Belit Onay

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Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist schon mehrfach sehr gut aus unterschiedlichen Richtungen beleuchtet worden. Deshalb möchte ich noch ein paar Ideen hineingeben, die die Diskussion
bereichern und vielleicht um ein paar Punkte ergänzen.
Richtigerweise sind schon die Strategie „digital.niedersachsen“ und der Digitalrat für Niedersachsen erwähnt worden. Darauf will ich nicht noch weiter eingehen.
Die Digitalisierung ist für Niedersachsen eine große Chance. Vor allem ist sie, wie Herr Minister Lies schon dargestellt hat, ein Prozess. Rot-Grün ist meines Erachtens sehr gut in diesen Prozess eingestiegen, gerade mit der bereits erwähnten Breitbandinitiative für die Kommunen. Das ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte. Damit haben wir den Kommunen die Möglichkeit an die Hand gegeben, selbst aktiv zu werden. Das ist eine Erfolgsgeschichte. Von 2013 bis 2016 konnte auch aufgrund des kommunalen Ansatzes der Anteil der niedersächsischer Haushalte, die mit einer Breitbandübertragungsrate von 50 Mbit/s versorgt sind, von rund 57 auf 76 % gesteigert werden. In Kooperation mit dem Breitband Kompetenz Zentrum sind wir in Niedersachsen nach meiner Überzeugung sehr gut aufgestellt.
Dass die Bundesebene da noch etwas mehr machen könnte - geschenkt! Darauf will ich nicht noch weiter eingehen. Ich glaube, dass wir mit der fortschreitenden Digitalisierung gerade auch im Bereich der Wirtschaft vor vielen Herausforderungen stehen, aber auch viele Chancen haben. Die Gesundheitsbranche steht ebenso vor einer Transformation wie auch die industrielle Produktion, beispielsweise die Automobilbranche - ein für Niedersachsen wichtiger Bereich. Aber das gilt auch für das Handwerk und für die Dienstleistungsbranchen.
Die Arbeitswelt wird völlig umgekrempelt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das merken wir auch in unserem Arbeitsalltag. Aber auch die Grenzen von Arbeitsort und Arbeitszeit verschwimmen. Die Selbstbestimmung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch die Selbstverwirklichung werden viel stärker zum Thema. Es wird auch darum gehen, neue Freiräume für das Menschsein am Arbeitsplatz zu schaffen, die Familienfreundlichkeit zu stärken und eine ökologischere Arbeitswelt zu schaffen. All das sind, meine sehr geehrten Damen und Herren, große Herausforderungen.
Viel wichtiger in diesem Zusammenhang ist, dass wir darauf achten, dass keine Schieflage entsteht. Zum einen darf es beim Wettbewerb nicht sein, dass große Unternehmen den Vorteil nutzen, den sie logischerweise qua Natur haben, indem sie beispielsweise die ganzen Start-ups am Markt aufkaufen und sich als Global Player Forschung und Entwicklung sowie einen Vorteil sichern. Dabei muss es darauf ankommen, auch politisch weiterhin auf dieses Ungleichgewicht aufmerksam zu machen, das weiterhin kritisch zu begleiten und, wenn notwendig, den kleinen und mittelständischen Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, den Rücken zu stärken, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es ist zum anderen aber auch wichtig, einen Fokus auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu legen. Da ist der digitale Wandel ein Prozess, glaube ich, der das Ganze noch auf den Kopf stellen wird. Ich habe das vorhin schon kurz angesprochen. Laut einer Oxford-Studie rechnen die USA damit, dass in den nächsten beiden Jahrzehnten knapp die Hälfte aller Arbeitsplätze verlorengehen wird. Hierzulande könnten laut der Studie des IAB computergesteuerte Maschinen mehrheitlich die Aufgaben von 1,1 Millionen Beschäftigten übernehmen. Das bedeutet für Niedersachsen, wie die HAZ am 30. November 2016 berichtete, dass zwei von fünf Arbeitsplätzen gefährdet sein könnten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darauf müssen wir eingehen.
Herr Grascha hat es schon kurz angesprochen: Auch der Onlinehandel ist ein Bereich, der davon tangiert ist. Ich möchte dazu nur darauf hinweisen: Wir sollten die Diskussion mutig wagen. Ich erinnere nur daran: Auch unsere Partei hat dazu einmal eine Diskussion angestoßen. Sie merken, welche Reflexe damit zum Teil zusammenhängen. Aber ich glaube, wir sind gut beraten, die Diskussion weiterzuführen.
- Genau, da war etwas, Herr Birkner!
In diesem Kontext erscheint mir auch eine Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen lohnend.
Alles in allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir gerade auch als Niedersachsen sehr gut beraten, die Chancen zu nutzen. Ich habe
es schon mehrfach erwähnt: Der Rechtsausschuss war in Estland und konnte dort in einem Flächenland - ähnlich wie Niedersachsen ist Estland dünn besiedelt und weist eine von der Struktur her ältere Bevölkerung auf - viele Chancen für das eigene Land erkennen. Daran können wir uns ein gutes Beispiel nehmen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der FDP baut - das hat der Kollege Oetjen bereits gesagt - auf einem Beschluss des Städte- und Gemeindebundes auf. Dem kann man erst einmal viel abgewinnen; denn richtig ist: Die Kommunen vor Ort tragen eine sehr große Last.
Um die Kommunen in Niedersachsen bei der Aufnahme von Flüchtlingen finanziell zu unterstützen, hat das Land Niedersachsen die Kopfpauschale mittlerweile auf 10 000 Euro angehoben, ausgehend von knapp unter 4 000 Euro noch unter Schwarz-Gelb. Wir haben die Vorauszahlungen in Höhe von 250 Millionen Euro mit auf den Weg gebracht.
Auch da gibt es übrigens sehr interessante Diskussionen. Die verschiedenen Kreise fordern - ich komme gleich auf Ihren Antrag zu sprechen - oder bringen zumindest in die Diskussion, auch über eine Spitzabrechnung nachzudenken.
Ich komme nun zu Ihrem Antrag, der eine Integrationspauschale von 2 000 Euro vorsieht. Darüber kann man diskutieren. Aber auch da hätten wir das Problem, dass wir das Geld im Grunde wie eine Gießkanne für einen Themenbereich streuen. Sie haben es gerade angesprochen: Die 28 Landesprogramme kommen ja nicht von ungefähr. Wenn wir von Integration sprechen, sprechen wir über ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Denn die Migranten bzw. die Flüchtlinge gibt es so nicht. Es gibt ganz unterschiedliche Alters-, Geschlechts-
und Bildungsgruppen. Auch darüber muss man meines Erachtens nachdenken.
Viel wichtiger bei diesem Antrag ist aber meines Erachtens der Zeitpunkt. Ich habe mich schon etwas gewundert, dass jetzt ein Entschließungsantrag in dieser Form kurz vor Ende der Legislaturperiode eingebracht wird, obwohl wir doch gerade noch über den Nachtragshaushalt diskutiert haben. Dabei hätte man, glaube ich, einen solchen Antrag einbringen müssen, wenn man es ernst meint und Ihre Zählgemeinschaft dahintersteht.
- Ich habe den Zwischenruf gerade nicht einordnen können. Aber gut, ich mache weiter.
Die FDP-Fraktion versucht jedenfalls, sich hier kommunalfreundlich darzustellen.
Herr Oetjen behauptet weiterhin, dass die FDP dies sei.
Dann muss man sich allerdings wundern: Warum gibt es den Widerstand bei der Verabschiedung des Kommunalinvestitionsprogrammes, mit dem die Kommunen ganz viel Geld für kommunale Investitionen erhalten sollen?
Zum Beispiel das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz: 125 Millionen Euro für die Kommunen. Schwarz-Gelb ist ganz groß dabei, das jetzt aktuell im Landtag zu verhindern. Die Kollegen aus dem Wirtschaftsbereich können das leidvoll bestätigen.
Aber wir als Rot-Grün haben da sehr viel auf den Weg gebracht.
Ich habe wenig Zeit für eine Zwischenfrage. Ich würde meine Ausführungen gerne fortsetzen.
