Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Das wird mit dem Bundeskabinett diskutiert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ich stelle auch die Frage: Wollen wir, dass die Energiewende gelingt?

(Christian Dürr [FDP]: Wovon redet er denn da?)

Ich glaube, alle Fraktionen, alle Parteien haben dem zugestimmt. Wenn wir das unbedingt wollen, dann sind aber auch Änderungen notwendig. Die Energiewende und die Energiepolitik sind wohl das

Topthema in den nächsten Wochen und auch Monaten.

Niedersachsen ist ein starkes Energieland. Wir wollen, dass dies so bleibt. Wir wollen auch, dass die Energiewende gelingt. Gemeinsam wollen wir daran arbeiten, dass die Energiewende erfolgreich fortgeführt wird. Aber dazu brauchen wir unbedingt die Akzeptanz in der Bevölkerung und auch in den Unternehmen. Alle Umfragen zeigen doch, dass die Energiewende von der Bevölkerung gewollt wird, die Kosten aber als viel zu hoch bewertet werden. Ich will nur daran erinnern, dass wir die höchsten Energiepreise in ganz Europa haben.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ach was!)

Jeder, sowohl Private als auch Unternehmen, fragt sich doch, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln werden. Hier bedarf es natürlich einer Planungssicherheit. Die Rahmenbedingungen müssen für lange Zeit gesichert werden. Eine Überarbeitung des EEG ist an der Stelle sinnvoll und auch richtig.

(Beifall bei der SPD)

Die Reformpläne von Wirtschafts- und Energieminister Gabriel versprechen Wandel und letzten Endes Kontinuität zugleich. Einerseits wird es weiterhin eine verlässliche Vergütung für Ökostrom geben, vor allem für günstige Energien, nämlich für Strom und Wind. Andererseits werden sich die neuen Ökoanlagen schrittweise stärker am Markt behaupten müssen. Insgesamt wird die Energiewende nun planbarer und vor allem auch gerechter.

Außerdem muss die Energiewende europatauglich sein. Der Kollege Becker hat einige Ausführungen dazu gemacht. Wir können froh sein, in Deutschland eine wettbewerbsfähige Industrie zu haben. Hier gilt es vor allen Dingen, Fristen der EU einzuhalten. Hier gilt es, den Bestrebungen der EUKommission Grenzen aufzuzeigen, und es gilt, zügig, aber auch mit Bedacht zu handeln.

Dies hat im Übrigen nichts mit dem Titel Ihres Antrages zur Aktuellen Stunde zu tun, den Sie gewählt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, nämlich mit der Liberalität von Sigmar Gabriel und Bündnis 90/Die Grünen. Die Änderung des EEG hat letzten Endes nur mit einem zu tun, nämlich mit Vernunft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Titel „Libe- rale Haltung“!)

Das Eckpunktepapier wird ja weiter diskutiert, auch von der Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen. Vor allen Dingen - das ist ganz sicher -: Wir - und auch die Landesregierung - werden uns konstruktiv an der Diskussion beteiligen. Drei Punkte sind wichtig: Erstens. Die Energiewende wird weitergeführt. Zweiter Punkt. Die Kosten dürfen nicht ausufern. Dritter Punkt. Die Energiewende muss europatauglich sein.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Alles Phra- sen, Herr Kollege!)

Es ist schön - der Kollege Hocker hat es angekündigt -, dass sich auch die FDP sachlich und konstruktiv daran beteiligen will. Die Bundes-FDP hat durchaus noch die Möglichkeit, als APO, also als außerparlamentarische Opposition, konstruktive Beiträge dazu zu liefern. Ich denke, das ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Wir wollen gemeinsam das Land Niedersachsen voranbringen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Bajus das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Wählerinnen und Wähler - wir erinnern uns - die FDP aus dem Bundestag verbannt haben, liegt nicht zuletzt daran, dass Sie als FDP eine desaströse Performance in Sachen Energiepolitik vorgelegt haben. Konstruktive Beiträge - dies haben wir auch heute wieder gesehen - waren Mangelware.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Was habe ich denn gerade gesagt?)

Klar, dass Sie sich jetzt, gerade nach den jüngsten Umfrageergebnissen in Niedersachsen, sorgen, wo der Liberalismus überhaupt nur eine Heimat hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDPFraktion, ich kann Sie beruhigen: er ist bei uns Grünen in guten Händen, auch und gerade wenn es um faire Marktzugänge für freie Bürgerinnen und Bürger geht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP] - Lachen bei der FDP)

- Ich kann mir vorstellen, dass Sie das witzig finden; denn Ihnen mag das egal sein.

Freiheit und Energieerzeugung bedeuten für uns: Wir überlassen die Energieerzeugung eben nicht den großen Konzernen, dem Monopol der großen Firmen, ihren Lobbyisten und den Technologien von gestern. Wir stehen für einen Kulturwandel in der Energiepolitik, für eine Energiewende von unten, lokal verankert und regionale Wertschöpfung schaffend.

Den Energiegenossenschaften, den kleinen und mittleren Stadtwerken, den kommunalen Betreibern gehört die Zukunft. Leistungsgerechtigkeit bedeutet für uns: Wer klimafreundlichen Strom erzeugt, soll diesen auch angemessen vergütet bekommen. - Wir brauchen faire und gleiche Chancen für alle Marktteilnehmer, Herr Dr. Birkner.

