Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Sie hät- ten doch mehr dahin verteilen kön- nen! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Das hängt damit zusammen, liebe Kollegen, dass Sie nicht zugelassen haben, dass wir über solche Petitionen im zuständigen Fachausschuss reden. Dort würde die Debatte hingehören. Anders wird man dieser Diskussion nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Petra Tiemann [SPD]: Sehr witzig!)

Diese Diskussion zur Arbeitszeit - Herr Scholing hat es eben gesagt - ist Ihnen leidvoll in Erinnerung. Da ist es sehr willkommen, dass die Redezeit derart begrenzt ist und dass das im Petitionsausschuss abgehandelt wird

(Petra Tiemann [SPD]: Ihr könnt so viel Redezeit dorthin legen, wie ihr wollt!)

und dass dies nicht, wie es von uns gewünscht war, im Kultusausschuss stattfindet, in dem wir gut eine Anhörung dazu hätten durchführen können.

Das ist durch die Regierungsmehrheit verhindert worden. Und dann wird so etwas mit „Material“ und „Sach- und Rechtslage“ abgegolten. Das wird der Situation einfach nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben sehr leidvoll in Erinnerung, wie damals über die Arbeitszeit diskutiert worden ist. Herr Scholing hat es hier angesprochen. Er war bei den Debatten dabei, wir auch. Natürlich weiß ich, wie schwer Sie die Situation und anschließend und endgültig dann auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts getroffen hat. Aber es reicht eben nicht aus, jetzt in der Konsequenz Onlineerhebungen und immer neue Studien durchzuführen. Wenn man wirklich etwas für die Entlastung der Lehrkräfte tun will, wenn man das ernst meint, dann liegen so viele Maßnahmen, so viele Konzepte auf dem Tisch, die umgesetzt werden könnten. Stattdessen erfolgen, wie dies der Kollege Försterling schon beschrieben hat, Maßnahmen, die Hinhaltetaktiken sind, um über den Termin der nächsten Landtagswahl hinauszukommen.

Ich fordere Sie heute noch einmal auf: Führen Sie die Debatte zur Arbeitszeit endlich ehrlich! Lassen Sie uns eine ehrliche Diskussion darüber führen, wie die Arbeitszeit unserer Lehrkräfte wirklich aussieht, und lassen Sie uns das unabhängig und wissenschaftlich erheben, aber nicht eine Diskussion führen, wie sie hier vonseiten der Landesregierung und auch der sie tragenden Fraktionen geführt wird!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zusammenfassend zu den Petitionen, wie wir sie heute diskutieren - Schulsozialarbeit, aber auch Arbeitszeit - möchte ich nochmals betonen, dass ich es absolut unangemessen finde, wie mit diesen Petitionen umgegangen wird. Wir werden den Petenten nicht im Geringsten gerecht. Hinter der Petition zur Arbeitszeit stehen 6 500 Menschen, die diese Petition mitgezeichnet haben. Heute wird das hier in drei Minuten verhandelt und dann vonseiten der Regierungsfraktionen einfach mal so abgelehnt.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Drei Minuten? Sie reden aber schon sechs Minuten!)

Es ist frustrierend für die Petenten, die das immer wieder erleben müssen, und das ist eben auch kein Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Seefried. - Jetzt hat sich Herr Borngräber für die SPD-Fraktion gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Seefried, Herr Försterling, wir wären heute schon erheblich weiter, wenn Sie in den Jahren 2003 bis 2013 die Schulsozialarbeit als Landesaufgabe anerkannt hätten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, die Petenten der Petitionen 2896 und 2946 fordern die Einbeziehung weiterer Schulen in den Ausbau der sozialen Arbeit in schulischer Verantwortung, sie fordern also Planstellen für Schulsozialarbeit. Das ist nachvollziehbar, und das ist auch pädagogisch wünschenswert.

Das Kultusministerium arbeitet mit Hochdruck an der weiteren Ausstattung aller niedersächsischen Ganztagsschulen mit unbefristet eingestellten Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Dann wird es ja wieder nichts!)

