Protokoll der Sitzung vom 13.03.2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrtes Präsidium! Nur ganz kurz. In einem Punkt muss ich Sie korrigieren: Wir haben zu dem Schuldenstand im Jahre 2002 überhaupt nichts beigetragen, weil wir, wenn ich mich richtig erinnere, in diesem Land seit 1994 nicht mehr regiert haben. Insofern können Sie das vielleicht anderen Teilen dieses Hauses vorwerfen.

(Johanne Modder [SPD]: Och nein! - Lachen und Beifall bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

- Ja, meine Damen und Herren, das ist die Realität. Man muss Realitäten auch einmal benennen, wie sie sind. An der Stelle sollten Sie sich hier nicht zu sehr freuen. Sie sollten sich deshalb nicht zu sehr freuen, weil die 18 Milliarden, die ich genannt habe, korrekte Zahlen sind. Die haben Sie zu verantworten.

(Björn Thümler [CDU]: Die Zahlen sind falsch!)

Das sind 1,8 Milliarden pro Jahr. Das ist etwas, was in Ihrer Verantwortung ist. Das ist etwas, was Sie im Moment nicht schaffen abzubauen; wir befinden uns in diesem Jahr in der Situation, dass wir in diesem Jahr genau so viel machen würden, wie Sie in den letzten zehn Jahren gemacht haben.

Wir müssen aber versuchen, dass wir da herauskommen. Das schaffen wir nicht, indem wir Wolkenkuckucksheime aufbauen und sagen, dass es im nächsten Jahr nur noch 620 Millionen sind und wir danach 200 Millionen Euro schaffen usw., ohne dass dafür irgendetwas hinterlegt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es bedarf vielmehr einer konkreten Planung. Diese Planung werden wir vorlegen. Sie muss realistisch sein, weil diese Innovationen und Investitionen, die Sie genannt haben, vor allen Dingen in unsere Köpfe, die Köpfe der Zukunft, getätigt werden müssen. Das schaffen wir nicht, wenn man einfach nur pauschal sagt, dass wir das bis 2017 schaffen und die restlichen Haushaltsspielräume nicht wahrnehmen.

Wir werden das für die Zukunft Niedersachsens umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Wir setzen jetzt die Beratung fort. Das Wort hat der Kollege Dürr, Fraktionsvorsitzender der FDP.

(Zuruf von der SPD: Bitte nicht so schreien!)

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir machen es heute ganz entspannt, Frau Modder. Es ist alles gut.

Ich will - das wird auch den Ministerpräsidenten interessieren - mit einem kurzen Zitat aus einem Regelwerk für gesunde Finanzen beginnen. Zitat: Diese Regeln beinhalten die Verpflichtung zu ausgeglichenen Haushalten. Unter diesen Regeln darf man nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. - Das, meine Damen und Herren, ist aus dem Regelwerk Financial Fairplay des europäischen Fußballverbandes UEFA. Alle Fußballvereine, die in der Champions League und der Europa League spielen wollen, dürfen künftig keine neuen Schulden mehr machen, meine Damen und Herren.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Weil, wir sind nicht nur politisch in unterschiedlichen Vereinen, sondern auch fußballerisch. Ich bin Mitglied des SV Werder Bremen

(Jens Nacke [CDU]: Das macht ja nichts!)

- danke -, auch da ist einiges zu leisten, und Sie sind Mitglied bei Hannover 96. Herr Ministerpräsident, Herr Weil, nehmen Sie sich an Ihrem Lieblingsclub Hannover 96 ein Beispiel! Was für Hannover 96 richtig ist, das kann doch für Niedersachsen nicht falsch sein. Stimmen Sie mit uns für die Schuldenbremse in der Landesverfassung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In der letzten Wahlperiode - der Kollege der Grünen hat vorhin etwas aufgeregter gesprochen - haben die Grünen den Gesetzentwurf, den wir heute wieder eingebracht haben, mit dem Hinweis auf verfassungshygienische Gründe abgelehnt. Der Sinkflug mit festen absoluten Obergrenzen für die Nettokreditaufnahme war den Grünen zu unseriös und zu unsicher.

Meine Damen und Herren, ich glaube, hier geht es in Wahrheit um etwas anderes, nämlich um Prioritäten. Normale Konjunkturschwankungen dürfen in Zukunft keine Ausrede für neue Schulden mehr sein. Hier geht es auch nicht um Tarifverhandlungen und ein paar Prozente mehr oder weniger für den öffentlichen Dienst. Für uns ist das Thema Verschuldung, das Thema Schuldenabbau eine Frage der Haltung. Das ist eine Prinzipienfrage, meine Damen und Herren. Deswegen ist die Verfassung genau der richtige Ort für diese Schuldenbremse.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Walter-Borjans, der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, hat gesagt - das fand ich wirklich bemerkenswert -, Schulden seien gar kein Drama, das Problem löse sich ganz einfach über die Geldentwertung. - Auch da drückt sich unterschiedliche Denke aus, meine Damen und Herren.

