Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Der Unmut äußert sich inzwischen auf den Straßen. Es muss Sie doch umtreiben, wenn die Lehrerverbände GEW und Philologenverband - gemeinsam ca. 10 000 Personen - gegen Ihre Politik auf der Straße demonstrieren. Dass muss doch mit Blick auf die Politik, die Sie bei den Beamtinnen und Beamten und den Lehrerinnen und Lehrern machen, ein Alarmsignal für Sie sein!

Herr Ministerpräsident Weil, wäre es denn im Hinblick auf die Transparenz, die Sie immer propagieren, nicht ehrlicher gewesen, den Gymnasiallehrern vor der Wahl zu sagen, was Sie vorhaben?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben gemerkt, dass es schwieriger ist, zu regieren, als in der Opposition alles zuzusagen.

Und es gibt noch einen weiteren Wortbruch: Frau Jürgens-Pieper hat damals bekannt gegeben, dass die Altersermäßigung für Lehrer greifen soll. Unser Kultusminister Bernd Althusmann hat angekündigt, diese umsetzen zu wollen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Angekündigt! Er war bemüht!)

Sie haben das wieder in Abgang gestellt.

Ich könnte noch weitere Punkte aufzählen, in denen Sie Transparenz haben vermissen lassen. Bei objektiver Betrachtung muss man feststellen: Die Landesregierung hat ihren Start gründlich vergurkt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch Ihr Haushaltsentwurf 2014 ist ambitionslos, ideenlos und kraftlos.

(Zustimmung bei der CDU)

Erstens. Sie nehmen den Fuß von der Schuldenbremse und finanzieren die Abschaffung der Studienbeiträge auf Pump; denn Sie dehnen die Verschuldung insgesamt aus. Sie haben die Neuverschuldung gegenüber 2013 um 100 Millionen Euro erhöht, und Sie wollen sich bis 2020 durch eine Änderung des Haushaltsgesetzes einen Kreditrahmen geben, in dem Sie 1,2 Milliarden Euro mehr Schulden machen, als es in unserer Finanzplanung vorgesehen ist. Diese Schulden sind unnötig im Hinblick auf die sprudelnden Steuereinnahmen. Das wissen Sie auch. Sie nutzen sie aber für Personalaufstockungen und die Umsetzung von rot-grünen Versprechen. Das ist unverantwortlich mit Blick auf die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese fatalen Entwicklungen knüpfen an den Schuldenminister Aller von damals an. Und Sie genehmigen sich auch erst einmal selbst einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Polizeipräsidenten werden ohne Begründung entlassen,

(Renate Geuter [SPD]: Wie viele Poli- zeipräsidenten hat eigentlich Herr Schünemann entlassen?)

der SPD-Chef Hannover wird Referatsleiter in der Staatskanzlei. Und die Krönung ist: Frau Pörksen soll von B 6 nach B 9, zur Staatssekretärin, befördert werden. Sie kann ihr Glück offenbar selbst nicht fassen; denn als Sie von der Bild-Zeitung nach dem Warum für diese monatliche Gehaltserhöhung von 2 000 Euro gefragt wurde, hat sie gesagt: „Das habe ich mich auch gefragt.“ Herr Ministerpräsident, das fragen sich die Menschen im Lande auch!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das geht einher mit einer massenhaften Schaffung von zusätzlichen Stellen: 114 zusätzliche Stellen in der Staatskanzlei, davon zwei neue Stellen für Staatssekretäre, vier neue B-6-Stellen, zwei B-3Stellen, vier B-2-Stellen, neun A-16-Stellen. Und der Rechnungshof fragt zu Recht nach dem Apparat der Landesbeauftragten für die Umsetzung der Regionalpolitik, der aufgebaut werden soll.

Und ich kann es natürlich, wenn schon der Ministerpräsident so hinlangt, verstehen, dass sich auch andere nicht mehr zurückhalten. Insgesamt werden in den Ministerien 141 neue Stellen geschaffen. Die Ministerialbürokratie wird weit ausgedehnt. An der Spitze steht ausgerechnet der Finanzminister, der eigentlich auf die Kasse aufpassen sollte:

(Zurufe von der CDU: Was?)

222 zusätzliche Stellen im Staatlichen Baumanagement, meine Damen und Herren!

(Zurufe von der CDU: Was?)

Das lässt doch schon befürchten, dass sich das Finanzministerium zukünftig ein Viertel der Baukosten für die Projekte selbst in die Tasche steckt. Das ist unsolide!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ausgerechnet der Finanzminister ist Spitzenreiter beim Personalaufbau. Ich sage Ihnen: Sie sind kein großer und auch kein kleiner Möllring, Herr Minister! Nein, Sie sind ein Vortäuscher! Sie haben nicht die Kraft, die Dinge durchzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn man Aufgabenkritik und Haushaltskonsolidierung ernst nehmen will, dann muss man die Treppe von oben fegen. Das haben wir all die Jahre getan, und das sollte auch so weitergehen. Haben Sie den Mut, das entsprechend fortzusetzen, und stellen Sie nicht überall zusätzliches Personal ein.

