Gleichzeitig gibt es mit dem Rückkehrrecht - das war ein richtiges Stichwort und ein Hinweis - auch Unterschiede. Das heißt: Es gibt eine Vielzahl von Modellen, über die man diskutieren könnte und vielleicht auch müsste: Kann eine Anpassung an Regelungen wie in anderen Bundesländern, unter Umständen mit bestimmten Altersgrenzen, sinnvoll sein oder eine andere Staffelung oder eine Anpassung analog zum Abgeordnetengesetz, wie wir es hier haben - die Schwierigkeit dabei habe ich schon zur Sprache gebracht -, vielleicht auch ana
log zu Mitgliedern der Landesregierung? Aber auch dort gibt es Schwächen, die zumindest nicht 1 : 1 auf die Hauptverwaltungsbeamten übertragbar sind. Weitere Risiken, wie z. B. Arbeitslosigkeit und das Rückkehrrecht, sollten in dem Zusammenhang ausdrücklich diskutiert werden. Denn es geht um die Köpfe in unseren Kommunen.
Es muss eine gewisse Attraktivität für ein Flächenland wie Niedersachsen mit einer Vielzahl von Kommunen beibehalten werden. Auch ein unterschiedlicher Background von Kandidatinnen und Kandidaten muss weiterhin möglich sein. Insofern ist eine angemessene Vergütung wichtig. Aber angemessen heißt nicht, dass alles gerechtfertigt ist. Also freue ich mich auf die Diskussion im entsprechenden Fachausschuss, sobald Ihr Antrag, den Sie einmal angekündigt hatten, dann auch kommt. Heute sind wir in der Aktuellen Stunde.
Vielen Dank, Herr Onay. - Es hat sich Reinhold Hilbers für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Hilbers, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist häufiger davon gesprochen worden, dass Herr Grascha eine populistische Rede gehalten haben soll. Ich würde gern einmal zeigen, was eine populistische Rede ist, aber ich verzichte auch darauf und mache das sachorientiert.
Es wird in diesen Tagen viel gefragt, was Gerechtigkeit ist. Sicherlich ist die Frage von Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft und die Frage der Ausgestaltung eines gerechten Vergütungssystems auch in öffentlichen Einrichtungen und in öffentlichen Ämtern eine Kernfrage unseres Zusammenlebens.
sind. Die große Krux in dieser Angelegenheit ist, nicht auf Einzelfälle abzuheben und sein Urteil danach zu bilden, was Einzelfälle darstellen, sondern zu einer Lösung zu kommen, die sachgerecht ist und dem Thema gerecht wird.
Das ist etwas schwieriger, weil sich das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters, des hauptamtlichen Landrats, des Wahlbeamten diametral unterscheidet von dem eines Arbeitnehmers, der Schutzfunktionen hat, der nicht einfach abgewählt werden kann aufgrund von Stimmungen, der nicht einfach sein Amt verliert, weil vielleicht in seinem Ort irgendetwas, was nicht so läuft, wie die Menschen es sich vorgestellt haben, ihm zugeschrieben wird, er womöglich an diesem Sachverhalt gar nichts ändern konnte, oder aber politische Großwetterlagen hineinspielen.
Deswegen muss man die Dinge sehr dezidiert und sehr vorsichtig betrachten. Ich sage nicht, dass man nicht über einige Dinge diskutieren kann. Bevor man aber zu anderen Erkenntnissen kommt, sollte man sich zunächst einmal die Dinge genau anschauen.
Der Punkt ist, dass Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, diese Diskussion maßgeblich befeuert haben,
und zwar dadurch, dass Sie die Amtszeit der hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, der Landräte ohne Not auf fünf Jahre verkürzt haben, obwohl sich die bisherige Regelung bewährt und als positiv herausgestellt hat.
Das ist wahrlich nicht nur meine Meinung. Ich zitiere aus dem Heft, das der Steuerzahlerbund Niedersachsen herausgegeben hat. In dem Text heißt es - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -:
„Die verkürzte Amtszeit schafft erleichterte Voraussetzungen für den Bezug lebenslanger Pensionen, die bereits nach fünf Jahren ohne Einhaltung einer Altersgrenze gewährt werden.“
Die verkürzte Amtszeit wird hier ausdrücklich als Problem herausgestellt. Damit haben Sie einen eklatanten Fehler gemacht - nicht nur deswegen, weil Sie mit der zukünftigen Zusammenlegung der Wahl für die hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und die Ratsmitglieder das
Ehrenamt nach wie vor schwächen und das Ehrenamt nicht mehr die Bedeutung hat, die es eigentlich haben sollte. Nein, Sie haben auch bei dieser Frage dafür gesorgt, dass zusätzlicher Druck auf den Kessel kommt.
Versetzen Sie sich einen Moment in die Lage der Bewerber. Ich möchte, dass es eine breite Auswahl an Bewerberinnen und Bewerbern für dieses Amt gibt. Ich möchte, dass da nicht nur Leute sitzen, die wieder in ihren Job zurückkommen können oder womöglich vorher gar keinen hatten oder nicht aus einer guten Position kommen. Nein, ich möchte, dass da Leute aus der freien Wirtschaft sind. Ich möchte, dass da Leute sind, die vorher Geschäftsführer waren. Ich möchte, dass erfolgreiche Kommunalbeamte die Möglichkeit haben, als Bürgermeister zu kandidieren.
Das muss gewährleistet sein. Das ist aber dann nicht gewährleistet, wenn Sie die Amtszeit ständig verkürzen und wenn Sie die Dinge noch unattraktiver machen, etwa in Bezug auf die Endversorgung.
