Protokoll der Sitzung vom 13.06.2017

Ziel der Landesregierung und des DITIB-Landesverbandes, die offenen Fragen im Hinblick auf dessen Unabhängigkeit vom türkischen Staat zu klären.

Dabei ist hervorzuheben, dass DITIB Niedersachsen in der Diskussion um die Frage der Unabhängigkeit vom türkischen Staat eine positive Rolle spielt. Es ist das erklärte Ziel des niedersächsischen DITIB-Landesverbandes, vom türkischen Staat unabhängig zu sein. Das hat der Vorsitzende mehrfach erklärt. Dies ist mir persönlich - auch in meinen Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Landesverbandes, Herrn Kiliç - mehrfach deutlich geworden. Der Landesverband wird sich unbedingt dafür einsetzen, die erforderliche Unabhängigkeit sicherzustellen. Erst am Sonntag habe ich von Herrn Kiliç - wiederum im Rahmen eines gemeinsamen Fastenbrechens - den Hinweis bekommen, dass die DITIB Niedersachsen an einer entsprechenden Satzungsänderung arbeitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei diesen Bemühungen verdient die DITIB Niedersachsen die Unterstützung der Niedersächsischen Landesregierung. Diese habe ich ihr auch im Namen des Herrn Ministerpräsidenten zugesagt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Der Ministerpräsident lässt sprechen!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Für die FDPFraktion hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Stefan Birkner.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte als Ausgangspunkt das nehmen, was der Herr Ministerpräsident in der Debatte im März dazu gesagt hat. Da hat er ausweislich des Plenarprotokolls eine Frage in den Raum gestellt, die wie folgt lautete:

„Sollten wir nicht viel lieber miteinander und insbesondere auch mit DITIB intensiv daran arbeiten, sicherzustellen, dass die notwendige Unabhängigkeit der DITIB von einem anderen Staat auch in Niedersachsen gewahrt wird?“

Das war ja eine rhetorische Frage. Sinn und Zweck war, zu verdeutlichen, dass das die Zielrichtung ist.

(Zustimmung von Ministerpräsident Stephan Weil)

Jetzt ist die spannende Frage, Frau Ministerin bzw. Herr Ministerpräsident: Was tun Sie denn konkret, um das zu erreichen?

Frau Ministerin, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die DITIB selbst ihre Satzung ändern müsse; man könne die Verfasstheit ja nicht selber in die Hand nehmen. Der Ministerpräsident spricht aber davon, dass „sicherzustellen“ ist, dass die notwendige Unabhängigkeit gewahrt wird.

Was ist denn jetzt die Strategie der Landesregierung? Was haben Sie denn in der Zwischenzeit getan, um die Unabhängigkeit tatsächlich sicherzustellen? - Diese Frage müssen Sie beantworten.

Oder lassen Sie das Thema jetzt einfach liegen? Warten Sie die Wahl ab und versuchen Sie dann einen neuen Anlauf? - Das würde Ihrer Verantwortung allerdings nicht gerecht werden. Denn wir haben den Religionsunterricht, wir haben die Ausbildung der Imame, und wir haben die Gefangenenseelsorge. Da stellt sich doch die gleiche Frage wie bei der Vereinbarung mit den islamischen Religionsgemeinschaften oder Verbänden - wie auch immer man es sehen mag -, nämlich die Frage, welche Rolle der türkische Staat spielt.

(Zustimmung von Jan-Christoph Oet- jen [FDP] und Beifall bei der CDU)

Sie können doch nicht auf der einen Seite sagen: „Wir schließen die Verträge nicht, weil die Einflussnahme durch den türkischen Staat nicht ausgeschlossen ist“, und auf der anderen Seite bei den Dingen, bei denen der niedersächsische Staat mit den Religionsgemeinschaften institutionalisiert kooperiert, sagen: Da spielen die Fragen, die der Ministerpräsident selber aufgeworfen hat, gar keine Rolle.

(Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

- Ja, aber was tun Sie denn, Frau Kollegin? - Sie tun nichts! Ihre Ministerin hat hier das Gleiche gesagt, was der Ministerpräsident im März gesagt hat. Es liegen einige Monate dazwischen. Sie schauen zu. Sie lassen das weiter auf sich zukommen und versuchen, die Problematik auszusitzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das wird den Herausforderungen nicht gerecht und ist deplatziert. Sie haben diese Fragestellungen selber erkannt, tun aber nichts.

Ich hätte gerne einmal eine Erklärung, Frau Ministerin oder Herr Ministerpräsident: Was passiert denn jetzt eigentlich konkret? Wollen Sie hier nur den Antrag ablehnen, und damit geht es dann irgendwie weiter? Oder - das war eigentlich die Hoffnung, die auch ich mit diesem Antrag verbunden habe - tritt man wieder in eine ernsthafte Diskussion darüber ein, wie es in diesen einzelnen Fällen weitergehen kann?