Danke schön. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rot-Grün hat da sehr viel auf den Weg gebracht, gerade um die Kommunen zu unterstützen. Wir haben beim Aufbau von Netzwerken zur Qualifizierung und Vermittlung von Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern sowie von Dolmetscherinnen und Dolmetschern und beim Ausbau der Flüchtlingssozialberatung angesetzt. Übrigens ist die Kooperative Migrationsarbeit Niedersachsen der Bereich, in dem gerade die Ehrenamtlichen, die den ersten Kontakt zu den Flüchtlingen haben, eine Mordsarbeit geleistet haben. Auch einen ganz herzlichen Dank an die hilfreichen Beraterinnen und Berater, die den Ehrenamtlichen hier zur Seite gestanden haben!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Strich haben wir als Rot-Grün in Niedersachsen sehr viel gemacht, um die Kommunen zu unterstützen. Wir können uns gerne auch über diesen Vorschlag der FDP-Fraktion unterhalten. Ich weiß aber, ehrlich gesagt, gar nicht - da fehlt mir ein bisschen die Fantasie -, wann das in den wenigen Sitzungen geschehen soll, die noch anstehen.
Wenn wir aber darüber diskutieren, dann möchte ich auch gerne die Frage aufwerfen, wie sich die Kosten zusammensetzen. Das betrifft die Analyse der Kosten. Da sind wir ein Stück weit in der Diskussion zur Spitzabrechnung. Aber ich glaube, es wäre spannend, einmal zu gucken, welche Kosten da tatsächlich auf die Kommunen zukommen. Dann können wir auch darüber sprechen, wie wir die Kommunen in Niedersachsen bei der - hoffentlich erfolgreich - Integration unterstützen können.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP bot ja eine ganz gute Möglichkeit, einige Punkte aus dem Bereich Integration noch einmal zu diskutieren. Herr Kollege Oetjen hat zwar versucht, den Eindruck zu erwecken, die Landesregierung wäre hier blank, aber tatsächlich ist das absolute Gegenteil der Fall. Die Unterrichtungen im Fachausschuss und in den anderen Ausschüssen haben noch einmal deutlich gemacht, welche Bandbreite an Maßnahmen und Instrumentarien in diesem Bereich zum Einsatz kommen.
- Ja, die Kommission ist von den Inhalten und Instrumentarien, die in der Unterrichtung vorgestellt wurden, ebenfalls sehr begeistert gewesen.
Aber zur Sache: Sie sprechen in Ihrem Antrag den Schulunterricht in den Erstaufnahmeeinrichtungen an. Das ist ein sehr wichtiges Feld, völlig richtig. In der Unterrichtung wurde noch einmal deutlich gemacht, wie die Kooperation und wie die sogenannten interkulturellen Lernwerkstätten funktionieren.
An dieser Stelle besteht ja keine Schulpflicht. Ob das so richtig ist, darüber kann man diskutieren; da gibt es ein starkes Für und ein starkes Wider. Aber gerade da muss man, glaube ich, schauen, dass eine wirklich gute Vorbereitung auf die Regelschule erfolgt. Es gibt 20 Vollzeitstellen im Wege der Abordnung, und in einem Update 2017 - das ist auch dargestellt worden - ist eine Kooperation mit den lokalen Bildungseinrichtungen angedacht. Das funktioniert ebenfalls sehr gut.
Es gibt auch eine weitergehende Konzeption in Zusammenarbeit zwischen MI und MK, nämlich die Potenzialerfassung und Lerndokumentation, um erfolgreiche Bildungsbiografien zu ermöglichen.
Ein anderer Punkt, auf den Sie in Ihrem Antrag eingehen - und den wir übrigens schon im Vorfeld mit einem anderen Antrag gemeinsam unterstützt haben -, sind die sogenannten Wegweiserkurse. Das sind 30 Stunden. Im Anschluss fördert das Land Sprachkurse vor Ort.
An dieser Stelle muss ich vielleicht doch einmal von der Landesebene weg. Das Land fördert nämlich unabhängig von den sogenannten Bleiberechtsperspektiven, während das BAMF die Förde
rung der Kurse auf einen viel kleineren Bereich von Menschen eingrenzt.
Auch zum Bereich der Kindertagesstätten haben Sie in Ihrem Antrag einiges gesagt.
Zur Sprachbildung und Sprachförderung gibt es eine Richtlinie, die mit 12 Millionen Euro Landesmitteln jährlich hinterlegt ist. Viel wichtiger ist aber, dass bereits jetzt die Mindestzahl von 25 Kindern in solchen Gruppen unterschritten werden kann. Sie fordern das in Ihrem Antrag, aber das ist bereits jetzt möglich, wenn dargestellt wird, dass es gerechtfertigt ist.
Im Bereich des Arbeitsmarktes fordern Sie Patenschaften - so nennen Sie das - von Unternehmen für Flüchtlinge, um eine Zusammenführung zu erreichen. Hier gibt es bereits die sogenannten überbetrieblichen Integrationsmoderatorinnen und -moderatoren. 3 Millionen Euro stellt das Land dafür zur Verfügung. Das ist eine Unterstützung von Betrieben, von Unternehmen. Das ist so ein bisschen wie eine Kupplung: Flüchtlinge auf der einen Seite und Betriebe auf der anderen Seite sollen zusammengebracht werden, um Praktika, Ausbildung, Beschäftigung usw. zu ermöglichen.
Auch Arbeitsmarktintegrationsmaßnahmen sind in diesem Bereich zu nennen. Das ist allerdings abhängig vom Status; da sind Sie etwas ungenau. Es gibt unterschiedliche Status - darüber hatten wir auch in der Unterrichtung diskutiert -: Flüchtlinge, Asylsuchende, Geduldete, Asylberechtigte. Die Vorlaufzeit beträgt in dem Bereich drei Monate bis zum Arbeitsmarktzugang. Und dann stehen, je nach Status, die Instrumente nach SGB III zur Verfügung.
Nun komme ich noch zu der Forderung des Städte- und Gemeindebundes. Er beschreibt die Situation natürlich richtig: Wir sind ein Stück weit aus der Situation mit der Abdeckung durch eine Kostenpauschale raus; der Rechtskreis ändert sich. Aber wenn die SGB-Leistungen zum Tragen kommen, muss auch der Bund mit einsteigen.
Alles in allem - damit schließe ich - sehen Sie aber, dass das Land gerade mit Blick auf die Forderungen in Ihrem Antrag sehr gut aufgestellt ist.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Thiele, ich möchte drei Punkte aus Ihrer Rede noch einmal herausgreifen. Die beiden Fehler, die Sie offensichtlich gemacht haben, sind zum einen, dass Sie von einem Ewigkeitsvertrag sprechen. Offensichtlich haben Sie den Vertragstext nicht gelesen. Artikel 14 sieht ausdrücklich eine Anpassungsklausel vor,
wonach spätestens jeweils nach fünf Jahren eine Erneuerung des Vertrags auf der Grundlage der Gegebenheiten vorgenommen werden soll.
Auch der Fragenkatalog, den, wie ich meine, die FDP an den GBD gestellt hat, und die Antworten darauf beschäftigen sich mit der Frage, ob es eine Kündigungsmöglichkeit für solche Verträge gibt. Auch dazu gibt es eine eindeutige Aussage des GBD, dass dies nach geltender verfassungsrechtlicher Lage möglich ist.
Aber auch die Transparenz gerade mit diesem Vertragstext auf der Homepage, mit den Fragen und mit den Antworten des GBD, mit dem ganzen Prozess, den das Kultusministerium im Vergleich zu allen anderen Verträgen ähnlicher Art so transparent gestaltet hat, spricht für sich.
Da sind auch Ihre Unterstellungen, es seien Hinterzimmergespräche, wirklich mehr als unfair.
Aber der eigentliche Fehler - nein, es ist gar kein Fehler -, das eigentliche Problem, das in Ihrer Rede deutlich geworden ist und hier auch zum Tragen kommt, ist doch Folgendes: Wir haben bei dieser ganzen Diskussion, wenn wir über muslimische Vereine, Verbände, über muslimisches Leben in Deutschland und auch in Niedersachsen sprechen, immer diesen Ausflug in diesen außenpolitischen, in diesen weltpolitischen Kontext, obwohl es sich ja hier bei den Muslimen faktisch um Inländer und nicht um Ausländer handelt.
