Protokoll der Sitzung vom 07.04.2017

Sechstens. Der Bund muss definieren, wie viele Wölfe für den Erhalt eines Bestandes notwendig sind, damit diese Art überhaupt erst einmal bejagt werden darf. Diesen Punkt müssten wir zunächst einmal erreichen. Solange das nicht der Fall ist,

können wir gar nicht handeln und haben wir auch keine Handhabe.

Ich sage Ihnen eines: Diese Landesregierung wird vor allem eines tun. Sie wird immer, immer rechtskonform handeln. Die Rechtsgrundlage Ihres Antrags aber liegt komplett daneben. Er ist mit heißer Nadel gestrickt und neigt komplett zu Populismus.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir setzen die Beratung fort. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Angermann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in der Tat zurzeit 80 Wölfe im Land. Ab Sommer werden es über 100 sein. Der nächste Rudelwurf kommt dazu.

Die Herausforderungen und Risse nehmen erheblich zu. Es gibt Wölfe in immer neuen Regionen, in denen man sie vorher nicht für möglich gehalten hätte. Der Weideaustrieb beginnt, und damit nehmen die Sorgen der Weidetierhalter zu.

Und was macht die Landesregierung, speziell unser Umweltminister? - Er kündigt an, und zwar schon seit über zwei Jahren.

(Jörg Bode [FDP]: Nichts macht er!)

Ein Managementplan soll überarbeitet werden. Die Wolfsrichtlinie soll überarbeitet werden - seit zwei Jahren angekündigt. Wölfe sollen besendert werden. - Fehlanzeige! Schutzmaßnahmen auf Deichen: Es wird geprüft seit 2015. - Vergrämung von Problemwölfen: Fehlanzeige! - Herr Minister, ich muss in aller Deutlichkeit fragen: Wann liefern Sie?

(Beifall bei der CDU)

Angesichts der zunehmenden Herausforderungen bedarf es Antworten, aber richtiger Antworten, die auch nachhaltig sind. Das, was Sie liefern, sind Halbherzigkeiten, die zeigen, dass Ihnen die Thematik zunehmend aus der Hand läuft.

Dazu einige Beispiele: Die Goldenstedter Fähe - es wurde schon darüber gesprochen - hat nachweislich über 120 Weidetiere gerissen. Es wurde ein Zaun gebaut - vorbildlich, Frau Kottwitz hat ihn gelobt. - Er ist darüber gesprungen! Es wurde ein Flatterband darüber gezogen. - Er ist ebenfalls

darüber gesprungen! 1,40 m hoch! Man wusste nicht weiter. Es sollte ein Gesprächskreis gegründet werden.

(Christian Dürr [FDP]: Mit dem Wolf?)

- Derer, die beteiligt sind. Auch der Gesprächskreis brachte nichts, weil der Wolf ja nicht eingeladen wurde.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Großer Fehler!)

Wir haben die Entnahme gefordert, weil klar ist, dass es für diesen Wolf keinen Schutz mehr gibt. - Nein, der Minister meint, er soll besendert werden. - Er wurde aber nicht besendert! Das wurde nicht ausgeführt!

(Christian Dürr [FDP]: „Den Tieren ei- ne Stimme geben!“ war doch das Mot- to von Rot-Grün, oder?)

Wir haben darauf hingewiesen, dass das Problem besteht, dass er einen Partner bekommt. Den hat er im Augenblick. Es ist zu erwarten, dass er Nachwuchs bekommt. Er wird diesem Nachwuchs zeigen, wie er über 1,40 m hohe Zäune springt. Dann haben wir den Super-GAU. Dann muss möglicherweise ein gesamtes Rudel entnommen werden. Wir wollten erreichen, dass das nicht passiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Es stellt sich die Grundsatzfrage: Warum wurde die Besenderung nicht durchgeführt? - Wenn man genau nachdenkt, ist die Erklärung greifbar: Wenn er besendert worden wäre, hätte man klar erkennen können, dass dieser Wolf über die Zäune springt. Dann hätte er geschossen werden müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dann hätte dieser Minister einen zweiten Wolf zum Abschuss freigeben müssen. Das geht ja gar nicht! Also lässt man die Weidetierhalter mit ihrem Problem allein.

(Zustimmung bei der FDP)

Zweites Beispiel. Im Umweltausschuss am 20. März gab es eine Unterrichtung zu unserem Siebenstufenplan. Vorweg gab es eine schriftliche Unterrichtung - das war gut so. Wenn man in der Nutztierrisstabelle all die Risse zusammenzählt, die bestätigt wurden, dann hat es bis heute 463

Risse von Schafen gegeben, 97 Risse von Damwild und 22 Risse von Rindern, also 582.

Und man legte uns eine schriftliche Unterrichtung vor, in der steht, dass gerade einmal 312 Tiere gerissen wurden. Das ist vollkommen zu niedrig, vollkommen falsch! Außerdem davon nur zwei Rinder.

