Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen aufpassen, dass wir mit dem TierschutzLabel unsere Verbraucher nicht hinter die Fichte führen. Es ist die Frage, ob es für die LabelBezeichnungen 0, 1, 2, 3 einen wissenschaftlichen Hintergrund gibt. Ich meine, dass wir ihn herausarbeiten müssen. Ich stelle daher Ihnen, Herr Minister, die Frage, wie man wissenschaftlich belegen kann, dass es dem Tier dann besser geht.
Ich habe eine ganze Reihe von Betrieben vor Augen, die ihre Schweine auf Stroh halten. Denen geht es - ich sage das hier - im wahrsten Sinne des Wortes ganz beschissen.
Gibt es hier einen wissenschaftlichen Beleg, dass es den Tieren bei einer solchen Kennzeichnung dann wirklich besser geht?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nicht noch einmal nachgeguckt, glaube aber, dass Sie 2004, als die Eier-Kennzeichnung kam, Agrarminister waren. Ich weiß nicht, ob Niedersachsen damals zugestimmt hat. Wenn ja, dann müssen Sie erklären, ob das ein gutes Projekt war.
(Gudrun Pieper [CDU]: Produzieren Sie hier nicht so viele Nebensätze! Beantworten Sie einfach die Frage!)
Wie gesagt, mit Stand von heute ist die Mehrheit der Betriebe, die in Niedersachsen Legehennen halten, entweder Freiland oder Bio. Bei Schweinen haben wir ja keine entsprechende Kennzeichnung. Die hätten wir gerne.
Es gibt eine Reihe von Standards. Es ist auch von den Bundesministern anerkannt worden, dass „mehr Platz für Schweine“ natürlich zu deutlich höheren Tierschutzkriterien führt. An der Initiative von Bauernverband und Handel, der lobenswerten Initiative Tierwohl, sind mehrere Tausend Betriebe in Niedersachsen beteiligt, die eine Honorierung kriegen.
Kriterien in Bezug auf Schweine sind z. B. 10 % mehr Platz und mehr Einstreu. Wenn Sie behaupten, dass mehr Platz, mehr Beschäftigung und mehr Einstreu zu mehr Tierquälerei führen, dann müssen Sie den Bauernverband und den Handel fragen, ob sie eine Initiative unterstützen, die tatsächlich dazu führt.
(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Ich habe eine Frage gestellt! - Gegenruf von Frank Oesterhelweg [CDU]: Das inte- ressiert den doch nicht!)
Ich kann Ihnen in Bezug auf wissenschaftliche Studien zum einen die Empfehlung geben, das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung, des Bundesagrarministeriums, zu Wegen zu einer neuen Nutztierhaltung zu lesen. Darin werden die Animal-Welfare-Indizes klar erklärt - die Punkte, die Tiere brauchen.
Dafür gibt es in der EU Standards. Die Mitglieder des Beirats sind Wissenschaftler, Professoren unter dem Vorsitz von Professor Grethe; Professor Spiller und viele andere Professoren gehören ihm an.
Sie erklären in dem mehrere Hundert Seiten langen Gutachten - wenn Sie wollen, hole ich es und lese es Ihnen vor -, welche Bedingungen und Kriterien zu mehr Tierschutz und Tierwohl führen. Dazu gehört natürlich, dass Schweine, die draußen wühlen können, ein höheres Wohlbefinden haben als Tiere, die im Stall auf einem Spaltenboden gehalten werden. Dazu gehört auch ganz klar, dass ein Schwein, das einen intakten Ringelschwanz hat, ein deutlich besseres Wohlbefinden hat als ein Schwein, dessen Schwanz abgeschnitten oder abgebissen worden ist.
Das sind doch ganz klare Kriterien. Der Zugang zu Sonne und Licht steigert nachweisbar das Wohlbefinden. Das ist auch bei den Tierhaltern anerkannt. Sonst würden sie nicht mitmachen.
