Das ist ein wichtiges Thema. Auch Sie haben es jetzt erkannt. Schön, dass auch Sie ein Jahr später draufkommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der 23. April ist übrigens nicht nur der Tag des Bieres, sondern auch - ich weiß nicht, ob Sie das wissen - der Tag des Buches. Aber das dürfte Sie noch weniger interessieren und angehen.
(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN: Oh! - Volker Bajus [GRÜNE]: Das sagt der Richtige!)
Klare Definitionen sind beim Bier wichtig. Der Beirat für Biodiversität hat bereits im Jahr 2010 auf Gefahren in diesem Zusammenhang hingewiesen. Klar wurde schon damals - das hätten Sie 1 : 1 zitieren können -, dass Risiken für kleinere Betriebe in Landwirtschaft und Züchtung sowie - das will ich jetzt hinzufügen - zumindest auch für die vielen mittelständisch geprägten Brauereien bestehen. Das ist so, da sind wir uns einig, denke ich. Die entsprechende EU-Richtlinie von 1998 sieht in Artikel 4 Abs. 1 ganz deutlich vor: „Nicht patentierbar sind a) Pflanzensorten und Tierrassen, b) im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren.“
Die EU-Kommission hat auch richtig festgestellt - das wollen wir heute gemeinsam unterstützen -, dass sie im Widerspruch zu dem steht, was im Augenblick passiert; denn nach Aussage der Kommission sind nur gentechnische Verfahren zu patentieren, nach denen gezielt ins Erbgut eingegriffen wird. Hierbei sind also weder normale Züchtungen noch Mutationen betroffen.
Frau Kollegin Piel, Sie haben mit Recht die Koalitionsvereinbarung angesprochen. Wir warten darauf, dass auch dieser Punkt abschließend umgesetzt wird. Ich glaube, darin sind wir uns durchaus einig.
Wir brauchen hier - auch das wird heute Nachmittag Thema sein - außerdem Klarheit und Wahrheit. Es muss ganz klare, unmissverständliche Regelungen in diesem Zusammenhang geben.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Sache mit den Nitraten passt eigentlich nicht so ganz ins Thema. Okay, das gehört zum Wahlkampf dazu. In dieser Sache, was die Patente, was die Brauereien angeht, gibt es keinen Dissens zwischen uns. Es gibt auch keine Profilierungsmöglichkeiten für Sie. Das ist auch kein Wahlkampfthema. Es wäre gar nicht schlecht gewesen, auf dieser Grundlage einen gemeinsam getragenen Antrag zu formulieren.
Frau Piel, Sie haben gerade in Wolfenbüttel versprochen - das sollten Sie auch tun -, Probleme vielleicht auch gemeinsam mit uns zu lösen. Außerdem haben Sie versprochen - das will ich zitieren -, „den Zeigefinger in der Tasche zu lassen“. Dieses Versprechen, Frau Kollegin, sollten Sie bitte einhalten.
Vielen Dank, Herr Kollege Oesterhelweg. - Jetzt ist die SPD an der Reihe. Herr Wiard Siebels, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Brauereienvielfalt erhalten - Patente auf Braugerste verhindern - Wasser schützen!“ Ich freue mich, dass dieses wichtige Thema heute im Rahmen der Aktuellen Stunde hier im Niedersächsischen Landtag diskutiert werden kann. Ich kann Ihnen sagen, dass es in meiner Fraktion gar nicht so einfach war, sich als Redner durchzusetzen,
vor allen Dingen, weil wir auch über den Ministerpräsidenten verfügen, der sich als biertrinkender Jurist in Niedersachsen einen guten Namen gemacht hat.
Dass der Kollege am 23. April 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot - so habe ich es verstanden, Herr Kollege - ausgiebig gefeiert hat, freut mich ausdrücklich für Sie.
Einige Punkte zur Sache: In der Tat haben die Brauereien Heineken und Carlsberg drei Patente auf Braugerste beantragt. Ich kenne zwar niemanden, der dieses Bier trinkt, meine Damen und Herren - auch das darf ich an dieser Stelle sagen -,
aber trotzdem stellt sich die Frage - auch meine Vorredner sind darauf eingegangen -: Was ist eigentlich patentierbar? - Die Sache ist an zwei Stellen klar, an einer Stelle aber offensichtlich nicht so richtig klar. Erstens ist all das patentierbar, was durch Gentechnik verändert worden ist. Abgehakt! Zweitens sind Züchtungserfolge nicht patentierbar, die durch Kreuzung und Selektion, also durch normale Biologie, erreicht wurden.
Aber es besteht die Frage, wie mit Mutationen verfahren wird. Soweit ich das der Literatur entnehmen konnte, geht es dabei nicht nur um die Frage zufälliger Mutationen, sondern es gibt auch Mutationen, die durch chemische Einwirkungen erreicht werden, die sogenannte Mutagenese. - Die Kollegin Staudte nickt; ich habe mich also richtig informiert.