Zugegebenermaßen - ich glaube, da sind wir wieder zusammen - liefert gerade die DITIB mit ihrer Struktur viel Munition für diese Vorwürfe. Das ist eben ihre Abhängigkeit von der Türkei. Ich habe ja in meiner Einbringungsrede damals darauf hingewiesen, wie das zustande gekommen ist. Damals, in der Wirklichkeit der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, hat man genau diese Strukturen festgeklopft.
Zu Recht fordern die islamischen Verbände auch eine Anerkennung. Das steht ihnen qua Verfassung unbenommen auch zu. Aber ich glaube - das möchte ich ausdrücklich betonen -, dass es auch für die islamischen Verbände falsch ist, sich nur auf rechtliche Statusfragen und Anerkennungsfragen zu kaprizieren und zu fokussieren. Ich glaube, es geht um mehr. Da muss ich auch sagen, dass mich das Krisenmanagement gerade des Bundesverbandes der DITIB wirklich verzweifeln lässt. Ich frage mich, ob man dort die Tragweite dieser Krise wirklich erkannt hat. Bei dieser aktuellen Krise geht es nämlich nicht nur um rechtliche Statusfragen oder Vertragsfragen, sondern um die Glaubwür
digkeit sowohl der DITIB als auch der islamischen Religionsgemeinschaften. Spätestens mit dem Rücktritt des frustrierten Vorstands der DITIB-Jugend wird klar, dass man hier die Zukunft der eigenen Jugend verspielt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen sehen wir doch, was das eigentlich für das muslimische Leben in der Fläche bedeutet.
Gerade jetzt aktuell, im Ramadan, sind sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen zum Fastenbrechen vor Ort eingeladen. Sie hören die Diskussionen. Sie sehen, was in den Gemeinden vor Ort gemacht wird. Sie sehen das ehrenamtliche Engagement, das wir auch bei der Flüchtlingsthematik beobachten konnten. Da zeigt sich, dass es in der Fläche nicht um Innen-, Außen- oder Weltpolitik geht, sondern um konkrete Fragen, um eine Ausgestaltung des Zusammenlebens.
Da stellt sich gerade für die muslimische Jugend natürlich nicht gar mehr die Frage der Zugehörigkeit zu Deutschland. Es geht vielmehr darum, diese Zugehörigkeit mit Handeln, mit Visionen, mit Leben zu füllen. Und da liefert die DITIB-Zentrale zurzeit leider keine Antworten.
Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir hier in Niedersachsen mit der DITIB und dem Landesvorsitzenden eine etwas andere Situation haben. Ich habe mich sehr über die kritischen - selbstkritischen - Einlassungen und Aussagen des Landesvorsitzenden, Yilmaz Kiliç, sowohl zu den Spionagevorwürfen als auch bei anderen Gelegenheiten gefreut. Ich glaube, damit hat er vielen Menschen aus der Seele gesprochen.
Deshalb war es auch wichtig, dass die Landesregierung den Dialog, den schon die Vorgängerregierungen - egal welcher Couleur - geführt haben, fortgesetzt hat, dass sie ihn vertieft hat und weiterhin versucht, mit einem Dialog aus dieser Sackgasse herauszukommen.
Wer übrigens eine Positionierung des Ministerpräsidenten Stephan Weil haben möchte, den möchte ich gerne auf die wirklich bemerkenswerte Rede hinweisen, die er beim Fastenbrechen bei der Schura gehalten hat. Das war, glaube ich, eine sehr gute Beschreibung der aktuellen Situation: des strukturellen Problems der Verbände, das ich
gerade beschrieben habe, aber auch der großen Skepsis, mit der die Mehrheitsbevölkerung auf Islam und Muslime hier in Deutschland schaut. Die Umfragen sehen da ein wirklich schwieriges Selbstbild, ein verzerrtes Selbstbild:
Obwohl 90 % der Bevölkerung ein liberales Selbstbild von Religion und von anderen religiösen Gruppen pflegen und möchten, stimmen doch knapp 50 % der Aussage zu, dass die Ausübung des islamischen Glaubens stark eingeschränkt werden sollte.
Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns aktuell in der Politik, aber auch in der Gesellschaft bewegen. Darauf muss es natürlich Antworten geben, -
- im Dialog mit den Religionsgemeinschaften.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wissen ist Macht, Macht ist Wissen.“ So lautet ein überliefertes Zitat des SPDGründervaters Wilhelm Liebknecht.
Bis heute, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich das nicht geändert. Das hat Herr Genthe ja schon richtig dargestellt. Auch die Arbeitsfähigkeit des Parlaments ist davon abhängig, dass es Informationen erhält. So geht es auch Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb ist es nur konsequent, dass die Justizministerin heute ein Transparenzgesetz für Niedersachsen eingebracht hat.
Nachdem diese Koalition und die Landesregierung schon im Bereich der Kommunen, nämlich mit dem NKomVG, die Bürgerbeteiligung verbessert und ausgeweitet haben und damit schon einen wichtigen Schritt hin zu mehr Demokratie gegangen sind, ist das Transparenzgesetz nun ein weiterer Meilenstein. Denn mehr Transparenz ist elementar - das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner betont -, entscheidend für die Meinungsbildung, für das Sich-Einbringen und die Teilhabe an politischen Prozessen. Nur ein Wissensgleichstand liefert eine Grundlage für Diskussionen, für einen politischen Austausch, unter Umständen auch für
Kontroversen und vor allem auch für die Kontrolle von Verwaltung, Politik und Staat.
Deshalb ist das Herzstück dieses Gesetzentwurfs das Informationszugangsgesetz. Damit wird Bürgerinnen und Bürgern endlich ein einklagbarer, voraussetzungsloser Rechtsanspruch auf den Zugang zu staatlichen Informationen verschafft. Das ist richtungsweisend für Niedersachsen und sollte auch die liberalen Kolleginnen und Kollegen freuen.
Die Zeiten, in denen sich Bürgerinnen und Bürger für Informationsbegehren rechtfertigen mussten, werden dann vorbei sein. Andersherum müssen sich jetzt Behörden rechtfertigen, wenn sie Informationen verweigern.
- Da kann man ruhig applaudieren; denn das ist tatsächlich ein Kulturwandel in unserer Bürokratie und Verwaltung.
Anträge auf Informationszugang sind nunmehr formlos möglich und bedürfen keiner weiteren Begründung. Die Informationen sollen relativ schnell - in der Regel innerhalb eines Monats - erfolgen. So sieht es jedenfalls dieses moderne Transparenzgesetz vor, das uns heute vorgelegt wurde.
Dabei muss sich niemand Sorgen machen, dass der Nachbar eventuell bald die eigene Steuererklärung in den Händen hält oder die öffentliche Sicherheit in Gefahr ist. Private und öffentliche Interessen werden geschützt und können einen Informationszugang ausschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Auch ein übermäßiger Verwaltungsaufwand, wie er hier immer wieder zur Sprache gebracht wurde, droht nicht. Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Bundesländern.
Auch mit Blick auf die zum Teil geäußerte Kritik, dass weniger normale Bürgerinnen und Bürger und eher Akteure aus der Wirtschaft bzw. Anwälte und Unternehmen davon profitieren, zeigt eine Evaluation des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes aus dem Jahr 2012 ein anders Bild. Denn mit Abstand sind die meisten Anträge zwischen 2006 und 2011 - nämlich 43 % - von Bürgerinnen und Bürgern gestellt worden. Das zeigt auch, wie groß das Interesse an Informationen über das staatliche Handeln ist.
Gleichzeitig ist sehr zu begrüßen, dass vorgesehen ist, dass der Staat eine Transparentmachung
sozusagen aktiv und eigeninitiativ mitträgt, indem er Informationen für Bürgerinnen und Bürger frühzeitig zur Verfügung stellt und in ein Register einstellt.
Wie Sie wissen, ist dieses Gesetz uns Grünen seit nunmehr fast einem Jahrzehnt ein großes Anliegen. Der Kollege Limburg nickt aus eigener Erfahrung. Nun rückt dieses Gesetz in greifbare Nähe. Deshalb danke ich der Justizministerin ausdrücklich und beglückwünsche sie für die Einbringung dieses Gesetzentwurfs.
