Herr Minister, darf ich ganz kurz auf Ihre Redezeit hinweisen? Für Sie gilt zwar keine Beschränkung. Sie liegen jetzt aber schon 7:37 Minuten über dem geplanten Ansatz. Das könnte dazu führen, dass die eine oder andere Fraktion darüber nachdenkt, zusätzliche Redezeit zu beantragen.
Das Nächste ist schon dargelegt worden. Für den Tarifabschluss sind 2 % eingeplant. Ausgeben müssen wir deutlich mehr. Im nächsten Jahr werden aufgrund des Tarifabschlusses, wenn wir ihn 1 : 1 auf die Beamten übertragen, 170 Millionen Euro mehr zu finanzieren sein, als im Haushalt und in der Mipla zugrunde gelegt ist. Es gibt also eine ganze Reihe von Dingen, die Ihre Zahlen mehr als infrage stellen.
Herr Thümler, deswegen - um das zu Ende zu bringen - bin ich und ist die Landesregierung gern bereit, hier zu einer sachlichen Debatte über die Frage, wie wir die Schuldenbremse für Niedersachsen umsetzen, zu kommen.
Hören Sie auf mit dem Versuch, den alten Teebeutel noch mal ins lauwarme Wasser zu hängen! Die Zahlen des Abbaupfades sind irreal. Sie sind durch die wirtschaftliche Entwicklung und die Tarifentwicklung überholt. Das funktioniert nicht. Wenn wir hier zu einer ruhigen Debatte kommen wollen, müssen wir mit anderen, mit realistischen Zahlen operieren.
(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Detlef Tanke [SPD]: Betretenes Schweigen! Das ist angemessen!)
Herr Minister, ganz herzlichen Dank. - Aber jetzt ist tatsächlich das eingetreten, was ich Ihnen angekündigt habe. § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung wird in Anspruch genommen:
„Spricht ein Mitglied, eine Beauftragte oder ein Beauftragter der Landesregierung, wenn einer Fraktion nicht mehr ausreichende Redezeit für eine Erwiderung zur Verfügung steht, so gewährt die Präsidentin oder der Präsident der Fraktion auf Verlangen angemessene zusätzliche Redezeit für die Erwiderung.“
Die Fraktionen der CDU und der FDP haben zusätzliche Redezeit beantragt. Ich gewähre der CDU-Fraktion zwei Minuten und der FDP-Fraktion eine Minute. Das Wort für die Erwiderung hat zunächst für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Hilbers.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, wenn Sie Ihrer Argumentation und Ihren Berechnungen treu bleiben wollen, dann kann ich nicht anders, als Sie hier und heute aufzufordern, einen Nachtragshaushalt vorzulegen und darin unverzüglich aufzuzeigen, wie Sie auf die Vermögensverwertung verzichten und Ihre Finanzierung darstellen wollen.
Ferner will ich hier zum Ausdruck bringen, dass Sie völlig verkennen, dass uns das Grundgesetz zwangsläufig vorschreibt, eine Schuldenbremse einzuführen.
Und wenn wir sie nicht in der Landesverfassung ausgestalten, dann werden wir sie in der reinen Form des Grundgesetzes bekommen. Dann werden wir eben nicht auf Dinge reagieren können, auf die wir reagieren wollen, wie auf Konjunkturkomponenten und Ähnliches. Wir haben das in unseren Vorschlag eingebaut.
Zweitens. Schon jetzt schreibt uns das Grundgesetz einen Abbaupfad vor. Das können Sie nicht leugnen. Sie müssen einen Abbaupfad festlegen. Das haben Sie bislang nicht getan, das verweigern Sie.
Ich will auch noch etwas zu Ihrer Berechnung der Nettokreditaufnahme mit der Einbeziehung der alten Kreditermächtigungen sagen. Da fällt Ihnen schon das Urteil des Staatsgerichtshofs auf die Füße, das Sie erwirkt und im November so gefeiert haben. Da ging es darum, dass aus Rücklagen Geld entnommen wird. Das wird zukünftig so nicht mehr möglich sein.
Sie haben im vergangenen Jahr ja keine Nettokreditaufnahme getätigt. Wir hinterlassen Ihnen nahezu 300 Millionen Euro in der Rücklage, die Sie verwenden können. Sie haben - das haben Sie gestern selbst in Ihrer Presseerklärung beschrieben - genug Luft im Personaletat, um die Tarifsteigerungen aus diesem Etat zu bezahlen. Wir haben für Sie komplett Vorsorge dafür getroffen, dass Sie das bezahlen können.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Und Sie sind haushaltspolitischer Sprecher! Oh Mann!)
114 Millionen Euro - Sie können gerne nachfragen - sind im Personaltitel nicht ausgenutzt. Diese 114 Millionen Euro helfen Ihnen auch im kommenden Jahr, weil sie im kommenden Jahr über 2 % fortgeschrieben werden. Setzen Sie sich mit den Zahlen im Einzelnen auseinander!
Im Übrigen gibt es bei den Zinsausgaben eine Überkompensation. Sie haben 200 Millionen Euro weniger im Zinstitel. Das kompensiert die Steuerausfälle aufgrund von konjunkturellen Entwicklungen, die Sie zu Recht anführen, vollständig. Sie haben in diesem Haushalt enorm Luft, Sie haben nur nicht die Kraft, gestaltend tätig zu werden und auf Neuverschuldung oder teure Versprechen zu verzichten.
Wir werden sehen, ob Sie Wort halten, ob Sie die Schuldenbremse wollen oder nicht. Das ist der Lackmustest für Ihre Koalition.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Reden Sie mal unter vier Augen mit Herrn Möll- ring! - Renate Geuter [SPD]: Das ist ja bezeichnend, wie schnell der ehe- malige Finanzminister fallengelassen wird!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es äußerlich gewisse Ähnlichkeiten mit Hartmut Möllring gibt -
Uns ist ein seriöser Finanzminister angekündigt worden. Unsere Erwartungen sind heute bitter enttäuscht worden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Sie haben vorhin vom Schuldenstand 2002 gesprochen und ihn mit dem im Jahr 2012 verglichen, die Rücklagen der Nettokreditaufnahme aber einfach hinzugerechnet, damit irgendwie die Zahl 20 Milliarden Euro zustande kommt. Diese Zahl haben Sie schöngerechnet, meine Damen und Herren. Die wahre Zahl ist doch gerade genannt worden: Es waren in Wahrheit 15 Milliarden Euro und damit deutlich weniger.
Herr Hilbers hat die Mehrbelastung des Haushaltes durch den Tarifabschluss - den hat übrigens ein SPD-Minister verhandelt, um das auch ganz klar zu sagen - angesprochen.
Die Wahrheit ist: In dem Landeshaushalt, den wir Ihnen hinterlassen haben, sind der Zinstitel und der Personaltitel derzeit nicht ausgeschöpft. Sie haben sehr wohl Rücklagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Schneider, eines zum Schluss: Eigentlich sollten Finanzminister in gewisser Weise unabhängig sein, auch gegenüber den Fraktionen. Herr Möllring war das immer.
Ich komme zum Schluss. - Aber sich hier hinzustellen, Herr Schneider, und zu sagen: „Die Zukunft ist irgendwie unsicher, und deswegen können wir keine Schuldenbremse machen“, das ist für einen niedersächsischen Finanzminister schlicht und einfach zu wenig.