Liebe Kolleginnen und Kollegen, der kontinuierliche Verfassungsbruch - immer zulasten der Opposition! - zieht sich wie ein roter Faden durch die vier Jahre der Regierungszeit Weil.
Das hat es in der Geschichte des Landes noch nicht gegeben. Das muss Ihnen von SPD und Grünen doch zu denken geben. Ich finde, Sie sollten sich schämen, daran mitgewirkt zu haben.
(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Manchmal hat das auch was mit han- delnden Personen zu tun! - Weitere Zurufe)
Wir denken: Das Land kann besser regiert werden. Das ist unsere feste Überzeugung, und deshalb müssen Sie da weg.
Ich kann das verstehen, aber es kann nicht anders sein. Das ist unsere Aufgabe in diesem System. Wenn ein Regierungschef sagt: „Nichts gegen meine Opposition, die ist super!“, dann hätte diese Opposition offenkundig ein großes Problem.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Maximilian Schmidt [SPD]: Endlich mal eine rich- tige Analyse! - Gegenruf von Editha Lorberg [CDU]: Ein bisschen mehr Demut! - Weitere Zurufe)
Ich kann verstehen, dass Sie dafür kämpfen, im Amt zu bleiben. Wer könnte das nicht? - Was ich aber nicht verstehe, ist, mit welcher Gedanken- oder auch Gnadenlosigkeit Ihnen, Herr Ministerpräsident Weil, dabei jedes Mittel recht ist. In Ihrem Bestreben, die Arbeit der Opposition zu erschweren, schrecken Sie vor Rechts- und Verfassungsbruch nicht zurück.
(Lachen bei der SPD - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Witzig ist das nicht! - Christian Dürr [FDP]: Sie haben die Verfassung gebrochen! Ist Ihnen das klar? Und Sie da hinten grinsen!)
Wie kann eine Regierung von nachgeordneten Mitarbeitern und von der Bevölkerung erwarten, sich an Recht und Gesetz zu halten, wenn sie dazu selbst keine Bereitschaft erkennen lässt?
Eine Opposition hat eine wichtige, ja zentrale Aufgabe in der parlamentarischen Demokratie. Konrad Adenauer sagte in der 5. Sitzung des Deutschen Bundestages am 20. September 1949:
„Ich bin der Auffassung, dass die Opposition eine Staatsnotwendigkeit ist, dass sie eine staatspolitische Aufgabe zu erfüllen hat, dass nur dadurch, dass Regierungsmehrheit und Opposition einander gegenüberstehen, ein wirklicher Fortschritt und eine Gewöh
„Das Wesen des Staates ist nicht die Regierung, und das Wesen des Staates ist nicht die Opposition. Das Wesen des Staates ist die Regierung und die Opposition.“
(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung von Gerald Heere [GRÜNE] - Zuruf von der SPD: Da hat er recht!)
Diese beiden großen Männer der jungen Bundesrepublik schlagen damit einen Bogen zu Norbert Lammert, der bei der Eröffnung der 16. Sitzung des Deutschen Bundestages sagte - - -
(Helge Limburg [GRÜNE]: Bei der Er- öffnung des 16. Deutschen Bundes- tages! - Zuruf von der FDP: Sie Ober- lehrer!)
„Für die Arbeit wie für das Ansehen des Parlaments ist die Opposition im Übrigen nicht weniger wichtig als die Regierung. Regiert wird überall auf der Welt, von wem und unter welchen Bedingungen auch immer. Was ein politisches System als Demokratie qualifiziert, ist nicht die Existenz einer Regierung, sondern die Existenz eines Parlaments und seine gefestigte Rolle im Verfassungsgefüge wie in der politischen Realität.“
Meine Damen und Herren, leider neigen Regierungsmitglieder manchmal dazu, diese Punkte zu vergessen. Auch der Niedersächsische Ministerpräsident scheint davon nicht frei. Aber Opposition kann nur funktionieren, wenn sie feste Rechte hat, Minderheitenrechte eben. Eine Mehrheit in einem Parlament kann eben nicht machen, was sie will, auch wenn ein SPD-Kollege vor Kurzem sehr freimütig einräumte, dass er genau das geglaubt hatte.
(Jörg Bode [FDP]: Ja, das stimmt! - Volker Meyer [CDU]: War das Herr Watermann? - Gegenruf von Jörg Bo- de [FDP]: Ja, Watermann!)
Meine Damen und Herren, das gilt auch für das Recht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Es ist kein Fehler, von diesem Recht Gebrauch zu machen, selbst dann nicht, wenn ein solcher Ausschuss für die Regierung Aufwand bedeutet. Es ist vielmehr unsere Pflicht.
Der Soziologe, Jurist und Sozialökonom Max Weber gilt nach einhelliger Meinung als der Vater des modernen Untersuchungsrechts. In seiner im Mai 1918 erschienen Broschüre „Parlament und Regierung im neugeordneten Deutschland - Zur politischen Kritik des Beamtentums und des Parteiwesens“
„ging Webers Stoßrichtung ersichtlich dahin, dem Parlament, das bislang ‚verfassungsmäßig zu dilettantischer Dummheit‘, ‚zur Unkenntnis‘ verurteilt sei, ein politisches Gegengewicht gegen die Exekutive mit ihrem dank Dienstwissen und Amtsgeheimnis abgeschotteten Beamtenapparat“
So Butzer in der Vorbemerkung zum Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages.
Man fühlt sich erinnert an die Aktenvorlagen und die Beschränkung von Aussagegenehmigungen in unserem Untersuchungsausschuss, die ebenfalls darauf zielen, Herrschaftswissen zu bewahren, und die mindestens verfassungsrechtlich bedenklich sind, wie der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst im Ausschuss erläutert hat.
Auch der wie ein Mantra wiederholte Vorwurf des Missbrauchs parlamentarischer Rechte durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geht schlicht fehl.
„Es ist nach heutiger Anschauung nicht illegitim, den Untersuchungsausschuss auch als ‚Waffe‘ der Opposition in Allianz mit der öffentlichen Meinung und den Medien gegen die Mehrheit zu nutzen.“