Versetzen Sie sich in die Lage eines ersten Stadtrats, der Lebenszeitbeamter ist. Der soll diese Lebenszeitverbeamtung aufgeben für ein fünfjähriges Amt und soll dann ohne Netz und doppelten Boden nach fünf Jahren abgewählt werden können. So jemand wird sich dann nicht entscheiden, diese Aufgabe wahrzunehmen. Er wird dann davon Abstand nehmen. Sicherlich wird es immer irgendwelche Bewerber geben; da gebe ich Ihnen recht. Die Frage ist aber, ob wir wirklich gute Bewerber, die in anderen Positionen besser dotiert und besser versorgt sind, dann noch für diese Aufgabe gewinnen können. Weil wir für diese Aufgabe die Besten wollen, müssen auch die Voraussetzungen stimmen.
Sie können sich auch in die Lage eines GmbHGeschäftsführers versetzen. Dem können Sie sogar ins Gesetz schreiben, dass er auf seine Aufgabe wieder zurück können soll. Nur wird die GmbH wohl schlechterdings nicht fünf Jahre den Posten unbesetzt lassen oder befristet besetzen. Nein, sie wird den Posten wieder besetzen. Dann ist der Posten faktisch weg. Wenn der vorherige GmbHGeschäftsführer aus seinem Bürgermeisteramt ausscheiden muss, kann er nicht in diese Funktion zurück, weil es sie schlicht und einfach nicht mehr
Jeder normale Arbeitnehmer hat in der Hinsicht Schutz. Sie diskutieren sogar darüber, das Arbeitslosengeld bei Hartz IV wieder auszudehnen. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern aber wollen Sie sagen, sie sollen überhaupt keine Versorgung haben. Das geht nicht auf, meine Damen und Herren.
Deswegen sage ich: Machen Sie zunächst einmal den richtigen Schritt und verlängern Sie die Amtszeit der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wieder! Das trägt zu einer guten politischen Arbeit bei. Das stärkt das Ehrenamt. Das wäre vernünftig für Niedersachsen, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Hilbers. - Jetzt hat sich der Minister zu Wort gemeldet. Herr Minister Pistorius, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Versorgung von Bürgermeistern, Landräten und von leitenden Beamten auf Zeit und deren Angemessenheit sind ein Thema, das mit gewisser Regelmäßigkeit - kann man fast schon sagen - in den Fokus politischer Debatten gerät. Ich zitiere: „Eine Wahlperiode lang Bürgermeister, und danach lebenslang Ruhegeld einstreichen.“ Oder: „Luxuspension für Bürgermeister auf Kosten der Steuerzahler.“ - So oder ähnlich lauten dann die Schlagzeilen, die die Gemüter erhitzen.
Sie, Herr Grascha, beweisen gerade wieder, dass das Thema für Skandalisierung zumindest anfällig ist.
(Christian Grascha [FDP]: Wo habe ich denn skandalisiert, Herr Minister? Ich habe eine ruhige und sachliche Rede gehalten!)
Bevor ich Ihnen gleich erläutern werde, aus welchen Gründen ich die versorgungsrechtlichen Regelungen dennoch im Grundsatz für angemessen halte und warum ich aktuell keinen Reformbedarf hinsichtlich der bestehenden Rechtslage sehe,
Erstens. Ich habe Verständnis dafür, wenn jemand die Frage stellt, ob die Altersversorgung von Hauptverwaltungsbeamten angemessen ist. Gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Debatte um die Rentenversicherung in Deutschland ist diese Frage nachvollziehbar. Aber genauso wichtig wie diese Frage und auch notwendig erscheint mir folgender Hinweis: Ohne auch die Gesamtvergütung der Bürgermeister und Landräte in den Blick zu nehmen, kann man die Debatte um deren Pensionsansprüche nicht sachgerecht führen.
Meine Damen und Herren von der FDP, hüten Sie sich davor, hier eine Neiddebatte vom Zaun zu brechen, indem Sie nur einen Ausschnitt des Gesamtpakets diskutieren.
Das wird der Sache nicht gerecht, und damit tragen Sie sicherlich nicht dazu bei, die Bereitschaft zu steigern, in kommunalen Wahlämtern Verantwortung für das Gemeinwesen vor Ort zu übernehmen.
Wir brauchen dieses Engagement heute vielleicht dringender als jemals zuvor. Im Übrigen ist der Vergleich der befristeten Tätigkeit eines Hauptverwaltungsbeamten mit entsprechenden Leitungspositionen in privatrechtlichen Unternehmen naheliegender als der mit einem rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Und dann relativiert sich das Bild schon sehr deutlich.
Zweitens. Man wird der Sache außerdem nicht gerecht, indem man sich nur auf die Extremfälle fokussiert - die es zweifellos gibt, die aber eben Einzelfälle sind -, beispielsweise auf den berühmten 35-jährigen Bürgermeister.
Aber auch angesichts solcher Extremfälle gilt es zu berücksichtigen, dass der Schritt in die Berufspolitik ein Wagnis besonderer Art darstellt, weil eine Rückkehr in den alten Job nach erfolgloser Wiederwahl häufig, eigentlich immer, ausgeschlossen, zumindest aber erschwert ist. Zudem gibt es für ehemalige Laufbahnbeamtinnen und -beamte in Niedersachsen keine Möglichkeit, z. B. nach der Zeit als Bürgermeister auf den alten Dienstposten zurückzukehren. Und Wahlbeamte haben, anders
als abhängig Beschäftigte, im Anschluss an ihre Amtszeit keinen Anspruch aus der Arbeitslosenversicherung.