Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

- Herr Bode, es geht um einen ordnungsgemäßen Ablauf. Dass Sie damit ein Problem haben, haben wir oft genug in diesem Hause erfahren. Aber wir werden für ordnungsgemäße Abläufe im Parlamentarismus und in der Politik streiten.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Seit wann das denn? Meinen Sie den letzten Untersuchungsaus- schuss? Das habt ihr bisher auch nicht hingekriegt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Transparenz und Offenheit sowie Sauberkeit im Verfahren sollten in unser aller Interesse sein. Wir sollten der Versuchung widerstehen, solche Vorgänge für den Versuch zu nutzen, im Bundestagswahlkampf oder danach im Landtagswahlkampf billig Punkte zu machen.

(Jens Nacke [CDU]: Ach so! Nach den Wahlen soll aufgeklärt werden!)

Es geht um die ordnungsgemäße Verwaltung

(Christian Grascha [FDP]: Es geht um parlamentarische Rechte!)

und sollte nicht ums politische Klein-Klein gehen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu dieser Aussprache liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor - die Fraktionen haben auch weitgehend ihre Redezeiten ausgeschöpft, mit Ausnahme der SPD -, sodass ich diesen Punkt jetzt als erledigt betrachten kann.

Ich gehe über zum

Tagesordnungspunkt 19: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor.

Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um uns im Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir kommen zu der Dringlichen Anfrage zu

a) „Wettbewerb mit gewissen Vorzügen“ (taz, 15. Mai 2017) - Hat das Wirtschaftsministerium das Vergaberecht „ausgehebelt“ (ebenda)? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/8079

Diese Anfrage wird eingebracht vom Kollegen Bode. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Staatssekretärin Behrens hat am 12. Mai 2017 im Rahmen einer Unterrichtung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr über die Umstände eines fehlerhaft verlaufenden Vergabeverfahrens unterrichtet. Sie hat hierbei eingeräumt, dass sie das Auswahlverfahren selbst in die Hand genommen habe, dass es mehrere Vorgespräche vor der Ausschreibung mit der letztlich ausführenden Agentur gegeben habe, dass es hierdurch zu Wettbewerbsbeschränkungen gekommen sei und nun Schadensersatzansprüche im Raum stünden. Die Agentur aus Hannover hat im Rahmen der Vorgespräche eine Präsentation erstellt, welche dann zur „Leitlinie für die Ausschreibung“ gemacht worden ist. Die Agentur aus Hannover erhielt sodann den Zuschlag, obwohl sie das mit Abstand teuerste Angebot eingereicht hatte.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Ist die Präsentation bzw. der „visualisierte Vorschlag“ - Zitat aus der HAZ vom 13. Mai 2017 - der Agentur Neoskop für die Besprechung am 12. Januar 2016 für Staatssekretärin Behrens überraschend gekommen oder durch das Wirtschaftsministerium eingefordert bzw. angeregt worden?

2. In welcher Form war Minister Lies bei der Neugestaltung der Internetseite www.nds.de, den Vorgesprächen mit der Agentur Neoskop, dem Verga

beverfahren und beim Zuschlag an den teuersten Anbieter bei diesem Vergabeverfahren beteiligt?

3. Welche weiteren Auftragsvergaben haben bei der Landesregierung bzw. nachgelagerten Behörden und Gesellschaften - nur Gesellschaften, die sich vollständig im Eigentum des Landes Niedersachsen befinden - seit Februar 2013 stattgefunden, bei denen es mit späteren Anbietern Markterkundungsgespräche oder mehr gegeben hat, ohne dies in der Ausschreibung allen Bietern zu offenbaren?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Die Antwort für die Landesregierung erteilt Herr Wirtschaftsminister Lies. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich antworte auf die Frage 1: Die Staatssekretärin ist entsprechend einer E-Mail ihrer Mitarbeiter vom 25. November 2015 davon ausgegangen, dass bei ihrem zweiten Treffen mit der Agentur ein visualisierter Vorschlag mit einem Screen von ein oder zwei Seiten präsentiert wird. Gegenüber der Agentur wurde seitens des Wirtschaftsministeriums die Anregung auch in dieser Richtung formuliert. Gezeigt hat die Agentur am 12. Januar 2016 eine umfangreiche Präsentation und drei Screens.

Zu Frage 2: Der Minister war weder bei den Vorgesprächen noch beim Vergabeverfahren oder dem Zuschlag an die Anbieter beteiligt.

Zu Frage 3: Die Anzahl der zur vollständigen Beantwortung der Frage zu prüfenden Vergabeverfahren liegt nach realistischer Schätzung im zumindest vierstelligen Bereich.

Angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ist der Landesregierung eine vollständige Antwort nicht möglich. Die vorliegende Antwort beinhaltet daher das derzeit in der Landesregierung den nachgeordneten Behörden und den Landesgesellschaften präsente Wissen, welches innerhalb der Kürze der Zeit eingeholt werden konnte.

Eine Vollständigkeit und abschließende Prüfung von allen potenziellen Verfahren mit einem objektiven Ergebnis kann wegen der kurzen Frist damit nicht verbunden sein.

Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Instrument der Markterkundung gesetzlich anerkannt und vergaberechtlich erlaubt und zudem auch erwünscht ist, da gerade verfügbare Lösungen sich laufend fortentwickeln und eine sachgerechte Beschaffung die Zielsetzung einer bestmöglichen Leistung beinhaltet.

Bei komplexen Produkten und Dienstleistungen dient die Markterkundung der Vorbereitung zur Erstellung der inhaltlichen Vorgaben, eine Ausschreibung sozusagen des Lastenheftes, wobei auch der Austausch nur mit einem einzelnen Anbieter über Vorzüge und Nachteile einzelner Lösungen zulässig ist.

Den Auftraggeber trifft grundsätzlich die Pflicht, nach durchgeführter Markterkundung eine produktneutrale und wettbewerbsoffene Leistungsbeschreibung zu erstellen. Nur in Fällen, in denen durch Markterkundung ein Wettbewerber Sonderwissen erhalten hat, welches ihm gegenüber Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil verschafft, muss der Auftraggeber diese Vorsprünge ausgleichen, indem er z. B. durch Offenlegung der Gespräche gegenüber den Mitbewerbern den Wettbewerbsvorteil ausgleicht. Soweit dies nicht möglich ist, muss das vorbefasste Unternehmen ausgeschlossen werden.

Nachfolgend aufgeführt sind Vergabeverfahren der Landesregierung, bei denen ein Markterkundungsgespräch stattgefunden hat, ohne dies in der Ausschreibung allen Bietern zu offenbaren. Bis auf das Vergabeverfahren im Komplex der Sieben-StädteTour und die Erstellung der Imageseite www.nds.de hat die Landesregierung keine Kenntnisse über Vergabefehler in diesem Verfahren.

Ich erwähne jetzt die genannten Vergaben:

Staatskanzlei: Landesvorschriftensysteme VORIS.

Justizministerium: Leistungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz am OLG Celle.

Wirtschaftsministerium: Einführung einer Finanzbuchhaltung bei der Materialprüfanstalt Braunschweig, Kreativwirtschaftswettbewerb Niedersachsen, Ankauf eines Softwaresystems bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, dann die beiden Punkte Erstellung

der Imageseite www.nds.de und „Einfach Elektrisch - Die Sieben-Städte-Tour“.

Sozialministerium: Erstellung eines Landespsychiatrieplans.

LZN: Ausschreibung von Postdienstleistungen.

Landesarchiv: Beschaffung eines Farbscanners, Lieferung und Aufstellung einer Großkartenhängeanlage, Herstellung und Vertrieb der Veröffentlichung Geschichte Niedersachsens in 111 Dokumenten, Herstellung und Veröffentlichung des Newsletters NLA Magazin.

ITN: IT-Beschaffungen.

In den Ministerien MI, MK, MU, ML, MWK, MF sind keine Verfahren der erfragten Art im präsenten Wissen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, es ist Gelegenheit gegeben, Zusatzfragen zu stellen.

Eine erste Zusatzfrage möchte Herr Kollege Bode stellen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, Sie haben auf Frage 2 geantwortet, dass Sie in diesen Sachverhalten bei der Vergabe Neoskop nicht befasst waren. Vor dem Hintergrund, dass Ihre Staatssekretärin am Freitag im Wirtschaftsausschuss erklärt hat, dass sie mit Ihnen in diesem Zusammenhang regelmäßig - sie nannte es - „strategische Gespräche“ geführt hat, frage ich Sie: Welche Gespräche haben Sie mit der Staatssekretärin geführt, und welchen Inhalt hatten sie?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, ich habe gesagt, ich war nicht bei den Vorgesprächen beim Vergabeverfahren oder beim Zuschlag dabei. Sehr wohl habe ich - das habe ich gestern ausgeführt - nach der Reise, die ich nach Kopenhagen gemacht habe, über die dortige Wirtschaftsförderseite „Copenhagen Capacity“ berichtet, die sich jetzt ein bisschen in Anlehnung in nds.de wiederfindet. Na