Darüber gehen die Meinungen offensichtlich etwas auseinander. Das ist insbesondere deshalb problematisch, weil - die Kollegin Piel hatte die Gerste auf dem Acker erwähnt, wo zufällig etwas so ist, wie es einem Konzern schon gehört - durch die Mutagenese das klassische Verbot „Ergebnisse konventioneller Züchtung dürfen nicht patentiert werden“ umgangen werden könnte. Das ist in der Tat ein Problem, nicht nur beim Bier, sondern im Grundsatz. Deshalb fordern wir an dieser Stelle die EU-Kommission ganz deutlich auf, auch diesen Bereich eindeutig klarzustellen, meine Damen und Herren.
Jetzt besteht die Frage, welche Auswirkungen es haben könnte - das muss man zumindest fiktiv durchdenken -, wenn Braugerste, möglicherweise aber auch Brauereiverfahren, patentiert werden kann. Wir können ziemlich sicher davon ausgehen, dass es dann insbesondere für kleinere Brauereien, die hier auch erwähnt worden sind, schwierig wird, an diese Patente heranzukommen, weil sie sie käuflich erwerben müssten - sofern das überhaupt möglich wäre. Das würde wahrscheinlich - ich meine, das kann man sich relativ einfach ausmalen - zu einer weiteren Konzentration in diesem Bereich der Brauereien führen.
Hierzu habe ich einige wenige Daten für Sie: Die 70 größten Brauereien bei uns in Deutschland produzieren 84 % des gesamten deutschen Bieres. Im Jahr 2015 hatten wir in Deutschland 1 388 Brauereien - eine übrigens im Bereich der kleinen Brauereien steigende Zahl. Nun kann man sich vorstellen: Wenn es eine so deutlich erkennbare
Konzentration gibt und wenn dann noch Patente käuflich erworben werden müssen, dann würde dieser Konzentrationsprozess zumindest beschleunigt werden, meine Damen und Herren. Das kann aber niemand wollen, weil die kleineren regionalen Brauereien für die Vielfalt in diesem Bereich stehen.
Eine will ich ganz besonders herausheben, nämlich die Brauerei, die zufällig in meinem Wahlkreis liegt: In der schönen Ortschaft Bagband wird Ostfriesen-Bräu produziert. Ich kann Ihnen sagen, das ist so ziemlich das beste Bier, das Sie überhaupt trinken können.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Sehr gut! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Nicht so gut wie Wendlandbräu! - Hei- terkeit)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte keine Unruhe. Auch Sie können hier Ihre Lieblingsbiersorten zu Protokoll geben, sodass jeder zum Zuge kommt.
Die Angst - ich konnte das heute bei Facebook bei NWZ-online oder so sehen - vor einem Einheitsbier ist deshalb in der Summe nicht völlig unbegründet. Diese Angst dürfte umso größer werden, wenn man sich vorstellt, dass dieses Einheitsbier schmeckt wie Heineken oder Carlsberg, meine Damen und Herren.
In der Tat ist es aber berechtigt - auch das hat die Kollegin Piel gesagt -, dass wir natürlich nicht nur über die Frage von Bier und Brauereigerste sprechen, sondern auch darüber reden, dass eine Privatisierung denkbar ist, die bis zu Brot und Getreide gehen kann. Das kann in der Tat nicht gewollt sein.
In diesem Sinne darf ich mich für die Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen allen noch einen schönen Tag.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Siebels, wenn Sie gestern beim Parlamentarischen Abend gewesen wären - auch der Kollege Limburg war dabei -, hätten Sie sehen können, dass beispielsweise auch die Klosterkammer ein hervorragendes Bier braut.
Sie stellt übrigens auch die Braugerste selbst her, wie wir gestern erfahren haben und sehen konnten. Natürlich gibt es auch noch andere gute Brauereien in Niedersachsen. Der eine oder andere kennt ja auch Träger des Bierordens aus Einbeck.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Grünen haben sich ein Thema gesucht, gegen das eigentlich niemand etwas haben kann. Nach dem Angriff auf das deutsche Reinheitsgebot erfolgt jetzt quasi der Angriff auf die deutsche Braugerste. Dann müssen sich doch alle Biertrinker hier im Parlament vereinigen und dagegen sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Herr Kollege Siebels hat deutlich gesagt, wo das eigentliche Problem liegt. Im Kern geht es nämlich gar nicht um die Frage kleine Brauereien oder große Brauereien und um die Frage, ob Heineken besser schmeckt als Carlsberg oder anderes Bier. Es geht um eine andere Frage, nämlich darum, wie wir es in Europa mit der Patentierbarkeit von Lebensmitteln und Nahrungsmitteln bzw. der Herstellung von Nahrungsmitteln halten.
Dabei geht es auch um die Frage, ab wann eigentlich das geistige Eigentum in diesem Bereich schützbar ist. Bier und Brauereien sind in diesem Prozess bzw. in dieser Fragestellung eher ein Randproblem. Wenn Sie sich nämlich die Kampagne anschauen, Frau Piel, auf die Sie sich ja in dieser Aktuellen Stunde berufen, werden Sie feststellen, dass sie überhaupt nicht von Brauereien getragen wird, sondern von anderen, von Nicht
Es geht hier nämlich eher um die Fragen: Wie halten wir es mit Gentechnik? Können gentechnisch veränderte Produkte weiterhin patentiert werden? Und wie ist es mit der Mutagenese?