Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist das erklärte Ziel des niedersächsischen DITIBLandesverbandes, sich vom türkischen Staat unabhängig zu machen. Die Niedersächsische Landesregierung wird den Verband dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bietet hier etwa im Rahmen der Förderrichtlinien zu Migration und Teilhabe auch den muslimischen Verbänden an, z. B. für Projekte zur Förderung der Demokratie und Toleranz sowie für Projekte, die die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Niedersachsen nachhaltig verbessern und ihre gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe fördern, finanzielle Zuwendung zu beantragen und entsprechende Projekte durchzuführen.

Ich bin überzeugt davon, dass dies der richtige Weg ist, um die bisherige erfolgreiche Kooperation des Landes mit dem Verband fortzuführen und zukünftig auch weiter ausbauen zu können.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Aktuell erteilt in Niedersachsen eine türkische Konsulatslehrkraft sogenannten Konsulatsunterricht.

Zu Frage 2: Die Landesregierung beabsichtigt, die muslimische Gefängnisseelsorge in der oben dargestellten Weise weiterzuführen.

Zu Frage 3: Das Verhältnis der muslimischen Verbände zum türkischen Staat entzieht sich einer Gestaltung durch die Landesregierung. Ich verweise insoweit auf meine soeben gemachten Ausführungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es liegt bereits die eine oder andere Zusatzfrage vor. Ich weise grundsätzlich darauf hin, dass ich unterstelle, dass Ihnen die Geschäftsordnungsbestimmungen zu den Dringlichen Anfragen bekannt sind. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Ansonsten bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden. Einige haben das schon getan. Es beginnt der Kollege Christian Dürr. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Sie gerade ausgeführt haben, Frau Ministerin, dass der Konsulatsunterricht in Niedersachsen eine untergeordnete Rolle spielt, frage ich die Landesregierung, ob sie plant, Kooperationen mit konsularischen Vertretungen wiederzubeleben oder aufzubauen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dürr hat hier eben einen Satz verwendet, der sich in dem Entschließungsantrag in der Drucksache 17/6903 wiederfindet, den wir im Anschluss an den Tagesordnungspunkt Dringliche Anfragen diskutieren werden.

Wenn der Niedersächsische Landtag beschließt, dass wir sogenannten konsularischen Unterricht mit sogenannten Konsulatslehrkräften in Niedersachsen ausbauen bzw. in diesem Bereich eventuell Erweiterungen vornehmen wollen, wird die Landesregierung eine entsprechende Aufforderung des Landtages natürlich berücksichtigen.

(Christian Dürr [FDP]: Aha! - Christian Grascha [FDP]: Das hörte sich aber eben noch anders an!)

Ich weise aber ausdrücklich darauf hin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass in niedersäch

sischen Schulen in der Vergangenheit auch konsularischer Unterricht z. B. in Griechisch oder Portugiesisch stattgefunden hat und es nicht ausschließlich um konsularischen Unterricht in Türkisch geht.

Ich habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in unseren Schulen herkunftssprachlicher Unterricht in staatlicher Verantwortung liegt und wir deshalb den konsularischen Unterricht nicht so einsetzen wie andere Bundesländer.

(Christian Grascha [FDP]: Aber Sie werden dem Antrag als Abgeordnete zustimmen?)

- Wenn Sie mir zuhören wollen, erkläre ich Ihnen das auch gerne noch mal genau, Herr Dürr. In Niedersachsen wird herkunftssprachlicher Unterricht staatlich verantwortet, und er wird auch von staatlichen Lehrkräften erteilt.

(Christian Grascha [FDP]: Sie be- schließen jetzt aber das Gegenteil von dem, was Sie gerade gesagt haben!)

Konsularischer Unterricht findet immer nur außerhalb von Schulen statt; er wird nicht vom Land verantwortet, und die Schulträger entscheiden darüber, ob sie entsprechende Räume zur Verfügung stellen.

Insofern könnten Räume auch woanders zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine Angelegenheit der Konsulate.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Ach so, das ist in der Schule, aber außer- halb der Schule! - Christian Grascha [FDP]: Haben Sie selbst gemerkt, dass das nicht zusammenpasste, oder?)

Danke schön. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wenn Sie dies möchten. Dann: Zettel raus! - Alles der Reihe nach. Es folgt jetzt Kollege Hillmer, CDU-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Kultusministerin hier an dieser Stelle am 4. Mai 2016 gesagt hat, DITIB sei eine Religionsgemeinschaft, und das Kultusministerium im Kultusausschuss am

17. März 2017 ausgeführt hat, bei DITIB handele es sich noch nicht um eine Religionsgemeinschaft im Sinne von Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes, frage ich die Landesregierung: Ist sie der Ansicht, dass DITIB Niedersachsen und Bremen eine Religionsgemeinschaft ist, oder nicht?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Hillmer, DITIB ist eine Religionsgemeinschaft nach der Verfassung, aber DITIB ist keine Religionsgemeinschaft nach Artikel 7 Abs. 3, in dem es um konfessionellen Religionsunterricht geht.