Dieser Gesetzentwurf - das hat die Ministerin schon ausgeführt - ist ein Kompromiss, und zwar ein, wie ich finde, guter Kompromiss, der versucht, eine Balance zwischen Schutz- und Informationsrechten herzustellen. Wir als Parlament haben - das hat der Kollege Schmidt schon gesagt - jetzt den Ball in unserem Spielfeld und müssen darüber noch intensiv diskutieren. Dazu wird es noch Unterrichtungen und Anhörungen geben; darauf bin ich schon sehr gespannt. Denn es geht hier um nichts Geringeres als um einen tatsächlichen Kulturwandel von einem eher preußischen Verständnis des Amtsgeheimnisses hin zu einem noch transparenteren Staat. Man kann sich dann natürlich auch einmal anschauen, wie das in anderen Bundesländern gehandhabt wird. In Hamburg gibt es z. B. eine Kostendeckelung - das wurde angesprochen.
Die Ministerin hat auch schon ausgeführt, dass nach fünf Jahren eine Evaluation vorgesehen ist, sodass wir die Diskussion dann fortsetzen werden.
Letztendlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dies, glaube ich, ein großer Sprung für Niedersachsen in Richtung von mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Bürgerbeteiligung. Deshalb freue ich mich auf die Beratungen und wünsche Niedersachsen viel Spaß mit diesem Gesetz.
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen die Debatte zur Videoüberwachung nun in relativ kurzer Zeit erneut. Es gab ja den Antrag der CDU zu diesem Thema. Auch dazu habe ich unsere Position deutlich gemacht, dass wir nicht vollumfänglich gegen
Videoüberwachung sind, aber dass Videoüberwachung natürlich Grundrechte tangiert und deshalb geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, sprich: die Verhältnismäßigkeit bei diesen Eingriffen in die Grundrechte gewahrt werden muss.
Wir haben jetzt durch den FDP-Antrag, den ich in vielen Punkten relativ sympathisch finde, wieder die Möglichkeit, darüber zu diskutieren. Sie sprechen u. a. das Thema Monitoring an. Das ist immer ein bisschen eine Erwiderung auf die Kritik, dass eine Videokamera eben nicht sofort zu Hilfe eilen kann bzw. sofort Hilfe garantiert. Wenn aber eine Person hinter der Kamera sitzt, ist dies möglich. Ich schließe mich aber der Kritik des Kollegen Becker dazu ausdrücklich an, der darauf hingewiesen hat, dass das von Lagebildern und von Situationen abhängig sein muss. Dazu habe ich schon die Frage, ob der Bedarf für Niedersachsen in diesem Umfang so besteht. Da, wo der Bedarf besteht, wo die Lage so ist, dass dort eine Videoüberwachung bzw. eine Hilfe notwendig ist, wird ja auch entsprechend verfahren.
Darüber hinaus möchte ich aber vor allem auf einen Punkt eingehen, der mir ziemliche Bauchschmerzen bereitet. Ich meine die Frage der intelligenten Videoüberwachung und die Frage der rechtlichen Grundlage. Ich glaube, da sind wir relativ nahe beieinander. Mir geht es vor allem um die Möglichkeiten, die dort geschaffen werden. Es gibt zu dieser Frage ein sehr gutes Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, der sich mit dieser Frage beschäftigt hat - ich kann Ihnen allen dieses Gutachten wärmstens empfehlen -, weil die Bundespolizei in Berlin jetzt am Bahnhof Südkreuz solche Technik als Pilotprojekt einsetzt. Ich finde, das ist ein differenzierter Ansatz. Das Gutachten weist darauf hin, dass es dem Gesetzgeber natürlich unmöglich sei, technische Entwicklungen präzise vorherzusagen und Normen dementsprechend offen zu formulieren. Dieser Hinweis ist als Prämisse für uns wichtig.
Ich zitiere weiter: Für den Einsatz eines derartigen Instrumentes - es geht hier um die intelligente Videoüberwachung - bedürfe es zuerst der gesetzgeberischen Entscheidung und der entsprechenden Ergänzung der Rechtsgrundlagen.
Das Wichtigste, was in diesem Gutachten steht, ist der Hinweis auf die verfassungsrechtlichen Probleme, die dadurch drohen. Darin heißt es nämlich: Dabei steht jedoch weniger die Verwendung intelligenter Videoüberwachungssysteme zum Zwecke des Abgleichs mit polizeilichen Datenbanken, son
dern vielmehr die Selektion verdächtiger Verhaltensweisen und bestimmter äußerer Erscheinungsmerkmale im Vordergrund. - Da, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommen wir schon zu dem Punkt, der mir Bauchschmerzen bereitet, nämlich dass solche Videokameras nicht nur die äußere Erscheinung, also das Gesicht als Personalausweis, sondern auch Verhaltensmuster erkennen können.
Der Begriff „Videoüberwachung“ ist in der Hinsicht etwas irreführend. Denn dabei geht es nicht nur um Videoüberwachung, sondern vielmehr um Verhaltenskontrolle, indem problematisches Verhalten einen Alarm auslösen kann. In Boston ist das System nach dem Anschlag auf den Marathon schon eingeführt worden. Am Flughafen in Sydney und in Australien wird es mehr und mehr eingeführt. Wir erleben immer mehr, dass sich durch Videoüberwachung auch das Verhalten der Personen verändern kann. Es gab ja immer diesen Grundsatz, dass Videoüberwachung schon zu einem diffusen Gefühl des Beobachtetseins führen kann. Was soll dann die Verhaltenskontrolle mit sich bringen. Auch stellen sich die Fragen: Wer definiert, welches Verhalten problematisch ist? Wer sieht problematisch aus?
Ich glaube, wir haben mit diesem Antrag eine gute Diskussionsgrundlage. Ich freue mich jedenfalls auf die Debatte im Innenausschuss.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Videoüberwachung, wie die CDU sie hier fordert - das haben wir ja schon bei der ersten Debatte und auch im Ausschuss deutlich gemacht -, können wir so nicht mitgehen. Insbesondere betrifft das beispielsweise
die Positionierung im Antrag der CDU zur informationellen Selbstbestimmung.
In dem Antrag steht beispielsweise: „In öffentlichen Bahnen, Bussen, Bahnhöfen, zentralen Plätzen und Straßen müssen Passagiere jederzeit damit rechnen, beobachtet zu werden.“ Meine sehr geehrten Damen und Herren, Gott sei Dank ist das in einem Rechtsstaat wie Deutschland nicht der Fall. Bürgerinnen und Bürger müssen eben nicht damit rechnen, jederzeit beobachtet zu werden. Denn selbstverständlich sind auch die genannten Plätze Kommunikationsräume, Verweilräume und Räume der freien Bewegung. Insofern sind sie auch nicht flächendeckend zu überwachen. Sie sind nur - um das Bundesverfassungsgericht noch einmal zu bemühen - Orte des Verweilens, der Begegnung und eines allgemeinen kommunikativen Verkehrs.
Hier einfach davon zu sprechen, dass Bürgerinnen und Bürger damit rechnen müssten, beobachtet zu werden, zeugt schon von einem etwas seltsamen, schrägen Rechts- und Staatsverständnis, sehr geehrter Herr Kollege Nacke.
Etwas weiter oben in Ihrem Antrag behaupten Sie, dass der Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung den Schutz der Bürgerinnen und Bürger und ihren Zugang zu öffentlichen Räumen verletzen könnte.
- Nein, das ist nicht missverständlich. Was Sie wünschen, ist in Ihrem Antrag relativ klar und deutlich formuliert.
Das habe ich in der ersten Landtagsdebatte bereits angesprochen. Da sind wir wieder bei dem nicht vorhandenen Supergrundrecht auf Sicherheit.
Aber lassen Sie mich einmal auf das zurückkommen, was wir schon in der ersten Beratung, aber auch im Ausschuss immer wieder deutlich zu machen versucht haben. Wir sind ja nicht grundsätzlich gegen die Videoüberwachung.