Aber - jetzt wird es interessant -: Was in der schwarz-gelben Regierungszeit in den Jahren 2003 bis 2013 unterbelichtet blieb oder gar nicht gemacht wurde, kann doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese rot-grüne Landesregierung nicht quasi über Nacht reparieren.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: So ist es! - Dr. Gero Hocker [FDP]: Aber in vier Jahren Regie- rungszeit! - Zurufe von der CDU)

Damit auch die Öffentlichkeit noch einmal deutlich informiert wird, zitiere ich gerne aus einem Schreiben vom 2. Oktober 2009. In diesem Schreiben, das die damalige Kultusministerin HeisterNeumann ihrer damaligen Kollegin, Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann, zukommen ließ, heißt es:

„Sehr geehrte Frau Kollegin, liebe Mechthild,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 11.08.2009 bezüglich des vom Bürgermeis

ter der Stadt Rotenburg (Wümme), Herrn Detlef Eichinger, weitergeleiteten Anliegens des Schulleiters der Realschule Rotenburg auf Zuweisung einer halben Stelle für Schulsozialarbeit

Ich habe den dem Antrag der Schule zugrunde liegenden Sachverhalt im Hause prüfen lassen.“

Herr Kollege, auch wenn es jetzt ganz spannend wird, muss ich Sie unterbrechen. Herr Kollege Grascha möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Er hat sicherlich noch Redezeit.

(Christian Grascha [FDP]: Habe ich nicht mehr!)

Das kann er dann später tun.

Okay. - Dann nein. - Bitte sehr!

„Schulsozialarbeit ist ein professionelles sozialpädagogisches Angebot, das durch verbindlich vereinbarte und gleichberechtigte Kooperation von Jugendhilfe und Schule als eigenständige Institution dauerhaft im Schulalltag verankert ist.“

- Viel Lyrik. -

„Sie verbindet verschiedene Leistungen der Jugendhilfe miteinander und ist mit diesem Angebot im Alltag von Kindern und Jugendlichen ständig präsent und ohne Umstände erreichbar. Insofern ist Schulsozialarbeit als ein primäres Aufgabengebiet der Jugendhilfe eine kommunale und keine (unmittelbare) Landesaufgabe.“

(Zurufe von der SPD: Oh! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Ach nein! Er- wischt!)

„Gesetzlich geregelt ist die Kooperation... in § 81 Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII)...“

- Und so weiter. -

„Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einstellung von Sozialpädagoginnen und -pädagogen durch das Land Niedersachsen besteht mithin nicht und widerspricht o. a. Kostenlastverteilung nach dem Schulgesetz.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit das klar wird: CDU und FDP haben in ihrer Regierungszeit Schulsozialarbeit in erster Linie als eine Aufgabe der kommunalen Jugendhilfe angesehen.

Ich freue mich allerdings sehr darüber, liebe Kollegin Pieper, dass CDU und FDP ihre Sichtweise zwischenzeitlich anscheinend geändert haben.

(Zustimmung von Julia Willie Ham- burg [GRÜNE])

Es hätte jedoch - das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen, lieber Herr Försterling, lieber Herr Kollege Seefried - Schneid gehabt, wenn Sie sich hier heute hingestellt hätten, um zu sagen: Es tut uns leid. Wir haben uns damals völlig falsch verhalten, es völlig falsch gesehen. Wir anerkennen die Notwendigkeit der Schulsozialarbeit als Landesaufgabe.

(Christian Grascha [FDP]: Ist Ihnen dieser Vortrag nicht selbst peinlich, Herr Kollege?)

Sie hätten sagen können: Liebe rot-grüne Landesregierung, lieber Herr Ministerpräsident Stephan Weil, Sie setzen sich in der Tat schrittweise und haushalterisch verantwortlich für die Schulsozialarbeit ein. Das freut uns sehr, und wir danken Ihnen dafür.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich darf aber abschließend feststellen: Eine solche Erklärung hätte Schneid, kriegen Sie aber leider nicht hin.

(Jens Nacke [CDU]: Was haben Sie in der Mittagspause angestellt, Herr Kol- lege?)