Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Zustimmung bei der CDU)

Beispielhaft möchte ich Ihre Ankündigungen zum Thema „kostenloses Drug-Checking“ nennen. So etwas lässt aufhorchen. Mit einer weiteren Ankündigung haben Sie in der Öffentlichkeit ein völlig falsches Signal ausgestrahlt: Die sogenannte Eigenbedarfsgrenze von Rauschmitteln wie Cannabis soll in Niedersachsen erhöht werden. Dies konterkarierte die jahrelangen Bemühungen des Landes in der Sucht- und Drogenprävention.

(Grant Hendrik Tonne [SPD]: Das ist doch Unfug, Herr Kollege! Was soll das?)

Deshalb muss das Ziel sein, die erfolgreiche Präventionsarbeit des Landes durch eine spürbare Erhöhung der diesbezüglichen Haushaltsmittel zu stärken. Mit Blick auf diesen Haushaltsentwurf kann man feststellen, dass dieses Thema kein Schwerpunkt Ihrer Haushaltsberatungen gewesen ist; denn 500 000 Euro bei diesem Haushaltsansatz sind bei den großen Einnahmesummen, die in Rede stehen, kein gewichtiges Pfund.

(Unruhe)

Einen Moment, bitte, Herr Böhlke! - Es ist wieder sehr unruhig. Diejenigen, die der Debatte nicht folgen wollen, können den Plenarsaal verlassen. - Die Beratungen an der Regierungsbank sind einzustellen, Gespräche in den Fluren ebenfalls. - Vielen Dank. - Moment!

Das ist ja unglaublich.

Im Moment hat das Präsidium das Wort. - Herr Kollege, Beratungen an der Regierungsbank sind einzustellen. - Vielen Dank.

Sie können fortfahren, Herr Böhlke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Nur so kann man mich stoppen; das stimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie kündigten in Ihrer Koalitionsvereinbarung an, zur Sicherung einer flächendeckenden leistungsfähigen medizinischen Versorgung besonders für Kinder und Jugendliche den Nichtraucherschutz für diesen Personenkreis fortzuentwickeln. Das ist, wie ich finde, ein nicht nur gesundheitspolitisch, sondern auch kinder- und jugendpolitisch wichtiges Thema.

Für diese Initiative Finanzmittel vorzuhalten oder politische Initiativen zu starten, war für dieses Ministerium bisher aber kein Thema. Auch in diesem Haushaltsentwurf zeichnet sich nicht ab, dass hier in auffälliger Weise entsprechende finanzielle Voraussetzungen geschaffen worden wären, um diese Dinge voranzubringen.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Auch zum Thema „Krankenhausstruktur in Niedersachsen“ äußerte sich die Ministerin in vielfältigen Veranstaltungen und Publikationen regelmäßig. Ich zitiere aus dem Organ des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes. Frau Rundt sagt hier:

„Es zählt zu den zentralen Zielen der Niedersächsischen Landesregierung, dass auch in Zukunft jede Patientin und jeder Patient bei uns wohnortnah und qualitativ hochwertig stationär versorgt werden kann.“

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass die Zahlen dramatisch sind. Viele Krankenhäuser im Land stehen vor dem wirtschaftlichen Infarkt. Der Blick in die Statistik zeigt unstrittig - das wurde auch von der Ministerin öffentlich dargestellt -, dass rund 70 % der Krankenhäuser die laufenden Kosten nicht mehr durch Einnahmen decken können.

Daher stellt sich die Frage, welchen Beitrag das Land für die Krankenhausstruktur in einer solchen Situation liefern kann. Es ist bekannt, dass fast ausschließlich durch Investitionsentscheidungen des Landes bei der Steuerung der Angebotsstruktur Einfluss genommen werden kann.

Aufgrund dieser Analyse, die unstrittig ist, darf man doch wohl erwarten, dass bei einer derart dramatischen Bewertung entsprechende zusätzliche Mittel bereits aus dem Haus mit einer unmissverständlichen Zielvorgabe zur Verfügung gestellt werden - zumal sich die finanziellen Möglichkeiten aufgrund der Steuereinnahmen, wie wir auch alle wissen, spürbar verbessert haben.

