Was die Vermögensveräußerung angeht, so gibt es Positionen im Haushalt, die durch nichts hinterlegt sind und die Sie auch durch nichts hinterlegen konnten. Hinzu kommen Dinge, die im Moment finanziell noch gar nicht dargestellt werden können. Ich verweise z. B. auf den Sanierungsstau durch die langjährige Unterfinanzierung im Baubereich, sowohl im Bereich des Hochbaus als auch im Bereich des Straßenbaus.
Die strukturelle Konsolidierung des Landeshaushalts und damit die Einhaltung der grundgesetzlichen Schuldenbremse ist für diese Landesregierung eine zentrale Aufgabe. Aber Schauentwürfe wie der heutige, helfen uns dabei nicht weiter. Bereits vor sechs Monaten, bei der Beratung des damaligen identischen Antrags von CDU und FDP, haben wir deutlich gemacht, dass es nicht ausreicht, mit starken Sprüchen im Landtag einen schnellen Schuldenstopp zu fordern; man muss auch sagen, wie es gehen soll.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, die Frage der Verankerung der Schuldenbremse in der Niedersächsischen Verfassung werden wir mit Ihnen intensivst diskutieren. Eine Verfassungsänderung im Blindflug, wie in diesem Gesetzentwurf gefordert, wird es mit uns aber nicht geben. Aber eines werden wir Ihnen vorher nicht ersparen: eine vollständige Bilanzierung der Haushaltspolitik der schwarz-gelben Landesregierung, die deutlich machen wird, dass der erweckte Anschein und die Realität weit auseinanderklaffen. Herr Thümler, dazu kann ich Ihnen nur sagen: Insofern freuen wir uns auf die Diskussion im Haushaltsausschuss.
Vielen Dank, Frau Geuter. - Das Wort hat jetzt der Kollege Gerald Heere von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht einmal ein halbes Jahr her, dass der Antrag von CDU und FDP zur Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung in diesem Hause nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit gefunden hat.
Man muss nicht gut rechnen können, um zu wissen, dass auch heute, vier Monate später, nach der Wahl weder die Regierungskoalition noch die Opposition über eine solche Mehrheit verfügt.
Doch ohne vorher das Gespräch gesucht zu haben, bringen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Ihren ollen Entwurf, Ihre alten Kamellen nun wieder ein. Ein ernsthafter Gestaltungswille setzt aber Gesprächsbereitschaft in dieser Frage voraus. Das müssen Sie nach zehn Jahren Durchregieren jetzt in der Opposition wohl noch lernen.
Wolkenkuckucksheim heruntersteigen und die finanzpolitischen Realitäten, die Sie uns hinterlassen haben, endlich zur Kenntnis nehmen. Sie sind in zehn Jahren Regierungszeit dem Ziel, ohne neue Schulden auszukommen, nicht einen Schritt nähergekommen. 18 Milliarden neue Schulden haben Sie angehäuft, 1,8 Milliarden pro Jahr. Bei dieser Summe stehen wir im aktuellen Haushaltsjahr auch schon fast wieder, wenn man einmal ehrlich rechnet. Genau das tun wir jetzt!
SPD und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, die Schuldenbremse im niedersächsischen Landesrecht zu verankern, möglichst auch in der Verfassung. Damit verbinden wir das durch und durch grüne Ziel, Nachhaltigkeit nun auch in der Finanzpolitik durchzusetzen und kommende Generationen finanziell nicht unnötig zu belasten.
In der Vergangenheit wurde regelmäßig - auch von Ihnen - in wirtschaftlichen Krisenphasen die Schatulle zur Ankurbelung der Wirtschaft weit geöffnet. Insbesondere in den darauf folgenden ökonomischen Boomphasen muss das Geld aber wieder in den Landeshaushalt zurückfließen. Genau dabei haben Sie versagt! Auch heute noch erklären Sie den hohen Schuldenberg, den Sie angehäuft haben, mit der zurückliegenden Krise. Aber in den letzten zwei Jahren hatten wir keine Krise mehr. Trotzdem haben Sie es versäumt, in dieser Zeit zu konsolidieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Ausführungen von Finanzminister Schneider im Haushaltsausschuss haben uns die Dramatik der gegenwärtigen Haushaltslage vor Augen geführt. Es ist hier schon mehrfach genannt worden: Es sind nicht 620 Millionen Euro Schulden, wie Sie immer behaupten, sondern es sind 1,2 Milliarden Euro im Haushalt 2013 inklusive der Einnahmen aus Rücklagen und Vermögensveräußerungen, die ebenfalls dazugehören.
