Protokoll der Sitzung vom 26.03.2014

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das ist ein kleiner Teil, aber ein ganz wichtiger Teil der Geschichte. Wenn man sich die Reden hier anhört, Herr Dr. Hocker, erstaunt mich schon dieser Hochmut. Dieser Hochmut ist vor dem Hintergrund der Probleme bemerkenswert, die nicht Sie persönlich, aber Ihre Partei uns hinterlassen hat. Auch das, was wir in Fukushima und in Tschernobyl erlebt haben, was vorher von denjenigen, die in diese Technologie eingestiegen sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wurde,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was mei- nen Sie damit? Wer ist denn alles eingestiegen?)

lohnt doch, mit mehr Ernsthaftigkeit betrachtet zu werden, als ich es bei Ihnen höre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Bäumer, wenn bei Ihnen alles so sicher wäre, würde ich mir weniger Sorgen machen. Aber wenn ich allein auf die Energiepolitik in Bayern und auf die Tänze gucke, die dort veranstaltet werden, wo Gesetze, die vor fünf Monaten beschlossen wurden, heute wieder infrage gestellt werden, wo Herr Ramsauer als Geisterfahrer auf der Autobahn unterwegs ist und plötzlich wieder Sprüche von vor zehn Jahren ausgräbt - Herr Bäumer, ich weiß, dass Sie da anders denken -, sehe ich, dass dort mancher immer noch den Gedanken hegt, er könne noch einmal den Rückwärtsgang einlegen.

Wenn ich mir die Berichte der letzten Tage über die Situation in Fukushima ansehe, dann beeindruckt mich am meisten der Satz einer Schriftstellerin, die beschrieb, wie es den Eltern geht, die versuchen, ihren Kindern beizubringen, was Strahlung ist, die man nicht hören kann, die man nicht fühlen kann und die man nicht sehen kann. Wie soll man einem Kind erklären, wie man damit umgehen kann? - Meine Damen und Herren, das ist auch deshalb beunruhigend, weil eine Industrienation wie Japan auch nach drei Jahren mit der Situation noch völlig überfordert ist.

Die GRS schreibt, man habe den Unfallhergang grundsätzlich verstanden, den Zustand der Kerne nach drei Jahren aber noch nicht abschließend klären können. Man ist immer noch dabei, Brennelemente zu bergen. Man ist immer noch mit Erkundungsmaßnahmen beschäftigt. Der Rückbau wird Jahrzehnte dauern. Und das in einer der großen Industrienationen!

Mit Sorge blicke ich auch auf die Ukraine, in der 15 AKW laufen. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen auch in diesen Tagen Sicherheit und Sicherung sehr ernst nehmen und im Blick haben.

Meine Damen und Herren, in Deutschland wurden Konsequenzen gezogen. Erwähnt wurden die acht abgeschalteten Atomkraftwerke, die Sicherheitsüberprüfungen in den noch laufenden AKW, die Stresstests, der ESK-Stresstest. Eine ganze Reihe von Maßnahmen wurde in einem deutschen Aktionsplan zusammengefasst, der derzeit gemeinsam von den Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder sowie den Betreibern umgesetzt, jährlich aktualisiert und veröffentlicht wird.

Im Rahmen der Aufarbeitung der Ereignisse in Fukushima ist es ebenfalls zu einer neuen Empfehlung bezüglich des Notfallschutzes und einer Erweiterung der Planungsgebiete für die zentralen Katastrophenschutzmaßnahmen gekommen.

Darüber hinaus haben wir vor, auch die einheitliche Bewertung der radiologischen Lage und die daraus erfolgenden Empfehlungen in Niedersachsen in einem interministeriellen Krisenstab zusammenzuführen, der gemeinsam von MI und MU eingerichtet werden soll. Wir ziehen damit die Lehre aus den Empfehlungen, die uns Herr Landrat Rüdiger Butte damals in seiner Verantwortung für den Katastrophenschutz in einem Landkreis, der Standort für ein Atomkraftwerk ist, mit auf den Weg gegeben hat.