Ich kann Sie auch noch auf der Internet-Seite des BMEL auf die Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft, Band 94, Heft 1, Mai 2016, verweisen: „Kriterienbasierte Bewertung ausgewählter europäischer Tierwohl-Labels, von Heinke Heise, Wiebke Pirsich und Ludwig Theuvsen“ - ich glaube, Ludwig Theuvsen war Ihr Landratskandidat, der Landratskandidat der CDU in Göttingen -,
die für den Bundesminister auf diese Kriterien eingegangen sind. Sie haben die wissenschaftlichen Positionen zum Tierwohl erklärt, haben die Label untersucht, haben den Welfare-Quality-Ansatz, der maßgeblich von Wissenschaftlern der europäischen - - -
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Bei der Haltungsform spielt das Manage- ment eine nicht unerhebliche Rolle! - Unruhe)
Jetzt halten wir mal inne, Herr Minister! - Kolleginnen und Kollegen, Zwischenrufe und alle diese Dinge führen uns hier nicht weiter. Sie mahnen Effizienz an; dafür muss auch Disziplin herrschen. Sie haben die Möglichkeit, reichlich Fragen zu stellen. Ich habe auch noch ein kleines Päckchen. Es darf aber gern noch etwas dazukommen. - Bitte, Herr Minister!
Wenn ich die Frage von Herrn Ehlen richtig verstanden habe, dann fragte er, welche wissenschaftlichen Studien es gibt, die belegen, dass die Kennzeichnung nach Tierwohlkriterien dazu führt, dass es den Tieren besser geht.
Jetzt verweise ich Sie auf einen Aufsatz, an dem ein Professor aus Göttingen, Landratskandidat der CDU, mitgeschrieben hat und den man auf der Seite des Bundesministeriums findet: Stand der Forschung und Einordnung der Tierwohl-Labels. - Die Wissenschaftler zitieren, dass sich die Beurteilung dieser Kriterien auf das Wohlbefinden landwirtschaftlicher Nutztiere stützt. Dabei geht es um das Haltungssystem, um das Tierverhalten, die Tiergesundheit und die Managementpraxis.
- Gleich sagen Sie mir wieder, ich hätte keine Studie genannt. Jetzt nenne ich eine Studie von einem CDU-Professor, und das passt Ihnen nicht.
(Björn Thümler [CDU]: Sie sollen hier Fragen beantworten, kurz und knapp, und keine Geschichten erzählen!)
- Er hat mich nach allen Studien gefragt! Demnächst gehen Sie noch vor den Staatsgerichtshof und sagen, ich habe nicht vollständig, wie es die Verfassung vorsehe, geantwortet.
(Björn Thümler [CDU]: Wir können nichts dafür, dass Sie die Geschäfts- ordnung nicht kennen, Herr Meyer! Es ist unverschämt, was Sie hier ma- chen! - Gegenruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das müssen Sie sich schon mal anhören! Es gibt auch bei der CDU gute Wissenschaftler!)
„Dieser ganzheitliche Bewertungsrahmen nennt sich auch ‚Welfare Quality‘-Ansatz, da er maßgeblich von Wissenschaftlern des europäischen ‚Welfare Quality‘-Projektes erarbeitet wurde. Die zentralen Tierschutzprobleme im Bereich des Haltungssystems liegen beispielsweise in der Schweinehaltung“
„derzeit unter anderem bei der Besatzdichte, dem Platzbedarf sowie der baulich technischen Ausrüstung des Stalls (zum Beispiel Raumgestaltung, Verwendung ungeeigneter Bodenbeläge). Defizite im Haltungssystem“
„wirken sich unter anderem auf das Tierverhalten aus. So neigen Schweine, die ihrem ausgeprägten Spiel- und Wühltrieb nicht nachkommen können, häufig zu aggressivem Verhalten gegenüber Artgenossen (zum Beispiel in Form von Schwanzbei- ßen).“
„Auch die Tiergesundheit kann leiden (zum Beispiel Kannibalismus, Klauenverletzun- gen, verdickte Gelenke). Aus dem Bereich des Managements wiederum gelten namentlich die Tierbeobachtung, die Inspektion der Bestände, der Umgang mit den Tieren, Maßnahmen zur Hygiene und Krankheitsprävention sowie kurze Transportzeiten als bedeutend für die Aufrechterhaltung des Wohlergehens der Schweine.“
„Praxisübliche Eingriffe am Tier, wie zum Beispiel das Schleifen der Eckzähne, das Kürzen der Schwänze“
„oder die betäubungslose Kastration sind für die Tiere mit Schmerzen verbunden und als kritisch zu betrachten.“