Aber da scheint ja offensichtlich Fehlanzeige zu sein. Denn das, was Sie sagen, sind im Prinzip die Allgemeinplätze, die Sie immer bei diesem Thema von sich geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch von Filiz Polat [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Frau Ministerin Heiligenstadt hat noch einmal das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Birkner, wenn man an den Sitzungen des Kultusausschusses nicht teilnimmt, kann man natürlich nicht unbedingt wissen, was dort besprochen wurde.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von den GRÜNEN: Aha! - Zuruf von der CDU: Sagen Sie es doch! - Weitere Zurufe)

Mehrfach ist von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses vorgetragen worden, dass mit der DITIB weiterhin Gespräche geführt werden.

(Jörg Hillmer [CDU]: Was machen Sie denn? Sagen Sie es uns doch!)

Und natürlich ist nicht nur der Brief, den der Ministerpräsident an die DITIB geschrieben hat, sondern auch der Brief, den ich als Ministerin der DITIB und der Schura hinsichtlich der Kriterien, die zur Anerkennung einer Religionsgemeinschaft erfüllt werden müssen, dem Kultusausschuss vorgelegt worden.

(Jörg Hillmer [CDU]: Das haben Sie seit März gemacht?)

Ich habe in meinem Beitrag gerade erwähnt, dass ich am Sonntagabend im Rahmen eines Fastenbrechens von Herrn Kiliç den Hinweis bekommen habe, dass die DITIB an einer Satzungsänderung arbeitet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie haben sich hier verrannt. Sie haben einen Antrag gestellt, der längst erledigt ist. Und jetzt versuchen Sie, mit erfundenen Fragen Unterstellungen zu konstruieren, die schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit entsprechen.

(Zustimmung von Julia Willie Ham- burg [GRÜNE])

Wenn es jemanden gibt, der mit DITIB-Landesverband und Schura ordentlich redet, damit wir weiterhin im Dialog bleiben und die gute gesellschaftliche Entwicklung gemeinsam mit den Musliminnen und Muslimen in Niedersachsen vorantreiben können, dann ist es diese Landesregierung - aber ganz bestimmt nicht die Opposition, die ständig versucht, Störfeuer zu entzünden.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Der Kollege Ulf Thiele hat für die CDU-Fraktion um zusätzliche Redezeit gebeten.

(Ulf Thiele [CDU]: Ich habe noch Restredezeit, aber okay!)

Aufgrund des Debattenverlaufs und der Redesituation der Landesregierung - und aufgrund Ihrer Restredezeit, Herr Kollege Thiele - haben Sie für maximal zwei Minuten das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Zwei? Warum denn zwei? Sie hat doch normal ge- sprochen!)

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, Sie beschreiben das Problem de facto ja selbst.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Präsident! Das entspricht überhaupt nicht den Gepflogenheiten des Hauses!)

Herr Kollege Thiele, setzen Sie fort! - Das mache ich mit dem Kollegen Nacke an anderer Stelle, weil es hier keinen Anlass gibt, mit ihm zu diskutieren.

Frau Ministerin, Sie beschreiben das Problem de facto ja selbst. Sie führen hier aus, dass Sie Briefe schreiben. Aber die Tatsache, dass Sie hier nicht sagen können, was in den Antworten steht, zeigt uns, dass Sie nicht einmal eine schriftliche Antwort bekommen haben.

Sie sind in einer Situation, in der Sie den Verbänden, in der Sie DITIB gegenüber keine klaren Vorgaben machen wollen, was die Bedingungen für die weitere Zusammenarbeit sind und was die Konsequenz ist, wenn bestimmte Schritte nicht gegangen werden. Sie trauen sich das nicht. Das hat aber zur Folge, dass wir in einer Situation sind, dass Sie in einer Situation sind, die man nicht anders als mit dem Wort „festgefahren“ beschreiben kann.

(Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU] - Johanne Modder [SPD]: Ach herrje! - Weitere Zurufe)

- Liebe Johanne Modder, die Wahrheit ist doch, dass die Bedingungen, die jetzt sehr vage durch diese Landesregierung formuliert wurden, noch vor wenigen Wochen gar keine Bedingungen für Sie waren, um den Vertrag, über den wir u. a. diskutieren, abzuschließen.

(Johanne Modder [SPD]: Sagt doch einfach mal, was ihr wollt! Ihr wollt streiten und nichts anderes!)

Sie wollten im letzten Jahr unterschreiben. Sie haben uns einen Vertrag vor die Nase gelegt, der - das war intransparent - zwei Jahre lang unter Ausschluss des Parlamentes und der Öffentlichkeit verhandelt wurde,

(Zuruf von Johanne Modder [SPD])

der nirgendwo im Internet stand, der nirgendwo in der Öffentlichkeit diskutiert werden konnte. Und als Sie mit Ihren Verhandlungen fertig waren, haben Sie ihn auf den Tisch gelegt und uns gesagt: Fresst oder sterbt! Wir erwarten von euch, dass ihr zustimmt.