu unterhalten - das wäre der richtige Weg -, und wartet sie nicht darauf, dass die Straße kaputt ist, um es dann den Bürgerinnen
und Bürgern zu überlassen, den Straßenausbau zu bezahlen. Über die Grundsteuer wäre eine Finanzierungsmöglichkeit gegeben, um die Kosten breit auf viele Schultern zu verteilen.
(Gerd Ludwig Will [SPD]: Ein untaug- liches Argument! Die Steuern werden auch von den Bürgern gezahlt!)
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin: Wir Freie Demokraten lehnen diesen Gesetzentwurf ab, weil er einen einzigen Zweck hat, nämlich neue Wege zu finden, den Bürgerinnen und Bürgern Geld aus der Tasche zu ziehen. Das ist nicht unser Weg, Politik zu machen.
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Onay das Wort. Bitte, Herr Onay!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir schaffen mit der Reform des Kommunalabgabengesetzes und den Neuerungen, die wir heute hoffentlich verabschieden werden, zunächst einmal viele Optionen für die Kommunen. Das möchte ich ausdrücklich voranstellen. Wir kommen zu einer Stärkung der kommunalen Handlungsmöglichkeiten. Bei vielen Punkten, die hier angesprochen worden sind, geht es um Optionen, die den Kommunen offenstehen, womit sich eine Stärkung der kommunalen Ebene ergibt: Mehr wird möglich - aber nicht mehr Muss!
Das gilt auch für die Straßenausbaubeiträge. Der Kollege Jan-Christoph Oetjen hat es angesprochen. Auch damit schaffen wir eine Option, die nicht gezogen werden muss, aber gezogen werden kann. Das ist gerade auch mit Blick auf die beschriebene Situation, dass eine derart hohe Zahlung eine soziale Härte bedeuten kann, wichtig; denn wir schaffen mit den wiederkehrenden Beiträgen eine Art Ratenzahlung, sodass man zu einer Streckung über einen längeren Zeitraum kommen kann. Gleichzeitig - auch das scheint mir wichtig - kann über die Festlegung größerer - natürlich zusammenhängender und realistisch abgegrenzter - Gebiete eine Abrechnungseinheit gebildet werden, sodass die Kosten auf mehr Schultern
verteilt werden. Das sind insofern Optionen für Kommunen, wenn sie sich für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen entscheiden, um zu einer sozial verträglicheren Erhebung zu kommen. Diese Option steht den Kommunen offen.
Zu dem Hinweis, dass die kommunale Ebene den Straßenausbau aus der eigenen Kasse zahlen könnte: Auch das erfolgt mit Steuergeldern, meine sehr geehrten Damen und Herren, und auch sie speisen sich aus dem Geld von Bürgerinnen und Bürgern. Von daher hinkt dieser Vergleich ein wenig.
Meine Damen und Herren, auch der Tourismusbeitrag ist wichtig für Niedersachsen. Niedersachsen ist ein wunderschönes Land, das auch über die Landesgrenzen hinaus begeistert und viele Touristinnen und Touristen in die Natur- und Erholungsgebiete lockt, um unsere Gemeinden und Städte zu erkunden.
Um ein attraktives touristisches Angebot vorhalten zu können, bedarf es einer Refinanzierung in den Kommunen. Hierfür kann der Tourismusbeitrag als kommunalabgabenrechtliches Instrument ein wichtiger Baustein sein. Zukünftig ermöglichen wir es weiteren touristisch geprägten Kommunen - nur diesen -, ihre entsprechenden kommunalen Aufwendungen zu refinanzieren. Bisher fielen darunter nur die Kur- und Erholungsorte, z. B. als Küstenbadeorte, also mit staatlicher Zertifizierung. Aber das ändert sich jetzt.
Mit der nun erfolgenden Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes ist es allen touristisch geprägten Kommunen erlaubt, einen Tourismusbeitrag einzuführen. Ich freue mich gerade auch mit Blick auf das Beispiel meiner Geburtsstadt, der Kaiserstadt Goslar. Ich möchte mich auch bei den Initiatoren vor Ort bedanken. Alexander Saipa hat hier ja schon gesprochen. Liebe Julia Hamburg, vielen Dank, dass ihr die Initiative von vor Ort aufgegriffen habt!
In diesem Kontext ist es, glaube ich, ganz wichtig, noch zu erwähnen, was die kommunalen Spitzenverbände sehr gefreut hat: Mit dem Gesetzentwurf wird auf die veränderte Rechtsprechung zu Straßenreinigungsgebühren und zur Tourismusabgabe
im Hinblick auf die Festsetzung von kommunalen Anteilen reagiert. Mit der Pauschalierung kommt es zu einer Neuregelung, die rechtssicherer ist. Das ist gerade für die Handlungsfähigkeit auf der kommunalen Ebene wichtig.
Des Weiteren ist hier das Widerspruchsverfahren angesprochen worden. Mit der Novelle führen wir ein Widerspruchsverfahren wieder ein, und zwar zusammen mit dem sogenannten Behördenoptionsmodell. Es waren CDU und FDP, die das Verfahren damals abgeschafft haben. Jetzt wollen wir wieder die Möglichkeit schaffen, dass eine Behörde bei Vorliegen eines Widerspruchs den Sachverhalt erneut prüft und ein zweites Mal darüber entscheidet. Um den Kommunen die notwendige Flexibilität zu geben, werden wir die Rückkehr zum Widerspruchsverfahren nicht aufzwingen, sondern - wie es der Name „Behördenoptionsmodell“ erahnen lässt - die Option schaffen, dies im eigenen Ermessen zu regeln.