Das ist nicht erfolgt. Im Nachgang ist jetzt festzustellen, dass über die Fraktionen ein Beitrag von 4 Millionen Euro als Zusatzsumme angekündigt wurde. Bei der Zahl von über 190 Krankenhäusern im Land ist das nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.

Und wie sieht es mit den bisherigen erfolgreichen und guten Palliativ- und Hospizversorgungen im Land aus? - Rot-Grün hat in seiner Koalitionsvereinbarung geschrieben, qualitativ und flächendeckend wolle man das weiter ausbauen. Ein Blick in den Haushalt dieser Regierung zeigt, dass auch dieses Thema von ihr vernachlässigt wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein weiteres besonders wichtiges Thema im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung eingehen. Mit dem Thema Altersmedizin/Geriatrische Versorgung ausbauen und stärken hat sich dieser Landtag befasst - übrigens auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Danke!)

Wir haben gemeinsam eine einmütige Entschließung angenommen, die sinngemäß eine deutliche Steigerung des stationären Angebotes geriatrischer Betten in Niedersachsen beinhaltete und in der die Landesregierung aufgefordert wurde, bis zum 30. Juni 2013 in Zusammenarbeit mit den Fachverbänden ein entsprechendes Konzept weiterzuentwickeln, um u. a. geriatrische Zentren insbesondere an Krankenhäusern zu etablieren und eine entsprechende Vernetzung an den einzelnen Standorten weiterzuentwickeln.

Meine Damen und Herren, dieser konkrete Auftrag, der im Jahr 2013 im Mittelpunkt stehen sollte, ist bis heute von dieser Regierung nicht erkennbar umgesetzt worden. Auch die Finanzmittel, die für

entsprechende Initiativen notwendig wären, sind in diesem Umfang im Haushalt nicht erkennbar.

Wer vollmundig erklärt, Gesundheit sei ein hohes Gut und keine Ware, und dann trotz derartiger klarer, einmütiger Parlamentsbeschlüsse diese Haltung einnimmt, verdient deutliche Kritik. Das möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Erst gestern haben wir erlebt, dass die Mehrheit im Hause die geplante Kürzung der bewährten Förderung der Niederlassung von Landärzten von 1 Million Euro auf nur noch 400 000 Euro im Haushalt durch Parlamentsbeschluss angenommen hat. Damit wird dieser Haushaltstitel um 60 % gekürzt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Unglaub- lich!)

Während überall in der Fläche händeringend Ärzte gesucht werden, streicht Rot-Grün diese Mittel für eine erfolgreiche Ansiedlung von Landärzten. Das ist ebenfalls ein völlig falsches Signal, meine Damen und Herren. Auch wenn eine andere Mehrheit entsprechende Beschlüsse getroffen hat, ändert das nichts daran, dass diese Entscheidung in unseren Augen falsch ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Schließlich macht auch die demografische Entwicklung uns allen deutlich, dass gerade in den ländlichen Regionen besondere Initiativen notwendig sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Beispiele zeigen auf, dass der Anspruch der Sicherstellung einer wohnortnahen Gesundheitsversorgung und medizinischen Betreuung aufgrund falscher Weichenstellungen in diesem Haushalt erkennbar gefährdet ist. Dieser Entwicklung haben wir uns mit unseren Änderungsanträgen zum Haushaltsentwurf mit ganzer Kraft entgegengestellt.

Ein wichtiges Thema ist auch die soziale Wohnraumförderung. Dieses Thema wurde besonders von der SPD als Oppositionsfraktion in der Vergangenheit in den Mittelpunkt der Haushaltsberatungen gestellt - zuletzt bei der Verabschiedung des letzten schwarz-gelben Landeshaushalts. Damals erhielt der Haushaltstitel für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus im Zuge der Föderalismusreform vom Bund jährlich 40 Millionen Euro. Wir haben mit der damaligen Mehrheit dann noch weitere 10 Millionen Euro in den Haushalt einge

stellt. Diese 10 Millionen Euro wurden vor dem Hintergrund des quantitativen Bedarfes von zusätzlichen Wohnungen insbesondere in den Städten von der Opposition verniedlicht, weil sie der Auffassung war, dass dieser Betrag keine wesentlichen Lösungen der Probleme vor Ort ermögliche.

