Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, zu dem Punkt 12 c der Aktuellen Stunde liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich übergehen kann zu
d) Brauereienvielfalt erhalten - Patente auf Braugerste verhindern - Wasser schützen! - Antrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/8269
Dieser Antrag - was steckt dahinter? - wird von der Fraktionsvorsitzenden Frau Piel eingebracht. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit wir diese Aktuelle Stunde angekündigt haben, habe ich schon einige amüsierte Nachfragen bekommen. Haben die Grünen plötzlich das Bier für sich entdeckt? Neigen wir nicht eigentlich zu ganz anderen Genussmitteln? Sind wir nicht eher diejenigen, die sich mit Rotwein und Grappa befassen?
Um es gleich ehrlich zu sagen: Ich mag Bier nicht wirklich. Aber darum geht es bei dieser Aktuellen Stunde auch nicht. Denn am Beispiel von Bier lässt sich etwas klarmachen, das uns fernab von Geschmacksfragen schon lange beschäftigt. Und da ist es vielleicht ein Vorzug, dass auf diesem Thema etwas mehr Aufmerksamkeit ruht, weil sich das Interesse am Bier durch breitere Schichten der Bevölkerung zieht als vielleicht beispielsweise am Bio-Gemüse.
Meine Damen und Herren, Sie haben es in der Zeitung lesen können: Die Brauereikonzerne Heineken und Carlsberg haben drei Gerstensorten beim Europäischen Patentamt patentieren lassen.
Patente sind ja eigentlich Schutzrechte für Erfindungen. Haben Heineken und Carlsberg also diese Braugerstensorten jetzt erfunden? - Nein, das haben sie natürlich nicht. Sie haben sogenannte spontane Mutationen herbeigeführt, die in der Natur auch zufällig passieren können. Diese Patente schützen jetzt also Gerstensorten mit Eigenschaften, die Gerste sowieso haben kann. Und da fängt das Problem an.
Meine Damen und Herren, stellen Sie sich einmal vor, ein Landwirt bei Ihnen in der Region baut Gerste an. Die Saat hat er ganz normal bei der Genossenschaft eingekauft. Wer sagt ihm eigentlich, dass auf seinem Feld nicht zufällig genau die Gerstensorte wächst, die anderswo patentiert worden ist? Und wer sagt ihm, dass nicht plötzlich die Anwälte der großen Brauereikonzerne vor der Tür stehen und auf diesem Patent beharren?
Aktuell ist das unwahrscheinlich. Aber wenn eine Gerstensorte patentiert werden kann, dann können auch andere dieser Rohstoffe patentiert werden.
Die Patentierung von Gerstensorten geht aber vor allen Dingen zulasten von unabhängigen Brauereien. Wenn die nämlich keinen freien Zugang mehr zu den Rohstoffen haben und wenn die mit den Anwälten der Großkonzerne rechnen müssen, dann wird es für sie richtig schwierig. Das betrifft unsere Brauereien in Niedersachsen: Herrenhäuser, Einbecker oder auch Wolters.
Die Biertrinker unter Ihnen werden mir bestätigen: Regionale Anbieter machen das Bier interessanter.
Gehen Sie mal zur Craft-Beer-Bar um die Ecke! Vergleichen Sie, was die Biere dort mit den Bieren der großen Anbieter zu tun haben! Und Sie werden mir recht geben: Regionale Produkte wollen wir unterstützen! Auch das ist niedersächsisches Kulturgut!
Meine Damen und Herren, darum ist die Patentierung von Braugerste auch ein Angriff auf die freie Wahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, auf die, die Genuss wollen, auf die, die interessanten Geschmack und keine Einheitsplörre wollen und nicht wollen, dass jedes Bier, das sie in der Flasche haben, gleich schmeckt!
Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so, dass die regionalen Brauereien nicht schon genug Probleme hätten. Sie erinnern sich doch an die Meldung: Glyphosat im niedersächsischen Bier!
Wir wissen, ohne sauberes Wasser gibt es kein Bier, zumindest nicht zu den Preisen, die wir kennen. Das Umweltbundesamt hat gerade davor gewarnt: Wenn die Nitratwerte nicht sinken, werden Wasserpreise drastisch steigen. Das trifft dann auch die Brauereien.