Sie muss aber an klare Kriterien gebunden sein. Sie muss nämlich geeignet, erforderlich und angemessen oder - wie es rechtlich heißt - verhältnismäßig sein. Deshalb darf eine Videoüberwachung nicht pauschal und auf Verdacht ausgeweitet werden. Der Deutsche Richterbund sagt hier ganz klar, dass bei einer flächendeckenden, breiten Videoüberwachung vor allem Personen überwacht werden, die selbst keinen Anlass zu einer Überwachung bieten, und dass gleichzeitig auch ein Gefühl des diffusen Überwachtseins Einzug halten kann. Das halten wir ausdrücklich für nicht tragbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie hier ja schon mehrfach angesprochen wurde, ist das Problem aber auch die Bilderflut, also der Vollzug, die Auswertung. Das Monitoring ist eine Möglichkeit, das wirklich mit dem menschlichen Auge und der Reaktionsfähigkeit zu verknüpfen. Welche Schwierigkeiten bei einer IT-Lösung drohen, hat der Kollege Becker ja schon skizziert.
Was eine reine Aufzeichnung bewirkt, haben wir immer wieder gesehen, gerade in den sicherheitspolitischen Debatten, die angestoßen worden sind, z. B. zu den Vorfällen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht. Das ist ja auch in Ihrem Antrag prominent benannt. Mindestens 80 Kameras waren dort und haben das alles gefilmt. Verhindern konnten die Kameras das aber nicht. Auch im Fall Anis Amri wurden die Bilder einer Kamera, die 24 Stunden an sieben Tage der Woche gefilmt hat, erst im Nachhinein ausgewertet. Damit wären wir dann wieder beim Monitoring.
Zu dem Hinweis des Kollegen Oetjen zum ÖPNV und zu den Videoüberwachungen - auch das ist ja Thema im Ausschuss gewesen und diskutiert worden -: Es ist richtig, dass dort tatsächlich die Möglichkeiten zur Videoüberwachung geschaffen werden. Ich habe unsere Position hier immer wieder kritisch deutlich gemacht, nämlich dass wir nicht teilen, dass das subjektive Sicherheitsgefühl zu einer echten Sicherheit beiträgt, sondern dass dies eher trügerisch ist. Dass dies heute weiterhin der Fall ist und wir zumindest Grünen-seitig weiter kritisch in der Diskussion bleiben, verdanken wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, der FDP, die 2009 in ihrer Verantwortung in der Landesregierung Fördermittel in Höhe von 500 000 Euro für den Einsatz von Videoüberwachung zur Verfügung gestellt hat. Herr Oetjen, wenn Sie sich an die
Ausschussunterrichtung zurückerinnern, wird sicherlich auch Ihnen das wieder einfallen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Nacke, ich habe den entsprechenden Teil tatsächlich nicht vollständig zitiert. Aber auch dann, wenn man sich ihn ganz anschaut, wird er nicht besser.
Ihre differenzierte Darstellung trägt hier nicht ganz; denn Sie sprechen in dem Antrag nach Ihrem Zitat davon:
„Polizisten würden an diesen Stellen genauso beobachten wie eine Videokamera. Moderne ‚intelligente‘ Überwachungssysteme können Gefahren teilweise sogar besser erkennen und helfen, Verbrechen oder Terror zu bekämpfen.“
Da geht es ausdrücklich nicht um den von Ihnen beschriebenen alltäglichen, sozusagen kommunikativen Raum, wenn viele Menschen, viele Augen dort sind, wenn das ein Beobachtungsraum ist.
- Der Satz, den ich gerade vorgelesen habe, schließt genau an diesen Teil an. Lesen Sie sich also bitte Ihren Antrag noch einmal durch! Ich kann ihn jetzt in der kurzen Zeit nicht vollständig vorlesen. In Ihrem Antrag ist ausdrücklich die staatliche Beobachtung, die sicherheitsrelevante Beobachtung gemeint, nicht die von Ihnen gerade beschriebene alltägliche kommunikative Überwachung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bereits gesagt worden: Nahezu kein Lebensbereich ist vom digitalen Wandel ausgenommen. - Auch hier im Landtag genügt ein Blick, um zu sehen, dass uns der papierlose bzw. papierarme Landtag eine Digitalisierung beschert hat. Aber nicht nur das Parlamentsleben, das Wirtschaftsleben oder das Privatleben sind betroffen, sondern auch die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern wird mehr und mehr digital. Das ist meines Erachtens richtig.
Genau das wollen wir mit unserem Antrag begleiten.
Wir sehen ausdrücklich die Potenziale der Digitalisierung, allein schon zur Steigerung der Effizienz der Verfahren, zum Bürokratieabbau, zur Verminderung der Papierberge usw. usf. Aber es geht auch um die Beschleunigung der Kommunikationswege.
Gerade für ein Flächenland wie Niedersachsen ist dieses Potenzial, wie gesagt, riesig. Ich hatte es schon bei der ersten Beratung und auch an anderer Stelle erwähnt: Als Rechtsausschuss waren wir in Estland, um uns das dort anzuschauen und um zu sehen, welche Potenziale dort schlummern.
Deutschland liegt gerade im Vergleich zu Estland, aber auch insgesamt im europäischen Vergleich zurück. Im EU-Digitalisierungsindex von 2016 liegt Deutschland auf Platz 18, ein sehr bescheidener
Platz. Da muss noch einiges geschehen. Niedersachsen ist aber ausdrücklich auf einem guten Weg - Herr Schmidt hat es ja schon gesagt -,
z. B. mit dem Digitalverwaltungsgesetz. Damit schaffen wir einen guten und rechtlich sicheren Rahmen für die weitere Gestaltung der Verwaltung auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung. Aber ich möchte auch Beispiele in vielen anderen Bereichen anführen. Unterstreichen möchte ich hierbei das Beispiel der Justiz und ihre Digitalisierung. Die Justizministerin ist mit ihrer Initiative ein bundesweites Vorbild, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Damit wollen wir es den Bürgerinnen und Bürgern erleichtern, die Kommunikation mit der Verwaltung aufzunehmen und zu vertiefen und die Angelegenheiten schnell abzuwickeln. Das muss - es wurde bereits genannt - möglichst medienbruchfrei erfolgen, also ohne Bruchstellen.
Ganz wichtig ist aber auch das Vertrauen. Das wurde uns auch in Estland immer wieder deutlich signalisiert. An dieser Stelle ist die Sicherheit natürlich ein Riesenthema. Von den aktuellen politischen Debatten haben wir bereits gehört. Aber auch darüber hinaus gibt es natürlich ein massives Interesse, an Daten von Bürgerinnen und Bürgern heranzukommen. Deshalb ist die Cybersicherheit hier elementar. In unserem Antrag wird sie auch ganz prominent erwähnt. Das gilt gerade auch in der Kooperation mit den Kommunen.
Die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen - auch das haben Sie ja bereits angesprochen, Herr Fredermann - ist auch in der Vorlage erwähnt, die wir im Rahmen der Unterrichtung bekommen haben. Ich teile allerdings nicht die Kritik in Richtung der Kooperation mit Bund und Ländern. Eine Insellösung kann ich hier also nicht erkennen.
Ganz im Gegenteil: Es gibt ja den - auf Seite 10 auch erwähnten - IT-Planungsrat von allen 16 Ländern auf der einen Seite und dem Bund auf der anderen Seite. Insofern greift da vieles ineinander und bildet ein gutes Netz. Meines Erachtens macht es auch nur so Sinn, da etwas auf den Weg zu bringen.
Alles in allem glaube ich, dass dieser Antrag, wie gesagt, sehr zeitgemäß ist und genau die notwen
dige pointierte Unterstützung für das weitere Verfahren liefert. Ich freue mich schon auf das Digitalverwaltungsgesetz und die Beratungen dazu. Heute stimmen wir erst einmal diesem Antrag zu. Ich bitte auch um breite Unterstützung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
- Das freut mich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verfassungsreferendum in der Türkei läuft auf Hochtouren. Nicht bloß in der Türkei, sondern auch in Europa und in Deutschland hat dies Spuren hinterlassen. Bis zum 9. April können türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auch in Niedersachsen, u. a. in Hannover, ihre Stimme für oder gegen die Verfassungsreform abgeben.
Die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen lesen sich wie eine Betriebsanleitung für eine konstitutionelle Autokratie. Die staatliche Gewalt wird in den Händen des Staatspräsidenten gebündelt - ohne die entsprechende Gewaltenteilung, ohne entsprechende politische Kontrolle und Balance.
