Protokoll der Sitzung vom 13.03.2013

- Vielleicht sollten Sie alle miteinander einmal rausgehen und draußen klären, wer jetzt was macht. Ich versuche gerade, Ihnen zu sagen, dass Sie bei der Schuldenbremse ein gewisses Maß halten sollten. Es wäre für jeden ganz interessant, bevor Sie sich hier an solchen Petitessen aufhalten. Oder ist das schwierig?

(Zuruf)

Meine Damen und Herren, es ist ein Armutszeugnis politischer Art, dass Sie als SPD-Fraktion das Instrument der Dringlichen Anfrage einsetzen müssen, damit die Landesregierung erklären kann, dass wir angeblich einen finanzpolitischen Scherbenhaufen hinterlassen hätten. Das ist die Unwahrheit. Das wissen Sie auch ganz genau. Auch die Art, wie Sie hin- und herrechnen, ist unseriös. Diese Rechnerei werden wir im Haushaltsausschuss nachprüfen und Ihnen nicht durchgehen lassen. So billig kommen Sie aus der Nummer nicht heraus. Wahrheit muss Wahrheit bleiben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Richtig und wahr ist, dass wir Ihnen einen finanzpolitisch bestellten Acker hinterlassen haben. Wenn wir einmal auf die Zahlen schauen, die Sie uns im Jahr 2002 hinterlassen haben, dann ergibt sich folgendes Bild - drei Beispiele dazu -:

Erstens. Im Jahr 2002 hatten wir eine Rekordneuverschuldung von rund 3 Milliarden Euro zu verzeichnen, die Sie zu verantworten haben. Im Jahr 2013 wird die Nettoneuverschuldung 620 Millionen Euro betragen. Das ist, wenn Sie es einmal ausrechnen, eine Absenkung um 483 %, und das macht deutlich, wie solide wir Haushaltspolitik in diesem Land betrieben haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Das ist lächerlich!)

- Das ist nicht lächerlich. Das ist Haushaltskonsolidierung. Das ist Anstrengung, meine Damen und Herren. Dazu müssen Sie erst einmal kommen.

Wir sind sehr gespannt, ob Sie das schaffen werden.

Zweitens. Im Jahr 2002 wurde jeder achte Euro im Haushalt durch neue Schulden finanziert; im Jahr 2013 ist es jeder vierzigste Euro. Wenn Sie jetzt wieder behaupten, das sei ja alles gar nichts, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Regieren. Sie werden Ihr Waterloo in dieser Frage schon noch erleben!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. In der Mipla 2002 bestand eine Deckungslücke von 1,1 Milliarden Euro; in der Mipla von 2013 ist für das Haushaltsjahr 2014 eine Deckungslücke von 238 Millionen Euro ausgewiesen. Das bedeutet eine fast 450-prozentig höhere Deckungslücke im Jahr 2002 und zeigt, wie unseriös Ihre Finanzvorausplanung im Gegensatz zu der unsrigen gewesen ist, meine Damen und Herren.

Deshalb mein dringender Rat an Sie: Hören Sie endlich auf, die Finanzen des Landes schlechtzureden. Fangen Sie an, sich darum zu kümmern, den erfolgreichen Kurs von Hartmut Möllring fortzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unser Gesetzentwurf bietet dafür eine gute Voraussetzung. Wir reichen Ihnen die Hand zu offenen, fairen Verhandlungen über die Einführung einer Schuldenbremse in die Landesverfassung. Diese Chance muss dieses Parlament jetzt endlich nutzen, damit wir eben nicht in das System hineinlaufen, das uns das Grundgesetz vorschreibt, nämlich im Jahr 2020 genau unter dem Druck des Grundgesetzes eine Schuldenbremse zu haben, die nicht von uns selbst bestimmt werden kann. Diese Chance dürfen wir im Übrigen auch im Interesse der kommunalen Ebene nicht vergeigen. Deswegen sind wir hier gefordert, und deswegen unsere ausgestreckte Hand.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Thümler. - Wir kommen zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Kollegin Renate Geuter von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Absicht, die Sie, meine Damen und Herren von

CDU und FDP, mit diesem Antrag verfolgen, ist mehr als durchschaubar.

(Christian Grascha [FDP]: Wir wollen die Verfassung ändern! Das stimmt! - Jens Nacke [CDU]: Es steht sogar drin!)

Sie versuchen, die Regierungsfraktionen und die Landesregierung als diejenigen darzustellen, die sich einer Haushaltskonsolidierung verweigern und die Gegner einer Schuldenbremse in der Landesverfassung sind.

(Jens Nacke [CDU]: So ist es! - Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Sie haben die Möglichkeit, den Gegen- beweis anzutreten!)

Ich kann Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Dieses Ziel haben Sie deutlich verfehlt.

(Beifall bei der SPD - Mechthild Ross- Luttmann [CDU]: Treten Sie den Be- weis des Gegenteils an! Stimmen Sie zu!)