(Jens Nacke [CDU]: Okay, also Unter- richt in der Schule, aber nicht im Rahmen der Schule, und DITIB ist nach dem Gesetz eine Religionsge- meinschaft und nach dem Gesetz kei- ne Religionsgemeinschaft! - Ulf Thiele [CDU]: Wie wollen Sie denn begrün- den, dass DITIB nach der Verfassung eine Religionsgemeinschaft ist?)

Danke schön. - Als Nächster Herr Kollege Dr. Genthe, FDP-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Werden die muslimischen Seelsorger, die in den Justizvollzugsanstalten eingesetzt werden, in irgendeiner Form sicherheitsüberprüft und, wenn nein, warum nicht?

(Beifall bei der FDP)

Danke. - Frau Justizministerin Niewisch-Lennartz, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Genthe, eine solche Überprüfung findet seit dem 15. September statt. Damit sind die muslimischen Seelsorgerinnen und Seelsorger einverstanden. Die Überprüfung erfolgt durch das Landeskriminalamt und schließt die Verbunddateien des Staatschutzes mit ein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Bündnis 90/Die Grünen, Kollegin Hamburg, bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich frage vor dem Hintergrund, dass Sie ausgeführt haben, dass die Landesregierung den Schwerpunkt gerade auf den herkunftssprachlichen Unterricht in der türkischen Sprache lege, welche Voraussetzungen die Lehrkräfte haben müssen, die diesen herkunftssprachlichen Unterricht in Landesverantwortung erteilen.

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Hamburg, die Niedersächsische Landesschulbehörde wählt die Lehrkräfte aus, die den herkunftssprachlichen Unterricht erteilen, natürlich auch die, die den herkunftssprachlichen Unterricht in Türkisch erteilen. Diese Lehrkräfte müssen über eine abgeschlossene Lehramtsausbildung in Deutschland oder in ihrem Herkunftsland sowie über Deutschkenntnisse mindestens auf der Niveaustufe C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügen. Dasselbe gilt natürlich auch für die jeweilige Herkunftssprache.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Noch einmal die CDU-Fraktion: Kollege Hillmer, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung am 17. März dieses Jahres im Kultusausschuss ausgeführt hat, sie werde die Bedenken gegenüber DITIB noch in Schriftform darlegen und in einem Schreiben an DITIB übermitteln, frage ich die Landesregierung, welche Bedenken sie konkret hinsichtlich der Staatsferne von DITIB hat.

Danke. - Frau Ministerin Heiligenstadt, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hillmer, ich habe vorhin schon ausgeführt, dass es für die Erteilung einer Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne von Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes, wonach dann auch konfessioneller Religionsunterricht erteilt werden kann, weiterer Voraussetzungen bedarf als für die normale Religionsgemeinschaftseigenschaft, die nach Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit der Weimarer Reichsverfassung für die DITIB natürlich erst einmal anzunehmen ist.

Wir haben mit der DITIB in vielen Gesprächen die Thematik der Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Artikel 7 Abs. 3 GG besprochen und haben u. a. in einem Schreiben, das wir den Mitgliedern des Kultusausschusses des Niedersächsischen Landtages mit gestrigem Datum zur Verfügung gestellt haben, noch einmal deutlich gemacht, welche weiteren Voraussetzungen die DITIB erfüllen müsste, um die Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Artikel 7 Abs. 3 GG tatsächlich zu erfüllen.

Dazu gehört u. a., dass DITIB deutlich macht, dass die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat gegeben ist. Es darf keine Durchgriffsmöglichkeit der Diyanet über den Bundesvorstand der DITIB direkt auf den niedersächsischen Landesverband geben. Insofern haben wir in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Satzungen anzupassen sind, weil momentan noch Verknüpfungen zwischen dem Bundesvorstand der DITIB, dem Bundesverband und dem niedersächsischen Landesverband bestehen. Des Weiteren muss die DITIB auch in Bezug auf eine Liste der Mitglieder der Religionsgemeinschaft noch entsprechende Anforderungen erfüllen. - Das sei beispielhaft benannt.

Danke schön. - Es folgt die FDP: Herr Dürr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung in Niedersachsen offensichtlich eine ganz andere Debatte führt - insbesondere auch über die Unabhängigkeit von DITIB - als im Rest Deutschlands - ich denke da beispielsweise an die Debatten in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz -, und vor dem Hintergrund, dass