„Das Gesetz dient der Abwehr von Gefahren und erheblichen Nachteilen für die Agrarstruktur und damit für den ländlichen Raum durch eine agrarstrukturell nachteilige Verteilung von Grund und Boden.“
Dazu möchte ich gerne, Herr Kollege, einige Zahlen, Daten und Fakten vorlesen. - Sie müssen damit rechnen, dass ich immer lauter werde. Weil ich das Mikro auf meiner Seite habe, bin ich im Zweifel auch lauter als Sie, Herr Kollege. Ich trage jetzt weiter vor.
Einige Punkte zur Ausgangslage: insbesondere seit dem Jahre 2007 eine erkennbar eklatante, deutliche Preissteigerung im Bodenbereich. Das hängt ganz offenkundig auch mit der Finanzkrise zusammen. Das hängt offenkundig auch mit niedrigen bzw. fallenden Zinsen in diesem Bereich zusammen. Deshalb will ich auf drei Punkte zu sprechen kommen, die man besonders in Ostdeutschland, wo dieser Prozess, den wir für Niedersachsen befürchten - das sage ich ausdrücklich -, aber in Ostdeutschland ist das teilweise leider schon der Fall - - -
Herr Kollege Siebels, bevor Sie auf die drei Punkte eingehen: Herr Dammann-Tamke hat darum gebeten, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen.
Erstens gibt es das Phänomen, dass ganze Betriebe aufgekauft werden, und zwar durch Konzernstrukturen, also nicht von einzelnen privaten Investoren, sondern durch ganze Konzerne mit dem Ergebnis, dass das Geld aus dem ländlichen Raum abfließt.
Der zweite Punkt: Wir können beobachten, dass sich auch in Niedersachsen in einem steigenden Umfang - wenngleich das jetzt auch noch nicht 100 % des Marktes betrifft, Herr Kollege; das will
ich nicht bestreiten - private Investoren von außerhalb der Landwirtschaft in den Bodenmarkt einkaufen. Das ist nach dem Klischee - um das einmal deutlich zu machen - der Zahnarzt, der sein Geld anlegen will. Weil er auf der Bank keine Zinsen mehr kriegt, lohnt es sich für ihn eher, in Boden zu investieren.
Drittens - Herr Kollege, diesen Punkt will ich auch nicht bestreiten -: Natürlich gibt es eine allgemeine Konkurrenz, was die Flächen insgesamt angeht. Diese ist allerdings, Herr Kollege Grupe, natürlich nicht nur durch Ausgleichsflächen bedingt. Sie ist auch dadurch bedingt, dass die Verkehrsinfrastruktur, der Wohnungsbau und viele andere Dinge weiterhin Fläche verschlingen. Das ist zunächst einmal ein Faktum.
Ich will ein paar Zahlen nennen, um die Situation zu beschreiben. Diese Zahlen habe ich aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium; ich habe sie nicht selbst ausgerechnet.
1962 hat ein Betrieb im Schnitt zu 85 % Fläche bewirtschaften, die in seinem Eigentum stand. Nur durchschnittlich 15 % hat ein Betrieb zugepachtet. Heute reden wir über eine andere Flächenverteilung. 40 % der Fläche, die ein Betrieb bewirtschaftet, gehören ihm selbst, aber 60 % pachtet er dazu - mit dem Ergebnis, dass der Pachtmarkt für die Betriebe natürlich an Bedeutung gewonnen hat.
Ich will noch eine Zahl nennen: Von 2006 bis 2015 hatten wir eine Steigerung des durchschnittlichen Kaufpreises für Ackerland in Niedersachsen von 1,25 Euro auf 3 Euro pro Quadratmeter zu verzeichnen. Teilweise gibt es ein Plus - je nachdem, ob man Ackerland oder Grünland als Bemessungsgrundlage heranzieht - von 126 %.
Vor diesem Hintergrund sind wir uns wohl darin einig - das habe ich den Äußerungen meiner Vorredner ganz leise entnehmen können -, dass eigentlich Handlungsbedarf besteht.
Erstens geht es uns darum, die Agrarstruktur zu erhalten - also kleine Betriebe, die familiär geführt werden, und eben keine Konzernstrukturen. Ich habe dabei den durchschnittlichen ostfriesischen Milchviehbetrieb vor Augen, den ich auch in der Zukunft gerne weiterwirtschaften sehen möchte.
tion herauszunehmen. Wir wollen gerade keine Bodenpreisspekulation in diesem Bereich und keine Verhältnisse, wie ich sie gerade beschrieben habe und wie es sie in Ostdeutschland vielfach schon gibt.
Deswegen macht es übrigens auch Sinn, Herr Kollege, dass man vorher handelt. Sie argumentieren immer, dass es dieses Problem bei uns im Moment noch gar nicht gibt. Nein, das bestreiten wir nicht. Im Moment gibt es das noch nicht, aber es gibt eine Tendenz dazu. Sinnvollerweise macht man ein Gesetz, um das zu verhindern - vorher und nicht wie in Ostdeutschland erst dann, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Jetzt kann man die Frage stellen: Was haben die Menschen in Niedersachsen davon, Herr Kollege? - Auch das will ich Ihnen sagen.
