Protokoll der Sitzung vom 26.09.2013

(Christian Dürr [FDP] - zur SPD und zu den GRÜNEN -: Wolltet ihr eine di- rekte Abstimmung haben? - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Nein, ihr!)

- Es wurde keine Ausschussüberweisung beantragt. Daher kommen wir zur direkten Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 17/572 der CDU-Fraktion.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 21: Abschließende Beratung: Die richtigen Konsequenzen aus Lebens- und Futtermittelskandalen ziehen - Staatliche Kontrollen verbessern - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/172 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/585 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/603

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und gebe für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Staudte das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben vor Längerem das erste Mal über diesen Antrag beraten. Ich möchte noch einmal an die Anfänge erinnern: Es gab die Regierungsübernahme und gleich eine Fülle von Skandalen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und der Sicherheit von Futtermitteln. Ich erinnere an das Pferdefleisch in der Lasagne, an die Überbelegung bei den Legehennen und an die Aflatoxine im Futtermais aus Serbien. Die Landesregierung hat - dafür möchte ich ihr an dieser Stelle noch einmal danken - damals wirklich sehr beherzt eingegriffen. Das Krisenmanagement des Agrarministeriums war hervorragend.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich denke, das kann man an dieser Stelle sagen. Über das Thema Amtsführung haben wir uns heute ja schon einmal unterhalten.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Wir als Regierungsfraktionen von SPD und Grünen haben uns natürlich auch entschlossen, mittelfristig an die Ursachen heranzugehen, und haben daher einen Antrag unter dem Titel „Die richtigen Konsequenzen aus Lebens- und Futtermittelskandalen ziehen - Staatliche Kontrollen verbessern“ eingebracht, in dem wir verschiedene Maßnahmen und Zielsetzungen formulieren.

An erster Stelle steht hierbei sicherlich die Aufstockung der Zahl der Kontrolleure im LAVES. In einem ersten Schritt ist hier an 67 Stellen gedacht.

Auch schlagen wir vor - hierbei gehen wir mit der Landesregierung konform -, diese zusätzlichen Stellen über Gebühren zu refinanzieren. Das ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt. Derzeit ist die Kontrolldichte sehr gering. Diejenigen, die sich an Recht und Gesetz halten, werden benachteiligt, weil diejenigen, die mit hoher krimineller Energie betrügerisch vorgehen, sehr oft ungeschoren davonkommen.

Da die Kommunen zu den Kontrollen einen wichtigen Beitrag leisten, wollen wir ferner die Zusammenarbeit zwischen der kommunalen Ebene und der Landesebene verbessern. Hierzu wollen wir in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenver

bänden eine Arbeitsgruppe einrichten, um zu sinnvollen Maßnahmen zu kommen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Stärkung der Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Lebensmittelstrafsachen arbeitet sehr gut. In diesem Zusammenhang geht es auch darum, wie man die Zusammenarbeit mit der Polizei verbessern kann. Darüber hinaus wollen wir, dass der Bund die Sanktionsmöglichkeiten deutlich verbessert und einen Haftungsfonds für betroffene Landwirte einrichtet.

Alle diese Zielsetzungen sollen im Dialog mit den Betroffenen umgesetzt werden. Dazu erteilen wir der Landesregierung den Auftrag und unterstützen sie in dem, was bisher schon geschehen ist. Im Unterausschuss „Verbraucherschutz“ haben wir darüber debattiert, ob wir hierzu eine Expertenanhörung brauchen. Wir haben aber schon damals deutlich gemacht, dass wir hier nur Ziele formulieren und dass die konkreten Maßnahmen dann von der Landesregierung mit Experten erörtert und beschlossen werden.

Des Weiteren war immer etwas unklar, wie sich FDP und CDU zu diesem Antrag verhalten würden. Gestern ging dazu nun ein Änderungsantrag der CDU ein. Ich muss Sie leider schon jetzt enttäuschen, dass wir diesem Änderungsantrag nicht zustimmen können.

Das liegt zum einen an inhaltlichen Fehlern. So schreiben Sie z. B., dass die Kennzeichnung von Eiern nicht der Haltungsform entsprochen habe. Tatsächlich ging es in dem betreffenden Fall aber um eine Überbelegung.

Dann aber lassen Sie mit dem Änderungsantrag doch noch die Maske fallen, nämlich wenn Sie von Aktionismus und von der Aufblähung eines ineffizienten Kontrollapparats sprechen. Das zeigt, dass Sie an dem Kontrollsystem nichts verbessern wollen. Das aber können wir nicht akzeptieren. Diejenigen, die sich ehrlich verhalten, sollen dafür endlich auch belohnt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Als nächster Redner hat sich Christian Calderone, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort, Herr Calderone.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen fehlt das Vertrauen in die Menschen in Niedersachsen. Das ist bei der CDU ganz anders.

