Die Landesregierung hat im August und September zusätzliche Stellen für Schulsozialarbeiter aus Mitteln bereitgestellt, die ursprünglich als Ausgaben für Flüchtlinge vorgesehen waren. Mehrere Tausend Schulen in Niedersachsen haben indes weiterhin keinen Schulsozialarbeiter. Im Erlass „Soziale Arbeit in schulischer Verantwortung“ räumt die Landesregierung die Möglichkeit ein, dass Schulsozialarbeiter auch für Angebote im Ganztag eingesetzt werden können. Das Kultusministerium hat zum Schulstart 2017/2018 angekündigt, die Zahl der Sprachlernklassen von ca. 700 auf ca. 330 mehr als zu halbieren.
2. Wie will die Landesregierung den Lehrerberuf in Niedersachsen vor dem Hintergrund der angekündigten Klagen, der niedrigen Besoldung und der kurzfristigen Abordnungen attraktiver gestalten?
aktuelle Schülerinnen und Schüler und diejenigen, die im Zuge des Familiennachzugs nach Niedersachsen kommen, zu unterrichten?
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Diese Mündliche Anfrage wird beantwortet durch Frau Kultusministerin Heiligenstadt, der ich das Wort erteile.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Antwort auf die Mündliche Anfrage zum heutigen Tagesordnungspunkt trage ich wie folgt vor:
Erst einmal ganz herzlichen Dank, dass wir aufgrund dieser Mündlichen Anfrage heute hier im Plenum die Gelegenheit haben, zur aktuellen Situation der Unterrichtsversorgung und insbesondere zu den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Bildungspolitik in unserem Land nochmals zu berichten. Ich möchte damit auf die positiven Ergebnisse der Regierungsarbeit dieser Landesregierung im Kultusbereich in den vergangenen viereinhalb Jahren eingehen.
Niedersachsen hat einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Hier nenne ich zunächst folgende Schwerpunkte: den Ausbau, die auskömmliche Ausstattung und die solide Finanzierung der Ganztagsschulen, die Ausgestaltung der inklusiven Schule, den Bereich der Sozialarbeit in der Schule und - damit verbunden - die Versorgung der Schulen mit zusätzlichem Assistenzpersonal u. a. für die drei vorgenannten Bereiche.
Konkret wurden in diesem Sommer aufgrund der bekanntermaßen schwierigen Situation auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt 650 Vollzeiteinheiten für die Beschäftigung von nicht lehrendem Personal, z. B. pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Förderschulen und in großem Umfang auch für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler und die Unterstützung der Lehrkräfte an der inklusiven Schule, bereitgestellt.
Explizit möchte ich das Thema Sprachförderung nennen - eine ganz besondere Herausforderung, der wir uns erfolgreich gestellt haben. Hier galt es, aufgrund der in kurzer Zeit in dem uns allen bekannten Ausmaß angestiegenen Zahl der Flüchtlinge die notwendigen Maßnahmen zu planen, abzusichern und zu veranlassen. Auch auf diesem
Gebiet hat die Landesregierung sehr erfolgreich gearbeitet. Vor allem haben die Lehrkräfte und Schulleitungen hervorragend gearbeitet. Sie haben damit Kindern mit Sprachförderbedarf ebenfalls gute Bildungschancen ermöglicht. Einen ganz herzlichen Dank dafür!
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu einem für alle Beteiligten wichtigen Thema kommen, das uns bereits in ganz vielen Facetten beschäftigt hat: die Unterrichtsversorgung - bekanntermaßen ein Synonym für die Stundenzuweisung an Schulen, die sich aus Stunden nach der Stundentafel, aus Zusatzbedarfen und Poolstunden zusammensetzt.
Durch Zusatzbedarfe wie Sprachförderung, Inklusion und Ganztag ist die Stundenzuweisung erheblich gestiegen. Denn - das möchte ich besonders deutlich betonen - moderne Schule ist mehr als Unterricht nach Stundentafel.
So kann beispielsweise landesweit der Pflichtunterricht bereits bei einem Versorgungswert von rund 80 % der Stundenzuweisung sichergestellt werden. Die Zusatzbedarfe, die ich gerade nannte, machen rund 17 % und die sogenannten Poolstunden weitere rund 3 % aus.
Nach derzeitigen Prognosen liegt die so berechnete landesweit durchschnittliche Unterrichtsversorgung der öffentlichen allgemeinbildenden Schulen zum zweiten Schulhalbjahr voraussichtlich bei einem Prognosewert von ungefähr 99,3 %.
Der Wert bleibt damit also knapp unter 100 %. Ich möchte aber ganz deutlich betonen: Die Zahl der im vergangenen Schuljahr je Schülerin und Schüler bereitgestellten Lehreriststunden ist erneut gestiegen. Während im Jahr 2012 noch durchschnittlich 1,601 Lehrkräftestunden pro Schülerin oder Schüler zur Verfügung standen, waren es im Schuljahr 2015/2016 bereits 1,667 Lehrkräftestunden. Das bedeutet, es kommen immer mehr Stunden bei den Schülerinnen und Schüler an, deutlich mehr als in der Vergangenheit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir streben selbstverständlich weiterhin eine 100-prozentige Versorgung an. Daher führen wir aktiv den Aktionsplan zur Lehrkräftegewinnung weiter. Und ja: Dazu gehört auch die Abordnung von Lehrkräften von Schulen, die besser versorgt sind, an
Schulen, deren Ausgangslage strukturell oder schulintern schlechter ist. Als befristete Maßnahme ist das durchaus vertretbar. Denn Tatsache ist natürlich, dass es insbesondere im ländlichen Raum an kleinen Schulen Schwierigkeiten mit der Stellenbesetzung gibt. Wir tun alles, um so viele Lehrkräfte wie möglich einzustellen. Und wie sich in den vergangenen Monaten bereits deutlich gezeigt hat, ist der Aktionsplan zur Lehrkräftegewinnung ein wirksames Mittel. Er wird daher fortgesetzt.
