Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir, Frau Piel, einfach mal den Faktencheck! Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat
gerade im letzten Monat eine Resolution dazu verabschiedet; ich hoffe, Sie haben sie gelesen. In dem Moment hätten Sie sagen müssen: Ja, Scheibenkleister, den Faktencheck verlieren wir jetzt wieder. - Der Städte- und Gemeindebund bringt darin nämlich deutlich zum Ausdruck, dass er sich von dieser Landesregierung absolut im Stich und völlig alleingelassen fühlt, weil die kommunalen Schultern eben nicht entlastet werden. Vielmehr belegt er mit Fakten auf der Grundlage von Erhebungen, dass es Landkreise gibt, die nicht - wie gewünscht - nur ein Drittel der Kosten für die Kinderbetreuung tragen müssen, sondern dabei auf über 50 % kommen. Das heißt, der kommunale Partner - die kommunale Familie - fühlt sich von dieser Landesregierung nicht als verlässlicher Partner ernst genommen, sondern er fühlt sich verraten und verkauft.
Am Rande der letzten Plenarsitzungswoche haben zahlreiche Bürgermeister unterschiedlichster Couleur - auch Bürgermeister von der SPD und von den Grünen waren dabei - hier gemeinsam mit Eltern vor dem Landtag demonstriert. Sie haben eine Resolution angeschlagen, in der sie die umfangreichen Betriebskostenzuschüsse deutlich dargestellt haben, die für die Krippen- und Kindergartenplätze tatsächlich erforderlich sind und die die Landesregierung übernehmen sollte. Sie wollen verständlicherweise eine dauerhafte Entlastung der Kommunen in Niedersachsen erreichen. Auch diese Bürgermeister haben in den Gesprächen deutlich gemacht: Wir fühlen uns verraten und verkauft.
Meine Damen und Herren, es ist wirklich nicht mehr nachzuvollziehen, wie sich diese Landesregierung im gesamten Kita-Bereich wegduckt und stets, ständig und ausnahmslos - das werden wir auch heute erleben; Sie haben es eben in einem Zwischenruf schon gehört - nur auf die dritte Kraft in der Krippe verweist.
Sie wird auch erst ab 2020 voll finanziert. Ich habe Sie dafür schon x-mal gelobt. Aber dass Sie das hier als die Glanzleistung, als den Kraftakt für eine gesamte Legislaturperiode darstellen! Das ist ein kleines Mosaiksteinchen, ein Brocken, den Sie hier den Eltern vor die Füße geworfen haben.
Damit können wir feststellen: Sie haben leider eben nicht von Anfang an den Schwerpunkt Bildung. Wir fühlen uns hier wirklich nicht nur verraten und verkauft - wir sind verraten und verkauft worden!
Frau Modder, wenn Sie die Schilder gelesen hätten! Schade, dass Sie nicht mit nach draußen gekommen sind. Auf ihnen hieß es: Wer wischt mir die Tränen ab? Ich muss auf die Toilette! Spielst du mit mir? Ich habe Hunger! Hast du ein Pflaster für mich? Tröstest du mich?
Wenn wir uns parteiübergreifend einig sind, dass uns das Kindeswohl am Herzen liegt und wir es tatsächlich ernst meinen, dann sind Sie, Frau Modder, dann ist Ihre Fraktion - und das gilt auch für Frau Piel und ihre Fraktion - gefordert, unserem Antrag zuzustimmen,
in dem wir drei Punkte einfordern. Zum ersten Punkt sage ich in dem Moment: Okay, da haben Sie ja unserer Kritik schon Rechnung getragen. Der erste Punkt unseres Antrags hat sich schon erledigt. Da ging es ja darum, dass Sie die Zuschüsse im Bereich Krippenplätze, Investitionskostenzuschüsse reduzieren wollten. Gott sei Dank haben Sie da ja eine Rolle rückwärts gemacht. Der Punkt ist also abgearbeitet, und ich bin froh, dass Sie über diesen Stock gesprungen sind. Jetzt müssen Sie aber auch weiter springen.
Der zweite Punkt unseres Antrags, Frau Modder, geht dahin - das ist jetzt ganz wichtig -, dass wir - sehr deutlich - ein eigenes Landesprogramm für den Ausbau der U-3-Plätze fordern mit der Bereitstellung von 50 Millionen Euro.
Wenn Sie sich einfach einmal die Zahlen geben lassen - in der Sitzung des Kultusausschusses ist uns das sehr deutlich vor Augen geführt worden -: Der Bund gibt - das stellen Sie ja immer als Ihre Leistung dar; aber das ist mir jetzt auch egal - 105,6 Millionen Euro. Das Land gibt 1,8 Millionen Euro. Das macht zusammen 107,4 Millionen Euro für den Bereich der Investitionskosten.
Es liegen jetzt aber schon Anträge vor, die nicht abgedeckt werden können, in Höhe von insgesamt 36,2 Millionen Euro. Die gehen also darüber hinaus. Das Geld fehlt. Dabei sind noch nicht einmal die letzten drei Monate berücksichtigt, in denen auch wieder neue Anträge gestellt werden. Das heißt, hier fehlen Mittel, und ich weiß nicht, wie Sie das bewerkstelligen wollen. Hierfür brauchen wir ein eigenes Landesprogramm, und insofern sind Sie hier, wie es im Punkt 2 unseres Antrages steht, definitiv gefordert.
Sie müssen Perspektiven aufzeigen. Deshalb sind Sie heute auch bei der Erfüllung des dritten Punktes unseres Antrags gefordert.
Wir sind doch überhaupt nicht vermessen, Frau Modder und Frau Piel. Wir fordern von Ihnen doch nicht,
(Anja Piel [GRÜNE]: Was Sie nicht selber auch geleistet hätten! Das ist richtig, ja! Nichts, was Sie nicht selber geleistet hätten!)
In Punkt 3 unseres Antrags fordern wir nur, dass Sie zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Konzept erarbeiten, um mittelfristig Investitionszuschüsse auch für die Drei- bis Sechsjährigen zu geben. Das fehlt bei Ihnen komplett.
Die Einengung nur auf den U-3-Bereich - gerade vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs - bedeutet, dass Sie da absolut in die Falle laufen. Das ist eine Fehlentwicklung, die wir nicht wollen. Da sind Sie gefordert.
Wenn Sie tatsächlich ein Herz für Kinder haben, dann bleibt Ihnen heute wirklich nichts anderes übrig, als diesen zwei minimalen Punkten zuzustimmen und unseren Antrag damit positiv zu unterstützen.
Vielen Dank, Frau Vockert. - Nächste Rednerin ist Julia Willie Hamburg für Bündnis 90/Die Grünen. - Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Vockert, Ihr Faktencheck weist eindeutig Löcher auf. An dieser Stelle muss ich wirklich sagen: Es ist unredlich, welches Theater Sie hier abziehen!
Um noch einmal zu sagen, was wir in diesem Bereich geleistet haben: Wir investieren weiter in den Ausbau der Plätze, wir investieren in die Qualität durch die dritte Kraft in den Krippen, mit 60 Millionen Euro für mehr Personal in den Kindertagesstätten,
wir investieren in weitere Ausbildungsplätze zur Beseitigung des Fachkräftemangels. Diese Kraft haben Sie nie entwickelt, ebenso wie Sie nie irgendeinen Punkt entwickelt haben, in Richtung mehr Qualität zu investieren.
Wenn Sie schon auf die Sitzung des Kultusausschusses rekurrieren: Da wurde uns eindeutig gesagt, dass das Land deutlich mehr als sein Drittel in diese ganzen Dinge investiert, dass das Land hier seinen Aufgaben nachkommt und dass es der Bund und die Kommunen sind, die hier noch einmal Mittel drauflegen müssen.
(Lachen bei der CDU - Kai Seefried [CDU]: „Die Kommunen müssen drauflegen“ - das ist ein gutes Zitat!)
Wir sind ja auch gar nicht gegeneinander. Wenn wir weitere Mittel brauchen, um in den Ausbau zu investieren, dann sind wir die Allerletzten, die diese Mittel nicht auf den Weg bringen. Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir hier an der Seite der Kommunen sind und auch für den Ausbau einstehen.
Völlig zu Recht: Bund, Land und Kommunen unternehmen derzeit erhebliche finanzielle Kraftanstrengungen, um dem Rechtsanspruch Genüge zu tun und damit der familienpolitischen Realität und den Bedürfnissen gerecht zu werden.
Das Land hat unter unserer Regierungsbeteiligung, Frau Kollegin Vockert, die Zuschüsse pro Platz auf 12 000 Euro gesteigert, und wir führen dies fort. Darauf können wir zu Recht stolz sein.
Sie müssen gar nicht anfangen, da mitzureden. Sie haben das Ganze von ca. 5 000 Euro auf 7 500 Euro angehoben. Sie hatten nicht die Kraft, beim Bund mehr Mittel einzuwerben.
Es war unsere Kultusministerin, der ich an dieser Stelle sehr herzlich dafür danken möchte, dass sie die Zuschüsse des Bundes durch gute Verhandlungen immer weiter für uns erhöhen konnte.
Wir haben Ihnen, Frau Vockert, in der letzten Legislaturperiode immer ins Buch geschrieben, dass es nicht ausreicht, hier auf einem Bein zu stehen, und dass es keinen Sinn macht, allein in die Quantität zu investieren. Wir sind diejenigen, die derzeit glaubhaft vermitteln, dass wir beides können: in die Quantität zu investieren, in die Qualität zu investieren und gleichzeitig dem Fachkräftemangel durch kluge Konzepte zu begegnen. Diesen Weg werden wir auch weitergehen.
Natürlich ist das auch immer eine Frage der Prioritätensetzung. Das sprechen Sie auch zu Recht an. Wir haben nun einmal nur begrenzt Landesmittel, und solange der Bund - damals Manuela Schwesig, jetzt Frau Barley - nicht endlich auch mal liefert und das Kita-Qualitätsgesetz mit den Mitteln für unser Land auf den Weg bringt - wir warten da immer noch auf 500 Millionen Euro; mit denen könnten wir Quantensprünge machen, Frau Vockert; damit machen wir alles, was Sie fordern, und noch viel mehr, weil wir das auch immer schon wollten -,
solange wir diese Mittel nicht haben, müssen wir nun einmal Prioritäten setzen. Und diese Priorität liegt bei uns ganz klar auf der Qualität. Deswegen werden wir auch da weiter investieren. Wenn wir
den Kommunen Gelder für ihre hoheitlichen Aufgaben geben, dann deshalb, um die Qualität weiter zu steigern. Das ist unsere Priorität. Dahinter stehen wir. Deswegen werden wir Ihren Antrag auch ablehnen.