Protokoll der Sitzung vom 16.05.2017

Herr Scholing, vielen Dank für die Möglichkeit einer weiteren Frage. Ich habe Ihnen aufmerksam zugehört.

Ich teile Ihre Medienschelte ausdrücklich nicht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ach, Herr Thiele!)

- Es war ja schon eine.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Nein, das war keine!)

Ich glaube, dass es in solchen Fällen notwendig ist, pointiert über Situationen zu berichten, damit sich etwas verändert.

(Zuruf von der SPD: Fragen!)

Ich habe Ihrerseits jetzt einige sehr allgemeine Antworten darüber gehört, was die rot-grüne Landesregierung getan zu haben glaubt, damit es im Allgemeinen besser wird. Ich habe von Ihnen keine Antwort auf die Frage bekommen, wer hier eigentlich so eklatant versagt hat, dass es zu solchen

Zuständen an dieser Schule und in diesem Stadtquartier überhaupt kommen konnte.

Glauben nicht auch Sie, dass sich die Landesschulbehörde, die als Teil des Kultusministeriums ja durchaus zuständig ist, hier anders hätte kümmern und andere Maßnahmen hätte ergreifen müssen, dass sie früher hätte sensibel sein und gemeinsam mit dem Schulträger, der Stadt Hannover, zu Maßnahmen kommen müssen,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wis- sen Sie, was die Stadt Hannover dort gemacht hat? Wissen Sie das?)

die dazu führen, dass Kinder und Jugendliche mit ihren Familien gar nicht erst in diese Situation geraten?

Herr Scholing, nach Ihrer Rede stellt sich schon die Frage, ob Sie das sauber analysiert haben, um zu verhindern, dass es ähnliche Vorgänge wieder gibt, weil Behörden einfach zu lange wegsehen, anstatt schnell zu handeln und Probleme zu lösen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Scholing, da war die Frage wirklich vorhanden; das haben wir beide gehört.

(Heiterkeit)

Bitte schön, Herr Scholing! Sie haben das Wort.

Den Vorwurf der Medienschelte weise ich wirklich sehr deutlich von mir.

(Ulf Thiele [CDU]: Kann man nachle- sen!)

Ich meine allerdings, dass manche Vorfälle schließlich in einen Kontext gebracht werden, den ich schwierig finde. Da war z. B. die Frage nach dem Müll, ob der gezielt auf Kinder geworfen worden ist usw. Da hat die Debatte in der Öffentlichkeit - ich sage mal: - zumindest Konturen gehabt, die ich problematisch finde.

Zu Ihrer Behauptung, ich hätte nicht sauber analysiert, sage ich übrigens: Doch, das habe ich.

An dieser Stelle sage ich etwas, was ich leider manchmal betonen muss: Ich habe in einer solchen Schule - an einer Schule mit erheblicher Problemlage - viele Jahre gearbeitet. Wenn man Förderschullehrer an einer Förderschule Lernen ist, dann arbeitet man in solchen Schulen.

(Ulf Thiele [CDU]: Aber nicht an einer solchen Schule! Sorry!)

- Sorry, meine ersten Jahre habe ich in Berlin in einer Hinterhofschule verbracht. Da habe ich durchaus vielfältige Erfahrungen gemacht.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das wollen Sie beurteilen können, wie es da war, Herr Thiele! Sie wissen alles! Es ist unglaublich!)

Herr Thiele, ich beantwortete Ihre Frage - vielleicht zu Ihrer großen Zufriedenheit -: Ja, wir müssen besser werden. Ja, wir müssen die Maßnahmen, die wir auf den Weg gebracht haben, ausbauen. Denn - noch einmal - das ist das, was präventiv passieren muss: Schulen müssen zu Ganztagsschulen werden. Wir brauchen schulische Sozialarbeit. Wir brauchen weiteres pädagogisches Personal in den Schulen. - Das ist das, was getan werden muss. Natürlich müssen wir besser werden,

(Jens Nacke [CDU]: Ich fürchte, ihr werdet die Möglichkeit dazu nicht mehr haben!)

und wir werden besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Scholing. - Für die FDP-Fraktion Silvia Bruns! Bitte schön, Sie haben das Wort, Frau Bruns.

