Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums. Wir wünschen Ihnen einen guten Morgen!
Zur heutigen Sitzung und aus gegebenem Anlass begrüße ich besonders den Vorsitzenden des Landesverbandes der Muslime in Niedersachsen, Herrn Avni Altiner, den Landesvorsitzenden der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) , Herrn Yilmaz Kiliç, den Honorarkonsul der Republik Frankreich, Herrn Eckhard Forst, und den Präsidenten des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Herrn Michael Fürst. Meine Herren, ich heiße Sie im Namen des gesamten Hauses herzlich willkommen!
Am 7. Januar verübten islamistische Terroristen in Paris mehrere Anschläge, denen insgesamt 17 Menschen zum Opfer fielen. In der Redaktion der Zeitschrift Charlie Hebdo wurden elf Menschen erschossen. Auf der Flucht ermordeten die Täter einen Polizisten. Am nächsten Tag fiel eine weitere Polizistin den Mördern zum Opfer. Schließlich überfiel einer der Terroristen einen jüdischen Supermarkt und ermordete vier zufällig anwesende Kunden.
Seitdem sind Europa und die ganze freie Welt in Mitgefühl und Solidarität mit Frankreich vereint. Die Mordtaten von Paris sind ein Angriff auf uns alle - auf den Kern unseres Zusammenlebens, auf die Zivilisation selbst. Der Name Charlie Hebdo ist im Januar 2015 zu einem Synonym für die Presse- und Meinungsfreiheit geworden.
In Paris wurde aber nicht nur die Meinungsfreiheit in Gestalt der Redaktion von Charlie Hebdo angegriffen. Es wurden auch vier Menschen kaltblütig getötet, einzig und allein, weil sie Juden waren.
Hier sind wir Deutschen besonders gefordert. Wir schulden dem jüdischen Volk alle Solidarität und Hilfe. Wir müssen alles dafür tun, dass Europa ein sicherer Ort für unsere jüdischen Mitmenschen ist und bleibt.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass sich fast zeitgleich mit den Anschlägen in Paris in Nigeria eine Tragödie abgespielt hat, deren Ausmaß noch kaum abzusehen ist. Die Islamistengruppe Boko Haram hat dort eine ganze Stadt dem Erdboden gleichgemacht und dabei bis zu 2 000 Menschen ermordet, darunter zahlreiche kleine Kinder.
Ich möchte Sie bitten, allen Opfern von Terrorismus und Gewalt einen Augenblick des stillen Gedenkens zu widmen. - Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, wie erst kürzlich bekannt wurde, verstarb am 24. Oktober 2014 die ehemalige Abgeordnete Christel Schuran-Simmert im Alter von 64 Jahren. Christel Schuran-Simmert gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der Fraktion der Grünen von 1982 bis 1986 an. Während dieser Zeit war sie Mitglied im Ausschuss für innere Verwaltung und im Zehnten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. In der Zeit von 1982 bis 1983 war sie zudem stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
Wir werden die Kollegin in guter Erinnerung behalten und widmen auch ihr ein stilles Gedenken. - Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, wir fahren fort. Das Plenum ist gut besetzt. Deswegen darf ich gemeinsam mit dem Präsidium schon jetzt die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.
Zur Tagesordnung: Die Einladung für diesen Tagungsabschnitt sowie die Tagesordnung einschließlich des Nachtrages und der Informationen zu den von den Fraktionen umverteilten Redezeiten liegen Ihnen vor.
Ich darf zu Tagesordnungspunkt 2 erwähnen, dass alle Fraktionen des Hauses den gemeinsamen Entwurf einer Resolution vorgelegt haben, der Ihnen bereits als Drucksache vorliegen dürfte.
Darf ich nach den Absprachen im Ältestenrat davon ausgehen, dass Einvernehmen dahin gehend besteht, die Tagesordnung um diese Beschlussfassung zu erweitern? - Ich denke, das ist der Fall.
Der IT-Service der Landtagsverwaltung bietet Ihnen auch in diesem Tagungsabschnitt wieder Hilfestellung zu technischen Fragen im Zusammenhang mit den papierlosen Beratungen an. Der Informationsstand im Besprechungsraum im ersten Obergeschoss hinter der Cafeteria ist heute und morgen jeweils von Sitzungsbeginn bis 13.30 Uhr und am Donnerstag gegebenenfalls bis 12.30 Uhr besetzt. Wie gewohnt, können Sie den IT-Service auch unter der Durchwahl 2381 und per E-Mail erreichen.
Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der KGS aus Schinkel mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat der Abgeordnete Volker Bajus übernommen.
Die Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Multi-Media Berufsbildende Schule werden im Laufe der kommenden Tage wieder Sendungen im Rahmen des Projektes „Landtagsfernsehen“ erstellen. Sie halten sich während der Plenarsitzungstage im Vorraum zum Raum der Landespressekonferenz auf und führen dort auch Interviews durch. Die einzelnen Sendungen stehen nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - bereit und sollen über den Regionalsender LeineHertz 106.5 und den Fernsehsender H1 ausgestrahlt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Fraktion der CDU Frau Karin Bertholdes-Sandrock, Frau Gudrun Pieper und Herr Karl-Heinz Bley von 9.30 Uhr bis 11 Uhr sowie von der Fraktion der FDP Frau Almuth von Below-Neufeldt.
Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung mit dem Titel „Für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft in Niedersachsen“ - Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten - Drs. 17/2733
Zunächst gibt Herr Ministerpräsident Weil die Regierungserklärung ab. Ich erteile Herrn Ministerpräsident Weil das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt eine Reihe von aktuellen Anlässen für diese Regierungserklärung.
Wir sind miteinander tief betroffen über die Ermordung der Redaktionsmitglieder von Charlie Hebdo, der Polizisten, der Geiseln in dem jüdischen Kaufhaus in Paris. Und wir sind miteinander tief beeindruckt von der Entschiedenheit, mit der die gesamte französische Bevölkerung zum Ausdruck gebracht hat: Wir sind eine freie und offene Gesellschaft! Wir werden die Pressefreiheit als Ausdruck einer solchen Gesellschaft entschieden verteidigen!
Gleichzeitig ist uns miteinander bewusst, dass Europa in diesem Jahr auch weiterhin Zielschiebe des islamistischen Terrorismus sein kann. Die Erfolge der Polizei in Belgien, aber auch die Geschehnisse bei uns in Niedersachsen sprechen in dieser Hinsicht eine deutliche Sprache.
Und schließlich danke ich Ihnen, Herr Präsident, auch für Ihren Hinweis auf die Opfer des Terrorismus in Frankreich und anderen Teilen der Welt.
Auf dieser Grundlage erleben wir eine spürbare Verunsicherung in unserer Gesellschaft. Da sind auf der einen Seite die Demonstrationen von Pegida, Hagida, Bragida und wie sie sich auch nennen mögen. Lassen Sie mich eines deutlich sagen: Auch wenn man den Inhalt dieser Demonstrationen strikt ablehnt - sie müssen möglich sein. Weder Drohungen gegen solche Demonstrationen noch deren Behinderung sind akzeptabel.
Und da sind auf der anderen Seite große, mich tief beeindruckende Demonstrationen, in denen viele Tausend Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen für eine freie und offene Gesellschaft, für Viel
falt und Toleranz auf die Straße gehen. Über 19 000 Menschen in Hannover, über 1 500 in Lingen, gestern ca. 15 000 in Braunschweig, in Göttingen und in Osnabrück! Es ist buchstäblich ein Querschnitt der Bevölkerung, der sich dort versammelt:
junge und alte Menschen, Menschen mit und Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte, Christen, Juden und Muslime nebeneinander.
Die Vielfalt dieser Demonstrationsteilnehmer ist ebenso beeindruckend wie die Größe dieser Demonstrationen. Am Montag der vergangenen Woche haben hier in Hannover Landtagspräsident Busemann für den Niedersächsischen Landtag und ich für die Niedersächsische Landesregierung klar zum Ausdruck gebracht: Auch die Institutionen unseres Landes stehen für ein weltoffenes und ein tolerantes Niedersachsen.
Unsere offene Gesellschaft steht von verschiedenen Seiten unter Druck. Wie wir mit diesem Druck umgehen, das wird auch über die Zukunft dieser offenen Gesellschaft mitentscheiden.
Um eines hervorzuheben: Die überragende Mehrheit in dieser Gesellschaft, die Demokraten innerhalb und außerhalb der Parlamente verfügen über ein hohes Maß an gemeinsamen Überzeugungen. Seien wir uns dessen bewusst, und zeigen wir diese Gemeinsamkeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Dazu gehört zunächst die absolute Unnachgiebigkeit gegenüber Hass und Gewalt. Zu dem islamistischen Terror kann es in unserem Land keine zwei Meinungen geben, kein Verständnis und keine Toleranz.
Das gilt für den Schutz einzelner Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für unsere Demokratie insgesamt. Wir stehen zu einer wehrhaften Demokratie, die selbst die Freiheit gewährleistet, aber auch des Schutzes bedarf. Ich verbinde diese Feststellung mit einem ausdrücklichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Polizei und Verfassungsschutz, die eine für unsere Gesellschaft wichtige Arbeit leisten.
Die Ermittlungserfolge bezüglich islamistischer Aktivitäten in Wolfsburg zeigen, dass die Sicherheitsbehörden ihre Arbeit auch effektiv erledigen. Und gleichzeitig wissen wir alle miteinander ganz genau, dass damit keineswegs alle Risiken gebannt sind. Ich bin überzeugt, es wird derzeit alles Menschenmögliche getan, um die Sicherheit auch bei uns im Land zu gewährleisten. Die sogenannten Gefährder, insbesondere die Rückkehrer aus dem Krieg in Syrien und im Irak, stehen unter einer engen Überwachung. Ich habe volles Vertrauen in die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden.