Protokoll der Sitzung vom 20.09.2017

Ein paar Ladesäulen vor irgendwelchen Ministerien, das reicht eben nicht aus, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Konzepte, Forschung, Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich? - Fehlanzeige, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sie regieren hier fünf Jahre lang vor sich hin, aber passiert ist wenig.

(Beifall bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE] lacht)

Und jetzt diese vollmundigen Ankündigungen! Mit Verlaub: Das nimmt Ihnen niemand mehr ab.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist genauso wie im Naturschutz: Sie reden, Sie lamentieren, Sie erzählen Geschichten - und wir pflanzen die Bäume.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE] - Gegenruf von der CDU: Dich werden wir echt vermissen!)

Was meinen Sie: Wollen wir die Sitzung unterbrechen, damit Sie sich besser austauschen können? - Meine Damen und Herren, es geht weiter. Es folgt für die FDP-Fraktion Kollege Christian Dürr. Bitte sehr! - Aber nur, wenn Ruhe ist.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Piel, ich finde es natürlich fantastisch, dass Sie das Landtagswahlprogramm der Freien Demokraten in den Mittelpunkt Ihrer Aktuellen Stunde stellen.

(Zustimmung bei der FDP - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist ja nicht so lang, das ging schnell!)

Aber das ist ja auch gerechtfertigt.

Gerade in Richtung der Grünen will ich zunächst einfach einmal an den Anfang der Energiewende in Deutschland erinnern. Am Anfang der Energiewende in Deutschland stand Jürgen Trittin mit dem Versprechen, die Energiewende wird die Menschen in Deutschland pro Person und Monat eine Kugel Eis kosten. - Die Realität heute ist aber eine andere. Wir haben vor einigen Monaten eine Studie zur Kenntnis nehmen müssen, die uns sagt, dass die grüne Energiewende die Menschen in Deutschland bis zum Jahr 2025 520 Milliarden Euro kosten wird.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat uns gestern ins Stammbuch geschrieben, dass über 80 % der Stromkosten in der Industrie mittlerweile von grüner Politik verursacht werden und nicht mehr für die eigentliche Entstehung anfallen. Und dabei haben wir - die Frage ist ja: Wirkt grüne Politik? - unsere Klimaschutzziele nicht erreicht. Im Stromsektor wurden in Deutschland im Jahr 2000 noch 350 Millionen t CO2 ausgestoßen. Wissen Sie, wie hoch die Zahl im Jahr 2016 war? - Es waren immer noch 350 Millionen t CO2.

(Zuruf von den GRÜNEN: Skandal!)

Der Weltklimarat schreibt uns ins Stammbuch, dass Deutschland weltweit die allerhöchsten CO2Vermeidungskosten hat. Und trotzdem tun Sie, liebe Kollegen der Grünen, noch so, als ob Energiepolitik in Deutschland ein Wunschkonzert sei. Ich will Ihnen in aller Klarheit sagen: Auf die Art und Weise, in der Sie planwirtschaftlich unterwegs sind,

(Gerald Heere [GRÜNE]: Wir hätten es zwölf Jahre besser gemacht!)

werden Sie Ihre ökologischen Ziele - die, nebenbei gesagt, auch unsere sind - nicht erreichen. Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Was war denn 2009 bis 2013? Steuern haben Sie nicht ge- senkt! Die Energiewende haben Sie nicht umgesetzt! - Zuruf von Ottmar von Holtz [GRÜNE] - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

- Herr von Holtz, seien Sie ganz ruhig!

Herr Dürr, einen Moment, bitte!

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Nein, jetzt nicht. Das wird dann doch zu lebhaft. - Weiter geht‘s!

Das Parlament hat ja noch die Gelegenheit zu diskutieren, Herr Kollege von Holtz.

Auch die Art und Weise, wie Stefan Wenzel Energiepolitik in Niedersachsen macht - nämlich mit dem Zwangsausbau der Windenergie -, führt nicht weiter. Das macht alles keinen Sinn mehr, meine Damen und Herren. Denn wir sehen heute ja: Wenn man die erneuerbaren Energien dem Markt überlässt, dann sind sie auch erfolgreich und können aus eigener Kraft bestehen. Die Offshoreausschreibung hat gezeigt, dass ohne Subventionen und ohne Zwangsvergütung Offshore bereits heute möglich und am Ende des Tages auch marktgängig ist.

Vor dem Hintergrund, dass das bereits heute möglich ist, finde ich es bemerkenswert, dass im Landtagswahlprogramm der Grünen steht: Bei den Reformen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes lehnen wir Ausschreibungsmodelle ab. - Meine Damen und Herren, daran wird doch deutlich, dass es Ihnen in Wahrheit nicht um ökologische Ziele geht. Nein, Ihnen geht es vor allen Dingen darum, die Marktwirtschaft in Deutschland kaputt zu machen. Das ist Ihre Ideologie. Es geht Ihnen nicht um die ökologischen Ziele, die wir eigentlich gemeinsam erreichen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Das, was Sie hier propagieren, hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Das hat auch mit ökologischer Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Aus meiner Sicht ist das die Perversion des Mechanismus von Angebot und Nachfrage. Und das schadet nicht nur unserem Wachstum, sondern auch der Erreichung unserer ökologischen Ziele.

Deswegen fordern wir einen Neustart der Energiepolitik, wie ihn jetzt beispielsweise die schwarzgelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen macht. Wir sollten uns von den grünen Instrumenten der Planwirtschaft verabschieden. Ich will in aller Deutlichkeit sagen - und das habe ich hier auch schon getan, als es noch nicht Beschlusslage meiner Partei war -: Das Erneuerbare-EnergienGesetz mit seinen heutigen Instrumenten hat in Deutschland keine Zukunft. Es schadet. Es nützt nicht mehr.

(Beifall bei der FDP)

Stattdessen muss die Politik den Rahmen setzen. Der europäische Zertifikatehandel - ich kann nicht verstehen, warum Grüne insbesondere diesen Zertifikatehandel immer wieder kaputtreden -, der sich vor allen Dingen auf CO2-Einsparungen konzentriert, muss über den Stromsektor hinaus auch auf die Mobilität und die Gebäude in Deutschland ausgeweitet werden. Die marktwirtschaftlichen Instrumente, die den Marktteilnehmern die Entscheidung überlassen, sind allemal besser als das, was grüne Politik auch in der kommenden Wahlperiode des Landtages vorschlägt.

(Beifall bei der FDP)

Wie ich eben schon angedeutet habe, muss das Ziel deutscher Energiepolitik die Technologieoffenheit sein. Das gilt auch und insbesondere für die Mobilität. In der Debatte der letzten Monate konnte man ja den Eindruck gewinnen, dass so ziemlich jeder Politiker, der sich daran beteiligt hat, in den letzten sechs Monaten ein ingenieurwissenschaftliches Studium absolviert hat. Da wird - so wie es auch Frau Piel gerade getan hat - ausschließlich über E-Mobilität und über Batterien geredet. Es wird aber nicht darüber gesprochen, wo wir die Rohstoffe dafür sichern, es wird nicht darüber gesprochen, dass das notwendige Kobalt heute von Kinderhänden in Afrika gewonnen wird. Stattdessen philosophieren Sie über ein Abschaltdatum für den Verbrennungsmotor.

Ich will in aller Klarheit sagen: Ich bin Wirtschaftswissenschaftler.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Oh!)

Ich weiß nicht, wie der Antrieb der Zukunft in Deutschland aussieht. Ich weiß auch nicht, ob es eine Technologie sein wird oder mehrere Technologien sein werden. Aber ich weiß eines, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel, ist Industriekauffrau. Sie weiß das auch nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Nein, ich weiß es auch nicht!)

Das sollten wir den Kräften des Marktes überlassen. Wir Politikerinnen und Politiker sollten uns über Ziele austauschen, Frau Kollegin Piel. Aber den Weg dahin sollten wir bitte endlich den Ingenieuren und Naturwissenschaftlern überlassen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

An der grünen Hetzjagd auf das Automobil werden wir uns jedenfalls nicht beteiligen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Das ist aber ganz tief aus der Motten- kiste, Herr Dürr! Ich würde mich schämen!)

Ihr Vorwurf, wir hätten mit unserer Kritik an den Betrügereien von Volkswagen - - -

Herr Kollege, einen Moment! - Jetzt muss dringend Ruhe einkehren, und der Redner muss, jedenfalls in der Sache, den letzten Satz finden, weil die Zeit ein bisschen arg strapaziert ist. - Bitte!

Das tue ich, Herr Präsident.

Sie haben uns dafür kritisiert, dass wir VW dafür kritisiert haben, dass es dort Betrügereien gab, meine Damen und Herren. Aber an Ihrer Untergangsrhetorik, die deutschen Automobilhersteller hätten alles, aber auch alles verpennt, werden wir uns nicht beteiligen. Die Automobilwirtschaft in Deutschland hat eine Zukunft - um das in aller Klarheit zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Lassen Sie mich zum Schluss einige persönliche Worte sagen. Ich gehöre dem Niedersächsischen Landtag seit Februar 2003 an. Unabhängig davon, wie die Wahl am kommenden Sonntag ausgeht: In der nächsten Wahlperiode dieses Hauses wird das nicht mehr der Fall sein.

Deshalb will ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich für die Zusammenarbeit bedanken und mich bei denjenigen entschuldigen, die den objektiven oder subjektiven Eindruck gehabt haben, dass ich ihnen auf die Füße getreten habe.

Ich will mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen bedanken. Wir haben in den vergangenen 14 Jahren in aller Regel auf unterschiedlichen Seiten gekämpft. Aber ich finde, das hat der Demokratie in Niedersachsen und der harten Auseinandersetzung in der Sache nicht geschadet, sondern eher genützt. Das gehört zur Demokratie dazu.

(Beifall)