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als hannoversche Abgeordnete bewegt mich das Thema Mühlenberg natürlich besonders. Aber ich bin ein bisschen irritiert und finde es auch ein bisschen durchsichtig von der CDU, den Antrag nur auf den Mühlenberg in Hannover zu fokussieren.

(Zustimmung bei der FDP sowie Bei- fall bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Das hat für mich schon einen Geschmack. Ich bin sicher, dass dieser soziale Brennpunkt in Hannover nicht das einzige Gebiet landesweit ist, in dem solche Probleme auftreten, geschweige denn die einzige Schule und Kita im Land oder in Hannover, die mit diesen Problemen zu kämpfen haben.

Um das an dieser Stelle ein bisschen zu verdeutlichen:

5. Klasse eines Gymnasiums in Hannover im sozialen Brennpunkt. Die Kinder sind zehn, elf Jahre alt.

L. steht mitten im Unterricht auf und schlägt T. mit der Faust ins Gesicht, sodass sein Zahn locker wird.

B. schreibt B. einen Chat: Entweder gibst du mir morgen 5 Euro, oder ich bringe dich um. - B. stand daraufhin weinend vor der Schule.

B. und F. schubsen L. die Treppe herunter, sodass ein Krankenwagen kommen muss.

Eltern bedrohen Kinder auf dem Pausenhof.

Augen- und Ohrenzeuge sowie Opfer: mein Sohn.

Wir haben nach dem ersten Halbjahr die Schule verlassen. Aber was passiert mit den Kindern, deren Eltern nicht so aktiv sind und sich relativ schnell darum kümmern können, dass es den Kindern besser geht? Wenn das Kind jeden Morgen heulend zur Schule geht, muss man sich Gedanken darüber machen.

Die Situation in Mühlenberg hingegen ist im Wesentlichen auf die verfehlte Wohnungsbaupolitik der 70er-Jahre zurückzuführen.

Bis vor Kurzem hatte der Mühlenberg einen Leerstand von ca. 30 %, und die vorhandenen Betreuungskapazitäten und auch die Kapazitäten der pädagogischen Betreuung an den Schulen waren ausreichend. Die Wohnungen sind jetzt alle belegt.

Zudem werden die Wohntürme durch die Bundesstraße vom übrigen Stadtteil getrennt. Das ist eine besondere Herausforderung.

Wie es anders geht, zeigt der Wohnungsbau am Kronsberg. Dort gibt es einen hohen Anteil von Arbeitslosigkeit und Transferleistungsempfängern. Aber das Gebiet ist gut durchmischt: sozialer Wohnungsbau neben Eigentum - da funktioniert das Zusammenleben.

Für die Kita am Canarisweg wurde ein Alternativstandort gefunden. - Wie gesagt, das sind keine Probleme, die seit 2010 passieren, sondern tatsächlich erst, nachdem der 30-prozentige Leerstand aufgefüllt worden ist. - Gleichzeitig wird die Kapazität erhöht.

Das Problem der wilden Müllentsorgung kann und muss über die Ordnungspolitik gelöst werden. Das

ist kein Thema von Schulsozialarbeit, Sprachlernklassen oder Ganztagsbetreuung.

Jetzt noch einmal ganz tief in die hannoversche Kommunalpolitik - das suggeriert ja der Antrag, wenn wir ständig über den Mühlenberg reden -: Hier ist tatsächlich zu spät reagiert worden, weil die Zusammenarbeit zwischen Stadt, Region und aha überhaupt nicht funktioniert hat. Der von der Schuldezernentin vorgelegte Plan greift aber genau an den richtigen Stellen ein.

Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass die IGS Mühlenberg eine mehrfach ausgezeichnete und prämierte Schule ist

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)