Damit ist auch der Versuch der eigenen Imagepflege gescheitert, nämlich die ehemalige schwarzgelbe Landesregierung als seriöse Haushaltssaniererin darzustellen.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Das sind wir!)

Herr Thümler hat eben sehr viel gesagt. Aber ich hätte gern von ihm ein Zitat aus einer Pressemitteilung von vor wenigen Tagen erläutert, in der er geschrieben hat, die neue Landesregierung finde gut gefüllte Kassen vor.

(Björn Thümler [CDU]: Ja, so ist das! Haushaltsüberschuss: 300 Millionen Euro, Frau Kollegin!)

Statt vieler Worthülsen hätte ich mir gewünscht, dass Sie das hier einmal konkret erläutert hätten.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ha- ben wir sehr wohl erläutert!)

Denn spannend ist, dass Sie sich dabei im Widerspruch zu Ihrem eigenen ehemaligen Finanzminister befinden, dessen erfolgreiche Haushaltspolitik Sie gerade eben noch gelobt haben. Finanzminister Möllring hat im Haushaltsaufstellungserlass für 2014, der noch von ihm zu verantworten ist, deutlich darauf hingewiesen, dass angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen kein Raum für zusätzliche Ausgaben besteht.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das stimmt ja auch! Wir machen keine Wahlver- sprechen, die nicht zu bezahlen sind!)

Er schreibt, angesichts dieser Unsicherheiten - er spricht nicht von vollen Kassen, sondern er spricht von Unsicherheiten - sei es erforderlich, alle erreichbaren Mehreinnahmen und Minderausgaben zur Deckung der Handlungsbedarfe einzusetzen.

Ich frage jetzt den Fraktionsvorsitzenden der CDU: Warum vertrauen Sie denn in diesem Fall nicht auf die Kompetenz des Herrn Möllring? Passt das vielleicht nicht in Ihre eigene Inszenierung?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie waren haushaltsmäßig in den letzten Jahren sehr gute Verbalkonsolidierer. Real ergibt sich ein deutlich anderes Bild. Fakt ist, dass die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung den Schuldenstand in den zehn Jahren ihrer Regierungszeit um nahezu 20 Milliarden Euro erhöht hat, und das trotz Rekordeinnahmen und Niedrigzinsen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Da- für ist noch der Haushalt der anderen verantwortlich gewesen! - Weitere Zu- rufe von der FDP)

Daraus ergibt sich auch ein Unterschied zu den Jahren 2002 und 2003. Damals bestand eine Situation mit historisch niedrigen Einnahmen. - Das zitiere ich aus der ersten mittelfristigen Finanzplanung der damaligen schwarz-gelben Landesregierung.

(Ulf Thiele [CDU]: Historisch niedrige Einnahmen hatten wir 2008! Das wis- sen Sie sehr genau!)

- Die Wahrheit tut weh. Das will ich gerne zugestehen.

Fakt ist auch, dass wir seit Jahren eine bestehende Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu verzeichnen haben. Darauf hat der Landesrechnungshof in allen seinen Bemerkungen zu den Haushaltsplanentwürfen der schwarz-gelben Landesregierung hingewiesen. Die alte Landesregierung hat sich nämlich immer davor gedrückt, den Haushalt substanziell und strukturell in Ordnung zu bringen. Sie sorgte allenfalls für einen spontanen Ausgleich durch Einmalmaßnahmen.

Vor diesem Hintergrund ist es schon sehr spannend, Herr Thümler, dass die strukturellen Konso

lidierungsmaßnahmen, die Sie eben angesprochen haben, aus der vorletzten Legislaturperiode stammen.

(Johanne Modder [SPD]: Wo ist denn Herr Thümler jetzt?)

Denn in der letzten Legislaturperiode hat es keinerlei Konsolidierungsanstrengung gegeben. Zwar ist in den letzten vier oder fünf mittelfristigen Finanzplanungen darauf hingewiesen worden, dass im Hinblick auf die Einhaltung der Schuldenbremse konkrete Konsolidierungsmaßnahmen nötig sind, passiert ist aber tatsächlich nichts.

(Johanne Modder [SPD]: Holt einmal den Thümler rein!)

Die letzte Mipla der Landesregierung, die ja als Beleg dafür dienen sollte, dass die Schuldenbremse im Jahr 2017 einzuhalten ist, ist ja in wenigen Monaten schon von der Realität überholt worden. Denn es besteht heute die Ausgangslage - darauf hat Sie der Finanzminister in der letzten Haushaltsausschusssitzung hingewiesen -, dass das Vertrauen auf ein kontinuierliches Wachstum der Steuereinnahmen nicht mehr begründet ist, sondern dass die Entwicklung eine deutlich andere ist.

(Christian Grascha [FDP]: Das nennt man Steuerschätzung!)

Gerade die aktuellen Tarifentwicklungen zeigen deutlich, dass Sie auch dort Luftbuchungen getätigt haben.

(Beifall bei der SPD)