Protokoll der Sitzung vom 10.12.2013

IV

Beginn der Sitzung: 13.33 Uhr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 22. Sitzung im 10. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 17. Wahlperiode. Gemeinsam mit dem Präsidium sage ich: Guten Tag!

(Zurufe: Guten Tag, Herr Präsident!)

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen des Präsidenten

Ich darf im Einvernehmen mit der Schriftführerin und dem Schriftführer die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Meine Damen und Herren, ich darf dann darum bitten, dass Sie sich von den Plätzen erheben.

Am vergangenen Donnerstag ist Nelson Mandela im Alter von 95 Jahren gestorben. Damit endet eine Epoche. Fast parallel zum Fall des Eisernen Vorhangs in Europa wurde in Südafrika zwischen 1989 und 1994 die Apartheid überwunden. Wie in Mittel- und Osteuropa ging damals am Kap der Guten Hoffnung ein System der Unterdrückung und der Unfreiheit unter. Hier wie dort geschah das nicht in blutigen Kämpfen, sondern im Zusammenspiel von entschlossenem Widerstand, Vernunft und Einsicht. Dafür stand in besonderem Maße Nelson Mandela. Das macht ihn zu einer historischen Gestalt, die noch vielen Generationen auf der ganzen Welt Vorbild sein wird.

Heute findet in Johannesburg die offizielle Trauerfeier statt. Schon die Fernsehbilder der letzten Tage haben gezeigt: Schwarze und weiße Südafrikaner trauern gemeinsam. - Die unumstrittene Autorität Mandelas war die Voraussetzung, ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Ethnien in Südafrika möglich zu machen. Das ist eine Leistung von wirklicher historischer Größe.

Die Bundesrepublik Deutschland wird bei den Trauerfeierlichkeiten durch den Bundespräsidenten vertreten. Auch Niedersachsen gedenkt an diesem Tag der Persönlichkeit Mandelas. Darauf verweist die Trauerbeflaggung am Landtagsgebäude und an den obersten Landesbehörden.

Unser Land hat zu Südafrika eine besondere Beziehung, seit es 1995 eine Partnerschaft mit der Provinz Ostkap unterhält. Dort liegt der kleine Ort

Mvezo, wo Nelson Mandela am 18. Juli 1918 als Angehöriger des traditionellen Königshauses der Thembu geboren wurde.

Als Niedersächsischer Landtag gedenken wir Nelson Mandelas als einen Staatsmann, der sein Land in eine freiheitliche, parlamentarische und föderale Demokratie überführt hat. Der Erfolg seiner Versöhnungspolitik ist auch ein Erfolg des Parlamentarismus.

Meine Damen und Herren, am 7. November 2013 verstarb der ehemalige Abgeordnete Dr. FriedrichTheodor Hruška im Alter von 83 Jahren. Dr. Friedrich-Theodor Hruška gehörte dem Niedersächsischen Landtag als Mitglied der FDP-Fraktion von 1974 bis 1978 und von 1982 bis 1994 an.

Während dieser Zeit war er Mitglied in zahlreichen Ausschüssen. Hervorzuheben sind der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, der Ausschuss für Umweltfragen, der Ausschuss für Sozial- und Gesundheitsfragen, der Geschäftsordnungsausschuss und der Sonderausschuss „Niedersächsische Verfassung“.

Von 1974 bis 1978 wirkte er darüber hinaus als Schriftführer im Präsidium dieses Hauses mit. Darüber hinaus war er während seiner parlamentarischen Tätigkeit 1978, 1982 bis 1986 und 1990 bis 1994 auch stellvertretender Vorsitzender der FDPFraktion.

Dr. Friedrich-Theodor Hruška wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Wir werden den Kollegen in guter Erinnerung behalten und widmen ihm und Nelson Mandela ein stilles Gedenken. - Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Geburtstag hat heute die Abgeordnete Editha Lorberg. Wir gratulieren im Namen des gesamten Hauses ganz herzlich dazu.

(Beifall)

Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor. Für die für morgen früh vorgesehene Aktuelle Stunde sind vier Themen benannt worden. Es liegen im Übrigen zwei Dringliche Anfragen vor, die Donnerstag ab 9.10 Uhr beantwortet werden.

Im Mittelpunkt unseres Tagungsabschnittes steht die Beratung des Haushalts für das Jahr 2014. Morgen Vormittag wird zunächst der Vorsitzende

des Ausschusses für Haushalt und Finanzen einen zusammenfassenden Bericht über die Ausschussberatungen zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsbegleitgesetz geben.

Zu der abschließenden Beratung dieser beiden Gesetzentwürfe und der darin einbezogenen Anträge weise ich darauf hin, dass hierzu nach unserem üblichen Verfahren in den Haushaltsberatungen sämtliche Abstimmungen für Freitagvormittag vorgesehen sind. Die Debatte über ausgewählte Haushaltsschwerpunkte ist - wie üblich - in Blöcke gegliedert.

Auf der Grundlage der im Ältestenrat für die Beratung einzelner Punkte vereinbarten Redezeiten und des im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssels haben die Fraktionen die ihnen jeweils zustehenden Zeitkontingente so verteilt, wie Sie das aus der Ihnen vorgelegten Übersicht ersehen können.

Ich gehe davon aus, dass das Haus mit dem vorgeschlagenen Ablauf und den Redezeiten einverstanden ist. - Ich sehe und vernehme keinen Widerspruch. Wir werden demnach wie dargestellt vorgehen.

Wir haben in den vor uns liegenden Tagen insgesamt ein - das darf man wohl sagen - umfangreiches Programm zu erledigen. Ich appelliere an Sie, die Debatte trotz aller unterschiedlichen Meinungen fair und diszipliniert zu führen.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.10 Uhr enden.

