Protokoll der Sitzung vom 28.08.2013

(Zustimmung bei der CDU)

Da Sie ihn mit dem Titel Ihrer Aktuellen Stunde gleichwohl feststellen, gehe ich davon aus, dass Sie sich selbst bereits beim Stellwerk der Bahn in Hannover einen Überblick über die Gegebenhei

ten an Niedersachsens größtem Bahnhof verschafft haben oder das zumindest bald tun werden.

Die Probleme am Stellwerk der Deutschen Bahn in Mainz sind der Ausgangspunkt der heutigen Diskussion. Der über Wochen hinweg eingeschränkte Fahrplan am Mainzer Hauptbahnhof zeigt vor allem eines: Das Unternehmen Bahn und die Politik müssen vorausschauend auf Probleme in personeller und infrastruktureller Hinsicht reagieren.

Bei der Personalwirtschaft der Deutschen Bahn hätten wir uns alle mehr Flexibilität gewünscht, um derartige Probleme zu vermeiden. Die aktuellen Gespräche des Bahnvorstandes mit den Gewerkschaften werden hier hoffentlich zu den gewünschten Verbesserungen führen.

Meine Damen und Herren, SPD und Grüne haben versucht, die Probleme am Stellwerk Mainz zu einem Frontalangriff auf die aktuelle Bundesregierung zu nutzen. Dieser Versuch ist kläglich gescheitert.

(Beifall bei der CDU - Gerd Ludwig Will [SPD]: Ich habe doch noch gar nichts gesagt!)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um die strategischen Weichenstellungen der CDU-geführten Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode zur Stärkung des Verkehrsträgers Schiene hervorzuheben.

Erstens. Der Bund ist als Eigentümer wieder näher an die DB AG herangerückt. Mit der Berufung der neuen Aufsichtsratsspitze im Frühjahr 2010 verbindet sich ein personeller und strategischer Neuanfang bei der Bahn. Der Weg eines rein renditeorientierten Börsengangs ist beendet.

(Zustimmung bei der CDU)

Für die CDU steht fest: Im Vordergrund der Unternehmenspolitik müssen Zuverlässigkeit, Sicherheit, Pünktlichkeit und Kundenorientierung stehen. Aber Sie werden doch zugeben, dass Ausnahmen wie die Hochwasserschäden jetzt gerade in Deutschland zu Engpässen führen können und die Strecke Hannover–Berlin nicht von heute auf morgen wiederhergestellt werden kann.

Zweitens. In den Verkehrsträger Schiene fließen jährlich rund 4,1 Milliarden Euro Investitionsmittel des Bundes. Hinzu kommen Investitionen aus Eigenmitteln der DB AG. Nach den geltenden Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen er

hält die DB Netz AG jährlich 2,5 Milliarden Euro an Bundesmitteln und sichert im Gegenzug die Pflege des Bestandsnetzes nach klaren Kriterien. Dennoch besteht auch beim Investitionsbedarf für die Schiene noch Luft nach oben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in Niedersachsen besteht Investitionsbedarf beim Verkehrsträger Schiene. Deswegen hatten CDU und FDP schon 2012 eine parlamentarische Initiative auf den Weg gebracht, die zum Ziel hatte, Reaktivierungsanstrengungen im SPNV dort zu verstärken, wo die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben erwiesen ist

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wie viel davon habt ihr denn umgesetzt, Karl- Heinz?)

und in Einklang mit den Investitionen in die Infrastruktur gebracht werden kann.

Grundsätzlich begrüßenswert ist, dass die aktuelle Landesregierung unsere Initiative fortführt.

(Gerd Ludwig Will [SPD] lacht)

Gleichwohl lässt das von Minister Lies angekündigte Auswahlverfahren wirtschaftliche Vernunft vermissen.

Vernunft erkenne ich bei der unterschiedlichen Sichtweise von Rot-Grün in der Verkehrspolitik sowieso nicht. Krasses Beispiel: Bahnumfahrung Oldenburg.

Bei dem Auswahlverfahren zur Reaktivierung belegen die Unterlagen, dass bereits in wenigen Wochen mehr als die Hälfte der untersuchten Strecken wieder aussortiert werden.

(Glocke der Präsidentin)

Das liegt z. B. daran, dass die Landesregierung Strecken untersucht, die längst anderen Verwendungszwecken zugeführt wurden und durch zu hohe Investitionskosten von vornherein ausscheiden. Dennoch weckt die Landesregierung bei Kommunen und den Bürgern hohe Erwartungen. Fakt ist: Die Landesregierung stößt ein aufwendiges und teures Verwaltungsverfahren an, obwohl schon feststeht, dass 90 % aller Strecken aussortiert werden. Nur eine von zehn Strecken kann tatsächlich gefördert werden. Auch die Kofinanzierung muss von den Kommunen geleistet werden können. Da sind Enttäuschungen vorprogrammiert.

Meine Damen und Herren, ich fordere die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen auf: Richten Sie Ihren Blick von anderen Bundesländern und der Berliner Politikbühne einmal auf Ihr Bundesland, in dem Sie Verantwortung tragen! - Unser Bundesland ist es auch.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das heißt für das Thema „Reaktivierungen im Schienenpersonennahverkehr“:

(Glocke der Präsidentin)

Prüfen Sie sinnvolle Maßnahmenvorschläge mit Augenmaß! Die Wirtschaftlichkeit sollte dort eine Rolle spielen. Vorschläge, die sinnvoll sind, müssen umgesetzt werden. Aber dann tun Sie das, und vergessen Sie die anderen!