Deswegen ist unser Blick nach Berlin durchaus von Sorgen begleitet. Eine pauschale Deckelung bremst die Dynamik, die gerade die kleineren Akteure der Branche nun erfasst hat. Das können wir so nicht wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sigmar Gabriel zielt völlig zu Recht auf eine weitere Kostendegression bei den Erneuerbaren ab; denn dort ist das Innovationspotenzial und damit die Kostensenkung noch längst nicht ausgeschöpft. Allerdings ist die avisierte durchschnittliche Vergütung von Neuanlagen von 12 Cent pro Kilowattstunde schon jetzt fast erreicht. Dieser pauschale Vorschlag in Kombination mit Zubauobergrenzen und den engen Fristen wird daher die Strompreise nur wenig dämpfen, ist aber geeignet, Projektierer zu verunsichern, und gibt ein diffuses Signal in Richtung Investoren und Banken. Wir sehen daher nicht nur in Sachen „atmende Deckel“ noch erheblich Luft nach oben.

Meine Damen und Herren, Bürgerrechte und bürgerliche Freiheiten werden auch vom Klimawandel bedroht. Wir brauchen daher eine Energiewendereform, die vor allem dem Klimaschutz dient. Wenn nun aber die Braunkohleverstromung boomt, es CO2-Verschmutzungsrechte quasi geschenkt gibt? Herr Dr. Birkner, Sie sagen, das sei ein Instrument der Mengensteuerung, aber das hebt nur auf die CO2-Menge ab; eigentlich geht es doch beim CO2Handel um den Preis. Der liegt am Boden. Deswegen funktioniert die Steuerungswirkung eben nicht mehr.

(Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP])

- Das ist kein Missverständnis. Insofern haben die 30 Sekunden, in denen Sie uns das hier erklärt haben, nicht ausgereicht.

(Zuruf von Dr. Stefan Birkner [FDP] - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Offensichtlich haben Sie den Mechanismus nicht richtig verstanden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Klimakiller Kohle wird im Moment durch den CO2-Emissionshandel gefördert. Gefördert werden aber nicht die Erneuerbaren, wie es ursprünglich gedacht war, und damit auch nicht die energieeffizienten Gaskraftwerke unserer niedersächsischen Stadtwerke, die so aus dem Markt gedrängt werden. Hier ist doch etwas faul im Staate.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Diese Entwicklung führt zwar zu fallenden Börsenpreisen beim Strom, zugleich aber zu einer steigenden EEG-Umlage, die ja die Differenz - das haben Sie, genau wie ich, richtig dargestellt - zwischen dem Börsenstrompreis und der Einspeisevergütung ist. Das ist ein Nullsummenspiel, von dem allerdings einige Großverbraucher profitieren, bei dem kleinere und mittlere Unternehmen sowie Verbraucher aber draufzahlen. Ich würde sagen - dies müssten eigentlich auch Sie so sehen -, das ist weder liberal noch gerecht, sondern einfach nur kontraproduktiv.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Die Begrenzung der EEG-Umlage, der Klimaschutz und der CO2-Emissionshandel gehören zusammen. Wir in Niedersachsen wissen das. Aber in Berlin scheint da noch die eine oder andere Wissenslücke zu sein. Wir sind bereit, tiefer in die Debatte einzusteigen.

Wenn die Wende zu einer zukunftsträchtigen Energieversorgung gelingen soll - da bin ich wieder bei Ihrem freiheitlichen Gedankengut -, brauchen wir eine Energiewende in Bürgerhand. Die vorgesehene verpflichtende Direktvermarktung, auch für kleine Anlagen, und die Ausschreibungsmodelle sollen viel zu schnell kommen. Das ist für eine Energiewende von unten problematisch und diskriminiert die Kleinen. Dabei sind es doch gerade die kommunalen Stadtwerke, die Bürgerprojekte, die für Akzeptanz im Land sorgen, die die Stromversorgung dezentralisieren helfen, die dadurch zusätzlichen, nicht gewollten kostenintensi

ven Netzausbau vermeiden helfen und die vor allem auch Wertschöpfung in der Fläche, in den Kommunen schaffen. Ich glaube, da ist in Berlin noch einiges nachzusteuern. Gut, dass diese Landesregierung entschlossen ihren Einfluss für unser Land geltend macht.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Oesterhelweg das Wort. Bitte!

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Wenzel, ganz herzlichen Dank für die netten Beispiele und auch die netten Zitate. Jetzt wird mir wirklich deutlich, warum mir bei dieser Landesregierung und ihrer Energiepolitik immer die „Titanic“ einfällt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lachen und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sind wirklich auf dem total falschen Weg. Wir wissen, wie es auf der „Titanic“ war: Kapitän und Erster Offizier haben sich nicht einigen können. Was daraus wird, hat man bei der „Titanic“ gesehen. Das sieht man auch bei Ihrer Politik hier in Niedersachsen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wohin es mit dem Kapitän wirklich geht? Die neue Variante der Orientierungslosigkeit und der Sprunghaftigkeit des Ministerpräsidenten hat der Kollege Bäumer vorhin schon beschrieben, was die Kernenergie und den Ausstieg angeht, der jetzt doch wieder zu schnell geht. Ich wundere mich sehr darüber, wenn ich an das denke, was Sie uns früher alles glauben machen wollten.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Glaubwürdigkeit und politische Führung bei dieser Regierung, meine sehr verehrten Damen und Herren: schlicht und einfach Fehlanzeige.