Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie haben die Chance, dazu beizutragen, Herr Dürr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was Sie hier vorgelegt haben, ist nichts anderes als ein Hochschulkonservierungsvertrag. Die Hochschulen müssen Ihnen schon dankbar dafür sein, dass nicht noch zusätzlich gestrichen wird. Und das in einer Zeit - ich zitiere den ehemaligen Präsidenten des Niedersächsischen Landesrechnungshofes -, in der der Landesregierung das Geld bis zum Hals steht! Es ist ein absolutes Armutszeugnis von RotGrün in Niedersachsen, dass im Bundesvergleich erneut kein Schwerpunkt bei der Wissenschaftspolitik gesetzt wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, dass das Land die höheren Personalkosten, die sich aus Besoldungs- und Tarifsteigerungen ergeben, übernimmt. Sie aber verkaufen das als den zentralen Erfolg Ihres Hochschulentwicklungsvertrags.

(Gerald Heere [GRÜNE]: Sie können das, was Sie versprechen, doch gar nicht alles finanzieren!)

Unter Ihrer Regierung stagniert die Finanzierung von Hochschulen seit Jahren. Das kommt in den Zeiten der Herausforderungen, vor denen wir stehen - ich komme gleich noch zum Thema Digitalisierung -, einer Kürzung gleich, meine Damen und Herren. Sie verspielen die Innovationskraft unseres Landes und die Zukunft der Studierenden - um das klar zu sagen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Ach, Herr Dürr!)

Wir erleben ja, wie Ihre Ministerin agiert. Erst beschimpfen Sie die alte Landesregierung, dann machen Sie vier Jahre lang gar nichts - wir haben das gerade beim Thema MHH erlebt -, und jetzt fangen Sie an, Versprechungen zu machen, die eine zukünftige schwarz-gelbe Landesregierung finanzieren muss. Das gilt übrigens auch für die Baumittel, die Sie zusagen. - Das ist die Realität.

(Zurufe von den Grünen und von der SPD)

Sie haben in den vier Jahren nichts in der Wissenschaftspolitik gemacht. Es ist nichts passiert. Nichts! Nada! Gar nichts!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Die Hochschulen in Niedersachsen warten auf bessere Zeiten. Aber ich sage Ihnen: Eine Hochschullandschaft im fünfjährigen Wartemodus befindet sich in einer ungünstigen Ausgangssituation, wenn es darum geht, den Entwicklungen bei der Globalisierung und der Digitalisierung gerecht zu werden.

(Gabriela König [FDP]: Ganz genau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist geradezu entlarvend, wenn Sie sagen, dass die von Ihnen angepriesenen Studienqualitätsmittel in Zukunft auch für die Ausstattung benutzt werden dürfen. Das ist ja angeblich der andere große Erfolg dieses Hochschulentwicklungsvertrages. Das heißt: Studienqualität bei Rot-Grün ist, dass ein Student einen Stuhl hat, auf dem er ordentlich sitzen kann. Das ist Ihre Studienqualität, über die Sie hier sprechen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Un- glaublich!)

Ich finde das relativ armselig. Wir brauchen jetzt attraktive Rahmenbedingungen für Forscherinnen und Forscher. Aber wo bleibt Ihre Initiative? - Das Hauptproblem in der Wissenschaftslandschaft ist doch - nicht nur in Niedersachsen, das gebe ich gerne zu -, dass dauernd mit befristeten Arbeitsverträgen gearbeitet werden muss.

Aber es ist doch so: Der „Schulz-Zug“ fährt zwar durchs Land und klagt sachgrundlos befristete Arbeitsverträge an. Aber in der Wissenschaftspolitik von Rot-Grün in den Ländern ändert sich an der Stelle überhaupt nichts. Null! Sie machen nichts zum Thema „soziale Gerechtigkeit“. Auch in der Wissenschaftspolitik passiert bei der SPD nichts - um das in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ein letzter wichtiger Punkt - ich habe vorhin angedeutet, dass ich ihn ansprechen will - ist das Thema Digitalisierung. Im vergangenen Jahr war ich gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten und einer Delegation im Silicon Valley; der Kollege Nacke war auch dabei. Dort haben wir z. B. die Stanford University besichtigt. Ich hatte dort kurzfristig das Gefühl, dass Stephan Weil davon beeindruckt ist, was Universitäten zu leisten in der Lage sind, auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Wir haben gesehen, wie man sie ausstatten muss, wie man es machen muss, damit man dieser Entwicklung in

der Wissenschaftspolitik und bei der Ausbildung von Studierenden gerecht wird.