Frau Kollegin Andretta, die bis vor Kurzem noch hinter mir als Präsidentin in der Sitzungsleitung tätig war, hat damals mit dem Zwischenruf „Lächerlich!“ deutlich gemacht, dass hier die Wertung eine ganz andere ist. Es war aber keine lächerliche Summe! 10 Millionen Euro sind kein Pappenstiel, meine Damen und Herren. Den 10 Millionen Euro im Verhältnis zu den 40 Millionen Euro im Wohnungsbau möchte ich noch einmal die Relationen im Bereich der Krankenhausplanung gegenüberstellen: 4 Millionen Euro zu 120 Millionen Euro. Das ist Ihre Gewichtung, die Sie da ins Verhältnis setzen. Das können wir nicht akzeptieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Sozialministerin stellt für 2014 rund 40 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung, wie sie bereits im Oktober dieses Jahres angekündigt hat. Die zusätzlichen 10 Millionen Euro, von denen ich hier gerade sprach, finden wir im Haushaltsentwurf nicht wieder, obwohl die Ministerin auch wieder vollmundig im Vorwort zum Wohnungsmarktbericht 2013 schrieb:

„Gerade in den Zentren wird jedoch mit steigenden Einwohnerzahlen auch die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum steigen. In Zukunft wird sich die Landesregierung daher für Investitionen in den Bau und Erhalt bezahlbarer Wohnungen … stark machen.“

So die Ministerin, meine Damen und Herren! Wer so etwas ankündigt und schriftlich niederlegt, der muss auch Geld in die Hand nehmen und entsprechende Initiativen starten. Das haben Sie nicht gemacht. Das fordern wir ein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion hat mit ihrem Änderungsantrag zum Haushalt weitere 7,5 Millionen Euro zusätzlich zu den vorgesehenen Summen beantragt, damit auch weitere preisgünstige Wohnungen - ganz im Sinne der Vorträge der Vergangenheit aus der Opposition heraus - der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden.

Der Bund will laut dem Koalitionsvertrag den sozialen Wohnungsbau wiederbeleben und die Länder

dabei unterstützen. Er erwartet, wie es in dem neuen Koalitionsvertrag heißt, dass dieses Bundesvorhaben zusätzlich mit eigenen Mitteln der Länder unterstützt wird.

Das bedeutet: Es gibt zwar weiterhin die Kompensationsmittel vom Bund. Diese müssen aber auch tatsächlich für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden. Außerdem müssen zusätzliche Landesmittel einfließen, um sie aufzustocken. Wichtig ist auch, dass es eine Berichtspflicht gibt. Das heißt, dass die Länder dem Bund gegenüber deutlich machen müssen, dass sie auch tatsächlich in diesem Sinne investiert haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im sozialpolitischen Aufgabenfeld hat Rot-Grün viel angekündigt, aber wenig verwirklicht, wie meine Ausführungen deutlich machen. Deshalb haben wir unsere Schwerpunkte in unserem Änderungsantrag deutlich formuliert. Sie sind eine sozialpolitisch ausgewogene, gute Antwort auf das unbefriedigende Sozialprofil dieser Landesregierung.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Böhlke. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt der Abgeordnete Uwe Schwarz von der SPD-Fraktion. Herr Schwarz, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal unser Dank an Frau Sozialministerin Rundt und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In bewährter Manier waren die Sitzungen des Sozialausschusses und damit unsere Haushaltsberatungen wieder vorbereitet. Das hat Tradition. Das wurde fortgesetzt. Dafür wirklich vielen Dank, Frau Rundt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)