Protokoll der Sitzung vom 06.04.2017

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung in Niedersachsen offensichtlich eine ganz andere Debatte führt - insbesondere auch über die Unabhängigkeit von DITIB - als im Rest Deutschlands - ich denke da beispielsweise an die Debatten in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz -, und vor dem Hintergrund, dass

der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen - ein Zitat; ich mache es mir nicht zu eigen - DITIB eine „türkische Pegida“ nennt, und vor dem Hintergrund, dass wir allgemein gute Gespräche mit dem Landesvorsitzenden in Niedersachsen, Herrn Kilic, führen, den wir, glaube ich, schätzen,

(Axel Brammer [SPD]: Frage!)

uns aber die Sorge machen, dass DITIB diese Unabhängigkeit, die wir uns wünschen, zurzeit ausdrücklich nicht hat,

(Axel Brammer [SPD]: Frage!)

frage ich die Landesregierung, ob sie einen konkreten Fahrplan hat, wie sicherzustellen ist, dass ein Verband, der erheblichen Einfluss - nicht nur beim Religionsunterricht, sondern insbesondere bei der Gefängnisseelsorge - in Niedersachsen hat, endlich unabhängig vom türkischen Staat sein kann, ob sie einen solchen Fahrplan verfolgt oder ob das weiter ein Stochern im Nebel ist,

(Axel Brammer [SPD]: Frage!)

wie es jedenfalls bei den bisherigen Ausführungen der Ministerin der Fall war.

(Beifall bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Wie heißt denn der ehemalige Unterbezirksgeschäftsführer dort drü- ben, der selbst während der Frage noch „Frage!“ ruft?)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal verweise ich noch einmal auf die vorhin in meinen Vorbemerkungen gemachten Ausführungen. Die Unabhängigkeit der muslimischen Verbände vom türkischen Staat

(Christian Dürr [FDP]: Sie sind voll- kommen arglos!)

entzieht sich ebenso der Steuerung durch das Land Niedersachsen wie auch diejenige anderer Verbände, Herr Dürr, oder Vereine von Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln von ihren Herkunftsstaaten. Die interne Organisation der Verbände, aus der je nach Gestaltung deren Abhängigkeit oder Unabhängigkeit folgen kann, ist eine rein interne Angelegenheit und wird zudem bei einer Religionsgemeinschaft auch noch

durch das religiöse Selbstbestimmungsrecht aus Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit der Weimarer Reichsverfassung geschützt. - Insoweit ist die Landesregierung z. B. nicht in der Lage, Satzungen des DITIB-Landesverbandes zu ändern.

(Christian Dürr [FDP]: Aber Sie kön- nen doch Anforderungen stellen, wenn Sie Kooperationspartner sind, insbesondere um progressive Kräfte zu stärken!)

Zweitens, sehr geehrter Herr Dürr, habe ich ausdrücklich erwähnt, dass die Staatsferne in dem Moment eine wichtige Rolle spielt, in dem es um die Frage der Kooperationsmöglichkeiten geht. Ich habe auch versucht, deutlich zu machen, dass wir z. B. in der in Niedersachsen gefundenen Übergangslösung für den islamischen Religionsunterricht, die ja noch unter der Vorgängerregierung eingeführt worden ist, einen Beirat haben, in dem Mitglieder der DITIB wie auch der Schura die Landesregierung in Fragen des islamischen Religionsunterrichts beraten, aber sie keinerlei Einflussnahmemöglichkeiten haben, bestimmte Dinge zu fordern, die dann auch tatsächlich im islamischen Religionsunterricht stattfinden.

(Christian Dürr [FDP]: Sie können also nichts machen!)

Das bedeutet: An dieser Stelle ist der islamische Religionsunterricht in Niedersachsen von niedersächsischen, von staatlichen Religionslehrkräften verantwortet

(Christian Dürr [FDP]: Das wissen wir doch alles! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Warum stellen Sie dann eine solche Frage?)

auf der Grundlage eines staatlichen Kerncurriculums. Insofern ist es falsch, immer wieder zu behaupten, Herr Dürr, es gebe einen Einfluss der Türkei auf den islamischen Religionsunterricht in Niedersachsen.