Herr Bley, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Ja, ein letzter Satz.

Dann ist Ihnen auch die politische Rendite sicher. Von Renditen in der Wirtschaft halten die Grünen sowieso nichts. Renditen sind ein rotes Tuch. Deswegen werden sie gleich wegbesteuert, damit keine Investitionen getätigt werden können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun Frau Kollegin König das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bahn ist ein riesiger Konzern. Sie will und sie muss Beachtung im internationalen Wettbewerb finden, wenn sie sich im Geschäft außerhalb Deutschlands betätigen will. Das ist genauso legitim wie bei den Franzosen und anderen, die versuchen, in den deutschen Markt hineinzukommen. Genauso wollen die Deutschen auch in ausländische Märkte hineinkommen. Dazu brauchen sie eine umfassende Struktur, wie sie die Bahn aufweist. Das geht allerdings nicht auf die Schnelle.

Von Erfahrungen mit Störungen liest und hört man stets, teilweise sogar in humoristischer Weise. Jeder von Ihnen kennt sicherlich „Senk ju vor träwelling“ in Buch und Gesang. Da wird z. B. dargestellt, wie es zur Überhitzung im Sommer und zum Heizungsausfall im Winter kommt, dass Wagen, die man gebucht hat, nicht existieren, dass Reservierungen doppelt erfolgen, dass es zu Verspätungen oder Totalausfällen kommt, dass die neuen Züge nicht geliefert werden und Ähnliches.

Wir sind heute beim Personal angelangt. 11 099 Menschen hat die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr neu eingestellt. 80 000 Mitarbeiter wird die Bahn in den kommenden Jahren durch natürliche Fluktuation verlieren. Sie zu ersetzen, wird zunehmend eine Herkulesaufgabe - so schreibt sogar die Welt. Allein im Bahnverkehr werden ca. 15 000 Mitarbeiter beschäftigt, und zwar nur im Fernverkehr. Es gibt 50 verschiedene Ausbildungsberufe. Die Bahn klagt genauso wie Unternehmen, sie finde keinen Nachwuchs. Personal zu finden, ist für ausbildungswillige und ausbildungsfähige Betriebe sehr schwierig.

Hinzu kommt, dass 12 500 Fahrdienstleiter bei der Bahn beschäftigt sind. Dabei handelt es sich um Spezialisten, die bundesweit eingesetzt werden müssen. Man kann der Bahn nicht vorwerfen, dass sie das Personal nur ausdünnt. In diesem Jahr wurden 340 neue Fahrdienstleiter eingestellt, und bis zum Ende des Jahres sollen es 600 werden. Von daher kann von Ausdünnung in diesem Fall nicht die Rede sein.

Allerdings kann das, was in Mainz geschehen ist, überall passieren, nämlich dann, wenn Urlaub und Krankheit exorbitant zusammenfallen. Man kann schließlich keine Mitarbeiter backen. Aber man kann versuchen, kurzfristig diejenigen umzusetzen, die möglicherweise schon einmal an diesem Stellwerk gearbeitet haben, oder eventuell Rentner im Ruhestand fragen, ob sie diese Zeit eventuell überbrücken können. Das wird in anderen Unternehmen genauso gemacht.

Es gibt auch Springer, die man einstellen kann. Man muss sie nur gesondert ausbilden. In gehobenen und verantwortungsvollen Bereichen ist das überhaupt keine Seltenheit und in fast jedem Unternehmen schon einmal geschehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass man den Mitarbeitern den Urlaub nicht gönnt. Das ist Blödsinn; denn der Urlaub wird nicht gestrichen, sondern, wenn überhaupt, nur verschoben.

Auch das EBA hat bereits zu diesem Problem Stellung bezogen. Es sorgt sich um die Personalpolitik und fordert Informationen zu den Personalbemessungen an. Es hat recht, wenn es davon spricht, dass man Überlastungen vermeiden muss. Es ist der falsche Weg, fehlendes Personal durch Überstunden zu ersetzen. Das tut den Betroffenen nicht gut und schadet dem Image des Unternehmens.

Moment, Frau König! Kollegin Menge möchte Ihnen gerne eine Frage stellen. Lassen Sie das zu?

Bitte schön, Frau Menge!

Sehr geehrte Frau König, ich möchte Sie nur fragen, ob Sie regelmäßig Bahn fahren.

Bitte!

Selbstverständlich, Frau Menge. Ich fahre sehr regelmäßig und sehr häufig Bahn, und zwar nicht nur in Niedersachsen.

Bei einem guten Arbeitsklima und einem verantwortlichen Zugehörigkeitsgefühl werden solche Maßnahmen gar nicht erst infrage gestellt. Vielleicht fehlt es der Bahn genau daran. Vielleicht zeigt uns das Desaster in Mainz ja auch, dass es zusehends schwerer wird, einen umfangreichen Konzern wie diesen zu führen, dass wir endlich eine Trennung von Betrieb und Netz vornehmen müssen.

Der eine Bereich ist nämlich ein wirtschaftlicher Zweig. Der sollte auch weiterentwickelt werden. Wir stehen in manchen Bereichen noch auf dem Stand von 1900. Wo bleibt da eigentlich die Technologie?

Der andere Bereich ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Dieser muss störungsfrei funktionieren. Hier müssen auch andere Bewerber zum Zuge kommen. Das muss also funktionieren. Die Deutsche Bahn kämpft seit Jahren erbittert um den

Erhalt der in den Konzern integrierten Unternehmen.