Doch das eigentlich Verwunderliche ist, dass bei dieser Debatte weder in der Türkei noch im Ausland die Fakten eine wirkliche Rolle spielen, sondern die gesamte Debatte läuft nur über Emotionen. Das mobilisiert. Das kennen wir auch aus anderen politischen Auseinandersetzungen und Zusammenhängen.
Ich werde häufig gefragt, warum gerade so viele junge, hier aufgewachsene türkischstämmige Menschen ihr Herz für Erdogan und für die AKP sowie für das Referendum erwärmen können. Um diese Frage zu klären, haben am letzten Mittwoch der Bundesaußenminister, der Bundesinnenminister und die Staatsministerin für Integration nach Berlin ins Auswärtige Amt eingeladen - auch meine Kollegin Filiz Polat und mein Kollege Mustafa Erkan waren eingeladen -, um genau diese Frage mit türkischstämmigen Mandatsträgern aus ganz Deutschland zu klären.
Die Teilnehmenden berichteten nahezu allesamt - fraktions- und parteiübergreifend -, dass es bei vielen jungen Menschen türkischer Herkunft einen emotionalen Frust gibt, der sich über Jahre hinweg aufgebaut hat und vielerlei Gründe hat: Ich nenne alltägliche Erfahrungen von Diskriminierung, z. B. wenn man sich im Vergleich zu deutschen Freundinnen und Freunden trotz gleicher Qualifikation öfter auf einen Job gleicher Art bewerben muss, öfter auf eine Wohnung bewerben muss, um Erfolg
zu haben. Wenn man als Kind die Eltern zur Ausländerbehörde begleitet hat und übersetzen musste, hat man miterlebt, wie dort um eine Aufenthaltserlaubnis, um eine Aufenthaltsgenehmigung regelrecht gebettelt und gekämpft werden musste. Aber es geht auch um ganz profane Dinge: Beispielsweise kommen bei der Tour am Wochenende alle deutschen Freundinnen und Freunde in die Disko, man selbst allerdings nicht. Dann verliert das Gefühl, dazuzugehören und deutsch zu sein, völlig an Reiz, und es entsteht eine Trotzreaktion.
Aber auch die ständigen politischen Debatten, als man die Realitäten in Deutschland nicht wahrhaben wollte und noch kein Einwanderungsland sein wollte, als man Rückkehrprogramme aufgelegt und Anwerbestopps proklamiert hat und das Rückkehrförderungsgesetz erließ, als man Migrationspolitik nicht für Einwanderer, sondern vor allem für deutsche Wählerinnen und Wähler gemacht hat, trugen zu diesem Frust bei.
Dieser subjektive Frust hat bis heute manche Menschen sogar zu regelrechten türkischen Wutbürgerinnen und Wutbürgern werden lassen.
Und nun kommt Erdogan und holt die Menschen an genau dieser Stelle, aus genau diesem Abseits, in dem sie sich befinden, ab. Er gibt diesem Frust durch seine aggressive, durch seine polternde Art und Weise ein Gesicht. Weil in Deutschland gefühlt jeder gegen Erdogan ist, ist die Provokation mit Erdogan perfekt.
Ich möchte hier aber auch in die türkische Richtung eines eindeutig klarstellen: Liebe Leute, ihr seid, wenn ihr dem hinterherlauft, auf einem absoluten Holzweg!
Kein Politiker - weder aus der Türkei noch aus dem sonstigen Ausland - wird unsere Herausforderungen, wird unsere Probleme hier in Deutschland lösen. Das können wir nur hier und nur gemeinsam; denn hier liegt unsere Zukunft. Das kann nur über echte Teilhabe gelingen, über echte Verantwortung!
Dann mutet es schon grotesk an, dass Menschen, die seit 40 oder 50 Jahren hier leben, nicht einmal über den Spielplatz in ihrer Nachbarschaft abstimmen dürfen, aber dank Erdogan jetzt an einem
Verfassungsreferendum teilnehmen dürfen. Das ist übrigens für viele das erste Mal, dass sie überhaupt an einer Wahl teilnehmen und ihre Stimme abgeben dürfen.
Doch die türkischen Politiker haben mit ihren Wahlkampfbesuchen hier wirklich viel Porzellan zerschlagen. Auch die unsäglichen Nazivergleiche haben Deutschland und dem Zusammenleben in Deutschland massiv geschadet.
Es ist so, als ob wir wieder 20 Jahre zurückgeworfen wären. In den Debatten geht es wieder um Loyalitäten von türkischstämmigen Menschen. Über den Doppelpass wird wieder diskutiert. Auch verfassungswidrige Vorschläge wie ein Islamgesetz, das jetzt im Raum steht, sind wieder auf der Tagesordnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Migrationspolitik darf nicht als Gefahrenabwehr betrieben werden, sondern muss als Zukunftsprojekt gestaltet werden. Das ist das Entscheidende.
Es darf nicht darum gehen, Menschen rechtlich und real von Verantwortung und Teilhabe fernzuhalten. Wir müssen auch Lehren für die zukünftigen Projekte ziehen, wenn es in Bezug auf Menschen, die jetzt neu zu uns kommen, um Aufenthaltstitel und um Perspektiven, beispielsweise um den Familiennachzug, aber auch um ein Einwanderungsgesetz geht, wie es die Bundestagsfraktion der Grünen ja gerade im Bundestag vorgelegt hat.
Deshalb sind wir, glaube ich, noch gut in der Diskussion.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Aufgrund der aktuellen Berichterstattung ist die Altersversorgung von Hauptverwaltungsbeamten in der Diskussion. Ich freue mich darüber, dass wir heute darüber sprechen können. Insbesondere ist dabei die lebenslange Pension in die Kritik geraten, die Hauptverwaltungsbeamte unabhängig von ihrem Alter erhalten, wenn sie aus ihrem Amt scheiden. Die konkreten Zahlen, die uns das Ministerium auch auf Ihre Anfrage hin vorgelegt hat, geben ein gutes Bild ab und zeigen, wie die Lage ist: 650 Personen, die als Wahlbeamte in der B-Besoldung waren, werden jetzt im Ruhestand versorgt. 82 % waren bei Versorgungsbeginn 65 - das haben Sie ja schon gesagt, Herr Grascha - und 11 % jünger als 50 Jahre. 2015 lag der gezahlte Betrag bei 33,5 Millionen Euro.
Deshalb kann man meines Erachtens ganz gut darüber diskutieren. Das sollte man unaufgeregt, an der Sache orientiert und möglichst ohne eine unnötige Neiddebatte machen.
Rot-Grün hat in dieser Legislaturperiode schon einiges auf den Weg gebracht, um unsere Kommunen zukunfts- und zeitgemäß aufzustellen - für mehr Transparenz, mehr Bürgerinnen- und Bürgernähe, mehr Gleichstellung und mehr Wirtschaftsstärke.
In unseren Kommunen kommt den Hauptverwaltungsbeamten eine Schlüsselfunktion zu. Auch hier hat Rot-Grün wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht, wie z. B. die Anhebung der Altersgrenze für Kandidatinnen und Kandidaten und die Anpassung der Amtsperiode an die Kommunalparlamente.
In diesem Zusammenhang kann man auch über eine Weiterentwicklung des Besoldungssystems sprechen und insbesondere über eine mögliche Modernisierung der Vorruhestandsbezüge nachdenken. Der Hinweis von Herrn Lynack dazu ist
ausdrücklich richtig. Das muss im Einklang mit anderen Regelungen sein, auch mit der verkürzten Amtszeit, die ich eben schon angesprochen habe.
Die aktuelle Regelung sorgt gerade wegen der jung ausgeschiedenen Hauptverwaltungsbeamten für Diskussionen. In anderen Bundesländern gibt es andere Regelungen. Bayern fordert eine Mindestamtszeit von z. B. 10 Jahren, NRW von mindestens 8 Jahren, Baden-Württemberg sogar regelmäßig von mehr als 12 Jahren - da ist es etwas differenzierter. Hessen fordert eine Dienstzeit von 8 Jahren und ein Alter von mindestens 55 Jahren.