Meine Damen und Herren, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen an allen öffentlichen Veranstaltungen und Sitzungen ist ganz wesentlich für eine inklusive Gesellschaft. Menschen mit Beeinträchtigungen sollen daher die Möglichkeit haben, die Plenarsitzungen des Landtages mithilfe von Schrift- und Gebärdendolmetschern inhaltlich vollständig und barrierefrei zu verfolgen und auf diese Weise am politischen Geschehen teilzunehmen. Wir erproben daher ab heute für zunächst drei Monate einen neuen, barrierefreien Livestream der Plenarsitzungen.

Neben dem vom NDR produzierten Stream wird ein zusätzlicher Webplayer im Internetauftritt des Landtages unter http://www.landtag-niedersachsen.de/videouebertragungen/ zur Verfügung gestellt, der es interessierten Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, die Plenarsitzungen live unter Einbeziehung von Schrift- und Gebärdendolmetschern zu verfolgen.

Durch individuelle Einstellungen wie Schriftgröße, Kontrast, Lautstärke etc. am Endgerät können Nutzerinnen und Nutzer die Übertragung des Streams an ihre Bedürfnisse anpassen. Damit ist es Menschen mit Beeinträchtigungen möglich, Plenarsitzungen barrierefrei mitzuverfolgen.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise auf folgende Veranstaltung hin: In der unteren Wandelhalle ist die Präsentation „Erwerbstätigkeit im 21. Jahrhundert“ zu sehen, die der Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen konzipiert hat. Die Veranstalter freuen sich über Ihr Interesse.

Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der Oberschule I aus Nordenham mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat der Abgeordnete Björn Thümler dankenswerterweise übernommen.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich weise außerdem darauf hin, dass das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ wieder mit Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten im Laufe der kommenden Tage Sendungen erstellen wird. Die einzelnen Sendungen stehen unmittelbar nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Multi-Media Berufsbildende Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit. Sie sollen auch über den Regionalsender LeineHertz 106einhalb gesendet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die mir zugegangene Entschuldigung teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Twesten mit.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigt hat sich für die heutige Sitzung von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Julia Willie Hamburg.

Meine Damen und Herren, bevor wir in die weitere Tagesordnung eintreten - es wäre Tagesordnungspunkt 2 an der Reihe -, liegt mir eine Wortmeldung des Abgeordneten Jens Nacke zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung vor. Herr Nacke, Sie wissen, was der Paragraf fordert. Sie haben das Wort.

„Es stellt sich also die Frage: Warum tun sich insbesondere SPD und Grüne in diesem Hause dann so schwer mit diesen Fragen?“

- Es ging in der Debatte um den Verfassungsschutz. -

„Der Grund ist relativ einfach: Im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien trennt die linken Parteien an ihrem linken Rand eben keine saubere Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit. Das ist Ihr Kernproblem.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle einräumen, dass diese Formulierung Anlass zu Missverständnissen geben kann. Es gab daher eine berechtigte Intervention von Herrn Kollegen Watermann. Ich habe mich daraufhin ausweislich des Protokolls, Seite 1 765, noch einmal eingelassen und gesagt:

„Ich habe nicht die Partei der SPD, nicht einmal die der Grünen, an den Rand der Verfassungswidrigkeit gesetzt, sondern ich habe gesagt: Sie ziehen an diesem Rand keine saubere Grenze.“

Ich bin davon ausgegangen, dass damit meine Position deutlich geworden ist.

Allerdings hat Frau Kollegin Modder mit einem Brief vom 1. November deutlich gemacht, dass seitens der SPD hier nach wie vor die Auffassung vertreten wird, ich hätte die Fraktion und auch die Partei der SPD in die Nähe der Verfassungsfeindlichkeit gerückt.

Ich möchte deswegen heute zu Beginn dieses Plenarabschnitts die Gelegenheit nehmen, meine Aussage richtigzustellen. Ich möchte klarstellen, dass ich keiner Fraktion im Niedersächsischen Landtag und natürlich auch keiner der dahinter stehenden Parteien unterstelle, in ihren Reihen verfassungsfeindliche Tendenzen zuzulassen oder gar verfassungsfeindlich zu sein. Das wäre absurd, und das sollte von mir auch nicht zum Ausdruck gebracht werden.

Ich bin im Übrigen der Auffassung, dass hier keine Partei vor einer anderen einen Vorsprung hat. Verfassungstreue ergibt sich nicht aus der Ge

schichte oder aus vergangenen Leistungen. Der Respekt vor den Grundrechten und die Treue zur Verfassung müssen an jedem einzelnen Tag gelebt und erbracht werden.

Daran mache ich auch eine Verfassungsfeindlichkeit fest. Wenn Parteien oder Organisationen oder deren Mitglieder die Grundwerte unserer Verfassung nicht achten, die Würde des Menschen nicht respektieren, die Gleichheit von Mann und Frau nicht akzeptieren, die Freiheit des Menschen und sein Recht auf körperliche Unversehrtheit mit Füßen treten oder die Freiheit des Glaubens, die Freiheit des Wortes, die Freiheit der Kunst oder das Recht auf Eigentum aus prinzipiellen Erwägungen nicht akzeptieren, dann sind sie verfassungsfeindlich. Nach meiner festen Überzeugung ist es die Aufgabe der Fraktionen in diesem Landtag und unserer Parteien, sich von diesen Organisationen abzugrenzen. Für mich gibt es keine Verfassungsfeinde mit guten Zielen oder Verfassungsfeinde mit schlechten Zielen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)