Deswegen steht diese Politik beim Personal im krassen Gegensatz, im krassen Konflikt zu dem, was wir mit unseren Konsolidierungsbemühungen in unserer Regierungszeit gemacht haben. Über die ZV II haben wir 6 700 Stellen in der Landesverwaltung abgebaut, um in Bildung, Polizei und Sicherheit zu investieren. Das war kluge Politik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit komme ich zu Ihrer angeblichen Bildungsoffensive, die meines Erachtens nicht mehr ist als ein laues Lüftchen. Bis zum Jahr 2017 wollen Sie ganze 5 000 zusätzliche Krippenplätze schaffen. Wir haben in der Zeit von 2008 bis 2013 45 000 neue Plätze in Krippen geschaffen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Wer hat die finanziert? - Helge Limburg [GRÜNE]: Wer hat die bezahlt? Der Bund?)

Sie wollen 105 Millionen Euro zusätzlich im Bildungsetat veranschlagen, was ja löblich ist. Sie reden von einer Bildungsoffensive. In dem Zeitraum von 2003 bis 2013, in zehn Jahren, haben wir den Bildungsetat von 3,75 Milliarden Euro auf 5,1 Milliarden Euro gesteigert. Wenn etwas eine Offensive war, dann war das eine Bildungsoffensive, nicht das, was Sie machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Ganze tragen Sie auf dem Rücken der Gymnasiallehrer aus. Jetzt kommt die Krönung: Sie haben bei der Pressekonferenz gesagt, die Stärkung der frühkindlichen Bildung sei Ihnen besonders wichtig. Dabei kommt nun der Finanzminister mit seiner Aktion Klingelbeutel im Hinblick auf die Abschaffung der Studienbeiträge ins Spiel. Dann gehen Sie im Haushalt hin - ich nenne nur ein Beispiel - und nehmen 6,5 Millionen Euro aus dem Etat der Grundschulen heraus und stecken sie in die Finanzierung der Abschaffung der Studienbeiträge.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU: Was? Unfass- bar!)

Das ist linke Tasche, rechte Tasche. Ich sage Ihnen, Herr Minister, das sind bildungspolitische Taschenspielertricks.

(Johanne Modder [SPD]: Er kann nicht einmal den Haushalt lesen! Das ist schlimm!)

Diese Aktion, die Sie dort gemacht haben, hat den unrühmlichen Namen Klingelbeutel wirklich verdient, den Sie ihr gegeben haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich komme zu den niedersächsischen Kommunen, von denen Sie eben gesagt haben, diese seien mit Ihnen sehr zufrieden. Ich sehe das völlig anders. Den Kommunen geht es schlecht wie nie zuvor, haben Sie vor der Wahl stets erklärt. Als Sie ein paar Tage im Amt waren, haben Sie auf der 73. Landkreisversammlung - also keine zwei Monate nach der Regierungsübernahme - ausgeführt: „Ich freue mich, dass sich in 2012 die Kreisfinanzen positiv entwickelt haben. Ehrlich gesagt, den Landkreisen geht es finanziell wesentlich besser als dem Land.“

Vor der Wahl alles schlechtreden, anschließend sagen, denen geht es gut. - Die merken auch, wie Sie mit ihnen umgehen, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kein Wunder, dass, wenn die kommunalfeindlichen Dinge im Haushalt dargestellt werden, die Kommunen Ihren Haushalt nach kommunalfeindlichen Entscheidungen durchforsten. Sie kürzen den kommunalen Straßenbau für den Zeitraum bis 2017 um 62 Millionen Euro. Das bedeutet gegenüber 2013 eine Reduzierung um ein Drittel - ein völlig falsches Signal für den ländlichen Raum.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben stets davon gesprochen, dass der kommunale Finanzausgleich unterfinanziert sei, dass er aufgestockt werden müsse. Fehlanzeige! Sie haben durch das Haushaltsbegleitgesetz über Nacht klammheimlich, ohne Diskussion, ohne Transparenz, ohne Unterlegung durch Gutachten 65 Millionen Euro zwischen den kommunalen Einheiten verschoben. In der HAZ vom 24. September 2013 konnten wir lesen: „Landkreistag empört über Finanzpläne“. Die Neue Presse titelte am selben Tag: „Krach um Geld - Landkreise attackieren RotGrün“.

Ihre eigenen Leute begehren auf, Herr Ministerpräsident, gegen die Politik, die Sie auf diesem Gebiet machen. Führen Sie den Dialog mit den Kommunen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD - Zuruf von den GRÜNEN: Das sind Ihre Zahlen!)

Dann steht in Ihrem Koalitionsvertrag: „Die Kosten für soziale Aufgaben der Kommunen sind in den vergangenen Jahren vor allem durch Entscheidungen des Bundes deutlich gestiegen. Die rot-grüne Koalition wird sich dafür einsetzen, dass der Bund wieder einen höheren Anteil an den sozialen Kosten der Kommunen trägt.“

Das waren Ihre Ankündigungen. Was machen Sie? - Sie behalten die 107 Millionen Euro aus der Grundsicherung flugs ein. Sie haben schnell einen Beschluss gefasst, dass diese Mittel beim Land verbleiben. Das, was Sie im Koalitionsvertrag dazu geschrieben haben, gilt nicht mehr.

Wenn bei den Ausgaben nicht gekleckert, sondern geklotzt wird, ist Agrarminister Meyer natürlich dabei.

(Zurufe von der CDU: Was?)