Ich komme noch einmal darauf zurück: Wir arbeiten auf der Basis eines Ladenschlussgesetzes der alten Regierung. Es gab ein Verfassungsgerichtsurteil, das nur mittelmäßig beachtet worden ist - im Kern überhaupt nicht. Es gab das Urteil des Verwaltungsgerichtes. Aber jetzt gibt es gerade wieder ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Lüneburg. Das ist in der letzten Woche gekommen.
- Ja. Aber dieses Gerichtsurteil sagt nun wieder: Das Verwaltungsgericht hat an dieser Stelle unrecht.
Also besteht momentan die Situation, dass das niedersächsische Ladenschlussgesetz so angewandt werden kann, wie es da ist.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen einmal etwas zu dem Inhalt sagen: Natürlich ist das eine kontroverse Debatte in der Öffentlichkeit. Natürlich war das eine kontroverse Debatte auch während Ihrer Landesregierung. Natürlich gibt es auch bei uns unterschiedliche Positionen. Das ist doch gar keine Frage! Man wird sich mit dieser Rechtslage auseinandersetzen müssen. Aber eines steht doch fest: Die Ausweitung der Öffnungszeiten hat in Wirklichkeit keinerlei Umsatzverbesserungen gebracht.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Dann fragen Sie mal die Einzelhändler! - Christian Grascha [FDP]: Dann kann man es ja ganz abschaffen!)
Bei dieser Ausweitung von Ladenöffnungszeiten gibt es Gewinner: Das sind große Handelsketten und Discounter mit entsprechender Gewinnmaximierung.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das sind inhabergeführte Unternehmen! - Ulf Thiele [CDU]: Das ist der Einzelhan- del in den Fußgängerzonen!)
Es gibt aber ein Riesenpaket von Verlierern bei diesen Ladenöffnungszeiten: Das sind Zehntausende von Beschäftigten - vorwiegend Frauen in Minijobs -, bei denen durch diese Form der Beschäftigung Altersarmut vorprogrammiert wird. Das ist nicht unser Ziel, meine Damen und Herren.
Herr Birkner, es gibt auch inhabergeführte kleine Einzelhandelsunternehmen, die diese Öffnungszeiten nicht mitmachen können. Das können Sie in jedem Dorf, in jeder Kleinstadt erleben, wo so etwas durchgeführt wird.
Meine Damen und Herren, das ist keine liberale Politik. Ich finde, das ist staatlich provozierte Wettbewerbsverzerrung.
(Zuruf von der FDP: Das, was wir ha- ben, ist Wettbewerbsverzerrung! - Jens Nacke [CDU]: Also ganz ab- schaffen! Oder was ist Ihre Meinung?)
Bei dieser Debatte werden wir uns intensiv auseinanderzusetzen haben. Ich sage Ihnen: Es gibt nichts, was zwingend nach 20 Uhr gekauft werden muss oder sonntags gekauft werden muss, was man nicht auch vorher kaufen könnte.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Aber die Menschen wollen das! - Christian Dürr [FDP]: Die Menschen sind also zu blöd! Sagen Sie es doch! Spre- chen Sie es aus! Sagen Sie es doch einfach! Das ist doch die Haltung der SPD!)
Dazu sage ich Ihnen auch: Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass eine ausschließliche Öffnung aus Gründen der Gewinnmaximierung dem Sonntagsschutz ausdrücklich widerspricht. Auch das werden wir im Gegensatz zu Ihnen zu berücksichtigen haben, meine Damen und Herren.
(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Diese Hochnäsigkeit der SPD hat doch Methode! Das haben wir doch gerade in NRW gemerkt, wo wir da hinkommen!)
Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen bitten - im Moment besonders Sie, Herr Dürr: Etwas weniger Emotionen!
hat die rot-grüne Landesregierung erst jetzt einen Gesetzentwurf zu den Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten vorgelegt? Die Rechtsunsicherheit ist in den letzten Jahren durch die neuen Gerichtsurteile gestiegen. Trotzdem hat diese Regierung nicht gehandelt. Deshalb hat übrigens die CDU schon im August 20181 einen Gesetzentwurf angemahnt.
Jetzt teilen Abgeordnete der Regierungskoalition mit, dass dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich nicht mehr beschlossen würde. Dies ist eine Zumutung vor dem Hintergrund der unklaren Gesetzeslage,
weil damit gerechnet werden muss, dass von den Gerichten die Sonntagsöffnung kurzfristig untersagt wird. Dies ist eine Zumutung für den Handel, dem bei der Vorbereitung Kosten entstanden sind. Dies ist eine Zumutung für die Arbeitnehmer, die erst kurzfristig erfahren, ob sie am Sonntag arbeiten müssen. Dies ist eine Zumutung für die Mitarbeiter von Wirtschaftsförderungsgesellschaften, von Interessengemeinschaften und Marketingvereinen, die viel Zeit in die Organisation von Erlebniseinkaufstagen am Sonntag gesteckt haben. Dies ist eine Zumutung für die Kunden, die kurzfristig darüber informiert werden, dass sie den Erlebniseinkauf mit der Familie nicht verwirklichen können.
Zudem löst dieser Gesetzentwurf die Probleme nicht. Die Begriffe „angemessener Anlass“ und „kommunales Entwicklungsziel“ werden nicht mehr Rechtsklarheit schaffen, sondern ein Beschäftigungsprogramm für die Gerichte sein.
Schließlich stellt sich die Frage, ob der von der rotgrünen Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Dieses Urteil ist übrigens schon vor einigen Jahren ergangen. Insofern hätte diese rot-grüne Landesregierung längst aktiv werden können.
„Darüber hinaus müssen Ausnahmen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben und dürfen nicht auf eine weitgehende Gleichstellung der sonn- und feiertäglichen Verhältnisse mit den Werktagen und ihrer Betriebsamkeit hinauslaufen.“
Die Gefahr ist groß, dass genau dies bei einer Ausweitung der Sonntagsöffnung auf einen fünften Sonntag für Stadtbezirke geschieht. Dies ist zudem eine Benachteiligung des Umlands. Solch eine Regelung - ich betone: ohne Obergrenze - kann dazu führen, dass die Sonntagsöffnung in mindestens einem Stadtteil zur Normalität und folglich der Sonntagsschutz ausgehebelt wird.
Wie aus dem Bereich der Industrie- und Handelskammern festgestellt wird, ist die derzeitige Regelung zur Ladenöffnung mit höchstens vier Sonntagen ein in jahrelanger Praxis bewährter Kompromiss, der den grundsätzlichen Schutz der Sonn- und Feiertage nicht infrage stellt.
Auf eines möchte ich noch hinweisen, weil es ja immer um die Umsätze am Sonntag geht: Ich bin fest davon überzeugt, dass keine hohen Umsätze mehr erzielt werden, wenn Sonntagsöffnungen nicht selten bleiben. Insofern ist es auch im Interesse der Wirtschaft, das nicht auszuweiten.
Der rot-grünen Landesregierung kann ich nur raten, den Gesetzentwurf schnellstens zu überarbeiten, damit die bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt und der Sonntagsschutz gewährleistet wird.
Vielen Dank, Herr Kollege Jasper. - Schließlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Schremmer!
wir relativ schnell: Er hat gesagt, die CDU-Fraktion habe bereits „im August 2018“ einen Gesetzentwurf angemahnt.