Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

In diesem Entschließungsantrag heißt es:

„Entgegen den Interessen des Landes Niedersachsen besteht der Bund auf der Einrichtung einer Bundesfernstraßeninfrastrukturgesellschaft und beendet damit die langjährige erfolgreiche Auftragsverwaltung.“

Das soll der Landtag so feststellen. - Aber Sie als Landesregierung haben doch das Okay dazu gegeben!

(Anja Piel [GRÜNE]: Herr Bley, Sie können doch nach Berlin schreiben! Das sind doch Kollegen!)

Unter Nr. 1 des Antrags heißt es dann:

„Der Landtag fordert Landesregierung auf, in den anstehenden Verhandlungen mit dem Bund zur Reform der Auftragsverwaltung auch weiterhin möglichst viele Aufgaben durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erledigen zu lassen.“

Das ist okay, dagegen hat keiner was.

Unter Nr. 2 geht es darum,

„die Handlungsfähigkeit der Landesbehörde und die Qualität der Arbeit in Planung, Erhaltung und Betrieb langfristig zu sichern“

Das ist auch okay.

Die Forderung unter Nr. 3 lautet,

„bei allen vom Übergang in die bundeseigene Verwaltung von Bundesautobahnen betroffenen Beschäftigten darauf hinzuwirken, dass der Übergang grundsätzlich freiwillig erfolgt und die erworbenen Ansprüche bestehen bleiben“

Auch das ist okay.

Weiterhin geht es darum,

„die ortsnahe Weiterbeschäftigung aller betroffenen Beschäftigung zu erreichen und vom Bund eine Standortgarantie zu bekommen“.

In fast allen Punkten sind wir einer Meinung; wir werden in vielen Punkten mit Sicherheit eine große Einigkeit erzielen.

In der Begründung wird noch einmal alles beschrieben. Das muss ich jetzt nicht vortragen.

Ich kann Ihnen nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition ist unter „Wachstum, Innovation und Wohlstand“ festgeschrieben:

„Zudem werden wir gemeinsam mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwaltung Straße erarbeiten und umsetzen.“

Der Bundesrat hat am 16. Oktober 2015 gegen die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft und gegen die Abschaffung der Länderauftragsverwaltung gestimmt. Schon damals hat es Behauptungen aus Teilen der SPD, Grünen und Linken gegeben, die nicht korrekt waren.

Damals ging es um den Gesetzentwurf zur Änderung des Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesetzes. Es ging nicht um die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft, sondern um die Umsetzung des Beschlusses des Haushaltsausschusses vom November 2014. Dort wiederum ging es um die Steuer- und Mautmittel, die bei der bestehenden Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) zusammengefasst werden sollten. - Was spricht dagegen?

Unabhängig von der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft haben sich die Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der Grünen im Bundestag für die Einführung einer Bundesfernstraßengesellschaft ausgesprochen. Uns ist bewusst, dass es bei der derzeitigen Praxis der Auftragsverwaltung der Bundesstraßen zu erheblichen Reibungsverlusten kommt und zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede in der Effizienz und Qualität bestehen.

Aus Berliner Sicht gehört die niedersächsische Auftragsverwaltung nicht gerade zu den besten im Ländervergleich. Das liegt - das will ich hier ausdrücklich sagen - nicht an der Arbeit des Niedersächsischen Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, sondern am Versagen des Landesverkehrsministeriums in seiner gesamtplanerischen Organisation - in Zuständigkeit von Herrn Lies und Frau Behrens - und letztlich an der von den Grünen diktierten Verweigerungshaltung der Landesregierung.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Ich würde meine Rede mal aktualisieren!)

Straßenbauprojekte werden nicht koordiniert an zuständige Landesbehörden weitergegeben.

Herr Will, Sie sagen, „auf den neusten Stand“. Sie müssen sich immer wieder vor Augen führen, was Sie geleistet haben.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Sehr viel!)

Ihnen wird es genauso ergehen wie Hannover 96. Die haben eine Saison in der Zweiten Liga verkraften können. Bei uns wird es auch so sein: Eine Legislaturperiode haben wir dann Opposition gemacht, und beim nächsten Mal sind wir wieder vorne.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Weiter träu- men!)

Die Folge ist: Nicht verwendete Bundesmittel im Straßenbau von Niedersachsen sind durch Ihre

Arbeit nach Bayern geflossen. Meine Damen und Herren, ich erinnere an die Schäuble-Mittel.

Sicherlich erinnern Sie sich daran, dass die schwarz-gelbe Landesregierung Haushaltsmittel für den beschleunigten Ausbau von Bundesfernstraßen eingesetzt hatte. Rot-Grün hat diese Mittel dann aber wieder auf ein Minimalmaß reduziert.

Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Straßenbauverwaltungen kann ich nur ein Lob für die hervorragende Arbeit aussprechen,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

die sie trotz der begrenzenden Faktoren wie zu wenig Personal und zu geringe Mittel für die Beauftragung von Ingenieursbüros für die Planung und Umsetzung von Straßenbaumaßnahmen geleistet hat.

Ich erinnere auch an die Haushaltsberatungen, in denen Vertreter aus dem Wirtschaftsministerium zwar gesagt haben, dass die Mittel ausreichen würden. Auf Nachfrage bestätigten sie aber, dass bei mehr Haushaltsmitteln und mehr Personal die Planungen schneller vorangetrieben werden könnten.

Gespräche zwischen Bund und Ländern haben dazu geführt, dass wir eine Bundesfernstraßengesellschaft bekommen werden. Meine Damen und Herren, wie hat sich Niedersachsen bei der Abstimmung über das Gesamtpaket, zu dem auch die Aufgabe der Bundesfernstraßenplanung gehört, verhalten? - Niedersachsen hat hier doch die Zustimmung gegeben!

Der rot-grüne Antrag vom November 2015 lautete: „Bundesfernstraßenauftragsverwaltung erhalten - Planung und Finanzierung optimieren“. Unseren Änderungsvorschlag hat Rot-Grün abgelehnt. Schade! Wir wollten einen gemeinsamen Antrag. Sie wollten jedwede Privatisierung ablehnen, aber in vielen Punkten waren wir uns doch einig. Ein einstimmiger Antrag hätte in Berlin Gewicht gehabt. Sie haben mit Ihrem Antrag in Berlin nichts erreicht. Ministerpräsident Weil hat persönlich im Tausch gegen ein aus niedersächsischer Sicht schlechtes Verhandlungsergebnis bei den BundLänder-Finanzen klein beigegeben. Jedenfalls sind wir deutlich schlechter weggekommen als die meisten anderen Länder. Und dafür haben Sie unsere gute Straßenbauverwaltung eingetauscht!

Jetzt wollen Sie erneut mit Ihrem Antrag Pluspunkte bei den Mitarbeitern sammeln. Ein sehr durchschaubares Manöver! Ich freue mich, wenn die

Mitarbeiter in Zukunft ihre Arbeit haben. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Kollegin Maaret Westphely.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde gerade schon angesprochen: Morgen, am Freitag, sollte eigentlich im Bundestag ein gigantischer Ausverkauf öffentlicher Daseinsvorsorge beschlossen werden. - Sollte! Denn nach aktuellen Meldungen von gestern Nacht soll nun ein Kompromiss gefunden worden sein, der zusätzliche Privatisierungsschranken für die zu gründende Autobahngesellschaft im Grundgesetz vorsieht. Das soll auch der Grund dafür sein, dass die Abstimmung im Bundestag auf die kommende Woche verschoben worden ist.

In einer so wichtigen Frage muss Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen; denn immerhin steht sehr viel auf dem Spiel. Es geht um ein Staatsvermögen, das sich auf bis zu 270 Milliarden Euro beläuft. Es betrifft Tausende von Beschäftigten in den Straßenbaubehörden, die in eine unsichere berufliche Zukunft blicken könnten.

Es betrifft den Steuerzahler, der für die Renditen von Banken und Versicherungen möglicherweise doppelt zur Kasse gebeten werden soll. Denn für Deutschland hat der Bundesrechnungshof nachgewiesen, dass Projekte, an denen sich Private beteiligen, ein Drittel mehr kosten, als wenn der Staat selbst die Realisierung finanziert. Und die Erfahrung in Frankreich hat uns gezeigt, dass private Autobahnen teuer für die Nutzer sind. 20 Euro von 100 Euro Mauteinnahmen fließen als Direktgewinn an die Konzerne.

Über Monate verschleierten verschiedene Bundesminister, vorneweg Herr Schäuble und Herr Dobrindt - Herr Bley nehmen Sie das zur Kenntnis -, die faktischen Folgen der geplanten größten Privatisierung seit der Bahnreform. Wie ein Mantra wiederholten sie ihre Sprachregelung: Die Autobahnen werden nicht privatisiert. - Aber warum haben sie sich dann auf Bundesebene so lange

geziert, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Ganz genau!)

Schließlich sah der Gesetzentwurf Hintertüren im Scheunentorformat vor, wie ver.di-Chef Frank Bsirske die Situation zutreffend beschrieb. Bundesrechnungshof, Wissenschaftlicher Beirat, die Angehörten im Koalitionsausschuss, Parlamentarier aller Fraktionen - jedenfalls vereinzelte aus manchen Fraktionen - schlossen sich der Kritik an und warnten vor der Mogelpackung.

Auch wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass die geplante Grundgesetzänderung der Bundesregierung zahlreiche Hintertüren offen lässt. Auch wenn das Eigentum der Infrastrukturgesellschaft Verkehr unveräußerlich ist, so bestanden doch weitaus mehr Privatisierungsmöglichkeiten als der Verkauf der Gesellschaft an sich.