(Beifall bei der CDU)

Wir trauen den Niedersachsen etwas zu. Das gilt gegenüber den Akteuren in der Lebensmittelindustrie.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Ich weiß nicht, ob die Verbraucher das ebenso sehen!)

Das gilt gegenüber den Landwirten. Das gilt gegenüber den Futtermittelherstellern. Das gilt gegenüber der lebensmittelverarbeitenden Industrie. Das gilt gegenüber dem Verbraucher und auch gegenüber den Lebensmittelkontrollbehörden.

Wir haben aktuell in Niedersachsen ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit, weil es im Interesse der Produzenten wie der Verbraucher ist und weil das System aus amtlicher und eigenbetrieblicher Überwachung wirksam ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Die in der Öffentlichkeit wahrgenommenen und im Antrag von Rot-Grün dargestellten Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht sind durchaus als schwerwiegend zu bezeichnen. Dennoch wird auch durch die mediale Aufbereitung beim Verbraucher hinsichtlich der Dimension dieser Skandale ein Zerrbild geschaffen. Und Sie, Frau Staudte, haben dieses Zerrbild eben noch einmal bestätigt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Trotz der sogenannten Skandale der letzten Jahre ist die Lebensmittelsicherheit in Deutschland und in Niedersachsen auf höchstem Niveau. Ich zitiere wiederum den Präsidenten des Bundesinstituts für Risikobewertung, Professor Andreas Hensel, der am 15. Mai dieses Jahres in der Nordwest-Zeitung gesagt hat: Lebensmittel in Deutschland waren noch nie so sicher wie heute.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist auch einem funktionierendem System der Eigenkontrolle - die im Übrigen den AflatoxinSkandal aufgedeckt hat -

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Aber erst, nachdem es in der Milch war, nicht schon vorher in den Futtermitteln!)

und dem Wirken der zuständigen Veterinärbehörden zu verdanken. Insofern ist das Überwachungssystem wirksam und erfolgreich. Es bedarf keiner grundlegenden strukturellen Veränderung.

Zum Antrag von Rot-Grün im Einzelnen:

Erstens. Die CDU traut den Kommunen die öffentliche veterinäramtliche Überwachung zu. Sie führen wirksame Kontrollen durch. Insofern lehnen wir eine einseitige und nur auf den Ausbau von Personal abzielende Stärkung des LAVES ab und fordern vielmehr unter Nr. 1 unseres Änderungsantrags eine personelle und materielle Stärkung der Veterinärämter der Kommunen,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sollen die Kommunen selbst bezahlen?)

zumal aus dem Haushaltsentwurf ersichtlich ist, dass zwar die Zahl der Beschäftigten beim LAVES, aber nicht die Anzahl der Futtermittelkontrollen maßgeblich erhöht werden soll. Das passt doch irgendwie nicht zusammen, wenn am Ende - so scheint es - die Kommunen doch die Arbeit machen müssen.

Die Überwachungsteams auf kommunaler Ebene sind ihrer Aufgabe gewachsen. Eine Entkommunalisierung für das Segment der überregional bedeutsamen Betriebe würde zu Doppelstrukturen führen. Das führt aber nur zu höheren Kosten und zu Effizienzverlusten; denn eine höhere Kontrolldichte führt eben nicht linear zu mehr Lebensmittelsicherheit. Deswegen lehnen wir Doppelstrukturen unter der Nr. 4 unseres Änderungsantrages ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Dass mehr Kontrollen, wie von Rot-Grün gewollt, zu mehr Kosten führen, liegt auf der Hand. Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, in vielen Bereichen bei der Steuerfinanzierung der amtlichen Tätigkeiten zu bleiben. Insofern lehnen wir auch eine Deckung der anfallenden Kosten über Gebühren ab, wie es im Antrag von Rot-Grün formuliert ist. Vielmehr sehen wir in der Lebensmittelüberwachung amtliche Aufgaben, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen und damit eben steuerfinanziert bleiben müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Die CDU ist für eine weitere konsequente Verbesserung des Verbraucherschutzes und damit für eine Weiterentwicklung des Systems der Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle, wie wir es unter Nr. 2 unseres Änderungsantrags formuliert haben.

Dazu ist aber die Vor-Ort-Präsenz des Kontrollpersonals erforderlich, und das kann eine Landesbehörde eben nicht leisten. Vielmehr haben sich die Landkreise und kreisfreien Städte als Größeneinheiten in dieser Frage bewährt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieser subsidiäre Grundsatz wird im Übrigen gerade der Fläche unseres Landes gerecht. In der Fläche findet schließlich die Lebensmittelproduktion statt, nicht in Hannover und auch nicht in Oldenburg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)