Protokoll der Sitzung vom 31.10.2013

Aber natürlich ist Klimaschutz mittel- und langfristig für die Vorsorge unabdingbar. Beides gehört zusammen, keines darf man vernachlässigen.

Insofern, denke ich, muss man auch ernst nehmen, was in dem IPCC-Bericht steht, der von 195 Regierungen Wort für Wort abgestimmt wurde. Darin steht ziemlich deutlich, dass es mit sehr,

sehr großer Wahrscheinlichkeit einen Beleg gibt, dass die Effekte, die wir feststellen, von Menschen gemacht sind.

Am Ende enthält der Bericht, in dem vier mögliche Zukunftsszenarien aufgezeigt werden, zwei Kernbotschaften. Die eine ist extremer als die, die wir bisher kannten.

(Glocke der Präsidentin)

Die andere ist: Wenn wir uns zusammentun und uns europäisch bzw. global verständigen, dann können wir gemeinsam sogar noch das 2-GradSzenario erreichen.

Die Entscheidung liegt vor uns. Wir können uns so oder so entscheiden. Aber die Diskussionen über einen angeblich verzögerten Anstieg der Erderwärmung sind vor diesem Hintergrund irreführend und falsch.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das haben Sie doch selber gesagt, Herr Minister! Das denke ich mir doch nicht aus!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie Fieber messen, dann dürfen Sie nicht nur an der Hautoberfläche messen; Sie müssen auch rektal messen. Wenn Sie sich z. B. die Entwicklung der Temperaturen in den oberen 2 000 m der Meere angucken, werden Sie feststellen, dass es dort einen Temperaturanstieg gibt und dass 90 % des Temperaturanstiegs auf die Speicherung der Wärme in den Meeren zurückzuführen sind.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Fakt ist: Die erste Dekade des 21. Jahrhunderts war die wärmste seit Beginn der Temperaturmessungen. Jede der letzten drei Dekaden war wärmer als alle Dekaden seit 1850. Und der CO2-Wert in der Atmosphäre ist der höchste seit 800 000 Jahren.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wie ist denn der Temperaturanstieg, Herr Minis- ter?)

Meine Damen und Herren, uns ist auch klar - deshalb haben wir das in den letzten Wochen und Monaten sehr deutlich gemacht -, dass wir am Ende nur dann die Themen Klimaschutz und Energiewende erfolgreich bewältigen werden, wenn wir unsere europäischen Partner mitnehmen und auch global ein gemeinsames, übereinstimmendes Vorgehen erreichen können,

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Die zeigen uns einen Vogel! Die bauen unsere Kohlekraftwerke wieder auf!)

wenn wir parteiübergreifend und legislaturperiodenübergreifend eine Verständigung über die Eckpfeiler der Energiewende erzielen, wenn wir Planungssicherheit und Verlässlichkeit für unsere Unternehmen schaffen, wenn wir die Voraussetzungen schaffen, damit das, was wir an Knowhow, Technik und Forschung in diesem Bereich in den letzten Jahren erarbeitet haben - auch mit Blick auf Exportprodukte -, genutzt werden kann.

Es ist z. B. für unser Land Niedersachsen von entscheidender Bedeutung, ob es gelingt, im Rahmen der Arbeit der neuen Bundesregierung, aber auch der Zusammenarbeit im Bundesrat, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen. Ich möchte nicht, dass all die Investitionen, die im Offshorebereich an der Küste getätigt wurden, am Ende durch Insolvenzen oder Konkurs gefährdet werden. Jeder hier im Parlament muss sich fragen lassen, was er dafür getan hat, dass diese Arbeitsplätze erhalten werden, dass das Know-how, dass Forschung und Entwicklung, dass die Arbeit von Fachkräften wirklich Früchte tragen können.

Die FDP allerdings, Herr Dr. Hocker, steht dafür, diese Entwicklung abzubrechen. Das kann man nur feststellen, wenn man sich anguckt, was sie in den letzten Jahren gemacht hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Deshalb wäre dann der Verlust dieser Arbeitsplätze am Ende auch auf das Chaos zurückzuführen, das die alte Bundesregierung mitzuverantworten hat. Denn sie hat z. B. anderthalb bis zwei Jahre lang nur zugeguckt, sodass der Emissionshandel - eines der wichtigsten Instrumente beim Klimaschutz insgesamt - schlicht und einfach nicht mehr reformiert wurde, es zu einem Preisverfall kam und er im Grunde seine Steuerungswirkung verloren hat. Der Grund war das, was man in Brüssel „German Vote“ nennt:

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Es gibt auch German Angst, Herr Minister!)

Wenn sich Bundesumweltminister und Bundeswirtschaftsminister nicht einigen können, dann enthalten Sie sich in Brüssel, dann hat Deutschland keine Stimme. Das war in den letzten anderthalb bis zwei Jahren leider der Fall, Herr Dr. Hocker.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Deswegen hoffe ich, dass die Bundesregierung und der Bundesrat das angehen werden, um eine vernünftige Lösung zu finden.

Auch Reformen in anderen Bereichen haben Sie schleifen lassen. Natürlich ist das EEG reformbedürftig; das ist doch gar keine Frage.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das hat ja lange gedauert! - Christian Dürr [FDP]: Dafür haben Sie zehn Jahre gebraucht, um das einzusehen!)

