Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

(Zurufe: Guten Morgen, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 24: Mitteilungen des Präsidenten

Das Haus ist gut besetzt, wir können bereits jetzt die Beschlussfähigkeit feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt 25, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der ausgedruckten Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 19 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Rakow mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der SPD Herr Uwe Schwarz, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Heinrich Scholing und von der Fraktion der FDP Frau Almuth von BelowNeufeldt.

Danke schön. - Meine Damen und Herren, wir wenden uns jetzt dem Tagesordnungspunkt 25 zu:

Tagesordnungspunkt 25: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise wie immer darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um uns im Präsidium den Überblick zu erleichtern, wären wir dankbar, wenn Sie sich schriftlich zu

Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten. Sie kennen das ja.

Ich rufe auf die Dringliche Anfrage

a) Schulsozialarbeit in Niedersachsen - hat die Landesregierung ein Konzept? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/5316

Diese Anfrage möchte der Abgeordnete Försterling vortragen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schulsozialarbeit in Niedersachsen - hat die Landesregierung ein Konzept?

Schulsozialarbeit leistet einen Beitrag, um junge Menschen nicht nur in ihrer schulischen, sondern auch in ihrer persönlichen, beruflichen und sozialen Entwicklung zu fördern. Vor dem Hintergrund der sich ständig wandelnden Gesellschaft sind immer wieder Anpassungen erforderlich.

Im Rahmen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets erhielten die Kommunen in Niedersachsen zusätzliche Mittel vom Bund.

(Unruhe)

Herr Kollege Försterling, Entschuldigung, einen Moment, bitte! - Meine Damen und Herren, es ist eine unheimliche Geräuschkulisse, ein Rumoren im Plenarsaal. Ich bitte, die Gespräche einzustellen. Das gilt auch für die Regierungsbank.

Herr Försterling, jetzt geht es weiter.

Nach Schätzungen wurden aus diesen Mitteln rund 300 Schulsozialarbeiter bezahlt. Mit Ablauf des Jahres 2013 sind diese Mittel allerdings ausgelaufen. Einige Kommunen haben den Wegfall dieser Mittel durch freiwillige Leistungen kompensiert und die Schulsozialarbeiter weiterbeschäftigt, andere hingegen haben die Schulsozialarbeit eingestellt.

Mit dem sogenannten Hauptschulprofilierungsprogramm gewährt das Land den Schulen Zuwendungen für die Durchführung spezifischer sozialpädagogischer Maßnahmen, um Schülerinnen und Schüler gezielt auf den Übergang „Schule - Beruf“ vorzubereiten. Dieses Programm umfasst jährlich Mittel in Höhe von 13,446 Millionen Euro. Die Zu

wendungen sind auf 26 000 Euro pro Schule und Jahr, bei mindestens vierzügigen Oberschulen auf 39 000 Euro begrenzt. Allerdings läuft das Hauptschulprofilierungsprogramm Endes des Jahres 2016 aus.

Am 28. März 2014 hat Kultusministerin Heiligenstadt während der Beratung eines Antrags der FDP-Fraktion zur Ausweitung der Schulsozialarbeit im Plenum gesagt:

„Deshalb ist es gut, dass die rot-grüne Koalition den Ausbau der schulischen Sozialarbeit im Koalitionsvertrag als einen wichtigen Bestandteil der Bildungspolitik beschrieben hat. Wir werden diese wichtige Aufgabe natürlich auch angehen, meine Damen und Herren.“

Am 6. Juni 2014 hat die Landesregierung angekündigt, die Bestandsaufnahme zur Schulsozialarbeit würde im Laufe des Jahres 2014 abgeschlossen. Tatsächlich ist sie nach Angaben der Landesregierung erst im Frühjahr 2015 abgeschlossen worden. - Das finden Sie in der Drucksache 17/4036.

In dem Rahmen hat die Landesregierung ebenfalls darauf hingewiesen, dass eine „Konzeptentwicklung, an welchen Schulformen der Einsatz sozialpädagogischer Fachkräfte angezeigt und zu realisieren ist“, erst Anfang 2016 abgeschlossen sei. Siehe hierzu ebenfalls Drucksache 17/4036.

Ob die Landesregierung einen flächendeckenden Einsatz von Schulsozialarbeitern anstrebt, hat sie damals offengelassen.

Mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2015 hat der Landtag 100 Stellen für Schulsozialarbeit im Kontext der Flüchtlingshilfe gewährt. Diese Stellen wurden im Jahr 2015 weder ausgeschrieben noch besetzt. Die Mittel sind nicht für den vom Haushaltsgesetzgeber vorgesehenen Zweck verausgabt worden. Vielmehr wurden die 100 Stellen erst am 8. Februar 2016 ausgeschrieben.

Nach den Angaben der Landesregierung in der 60. Sitzung des Kultusausschusses vom 26. Februar 2016 ist aktuell keine einzige Stelle besetzt. In der 9. Kalenderwoche sollte jedoch eine Dienstbesprechung mit den Schulleitern der Schulen stattfinden, für die die Stellen ausgeschrieben worden sind. Eine Besetzung der Stellen soll in den nächsten Wochen erfolgen. Ferner sind die Stellen ausschließlich den Grundschulen zugeteilt worden, sodass die weiterführenden Schulen trotz ebenso stark steigender Anzahl zu beschulender Flücht

lingskinder keine Schulsozialarbeiter zur Verfügung gestellt bekommen. Da sich die 100 Vollzeitstellen auf 150 Grundschulen verteilen, bleiben die übrigen rund 1 589 Grundschulen ebenfalls unversorgt.