(Christian Dürr [FDP]: Was sagen Sie zu dem Zitat von Herrn Özdemir? Tei- len Sie diese Auffassung?)

Das ist hier in Niedersachsen nicht der Fall - anders, als das möglicherweise in anderen Bundesländern der Fall ist.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Was sagen Sie denn dazu? Teilen die Grünen das? Teilen Sie diese Auffassung?)

Es mag ja sein, dass das Kerncurriculum, sehr geehrter Herr Dürr, in anderen Bundesländern eventuell anders ist. Das entzieht sich meiner Kenntnis. In Niedersachsen ist es staatlich verantwortet. Es sind staatliche Lehrkräfte,

(Christian Dürr [FDP]: Wir haben es ja selbst eingeführt! Das wissen wir!)

und es gibt eben keinen Einfluss der staatlichen Religionsbehörde Diyanet auf den islamischen Religionsunterricht.

(Christian Dürr [FDP]: Das waren wir, nebenbei gesagt! - Gegenruf von Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Was sagt denn Herr Lindner dazu?)

Das mag Ihnen vielleicht nicht passen, Herr Dürr. Ich finde es gut, dass es so ist, dass es also keine Einflussnahmemöglichkeiten gibt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Wir haben das ja selbst eingeführt!)

Insofern, sehr geehrter Herr Dürr, ist die Behauptung, es gebe Einfluss auf staatlichen Religionsunterricht, schlicht und ergreifend eine falsche Behauptung,

(Christian Dürr [FDP]: Das habe ich überhaupt nicht gesagt!)

weil wir in Niedersachsen eine andere Regelung als in anderen Bundesländern haben.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Ich habe nach Gefängnissen gefragt! Entschuldigung, über die Ge- fängnisseelsorge haben Sie gar nichts gesagt!)

Danke schön, Frau Ministerin. - Herr Dürr!

(Christian Dürr [FDP]: Was sagen Sie denn zu dem Zitat, Frau Ministerin?)

- Sie können sich noch zu Wort melden, Herr Dürr.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Herr Dürr, Ihre Frage hat nichts mit dem Zi- tat zu tun! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Doch! Natürlich! Was ist denn Ihre Meinung dazu?)

- Frau Hamburg, Herr Dürr, wollen Sie das vielleicht draußen klären?

(Zurufe: Besser nicht! - Nur mit Ring- richter!)

Die nächste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt der Kollege Thiele. Bitte!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie DITIB als eine Religionsgemeinschaft gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit der Weimarer Reichsverfassung definiert haben, frage ich Sie, auf welcher Grundlage Sie DITIB als eine solche definieren, welche Voraussetzungen DITIB als Verband erfüllen muss und warum Sie nicht zu der Auffassung kommen, dass DITIB zuvorderst und zunächst als Verein eine Interessenvertretung der Moscheegemeinden ist, die ihre Mitgliedschaft dort erklärt haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Thiele, wir haben, wie Sie wissen, entsprechende Gutachten beauftragt. Das Gutachten des Herrn Professor Muckel weist ausdrücklich die von mir eben deutlich gemachte Unterscheidung auf und weist für die DITIB die entsprechende Situation auf, wie ich sie dargestellt habe.

(Ulf Thiele [CDU]: Machen Sie sich das zu eigen?)

Danke schön.

(Ulf Thiele [CDU]: Machen Sie sich das zu eigen?)

- Herr Thiele, nicht so!

Meine Damen und Herren, es folgt jetzt noch einmal die CDU-Fraktion. Herr Kollege Hillmer!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie viele Lehrkräfte gibt es an niedersächsischen Schulen außerhalb der Konsulatslehrkräfte, die in Diensten

der Türkei stehen oder mittelbar oder unmittelbar aus der Türkei Geld empfangen?