Meine Damen und Herren, die zentrale Frage lautet: Mutieren wir Grünen jetzt von der Tierschutz- zur Bierschutzpartei?
- Es geht auch ums Bier, nicht nur ums Bier. Die schlechte Wasserqualität trifft auch nicht nur die Brauereien. Es geht um viel mehr als nur um Bier: Wir wollen Vielfalt am Markt, weil wir Vielfalt auf dem Tisch mögen!
Darum muss sich beim Europäischen Patentamt etwas grundsätzlich ändern. Dieses „Amt“ führt zwar hoheitliche Aufgaben aus, funktioniert aber in
Wirklichkeit wie ein Wirtschaftsunternehmen, weil es von den Patenten, die es vergibt, letzten Endes auch lebt, da es Gebühren einnimmt. Da ist es doch kein Wunder, dass es an der Stelle auch mal zu unterschiedlichen Rechtsauslegungen kommt.
Aber dieses Amt muss sich an die Beschlüsse des Europäischen Parlamentes halten, anstatt das Recht nach eigenen Vorstellungen auszulegen.
Das EU-Parlament, unser EU-Parlament, hat sich klar für ein Verbot von Bio-Patenten ausgesprochen. Darum muss die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission in dieser Sache Druck machen.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU, sollten bei Ihrem Landwirtschaftsminister Christian Schmidt nachfragen, vielleicht am Rande der Grünen Woche - das wäre eine Gelegenheit -, warum er es in vier Jahren nicht geschafft hat, den Koalitionsvertrag umzusetzen.
Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition steht nämlich, dass die Bundesregierung das Verbot von Bio-Patenten auf EU-Ebene durchsetzen will. Und darum sollten Sie, wenn Sie die Vielfalt des Bieres schätzen, jetzt auf jeden Fall unseren Landwirtschaftsminister Christian Meyer dabei unterstützen, wenigstens beim Schutz des Grundwassers im Sinne der Brauereien tätig zu werden. Nicht um uns einen Gefallen zu tun, sondern um die Vielfalt des Bieres zu erhalten.
Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten. - Jetzt kommt Herr Oesterhelweg für die CDU-Fraktion. - Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch und gerade wir als Union, Frau Kollegin Piel, wollen die Brauereienvielfalt erhalten, Patente auf Braugerste verhindern und selbstverständlich das Wasser schützen.
Meine Damen und Herren, beim Bier verstehen wir keinen Spaß, um das ganz klar und deutlich zu formulieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, tatsächlich gibt es zwei Patente auf diese zufälligen Mutationen, tatsächlich gibt es entsprechend ein drittes auf die Kreuzung dieser beiden Sorten. Die Sorten sind konventionell entstanden, nicht durch Gentechnik. Das ist in diesem Zusammenhang nicht ganz unwichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das Europäische Patentamt wird entscheiden. Und ich will sagen, dass sowohl Kommission als auch Parlament in diesem Zusammenhang eine ganz, ganz große Verantwortung tragen, auf die wir sie gemeinsam immer wieder hinweisen müssen.
Bevor ich darauf eingehe, will ich aber sagen: Das war natürlich ein netter Versuch, jetzt über diese Schiene - weil Sie gerade noch Platz auf Ihrem Blatt Papier hatten - auch noch die Nitratwerte - diese große Katastrophe hier im Lande, die Wasserpreise, die unheimlich stark ansteigen und sich extrem auf die Bierpreise auswirken würden - mit unterzubringen.
Das, meine Damen und Herren, ist wirklich eine Lachnummer. Das passt nicht in dieses sehr, sehr ernste und wichtige Thema.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir halten sehr viel von der Brauereivielfalt in Niedersachsen, die zu großen Teilen - im Süden natürlich noch etwas mehr als im Norden - mittelständisch geprägt ist. Ich muss Ihnen sagen, ich freue mich sehr auch darüber, dass gerade Sie - wir werden ja auch heute Nachtmittag über so ein Verbraucherschutzthema reden - etwas in Richtung Reinheitsgebot des deutschen Biers tun, das im letzten Jahr am 23. April sein 500. Jubiläum feiern konnte. Ich habe dazu drei Veranstaltungen in Wolfenbüttel organisiert. Die waren hervorragend besucht.