Ferner hat der Landtag mit dem Haushalt 2016 weitere 167 Stellen für Schulsozialarbeit zur Verfügung gestellt. Von diesen 167 Stellen ist bisher noch keine einzige Stelle ausgeschrieben worden. Auch ist nicht klar, nach welchem Verfahren diese Stellen auf die Schulen verteilt werden sollen. Im Rahmen der 60. Sitzung des Kultusausschusses berichteten die Vertreter der Landesregierung, dass aktuell mit den kommunalen Spitzenverbänden über die Anschlussfinanzierung des Hauptschulprofilierungsprogramms verhandelt werde und hierbei auch die 167 im Haushalt 2016 zur Verfügung gestellten Stellen mit in die Verhandlungen einbezogen werden. Die Stellen sollen jedoch im Laufe des Jahres 2016 ausgeschrieben werden, und Schulsozialarbeiter aus dem Hauptschulprofilierungsprogramm sollen die Möglichkeit erhalten, sich auf diese Stellen zu bewerben.

Unklar blieb jedoch, ob die 167 Stellen dauerhaft zusätzlich für Schulsozialarbeit zur Verfügung stehen werden oder lediglich einer bisherigen und künftig wegfallenden Kofinanzierung der Schulsozialarbeit aus dem Hauptschulprofilierungsprogramm dienen sollen. Die Vertreter der Landesregierung versagten dem Kultusausschuss die Antworten auf entsprechende Fragen mit dem Hinweis, dass in den Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden Stillschweigen über die Gespräche vereinbart worden sei, bis eine endgültige Verständigung erfolgt sei.

Nach Aussagen von Mitgliedern des Kultusausschusses ist deutlich geworden, dass bisher kein inhaltliches Konzept zur künftigen Schulsozialarbeit mit Schulsozialarbeitern bzw. mit Trägern von entsprechenden Angeboten besprochen worden ist.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wann werden die weiteren 167 Stellen für Schulsozialarbeiter ausgeschrieben, besetzt und nach welchem Schlüssel auf die Schulen verteilt?

2. Hat die Landesregierung mittlerweile, wie in Drucksache 17/4036 für Anfang 2016 angekündigt, ein Konzept entwickelt, an welchen Schulformen der Einsatz sozialpädagogischer Fachkräfte angezeigt und zu realisieren ist, und wie sieht es aus?

3. In welcher Form beabsichtigt die Landesregierung, die bisher aus dem Hauptschulprofilierungsprogramm finanzierte Schulsozialarbeit fortzuführen und gegebenenfalls auszubauen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Die Landesregierung möchte antworten. Ich erteile der Kultusministerin Frau Heiligenstadt das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der hohe Stellenwert der Schulsozialarbeit für alle Schulformen wird mittlerweile von niemandem mehr bestritten. Hätten alle Landesregierungen das in der Vergangenheit so gesehen, könnten wir in der Ausstattung unserer Schulen mit entsprechend qualifiziertem Personal und einem sachgerechten Aufgabenzuschnitt schon viel weiter sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Vor allem die Landesregierung vor 2003!)

Diese Landesregierung jedenfalls handelt und stellt sich ihrer Verantwortung. Wir wollen Schulsozialarbeit als eine Landesaufgabe umsetzen, die in Ergänzung zur öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe eigene Angebote der Schulsozialarbeit schafft. Wir beabsichtigen, erstmals seit Langem dauerhafte Stellen für Schulsozialarbeit zu schaffen. Die Schulsozialarbeit kann damit ein wichtiger Baustein niedersächsischer Bildungspolitik werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fangen dabei nicht bei null an. Schon jetzt sind auf über 200 Stellen pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Ganztagsschulen tätig. An den berufsbildenden Schulen mit Berufsvorbereitungsjahr sind über 100 Stellen für Schulsozialarbeit eingerichtet worden. Und mit dem Hauptschulprofilierungsprogramm konnten an rund 460 Schulstandorten ungefähr 230 volle Schulsozialarbeiterinnen- und Schulsozialarbeiterstellen gefördert werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Daran wollen wir mit unserem Konzept nun anknüpfen. Wichtig ist uns dabei, dass wir schrittweise vorgehen und keine Schulform außen vor lassen. Wir wollen aber auch einen deutlichen Schwerpunkt setzen. Wir konzentrieren uns vorwiegend auf Ganztagsschulen, da ein längerer Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in den Schulen auch eine intensivere sozialpädagogische Begleitung notwendig macht. Für diese Aufgabe brauchen wir in unseren Schulen multiprofessionelle Teams. Die Kooperation von Lehrkräften mit sozialpädagogischem Personal spielt hierbei eine wichtige Rolle. Damit können wir außerdem das Konzept der Ganztagsschulen stärken.

Wir verabschieden uns ferner von der ungesteuerten Verteilung von Stellen auf einzelne Schulen. Unser Ziel ist eine möglichst geschlossene Ausstattung der Schulformen nach einem nachvollziehbaren Verteilungsschlüssel. Deshalb haben wir uns bei den vom Landtag für Schulen mit hohen Flüchtlingszahlen genehmigten Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte auf Grundschulen konzentriert. Wir sind hoch erfreut darüber, wie groß das Interesse an diesen Stellen und an den damit verbundenen Aufgaben ist, und wir sehen uns damit in unserer Entscheidung für die Konzentration auf diese eine Schulform bestätigt.

(Beifall bei der SPD)

An rund 150 Schulstandorten werden Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter Maßnahmen für alle Schülerinnen und Schüler anbieten - Maßnahmen, die auch aktiv zur Integration von geflüchteten Kindern beitragen.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Konzept sieht aber auch vor, die in der Regel befristeten Stellen der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter aus dem Hauptschulprofilierungsprogramm zu dauerhaften Stellen weiterzuentwickeln und die bisher gering ausgestatteten Stellen zu stärken.