Ich finde es sehr spannend, was Sie vorhin in der Aktuellen Stunde gesagt haben, Frau Kollegin Modder. Sie haben gesagt: Die Verteilung von Arbeit und Vermögen organisiert der Staat. - All das passt zusammen. Sie haben sich als SPD in diesem Bundestagswahlkampf, der vor uns steht, schon längst von der sozialen Marktwirtschaft verabschiedet, meine Damen und Herren. Das ist der unterschiedliche politische Ansatz, den wir hier sehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Schon mal was von sozialer Gerechtigkeit ge- hört?)

Ihr Kollege und Parteifreund Walter-Borjans will nicht nur mehr Schulden und mehr Inflation, er kann derzeit auch nicht sagen, ob und, wenn ja, wie die Schuldenbremse des Grundgesetzes bis 2020 eingehalten werden kann. Das ist sozialdemokratischer Verfassungsbruch mit Ankündigung! Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen - um das an dieser Stelle ganz klar zu sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Hier wurde schon sehr viel über den Regierungswechsel 2002/2003 gesprochen. Ich war zu dieser Zeit junger neuer Abgeordneter im Landtag, ähnlich wie jetzt der Kollege von den Grünen. Damals gab es unter Herrn Aller die sogenannten Potemkinschen Finanzämter. Ich weiß nicht, ob sich noch jemand daran erinnert. Die Fassade des Finanzamtes war finanziert, nur das Gebäude dahinter fehlte, meine Damen und Herren. Das ist genau die Politik, die Sie hier in den nächsten Jahren betreiben werden.

Herr Wenzel, Sie werden die Umsetzung der Schuldenbremse, die Sie jetzt in Interviews für 2020 angekündigt haben, nicht einhalten. Wir werden das alle live und in Farbe erleben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Verfassungen sind für Rot-Grün ohnehin nur Lippenbekenntnisse. Der Staatsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen hat gestern zum dritten Mal einen Haushalt von Frau Kraft und Herrn Walter-Borjans für verfassungswidrig erklärt. Es ist schon bezeichnend, dass in der SPD eine Frau als Hoffnungsträgerin gilt, Frau Kraft, die sich systematisch nicht an die Verfassung hält, meine Damen und Herren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was ist mit McAllister und Schünemann?)

Wissen Sie, was ich befürchte? - Ich befürchte, dass Nordrhein-Westfalen die Blaupause für RotGrün in Niedersachsen ist, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Gabriela König [FDP]: Genau! - Helge Limburg [GRÜNE]: Nee!)

Frau Kraft hat im letzten Jahr 4,5 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, obwohl die Steuereinnahmen auf Rekordniveau gestiegen sind. Liebe Kollegen von SPD und Grünen, eines wird doch sehr deutlich: Wer Haushaltspolitik mit so vielen

Wenns und Abers macht wie Rot-Grün, der wird nicht nur 2017 und 2020, sondern auch 2030 keinen ausgeglichenen Haushalt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Modder, ich erinnere mich noch sehr gut an die Beratung des letzten Landeshaushalts, des Doppelhaushalts 2012/2013. Das waren die Beratungen, bei denen die SPD die Arbeit verweigert hat. Sie hat damals keine eigenen Vorschläge zum Landeshaushalt vorgelegt.

(Johanne Modder [SPD]: Zu Recht!)

Damals haben Sie uns vorgeworfen, das alles sei unsicher finanziert und alles viel zu optimistisch geschätzt. Vor allem aber würde das so am Ende nicht gehen.

(Johanne Modder [SPD]: Leider ist es so! Alles, was wir gesagt haben, ist eingetreten!)

Die Realität, Frau Kollegin Modder, zeigt jetzt aber, dass wir recht hatten. Wir haben 2012 die Nettokreditaufnahme gesenkt. Wir haben 2013 die Nettokreditaufnahme gesenkt. Ende letzten Jahres, im Dezember, haben wir sogar noch einmal zusätzlich 850 Millionen Euro weniger neue Schulden gemacht. So macht man Haushaltspolitik! So kommt man runter vom Schuldenberg! Man muss es vor allem wollen. „Ich kann nicht“ heißt: Ich will nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zum Schluss: Wir sollten im Haushaltsausschuss in den nächsten Wochen in Ruhe über dieses ganze Thema reden.

Lieber Herr Weil, verehrter Herr Wenzel, lieber Herr Schneider, ich fasse für Sie das Wichtigste bei dieser Verfassungsänderung noch einmal zusammen: Die Europäische Union hat mit dem Fiskalpakt eine Schuldenbremse. Die UEFA hat eine Schuldenbremse. Die Bundesrepublik Deutschland hat eine Schuldenbremse. Sogar Hannover 96 hat jetzt eine Schuldenbremse. Wir wollen, dass auch Niedersachsen endlich eine Schuldenbremse bekommt.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dürr. - Mir liegt jetzt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Frau Geuter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dürr, ich glaube, ich muss Ihrem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen.

(Heiner Schönecke [CDU]: Da sind wir aber gespannt!)

Ich kann mich an das Jahr 2011 erinnern. Damals hat die schwarz-gelbe Landesregierung den Entwurf für einen Doppelhaushalt vorgelegt, den sie nach massiven Protesten zurückziehen musste, weil er verfassungswidrig war. Ich erinnere ferner daran, dass der Haushalt 2012 bis zum Dezember 2012 objektiv verfassungswidrig war.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)