Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir haben nicht nur die Aufgabe, gesunde Finanzen zu hinterlassen, sondern auch die Aufgabe, das Vermögen des Landes zu wahren, meine Damen und Herren.

(Zuruf: Parteibuchwirtschaft!)

- Wissen Sie, auf der einen Seite lehnen Sie alles ab, und auf der anderen Seite sind Sie jetzt schon vor Ort unterwegs und sagen, was Sie alles daraus bezahlen wollen. Sie müssen sich selbst mal darüber klar werden, was Sie wollen!

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir wissen natürlich, dass wesentlich höhere Investitionen erforderlich wären. Allein der Sanierungsstau bei den Landesstraßen beträgt mehr als 220 Millionen Euro. Er wurde von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, verursacht und nicht angegangen.

Wir setzen hier klare Prioritäten. Wir modernisieren Niedersachsen. Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben jahrelang das Landesvermögen in Form von Infrastruktur und Liegenschaften verrotten lassen. Sie haben sich nicht um den Erhalt gekümmert, obwohl Ihnen das immer wieder ins Stammbuch geschrieben wurde - nicht nur von uns, sondern auch vom Landesrechnungshof.

Mit Interesse habe ich daher Ihre Pressemitteilung vom vergangenen Mittwoch und Ihre Lobhudelei auf die bereitgestellten Mittel für 2012 und 2013 gelesen. Der Blick in die letzte Mipla und auf die Jahre davor zeigt deutlich, dass Sie den schon damals dringenden Handlungsbedarf sträflich igno

riert haben. Der Doppelhaushalt 2012/2013 war allein dem Wahlkampf geschuldet, und Sie haben Ihre Kasse durch nicht in Anspruch genommene Kreditermächtigungen aus den Vorjahren ordentlich, aber eben auch unrechtmäßig gefüllt.

Meine Damen und Herren, soziale Gerechtigkeit gehört zum Markenkern dieser Koalition.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Uns geht es um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und darum, die soziale Spaltung zu verhindern und ihr entgegenzuwirken. Das zeigte sich bereits bei der Vorlage des Haushaltsplanentwurfes: Aktivierung der Altenpflegeausbildung, Sicherung der Standards in der Altenpflege, Suchtbekämpfung, Seniorenberatung, neue Akzente in der Flüchtlingspolitik und schließlich die Förderung und der Aufbau und Ausbau von Gesundheitsregionen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Und Kür- zungen bei den Landeskrankenhäu- sern! - Petra Tiemann [SPD]: Herr Hilbers, Sie haben es nicht verstan- den!)

Meine Fraktion und unser Koalitionspartner unterstreichen diesen Anspruch an die Landespolitik ausdrücklich.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir stellen 4 Millionen Euro für Zuschüsse an Krankenhäuser zur Verfügung, um Strukturmaßnahmen im ländlichen Raum aktiv zu begleiten und dort die Versorgung mit Krankenhäusern zu stärken und zukunftsfähig zu entwickeln. Meine Damen und Herren, überall im Land gibt es hier Probleme. Und was haben Sie in Ihrer Regierungszeit gemacht? - Nichts! Man könnte es auch Arbeitsverweigerung nennen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, über das Landesblindengeld haben wir uns schon gestern ausgetauscht. Ich freue mich sehr, dass Sie Ihren Fehler eingesehen haben.

Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, waren es nämlich, die das Blindengeld komplett abgeschafft haben, um es dann wieder zur Hälfte einzuführen. Die Betroffenen haben das nicht vergessen und werden das immer mit der eiskalten

Sozialpolitik von CDU und FDP, vor allem aber mit dem Namen von der Leyen verbinden.

Ihre Einsicht - das will ich an dieser Stelle ausdrücklich anerkennen - ist aber schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Wir stellen 1 Million Euro für Wohnen und Pflege im Alter zur Verfügung. Es geht um die Förderung von Handlungsstrategien, um den Aufbau von Netzen vor Ort, um Wahlfreiheit und um Alternativen zur Heimunterbringung. Wir wollen damit einen Beitrag zum demografischen Wandel leisten. Aber vor allem und in erster Linie geht es uns um die Gewährleistung eines würdevollen und möglichst selbstbestimmten Lebens im Alter.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, soziale Gerechtigkeit setzt Teilhabe an Bildung voraus. Bildung ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben, und Bildung ist ein zentrales Element einer auf Vorsorge ausgerichteten Sozialpolitik. Wir haben es in den zurückliegenden Wochen immer wieder betont: Die zukunftsoffensive Bildung der Landesregierung ist und bleibt richtig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In der Mipla sind 420 Millionen Euro für mehr verlässliche Betreuung, frühkindliche Bildung, besser ausgestattete Ganztagsschulen und Qualitätsverbesserung vorgesehen. Wir verdreifachen - ich will das noch einmal nennen - die Ausstattung der Ganztagsschulen. 260 Millionen Euro stellen wir zur Verfügung.

(Jens Nacke [CDU]: Auf Kosten der Lehrer!)

Für die Qualitätsverbesserung sind zusätzlich 82,8 Millionen Euro in der Mipla veranschlagt für Lehrerfort- und -weiterbildung, die Stärkung der betrieblichen Ausbildung, für Investitionen in Bildungsregionen und in den islamischen Religionsunterricht, für die Aufstockung der Mittel für Inklusion und für Fachkräfte für Arbeitssicherheit.

(Jens Nacke [CDU]: Das zahlen die Lehrer alles selber!)

Wir erhöhen die Zahl der Schulpsychologen, schaffen mehr Stellen für die Schulentwicklungsberatung und bauen die Schulinspektionen aus. Das

sind alles Themen, die für Sie anscheinend keine Rolle spielen.

Beim Thema Inklusion, meine Damen und Herren - ich richte mich damit an die Christdemokraten -, sind Sie auf Tauchstation gegangen. Ich finde das beschämend.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! - Jörg Hillmer [CDU]: Was haben Sie denn vor?)

Mehr Qualität und mehr Gerechtigkeit - das ist die Richtschnur unseres politischen Handelns.

Meine Damen und Herren, die Finanzierung dieser Maßnahmen erfolgt auch durch eine Umschichtung im Haushalt des Kultusministeriums.

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch!)

- Ja, das stimmt. Dafür haben wir in den letzten Wochen Kritik einstecken müssen.

Es stimmt übrigens nicht, dass meine Kolleginnen und Kollegen nicht die Gespräche suchen. Wir sind auf sehr vielen Podiumsdiskussionen. Manchmal werden Sie gar nicht mit eingeladen, weil die Lehrkräfte mit Ihnen überhaupt nicht mehr ins Gespräch kommen wollen.

(Widerspruch bei der CDU - Editha Lorberg [CDU]: Das ist ja eine Unver- schämtheit! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrkräfte wird von 23,5 auf 24,5 Wochenstunden erhöht, und die Altersermäßigung ab dem 55. Lebensjahr wird ausgesetzt. Wir verlangen von den Lehrkräften und insbesondere von den Gymnasiallehrerinnen und -lehrern diesen Beitrag. Ja, der ist hart, und wir verstehen die persönliche Betroffenheit - auch vor dem Hintergrund der Verantwortung und Arbeitsbelastung, die wir durchaus sehen, anerkennen und wertschätzen. Das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen. Das gilt im Übrigen aber auch für alle anderen Landesbediensteten.

Wir nutzen die Ersparnisse aber nicht für andere Politikbereiche. Wir belassen jeden Euro im Kultusressort und stocken sogar noch auf. Wir ermöglichen damit ein Mehr an Qualität und Gerechtigkeit. Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber ich will hier auch deutlich machen: Die Adressaten des Protestes sitzen hier im Haus. Wir als rot-grüne Regierungskoalition entscheiden darüber. Ich sage ganz bewusst: Den Unmut über eine politische Entscheidung auf dem Rücken der Kinder auszutragen, u. a. in Form von Streichungen von Klassenfahrten und Weihnachtsbasaren, halte ich persönlich für nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Aber auf dem Rücken der Lehrer schon!)

Aber noch ein kleiner Hinweis in Richtung CDU und FDP, den ich mir an dieser Stelle wirklich nicht verkneifen kann und will: Die Proteste gehen auch in Ihre Richtung - auch wenn Sie heute so tun, als hätten Sie damit überhaupt nichts zu tun. Die Belastungen, die häufig angeführt und aufgezählt werden - Sie waren ja auch bei den Diskussionen dabei, wenn ich Sie richtig verstanden habe -, gehen auf Ihre verkorkste Bildungspolitik zurück. Ich sage das nur, damit Sie nicht glauben, das würde nicht mehr unterschieden. Auch das haben die Lehrerinnen und Lehrer sehr wohl zur Kenntnis genommen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir werden an anderer Stelle zu Entlastungen der Gymnasiallehrkräfte kommen müssen. Sie alle wissen, dass dazu bereits Gespräche mit der Ministerin geführt werden. Sie hat vorhin Ausführungen dazu gemacht. Einiges mag einfach zu realisieren sein, an anderer Stelle bedarf es intensiver Debatten und Überlegungen.

Ein Hauptproblem stellt die Frage des Abiturs nach acht oder neun Jahren und die entsprechende Umsetzung dar - ein Problem, das wir ebenfalls von Ihnen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, geerbt haben. Dass das G 8 eingeführt wurde, ohne dass Änderungen in den Lehrplänen vorgenommen wurden,

(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch!)

und damit die Arbeitsbelastung und der Stress an den Gymnasien erhöht wurden, geht ganz alleine auf Ihre Rechnung. Dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)