In einer solchen Diskussion sollte nicht der Eindruck von raffgierigen Bürgermeistern oder Politikerinnen und Politikern erweckt werden. Das hat Herr Lynack schon sehr richtig gesagt:
- Das hat keiner gesagt, das unterstelle ich gar nicht. Das ist aber häufig gerade bei solchen finanziell wichtigen Diskussionen ein Beigeschmack, der entstehen kann.
Wie gesagt, viele Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamte entscheiden sich nicht wegen des Geldes, sondern wegen der emotionalen Bindung an die Kommunen und ganz viel Tatendrang und Idealismus für diesen Job.
Ein Ausscheiden für fünf Jahre aus dem Arbeitsleben für eine wichtige politische Aufgabe ist eine wichtige Entscheidung und ein hohes finanzielles und wirtschaftliches Risiko. Dafür haben wir hier im Landtag eine gewisse Empathie. In keinem anderen Bereich kennt man das, dass ein Betrieb allen nach fünf Jahren kündigt und sich alle dann noch einmal neu bewerben müssen. Insofern gibt es Schwierigkeiten, die uns durchaus bekannt sind.
Gleichzeitig gibt es mit dem Rückkehrrecht - das war ein richtiges Stichwort und ein Hinweis - auch Unterschiede. Das heißt: Es gibt eine Vielzahl von Modellen, über die man diskutieren könnte und vielleicht auch müsste: Kann eine Anpassung an Regelungen wie in anderen Bundesländern, unter Umständen mit bestimmten Altersgrenzen, sinnvoll sein oder eine andere Staffelung oder eine Anpassung analog zum Abgeordnetengesetz, wie wir es hier haben - die Schwierigkeit dabei habe ich schon zur Sprache gebracht -, vielleicht auch ana
log zu Mitgliedern der Landesregierung? Aber auch dort gibt es Schwächen, die zumindest nicht 1 : 1 auf die Hauptverwaltungsbeamten übertragbar sind. Weitere Risiken, wie z. B. Arbeitslosigkeit und das Rückkehrrecht, sollten in dem Zusammenhang ausdrücklich diskutiert werden. Denn es geht um die Köpfe in unseren Kommunen.
Es muss eine gewisse Attraktivität für ein Flächenland wie Niedersachsen mit einer Vielzahl von Kommunen beibehalten werden. Auch ein unterschiedlicher Background von Kandidatinnen und Kandidaten muss weiterhin möglich sein. Insofern ist eine angemessene Vergütung wichtig. Aber angemessen heißt nicht, dass alles gerechtfertigt ist. Also freue ich mich auf die Diskussion im entsprechenden Fachausschuss, sobald Ihr Antrag, den Sie einmal angekündigt hatten, dann auch kommt. Heute sind wir in der Aktuellen Stunde.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch zumindest mit einem Satz auf die Frage der Erheblichkeit der Zahlen zu sprechen kommen.
Es gibt keine wirklich verlässlichen Zahlen dazu, wie viele Frauen die Vollverschleierung praktizieren.
Die Zahl wird aber sehr, sehr gering sein. Ich habe die geschätzte Zahl 300, aber auch andere Zahlen gehört.
Letztendlich ist bei dieser Debatte aber das Problem - und es ist auch in der öffentlichen Wahrnehmung so -, dass dies bei vielen Bürgerinnen und Bürgern mit der gesamten Islamdebatte vermengt wird. Unter dieser Debatte leiden auch 4 Millionen Muslime in ganz Deutschland, weil diese Vermengung stattfindet. Die Differenzierung, die ich ausdrücklich begrüße und die hier stellenweise wirklich sehr gut war, findet nicht überall statt.
Wie gesagt, bei vielen Muslimen findet diese Praxis überhaupt keine Anwendung. Es ist eine völlig marginale Praxis. Aber dieses Marginale mindert dennoch nicht den Schutz dieser Personen, wenn sie sich auf ihre religiöse Überzeugung berufen und deshalb sagen, sie würden die Vollverschleierung tragen. Da ist meine oder Ihre Wertung, Herr Nacke, völlig irrelevant. Es kommt auf die Wertung durch die betroffene Person an.
Herr Thiele hat natürlich recht. Man kann bei den Strukturen unter Umständen davon ausgehen, dass Nötigung, also ein Zwang, dahintersteht. Aber dann wäre es auch strafrechtlich relevant; denn dann wäre der Tatbestand der Nötigung erfüllt. Darüber hinaus gibt es in Niedersachsen das Beamtengesetz, das Frau Tiemann bereits erwähnt hat.
Der Gesetzentwurf der CDU beinhaltet ein grundsätzliches Verbot der Verhüllung des Gesichtes in öffentlichen Räumen. Ein wenig drängt sich hier der Verdacht auf, es sei eine konzertierte Aktion, weil dies schon in verschiedenen Bundesländern und Landtagen zur Sprache gekommen ist. Aber egal, kommen wir zur Sache!
Wenn der Gesetzgeber das Tragen religiös besetzter Kleidung verbietet, dann greift er damit erheblich in die Glaubensfreiheit der Bürgerinnen - in diesem Fall - ein. Ein Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum wird nicht mit oberflächlichen Argumenten, das gehört ja nicht zu unserer Kultur, zu begründen oder zu rechtfertigen sein. Eine Einschränkung der freien Religionsausübung ist vielmehr nur dann denkbar, wenn es zu Konflikte mit anderen überragenden Verfassungswerten oder den Grundrechten Dritter kommt. In Betracht kommt hier meines Erachtens das Gebot der Menschenwürde oder der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Wenn da Nötigung im Spiel ist, dann - das sagte ich bereits - ist das ohnehin strafrechtlich relevant.
Es gibt ja Erkenntnisse. Das Beispiel Frankreich wurde schon genannt. Seit dem Jahr 2010 gibt es da das Gesamtverbot der Vollverschleierung. Meines Erachtens läuft dort das Verbot ins Leere. Die Burkaträgerinnen sind nicht verschwunden; darauf hat Frau Tiemann schon hingewiesen. Es gibt regelrecht einen Fonds. All die, die das nicht bezahlen können, werden aus dem Leben herausgedrängt. Sie werden noch weiter in ihrer Parallelwelt marginalisiert, in der sie ohnehin schon gefangen sind. Da bin ich ja voll bei Ihnen.
Zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle Frankreichs: Der oberste Maßstab in Deutschland ist das Grundgesetz. Die Europäische Menschenrechtskonvention hat nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lediglich den Rang eines einfachen Gesetzes, steht damit also unter dem Grundgesetz, weshalb der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im Dezember 2014 in einem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass trotz der Entscheidung des EGMR ein Burkaverbot in Deutschland nicht mit unserer Verfassung vereinbar sei. Ich lasse mich aber gern in den Beratungen überzeugen.
Neben dieser rechtlichen Debatte ist doch die Beantwortung der Frage, wie wir da praktisch ansetzen, viel wichtiger. Ich denke, dabei sind wir wieder beieinander. Wir hatten hier in Niedersachsen ein, zwei Fälle, die wir immer wieder diskutiert haben. Meines Erachtens können wir mit einem Verbot dieser Situation nicht Herr werden. Bei diesen Fällen geht es um Personen, die wirklich in einer Parallelwelt gefangen sind. Wenn Sie, Herr Thiele,
schon unterstellen, dass ein Zwang, zumindest ein subtiler Zwang, dahintersteht, der vielleicht religiös begründet sein mag, dann bedeutet ein Verbot, sich in der Öffentlichkeit bzw. in öffentlichen Einrichtungen zu zeigen, dass kein Mann, der dahintersteht und dies bei seiner Frau durchsetzen will, einknicken und sagen wird: Okay, du darfst ohne Burka nach draußen gehen.
Dieses Weltbild, dieses Nötigungspotenzial ist meines Erachtens völlig weltfremd. Diese Fälle zeigen, dass sich diese Personen der Öffentlichkeit dann auch stellen müssen, z. B. in dem Kontakt zu beRATen e. V., der Beratungsstelle hier im Lande Niedersachsen. Bei der Schülerin in Belm ist es so, dass die gesamte Familie zu einem Gespräch sozusagen gezwungen werden kann, sodass Überzeugungsarbeit geleistet werden kann. Das geht aber nicht auf die Schnelle; das ist mir klar. Aber ein Verbot bringt gar nichts, da dann diese Frauen in ihrer Parallelwelt, zu Hause oder wo auch immer, gefangen sind, also in ihrer marginalisierten Welt. Insofern glaube ich, dass wir mit einem Verbot nicht weiterkommen.