Und es geht noch weiter. Sie haben zu optimistische Annahmen getroffen: die falsche Erwartung an eine ungebremste Konjunktur und an dauerhaft hohe Steuereinnahmen oder die Erwartung, dass die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst nur eine zurückhaltende Lohnentwicklung erbringen.
Dies alles macht zusammen noch einmal 500 Millionen Euro Deckungslücke, die Sie nicht einbezogen haben. Ihre Schönfärberei bei der Haushaltsaufstellung setzt sich in der mittelfristigen Finanzplanung fort. Wir werden diese Schönfärberei jetzt endlich beenden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor diesem Hintergrund wäre es verantwortungslos, dem Antrag von CDU und FDP zu folgen und die Neuverschuldung schon innerhalb von drei Jahren vollständig auf null zu fahren. Im Grundgesetz ist nicht umsonst die Übergangsfrist bis 2020 festgelegt worden. Diese längere Frist ist richtig, weil die Bundesländer eine besondere Verantwortung für die Zukunft Deutschlands haben: die Verantwortung für Bildung, die Verantwortung für die Köpfe unseres Nachwuchses, für Kompetenzen und Innovationen. Dieser Verantwortung wollen und werden wir gerecht werden.
Meine Damen und Herren, es geht um mehr Quantität und Qualität in der Kinderbetreuung, mehr echte Ganztagsschulen, die Umsetzung der Inklusion und endlich Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Das sind die Herausforderungen der nächsten Jahre. Wer wie Schwarz-Gelb einen Abbaupfad der Neuverschuldung bis 2017 fordert, der wird bei diesen zentralen Herausforderungen Abstriche machen müssen. Das ist aber nicht die Politik der neuen rot-grünen Koalition. Wir wollen die Spielräume des Grundgesetzes ausnutzen, damit Niedersachsen für die Zukunft gut aufgestellt ist - ohne Abstriche.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden im Verfahren der nächsten Monate hierzu konkrete Vorschläge machen. Die Opposition kann ich nur auffordern: Machen Sie endlich Schluss mit dem Wahlkampf, sehen Sie den finanzpolitischen Realitäten ins Auge und zeigen Sie Gesprächsbereitschaft zur gemeinsamen Umsetzung der Schuldenbremse!
Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Es liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vom Kollegen Hilbers vor. Sie haben das Wort: eineinhalb Minuten, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege, Verantwortung für das Land nimmt man nicht wahr, indem man immer neue Schulden macht,
sondern Verantwortung für das Land nimmt man wahr, indem man politisch Prioritäten setzt, den Kopf für Investitionen und wichtige Entscheidungen hinhält und eine solide Haushaltspolitik macht.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD] und Petra Tie- mann [SPD]: Das sagt der Richtige!)
Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie den Versuch unternehmen, unsere Zahlen schlechtzureden, um den Boden dafür zu bereiten, dass Sie Ihre nicht finanzierbaren Wahlversprechen auch noch damit entschuldigen können, dass Sie eine schlechte Haushaltslage vorgefunden haben. Das ist nämlich nicht der Fall.
Fakt ist, dass Sie zu Ihrer Zeit die Verschuldung verdoppelt haben, und zwar ohne Kapitalmarktkrise und ohne Negativwachstum und ohne dass Sie die Herausforderungen hatten, die wir durch Konjunkturprogramme u. Ä. zu bewältigen hatten.
Schauen Sie sich unsere Verschuldung an! Wenn Sie mit 20 Milliarden rechnen, dann rechnen Sie geflissentlich Ihren Haushalt von 2002 und den Haushalt mit ein, den Sie jetzt noch haben. Außerdem rechnen Sie die Kreditermächtigungen - nicht die in Wahrheit aufgenommenen Kredite - hinzu. Das ist falsch. Sie landen bei 14 bis 15 Milliarden. Das wissen Sie! Streuen Sie den Leuten nicht
Sand in die Augen! Sie haben damals unter ganz anderen Voraussetzungen eine wesentlich schlechtere Finanzpolitik zu verantworten gehabt als die, die wir heute haben.
Deshalb arbeiten wir daran, und deshalb trauen wir uns, diese ehrgeizige Schuldenbremse einzuführen. Natürlich ist das Ziel ehrgeizig.
Herr Kollege Heere, Sie oder eine Kollegin oder ein Kollege aus Ihrer Fraktion haben die Möglichkeit zu antworten. - Sie antworten. Auch Sie haben eineinhalb Minuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Nur ganz kurz. In einem Punkt muss ich Sie korrigieren: Wir haben zu dem Schuldenstand im Jahre 2002 überhaupt nichts beigetragen, weil wir, wenn ich mich richtig erinnere, in diesem Land seit 1994 nicht mehr regiert haben. Insofern können Sie das vielleicht anderen Teilen dieses Hauses vorwerfen.