Ich glaube, es besteht das allgemeine Bedürfnis - das dürfte im Übrigen im Niedersächsischen Landtag Konsens sein -, dass wir erstens kleine, familiengeführte Betriebe und keine Konzernstrukturen haben wollen.
Zweitens - auch darüber besteht hier im Landtag vielleicht Konsens - wollen wir eine kleinteilige Kulturlandschaft erhalten.
Zu Recht, Herr Dammann-Tamke, haben Sie deshalb - ausweislich der Presseberichterstattung - von einem „hehren Ziel“ gesprochen. Darin jedenfalls sind wir uns einig.
Es gibt einige Kritikpunkte, z. B. die Definition des Begriffes des Landwirtes; das ist gerade schon angesprochen worden. Diese ist deshalb von Relevanz, weil sich die Frage stellt - ich nenne das Klischee jetzt nicht, um eine bestimmte Gruppe in ein schlechtes Licht zu rücken -, ob der Zahnarzt eigentlich schon Landwirt ist, wenn er sich ein Pferd kauft. Vor dem Hintergrund dieses Beispiels muss man über die Definition des Begriffes des Landwirtes sprechen.
Auch über die Definition des Begriffes „marktbeherrschende Stellung“ müssen wir diskutieren. Wir müssen über die Frage von verfassungsrechtlicher
Zulässigkeit sprechen - Herr Kollege Grupe, wenn Sie das hören wollen. Zu diesem Thema hat sich eine Organisation geäußert, die sich Familienbetriebe Land und Forst nennt. Der Vorsitzende - oder vielleicht nennt er sich auch Präsident; ich bin nicht ganz sicher - ist ein Prinz zu Salm-Salm. Ich bin nicht vollständig davon überzeugt, dass der die Interessen der kleinen ostfriesischen Milchviehbetriebe wirklich vertritt, Herr Kollege Grupe.
Er hat ein Weingut, und es soll übrigens gut schmecken, was er da produziert. Im Zweifel vertritt er aber die Interessen von anderen Gruppierungen.
Alle diese Punkte - das wäre mein Appell an Sie - würde ich gerne in einer sachlichen Auseinandersetzung im Ausschuss mit Ihnen klären. Denn in der Tat ist das ein ambitioniertes Gesetzesvorhaben, und auch ich sehe an einigen Punkten durchaus Diskussionsbedarf. Aber ich wünsche mir eine sachliche Auseinandersetzung darüber und kein In-Grund-und-Boden-Reden, wie Sie das hier gerade gemacht haben.
Schließen will ich mit einer mir schriftlich vorliegenden Äußerung eines Verbandsfunktionärs des Landvolkes. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich den Namen nicht nenne. Er schreibt mir: Ich bitte Sie: Lassen Sie sich im Namen der durchschnittlichen bäuerlichen Familienbetriebe (nicht nur der erfolgreichsten) nicht von Ihrem Weg abbringen, und sorgen Sie dafür, dass ein Niedersächsisches Agrarstruktursicherungsgesetz in diesem Jahre verabschiedet wird!
Das, meine Damen und Herren, ist unser Ziel. Ich lade Sie herzlich ein und fordere Sie auf: Helfen Sie mit, in einer sachlichen Diskussion den Entwicklungen, die sich hier abzeichnen, ein Ende zu setzen, und für eine gute bäuerliche Agrarstruktur in Niedersachsen zu sorgen!
Vielen Dank, Herr Siebels. - Es liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention von der CDU-Fraktion vor. Bitte, Herr Oesterhelweg!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Siebels, Sie haben eben von den kleinen und mittleren Betrieben gesprochen, die wir unterstützen wollen. Natürlich wollen wir das! Aber Sie werden das auf diese Art und Weise mit Sicherheit nicht erreichen.
Offensichtlich ist Ihnen noch nicht einmal die Durchschnittsgröße der heimischen Betriebe bei Ihnen in Ostfriesland bekannt. Sonst hätten Sie ja meine per Zwischenruf gestellte Frage beantwortet. Aber Sie können das ja mal nachschlagen.
Meine Damen und Herren, ein solches Gesetz muss man richtig und verfassungskonform machen. Ich befürchte, das wird hier genauso laufen wie beim Jagdgesetz. Dazu hat Frau Staudte gesagt: Okay, der GBD kann ja irgendetwas behaupten. Wir machen es einfach anders und sehen dann mal, was passiert. - Das wird wahrscheinlich auch hier passieren.
Herr Kollege Siebels, wenn Sie sagen, dass Sie die Betriebe unterstützen wollen, dann glaube ich Ihnen das eigentlich sogar. Warum aber bevorzugen Sie dann beispielsweise die NLG, wenn zwei landwirtschaftliche Betriebe Vorkaufsrecht ausüben? Warum bevorzugen Sie Naturschutzverbände, wenn landwirtschaftliche Betriebe mit im Spiel sind? Warum bevorzugen Sie Kommunen, wenn landwirtschaftliche Betriebe mit im Spiel sind? Und warum bevorzugen Sie letztendlich durch die eben schon mit dem Kollegen Janßen diskutierte Regelung möglicherweise sogar Großkonzerne gegenüber mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Betrieben, die bei 70 ha in der entsprechenden Gemarkungsgröße nicht zum Zuge kämen? Das hätte ich gerne von Ihnen beantwortet.