Es ist keine falsche Toleranz, wie hier anklang. Wir sagen nicht, dass jemand eine Burka gutheißt, dass wir dies als kulturelles Colorit akzeptieren.
Darum geht es nicht. Es geht einzig und allein darum, wie man Zugang zu diesem marginalen Personenkreis bekommt, um damit umgehen zu können.
Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Thiele, für die Frage. Wir drehen uns ein Stück weit im Kreis. Ich habe versucht, das gerade auszuführen. Ich teile Ihre Auffassung, dass diese Praxis völlig weltfremd ist und mit unserem Gesellschaftsbild, mit unserem Verständnis eines Zusammenlebens von Frau und Mann nicht vereinbar ist.
Aber die Frage ist doch gar nicht, ob wir das gutheißen oder nicht,
sondern wie wir damit umgehen. Diese Frage ist meines Erachtens nicht mit Verboten zu beantworten, auch nicht mit Geldstrafen oder anderen Sanktionen. Auch mit Blick auf die Schullösung müsste die Frage gestellt werden: Welche Sanktionen möchten Sie daran anknüpfen? Soll dem Mädchen die Burka am Schultor mit Zwangsmaßnahmen heruntergerissen werden? Oder wird sie dann nicht mehr zur Schule kommen? - Dann sind wir wieder da, was ich Ihnen vorhin zu beschreiben versucht habe: gefangen in der Familie, die das mindestens gut heißt, wenn nicht sogar einfordert. Insofern glaube ich, dass für das Mädchen keine Lösung über Verbote gefunden werden kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der freie Zugang zum Internet ist eine der zentralen Teilhabe- und Gerechtigkeitsfragen; das haben wir hier schon gehört. Rot-Grün steht ausdrücklich dafür, Menschen am Internet teilhaben zu lassen und digitaler Teilhabe zu ermöglichen. Dabei ist Freifunk eines der zentralen Elemente.
Wir haben das im Landtag schon mehrfach diskutiert und im Haushalt mit 100 000 Euro für die Geräteausstattung bei den Freifunkinitiativen in der Fläche berücksichtigt. Dieses Förderprogramm ist so gut angekommen, dass wir es in den Folgejahren fortführen.
An der Stelle möchte ich auf Herrn Miesner reagieren. Lieber Herr Kollege, wir haben hier zum Thema Freifunk bereits betont - auch Sie haben das in Ihrer Rede eingangs gesagt; Sie sagten, dass auch die CDU-Fraktion hinter solchen Initiativen steht -, dass ein solches bürgerschaftliches Engagement gut ist, dass es zu unterstützen ist und dass davon die gesamte Gesellschaft profitiert.
Ich glaube, es steht uns gut zu Gesicht, dass wir als Parlament unsere Linie fortsetzen, den Freifunk weiterhin als unsere Initiative verstehen und ihn mit einer sofortigen Abstimmung begleiten. Ich habe aus Ihren Worten aber auch herausgehört, dass Sie genauso wie wir endloses Vertrauen in die Handlungsfähigkeit dieser Landesregierung haben. Als wichtiges Signal wäre das noch einmal sehr schön.
Freifunk ist jedoch mehr als nur ein kostenloser Internetzugang. Die Initiativen hier und vor Ort kümmern sich in ganz Niedersachsen meist in losen Strukturen um viele verschiedene Bereiche, z. B. um Unterkünfte für Geflüchtete, um Zugang in Behörden oder auf dem Marktplatz vor Ort, womit sie einen immensen Beitrag für die Integration Geflüchteter, aber auch für das Stadtmarketing in den Kommunen liefern. Allein in Hannover gibt es über 800 offene Zugangspunkte. Einer davon ist übrigens bei uns in der Grüne-Landtagsfraktion. Auch dort sind Sie natürlich herzlich willkommen, um ihn zu nutzen.
Aber die Freifunkinitiativen stoßen mit ihrem Engagement immer wieder auf Hürden und Schwierigkeiten, so z. B. auf Probleme mit den Finanzbe
hörden, wenn sie immer noch - wie in den 90erJahren - als lose Zusammenschlüsse betrachtet werden.
Es ist jedoch klar: Freifunkvereine dienen mit ihrem Engagement ohne jedes finanzielles oder kommerzielles Interesse der Allgemeinheit. Die Nichtanerkennung als gemeinnützig führt jedoch dazu, dass die Vereine keine Spendenquittungen ausstellen können. Dadurch sind die Vereine weniger attraktiv für Spender. Das hindert sie langfristig an ihrem Engagement und am Wachsen. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, diese Vereine als gemeinnützig einzustufen. Der Kollege Max Schmidt hat es schon erwähnt.
Laut Abgabenordnung verfolgt eine Körperschaft wie etwa ein Verein gemeinnützige Zwecke, wenn die Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Diese selbstlose Arbeit sehen wir gerade bei den Freifunkinitiativen. Deshalb möchte ich noch einmal ganz ausdrücklich dafür appellieren, schon heute ein gemeinsames wichtiges Zeichen zu setzen und die sofortige Abstimmung mitzutragen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bedanke mich ganz herzlich bei Herrn Lammerskitten für das klare Signal in dieser Sache. Ich glaube, ich brauche das Ganze jetzt nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Das ist ein wichtiges Thema.
- Diesen Moment merke ich mir, dass Herr Nacke einmal für mich applaudiert! Das treibt mir fast die Tränen in die Augen.
Dennoch vielleicht ein, zwei Sätze, weil das von Herrn Lammerskitten auch kritisiert worden ist. Sie haben ja gesagt, das sei für die Verwaltung ein Thema des laufenden Geschäfts. Ich möchte das noch einmal ausdrücklich geraderücken.
Gerade in einem touristisch geprägten Land wie Niedersachsen, in dem wir viele Konzerne, viele Unternehmen haben, die natürlich auch eine Erkennbarkeit brauchen, wünschen wir uns eine deutliche Verbindung zu unserem Land Niedersachsen, und zwar auch über die Web-Adresse, sozusagen das Aushängeschild in der heutigen Zeit. Da muss es eine entsprechende Möglichkeit geben, zumal in der Onlinewelt viele Kürzel mit der „.de“-Adresse kaum noch zu bekommen sind. Deshalb glaube ich, dass das, gerade auch was Marketing - das haben Sie ja auch erwähnt - und die Repräsentativität angeht, ein wichtiges Thema ist und dass damit ein wichtiges Signal gesetzt wird.
Ich freue mich natürlich auch über Adressen wie „Lammerskitten.niedersachsen“ oder darüber, wenn andere Abgeordnete oder die Fraktionen das nutzen. Ich glaube, das ist ein wichtiges Thema für die Wiedererkennbarkeit unseres Landes auch in der Onlinewelt. Von daher können wir auch dem Wunsch nach sofortiger Abstimmung folgen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Kollege Thiele, ich hatte die Frage dazwischengerufen, welche religionspolitische Perspektive Sie sehen bzw. vorschlagen. Die Antwort sind Sie leider schuldig geblieben. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie darstellen könnten, wie Sie die Entwicklung für die Musliminnen und Muslime in Niedersachsen und in Deutschland bewerten.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben der Schura ist die DITIB für den sunnitischen Teil der Muslime in Niedersachsen einer der großen Dachverbände. Auch wenn nicht alle Muslime sunnitischen Glaubens Mitglied der Schura oder DITIB sind, so sind doch nahezu alle Moscheegemeinden im Land in diesen beiden Dachorganisationen organisiert. Die religiösen Dienstleistungen, die dort angeboten werden, können von allen sunnitischen Muslimen in diesem Land in Anspruch genommen werden.
Aktuell ist die DITIB aufgrund der Entwicklung in der Türkei besonders in den Fokus geraten. Dass der sozusagen Hauptstrang der DITIB in die Türkei führt, ist allerdings nicht neu. Die Imame werden in der Türkei ausgebildet, von dort entsandt und auch von dort bezahlt. Damit hat man sich so lange arrangieren können, wie die Türkei demokratischer und klar laizistisch war, jedenfalls politisch unprob