Das Unglaubliche dabei ist, Herr Minister Wenzel: Auch Ihre Mitarbeiter konnten diese Zahlen nicht erklären! Das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Trotz aller falschen Zahlen hat es bis heute keine Korrektur gegeben. Wenn ich das gewesen wäre, dann wäre am nächsten Tag die Korrektur auf dem Tisch gewesen und hätten wir die realen Zahlen. Das wäre auch verständlich. Scheinbar sollen wir davon ausgehen, dass die Zahlen des Ministeriums stimmen. Da frage ich mich: Was soll das? Will man die Öffentlichkeit hinters Licht führen, oder will man Zahlen verschleiern?

Dazu passt auch das dritte Beispiel: Die Landesjägerschaft leistet mit dem Monitoring und den Wolfsberatern einen hervorragenden Beitrag. Dazu gehört auch die Erstellung von Quartalsberichten über die Populationsentwicklung. Risse und Sichtungen werden dort wiedergegeben. Die Daten werden direkt von den Wolfsberatern an die Landesjägerschaft weitergegeben - außer die Daten der Landesforsten; die gehen erst zum Wolfsbüro. Dort werden sie aufgearbeitet. Dann sollten sie zur Landesjägerschaft gehen, um in die Quartalsberichte eingearbeitet zu werden.

Wenn man in das Internet schaut, ist dort zu lesen: Zweiter Quartalsbericht 2016: Es fehlen mindestens 114 Meldungen. Die sind nicht eingearbeitet. Dritter Quartalsbericht: Es fehlen weitere Meldungen. Vierter Quartalsbericht: Mindestens 204 Meldungen fehlen, wie Fotoaufnahmen, Protokolle usw. Trotz mehrmaliger Nachfragen im Wolfsbüro - schriftlich wie auch telefonisch -: keine Lieferung!

Warum nicht? Was wird hier verheimlicht? Warum aufarbeiten? - Alle diese Fragen stehen im Raum. Welche Folgen hat das? - Quartalsberichte sind Berichte über den aktuellen Stand der Wolfspopulation. Die Berichte sind nicht mehr vollständig! Warum liefert das Wolfsbüro nicht? - Diese Fragen stehen im Raum und sind bisher nicht beantwortet worden. Es kann nicht sein, dass 400 Wolfsmeldungen zurückgehalten werden und damit die offiziellen Quartalsberichte unvollständig sind.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, fassen wir einmal zusammen, was hier wirklich läuft: Keine Besenderung, falsche Unterrichtung, Datenzurückhaltung. - Herr Minister, ich würde sagen: Chaos im Wolfsbüro! Etwas anderes kann man nicht behaupten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Und wer ist an diesem Chaos schuld? - Mit Sicherheit nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wolfsbüros. Die machen mit Sicherheit mit Sorgfalt und Pflicht ihr Werk. Wenn man ihnen aber keine vernünftigen Rahmenbedingungen, keinen aktuellen Managementplan, keine Richtlinie, die sagt, wann der Wolf verhaltensauffällig ist, oder keine angepassten Handlungsempfehlungen gibt, die bestimmen, wann ein Wolf entnommen oder vergrämt werden muss, und wenn man nur gefilterte Informationen herausgibt, dann führt das zum Chaos - erst im Wolfsbüro und dann im Lande. Herr Minister, genau das ist Ihr Werk!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dazu gehört der Irrsinn, dass mehr Rehe geschossen werden sollen, um die Population der Wölfe zu reduzieren oder einzugrenzen. Damit erhöhen Sie genau den Druck auf die Weidetiere. Wenn weniger Wild da ist, werden sie gerade auf die Weidetiere gehen. Im Winter - das muss auch betrachtet werden - gehen sie an die Mülltonnen in den Dörfern, um sich dort sattfressen zu können. Das wird die Entwicklung sein, wenn wir noch weniger Wild haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe im Umweltausschuss darauf hingewiesen, dass die zukünftigen Grünlandregionen kilometerlange, wolfssichere und damit undurchdringbare Zäune haben werden. Das ortsansässige Wild wird ausgesperrt - kein Damwild und kein Schwarzwild mehr auf dem Grünland. Und was war die Antwort des Ministers ausweislich des Protokolls?

„Diese Herden, insbesondere wenn sich die Weide weit entfernt vom Hof befindet, soll zum zusätzlichen Schutz mit einem Bullen verstärkt werden.“

Was soll ein Bulle draußen gegen einen Wolf tun? - Die jährlingen Rinder, die Färsen, werden sich bedanken, wenn dort ein Bulle dabei ist!

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Minister, wenn wir bisher noch gedacht haben, dass Sie das Zepter in der Hand haben, so haben wir jetzt den Beweis, dass Ihnen die Lage vollkommen entgleitet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Sie sind ein richtiger Wolfsversteher!)

Zusammenfassend kann ich deutlich sagen: Sie sind auf dem falschen Weg. Lesen Sie den Antrag der FDP-Fraktion oder besser unseren Siebenstufenplan. Wenn Sie das umsetzen, haben Sie alles richtig gemacht.

Liebe FDP-Fraktion, Ihr Antrag ist gut! Unser ist besser. Wir werden aber auch Ihren positiv begleiten.