Aber wir dürfen doch nicht warten, bis uns der EUWettbewerbskommissar Almunia mit einem Vertragsverletzungsverfahren überzieht. Dann müssten die Unternehmen nachher Rückstellungen in der Bilanz ausweisen. Hier sehen wir auch das Reformversagen der letzten Bundesregierung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Deswegen hoffe ich, dass es jetzt endlich gelingt, hier voranzugehen. Dazu gehört auch eine konsistente Politik auf Landesebene.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich freue mich über den vorliegenden Antrag und die Forderungen, die darin verankert sind. Wir werden natürlich auch alle notwendigen und richtigen Beteiligungsverfahren durchführen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Viel Spaß auf dem Parteitag in Celle! Ich freue mich schon auf die grüne Basis!)

Wir werden, Herr Miesner, die Ergebnisse der Klimaschutzkommission zu einem zentralen Bestandteil unserer künftigen Arbeit machen. In dem Bericht stehen ganz viele richtige Dinge, die aber leider in der vergangenen Legislaturperiode nicht umgesetzt worden sind. Und jetzt stelle ich wieder fest, dass einige Dinge, die darin stehen, von Ihnen schon wieder bekämpft werden. Wir werden die Sache sehr ernsthaft angehen und vernünftige Beteiligungsverfahren durchführen. Wir haben mit der „Kleinen Energierunde“ gezeigt, dass wir bereit sind, auch in sehr heterogenen Zusammensetzungen nach Lösungen zu suchen, die gemeinsam getragen werden. Das ist meines Erachtens bei diesem Thema der richtige Weg für die Zukunft.

Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Gero Hocker [FDP]: Haben Sie endlich gelernt, dass wir Kohle- kraftwerke brauchen?)

Vielen Dank, Herr Minister Wenzel.

Wir sind am Ende der Beratung und kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung: Zukunft der Binnenwasserstraßen auch in Niedersachsen sichern! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/822

Zur Einbringung erteile ich Frau Eilers, FDP-Fraktion, das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! „Navigare necesse est“. Was für die Römer galt, das gilt auch noch heute. Denn wir wissen: Jede wirtschaftliche Entwicklung ist abhängig von der Lebensader Wasser und der ungehinderten Nutzung der Wasserstraßen. Schifffahrt tut Not. Das gilt für Europa, und das gilt in besonderer Weise für das Transitland Niedersachsen. Unsere Flüsse und Kanäle verfügen über erhebliche freie Kapazitäten, um mehr Güter zu befördern und der Überlastung von Straßen und Schienen etwas entgegenzusetzen.

(Unruhe)

Moment bitte, Frau Eilers, hier ist es zu laut. - Ich darf die Kolleginnen und Kollegen, die der Debatte nicht folgen wollen, bitten, den Plenarsaal zu verlassen. Ansonsten hat Frau Eilers unsere ungeteilte Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. - Die herkömmliche Binnenschifffahrt wirkt manchmal antiquiert. Denn sie ist relativ behäbig und funktioniert im Gegensatz zu anderen

Verkehrsträgern recht lautlos. Obwohl sie effiziente Ergebnisse bringt - mit vergleichsweise geringem CO2-Ausstoß - und eine gute Ökobilanz aufweisen kann, ist sie zu wenig im Fokus der Förderung und somit ein Stiefkind der Verkehrsentwicklung.

Man muss schon genauer hinschauen, um zu verstehen, dass sich gerade in jüngster Zeit auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung Innovatives getan hat, und zwar nicht nur in Bezug auf Schiffskörper für Tankschiffe, Spezialschiffe oder Antriebsformen, sondern auch im Bereich Logistik und Umschlag. Dabei ist zu beobachten, dass bei Neubauten neben den Großmotorschiffen die Attraktivität der kleinen Tonnenmaße zunimmt.

Aus Sicht der EU-Kommission birgt die Binnenschifffahrt erhebliche Potenziale für die Verbesserung des europäischen Verkehrssystems. Deswegen gibt sie durch ein neues Förderprogramm, NAIADES II, Impulse für eine Ertüchtigung des europäischen Netzes.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Angestrebt sind langfristige Strukturanpassungen für die Binnenschifffahrt, aber auch kurzfristige Maßnahmen, um die schwierige Wirtschaftslage des Sektors, für den sich sehr viele Menschen interessieren und begeistern - man merkt das an dieser Stelle - zu verbessern.

Mit der Umsetzung des Programms sollen bis 2020 im Wesentlichen folgende vier Ziele erreicht werden: erstens die Verbesserung der Infrastruktur, zweitens die Förderung der Integration der Binnenschifffahrt in die Logistikkette, drittens eine Umstrukturierung des Sektors im Hinblick auf Ausbildung und Arbeitsplätze, viertens die Steigerung der Umweltfreundlichkeit und die Förderung von Innovationen, das alles verbunden mit einem neuen Lenkungskonzept in Bezug auf Rechtsrahmen und auf Zuständigkeiten.

Die Politik ist sich einig, dass wir Verantwortung dafür tragen, für alle Verkehrsträger gleichberechtigte Rahmenbedingungen zu schaffen, um ausgefeilte, zukunftsfähige Logistiksysteme zu entwickeln. Dies betrifft die entsprechenden Kernnetze für leistungsfähige, grenzübergreifende Güterverkehre, aber auch durchgängige Ergänzungsnetze. Mehr noch: Wir haben die übereinstimmende Auffassung, dass die Verkehrsströme angesichts der geforderten Entlastung der Straßen künftig auch verstärkt auf das Wasser zu lenken sind.