Aber hier passiert stattdessen Folgendes: Wir als FDP-Fraktion haben eine Große Anfrage zum Thema Digitalisierung gestellt, und Ihre Antwort auf die Frage, wie Sie bei der Digitalisierung die Lehre in Niedersachsen voranbringen wollen, lautet wie folgt: „Das Land stellt zusätzlich für die Offene Hochschule Niedersachsen seit 2013 700 000 Euro zur Verfügung.“ - Das Hauptthema Digitalisierung ist der Niedersächsischen Landesregierung im Bereich der Wissenschaftslandschaft und der Hochschulen also 700 000 Euro wert! Das ist ein Armutszeugnis und nichts anderes - um das in aller Klarheit zu sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Aktuelle Stunde, die wir hier erleben, erinnert mich ein bisschen an den Versuch des Wirtschaftsministers von gestern, nämlich mit einem Thema, das an dieser Stelle null Neuigkeitswert hat - gestern waren es die Arbeitsmarktzahlen, die seit Monaten bekannt sind; heute ist es der Hochschulentwicklungsvertrag, der längst vorgestellt ist -, vom eigenen Versagen abzulenken. Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren, Frau Heinen-Kljajić ist eine der schwächsten Ministerinnen in diesem Kabinett.

(Lachen bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Ach herrje!)

Sie konnte sich gegenüber dem Finanzminister nicht durchsetzen. Und das soll jetzt durch diese Aktuelle Stunde wieder ausgebügelt werden. Der Versuch, meine Damen und Herren, ist kläglich gescheitert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Filiz Polat [GRÜNE]: Ihr Versuch ist gescheitert! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN sowie Gegenrufe von der CDU und von der FDP)

Vielen Dank, Herr Dürr. - Meine Damen und Herren, wenn sich alles wieder beruhigt hat, dann kann jetzt die Landesregierung sprechen. Frau Dr. Heinen-Kljajić, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr! - Wir bitten überall um Ruhe!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser neue Hochschulentwicklungsvertrag ist die konsequente Fortsetzung der Hochschulpolitik dieser Landesregierung, mit der wir einen echten Paradigmenwechsel eingeläutet haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben die Rückbaupolitik der Vorgängerregierung, die von Sanierungsstau, Studienplatzabbau und Budgetkürzungen geprägt war, definitiv beendet.

(Jörg Hillmer [CDU]: Der dokumentier- te Stillstand!)

Zum Thema Qualität dieses Hochschulentwicklungsvertrages, liebe Kolleginnen und Kollegen, rate ich Ihnen: Fragen Sie mal die Landeshochschulkonferenz! Fragen Sie die Hochschulen! Es wird einsam um Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Sie werden keine einzige Hochschule finden, die Ihr abstruses Lamento auch nur im Ansatz teilt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Selbst Berlin macht mehr bei der Digitalisierung!)

Wir sprechen nicht nur in Sonntagsreden vom Innovationspotenzial der Wissenschaft, sondern wir sind die Landesregierung, die den Reden auch wirklich Taten folgen lässt. Der Geist dieses Vertrages ist von Anerkennung für die Leistungen unserer Hochschulen geprägt, und er gibt ihnen attraktive Rahmenbedingungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und sich strategisch weiterzuentwickeln.

Wir halten Wort und schreiben die dynamische Kompensation der Studiengebühren fort. Wir haben die Studierendenzahlen auf ein fantastisches Rekordniveau gebracht und damit endlich die ständig wachsende Studierendenexportquote gestoppt. Die Grundfinanzierung pro Studierendem ist dabei übrigens um 5,07 % angestiegen. Wie immer bei Ihnen in der CDU gerechnet wird, wie immer Sie darauf kommen, dass heute weniger Mittel zur Verfügung stünden, bleibt schleierhaft.

(Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Die ver- stehen die Materie nicht!)

Wir sichern den Hochschulen über das Stichdatum „Schuldenbremse“ hinaus bis 2021 stabile Mittelzuwächse zu, indem wir, ausgehend vom Basisjahr

2018, auch in Zukunft weiterhin die Personalkostensteigerungen übernehmen.

Nach dem riesengroßen Erfolg des FEP, über das mehr als 300 neue Professuren entstanden sind, steigen wir jetzt auch in die Verstetigung von Hochschulpaktstudienplätzen an den Universitäten ein und erhöhen die Grundfinanzierung im Umfang des Mittelbedarfs für 114 neue Professuren.

Anders als die alte Landesregierung ruhen wir uns nicht auf der Umsetzung von Bund-Länder-Programmen aus, sondern wir werden selbst initiativ. Wir gestalten und bauen die Hochschulen schon heute langfristig aus, statt die Hände in den Schoß zu legen.

Wir legen mit dem Sondervermögen das größte vom Land finanzierte Infrastrukturpaket der letzten Jahrzehnte auf. Dem von der heutigen Opposition über zehn Jahre verschuldeten Kapitalverzehr wird damit endlich ein Ende gesetzt.

Die im Zuge der Föderalismusreform - übrigens einer der größten und folgenschwersten Fehler christdemokratischer Hochschulpolitik - 2019 auslaufenden sogenannten Kompensationsmittel werden wir für den Hochschulbau in der Höhe von knapp 50 Millionen Euro über den Stichtag hinaus weiter fortschreiben. Wir werden uns auf Bundesebene natürlich weiterhin dafür einsetzen, dass der neue Artikel 91 b des Grundgesetzes dazu genutzt wird, den Bund auch in Zukunft für den Hochschulbau mit in die Verantwortung zu nehmen. Aber wir tragen diesen Streit, den die CDUBundesministerin im Übrigen alleine gegen alle Länder führt, eben nicht auf dem Rücken der Hochschulen aus, sondern wir gewähren auch hier als Land Planungssicherheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schließlich nehmen wir den Wunsch der Studierenden auf, mehr Mittel für studentische Lehr- und Lernräume zu schaffen, indem der Verwendungszweck der Studienqualitätsmittel ausgeweitet wird.

So, werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, sieht kluge Investitionspolitik aus. Davon haben die Hochschulen zu Ihrer Regierungszeit nur träumen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Dr. Gabriele Andretta [SPD])

Außerdem manifestiert dieser Hochschulentwicklungsvertrag ein weiteres Mal die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wissenschaftsministerium. Zu zentralen Herausforde

rungen in Lehre und Forschung haben wir uns auf Vereinbarungen geeinigt, deren Verbindlichkeit hier im Vertrag noch einmal unterstrichen wird - ob es die Handlungsempfehlungen zur Qualitätssicherung von Lehraufträgen sind, ob es die Vereinbarung zur Marke MINT Niedersachsen ist, mit der wir verbindliche Standards für attraktive Studienbedingungen festlegen und hoffentlich auch das Thema Studienabbruch besser in den Griff bekommen, ob es die Digitalisierungsoffensive ist, bei der das Land die Übernahme der Transformationskosten zusichert, oder ob es die Leitlinien zur Transparenz in der Forschung sind, mit denen wir ein deutschlandweit einmaliges System zu zentralen Fragen der Drittmittelfinanzierung aufgelegt haben.

All diese Lösungen sind wissenschaftsadäquat; denn sie wurden gemeinsam mit den Hochschulen entwickelt. Steuerung durch Beteiligung - das ist einer der Markenkerne unserer Hochschulpolitik, und dieser Hochschulentwicklungsvertrag ist das Fundament, auf dem diese Hochschulpolitik in den nächsten vier Jahren fortgesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)