Es bleibt das Ziel der Landesregierung, weiterhin die Versorgung mit Lehrkräften landesweit nachhaltig zu sichern. Wir stehen in diesem Zusammenhang allerdings aktuell vor Herausforderungen, die man nicht vorhersehen konnte und die sich auch im aktuellen Schuljahr auf die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen auswirken.
Auch in Zukunft wird die Landesregierung weiter größte Anstrengungen unternehmen, um gut ausgebildete Lehrkräfte für die niedersächsischen Schulen zu gewinnen. Aber nicht nur in Niedersachsen ist zurzeit auf dem Lehrkräftearbeitsmarkt ein hoher Bedarf an ausgebildeten Lehrkräften festzustellen. Vielmehr zeigt sich dieser zum Teil nicht immer deckbare Bedarf auch in anderen Bundesländern wie beispielsweise Baden-Württemberg oder Sachsen. Dort wird nicht nur auf Zeit abgeordnet, sondern dort werden Lehrkräfte auch ohne ihre Zustimmung versetzt.
Die Erfahrung aus den vergangenen Einstellungsverfahren an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen zeigt, dass ein erhöhtes Einstellungsinteresse der Bewerberinnen und Bewerber für urbane Ballungszentren sowie in der Nähe von lehramtsbildenden Universitäten besteht. Die Schulleitungen und die Niedersächsische Landesschulbehörde stehen vor der schwierigen Aufgabe, geeignete Lehrkräfte zu finden, die ein Stellenangebot insbesondere im ländlichen Raum annehmen möchten.
Zusätzlich zu den genannten Rahmenbedingungen, die für die Schulen aller Schulformen in diesen Regionen gelten, stellt die geringe Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern mit der Lehramtsbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen eine weitere Herausforderung für die Besetzung der Einstellungsmöglichkeiten an diesen Schulformen dar. Daher gelingt es nicht immer, für die zur Verfügung gestellten Einstellungsmöglichkeiten ausgebildete Lehrkräfte für eine Einstellung in den niedersächsischen Schuldienst zu gewinnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ermittlung der rechnerischen Unterrichtsversorgung der allgemeinbildenden Schulen zu einem bestimmten Stichtag im ersten Schulhalbjahr eines jeden Jahres, also der Wert, der so plakativ vonseiten der Fraktionen der CDU und der FDP als Gradmesser für eine erfolgreiche Bildungspolitik herangezogen wird, dient eigentlich als Basis für die kurz-, mittel- und langfristige Ressourcensteuerung. Diese stichtagsbezogene Erhebung bildet eben nicht die tatsächliche Versorgung mit Lehrkräften während des gesamten Schuljahres oder eines Schulhalbjahres ab. Denn bei der Bedarfsberechnung werden neben den Schülerpflichtstunden laut Stundentafel und den Zusatzbedarfen, wie z. B. Ganztagsbetrieb, zwei zusätzliche Stunden - sogenannte Poolstunden - pro Sollklasse in den Schuljahrgängen 5 bis 10 für schulinterne Schwerpunktsetzungen anerkannt. Das bedeutet - dies möchte ich hier nochmals in aller Deutlichkeit feststellen -, dass auch dann, wenn die Unterrichtsversorgung rechnerisch unter 100 % liegen sollte, der an den Schulen laut Stundentafel zu erteilende Pflichtunterricht vollständig gewährleistet werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Übrigen: Es gab nie mehr Stellen für Lehrerinnen und Lehrer in unserem Bundesland. Diese Landesregierung hat seit der Regierungsübernahme in 2013 einen kontinuierlichen Aufwuchs an Lehrkräften eingeplant und im Haushalt hinterlegt. So standen im Jahr 2012 - - -
- Falls der CDU-Fraktionsvorsitzende auch zuhören möchte? Immerhin es ist eine sehr wichtige Zahl, die ich jetzt nenne.
Im Jahr 2012 standen 67 686 Lehrerstellen für die allgemeinbildenden und die berufsbildenden Schulen zu Verfügung. Im aktuellen Haushaltsjahr sind es 71 018 Lehrerstellen.
3 332 Lehrerstellen mehr als noch unter der Vorgängerregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
3 332 Lehrerstellen mehr! Das mag Ihnen nicht gefallen, aber das ist nun einmal das größte Lehrerstellenvolumen in der Geschichte Niedersachsens.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Wa- rum fehlen immer noch Tausende in den Schulen? Wo sind die denn alle? - Christian Grascha [FDP]:Warum fällt denn so viel Unterricht aus?)
Da wir gerade bei Zahlenvergleichen sind: Wir haben im Zeitraum von drei Schuljahren, vom Schuljahr 2013/2014 bis zum Schuljahr 2015/2016, über 14 000 Einstellungen erreicht. Das entspricht im Übrigen einem Zuwachs von rund 4,5 %, was insbesondere vor dem Hintergrund der bundesweit angespannten Situation auf dem Lehrkräftemarkt ein ganz beachtlicher Erfolg ist und was auch deutlich mehr ist, als Ihnen in vier Jahren gelungen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Aber das ist noch nicht alles. Es gibt insgesamt mehr pädagogisches Personal an den Schulen. Mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und insbesondere mit der Inklusion haben sich die Schulen auch für andere Professionen geöffnet.
An den niedersächsischen Schulen arbeiten ca. 2 500 pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hinzu kommen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den verlässlichen Grundschulen.