Von daher gibt es viele Konsequenzen, die noch zu ziehen sind. Auch das Thema Deckungsvorsorge muss vor dem Hintergrund der Ereignisse in Fukushima überdacht werden, weil die Schadensgrößen alles überschreiten, was bisher angenommen wurde.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass es uns sehr ernst damit ist, die Energieversorgung tatsächlich auf erneuerbare Energien umzubauen. Wir gewinnen damit Unabhängigkeit und Freiheitsgrade in der Gestaltung. Wir werden 98 % der fossilen Ressourcen einsparen müssen, wenn wir die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzen wollen. Ich hoffe, dass wir an dieser Stelle an einem Strang ziehen können, Herr Bäumer und Herr Dr. Hocker. Ich wünsche mir das von Herzen. Ich sehe es in der Realität aber leider viel zu selten.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Wenzel. - Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 3 a in dieser Aktuellen Stunde abgehandelt.

Ich gehe über zu dem Punkt

b) Rot-Grün steht auf der Standspur - Grüne bremsen A 39 aus - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/1369

Der Antrag wird eingebracht und begründet von Herrn Kollegen Bode. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Die A 39 ist wichtig für das Braunschweiger Land. Ich unterstütze das.“

So Ministerpräsident Stephan Weil am 15. Januar 2014 bei der IHK in Braunschweig. Aber auch:

„Die Vorrangstellung der A 20 und A 39 ist nicht mehr gegeben.“

So der gleiche Stephan Weil am 6. Februar 2013. Manchmal ändert wohl das Amt die Ansicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Es geht weiter:

„Die A 39 ist ein richtiges und notwendiges Projekt. Wir sollten sie bauen.“

Das war Ministerpräsident Weil am 4. Juni 2013 bei der IHK in Lüneburg. Aber:

„Weder verkehrspolitisch sinnvoll noch unter den gegebenen Rahmenbedingungen finanzierbar sind die Autobahnneubauten A 20, A 39 und die A 26 Ost.“

So die grüne Landtagsfraktion am 5. September 2013.

„Die Planungen werden wir zügig umsetzen, dass es auch zur Umsetzung kommt“, sagte Minister Lies am 28. Mai 2013 zu A 39.

(Heiner Schönecke [CDU]: Er sagt es, er macht es aber nicht!)

„Realistisch heißt das für Niedersachsens Verkehrspolitik, dass in den nächsten Jahren kein Spatenstich gesetzt werden kann.“

So die verkehrspolitische Sprecherin Frau Menge am 25. Februar 2013.

„Niedersachsens Minister Lies will die Planung für die Autobahnen A 20 und A 39 zwar weiter vorantreiben, einen Bau aber von der Zustimmung der Grünen abhängig machen.“

So stand es in der Braunschweiger Zeitung am 12. März 2013.

„Es ist nicht damit zu rechnen, dass Mittel für den Bau einer neuen Autobahn zur Verfügung stehen.“

So Gerald Heere am 19. März 2014.

Als Alternative zur A 39 müsse man beim Bund für den Ausbau der B 4 werben, so Susanne Menge am 24. Januar 2014.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es ist schön, dass Sie solche Zitate so ge- nau lesen! Sie können da richtig noch etwas lernen, Herr Kollege!)

„Niedersachsens Regierung lehnt Weiterbau der A 39 ab“ - so Die Welt am 24. Januar 2014.

„Zusammen mit der SPD haben wir uns darauf geeinigt, mit dem Ausbau der B 4 eine Alternative zur A 39 prüfen zu lassen - dieser Bewertung greift auch niemand vorweg.“

Susanne Menge am 19. März 2014.

„Der Bund darf keine Fakten schaffen, indem Teilabschnitte in der Umsetzung vorgezogen werden. Ich gehe davon aus, dass auch die Landesregierung keine solche Vorfestlegung wünscht.“

Miriam Staudte am 20. März 2014.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, ich weiß ja nicht, ob Sie ein guter Tänzer sind. Aber bei der A 39 vollziehen Sie hier den perfekten Eiertanz. Das darf so nicht weitergehen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Man könnte auch sagen: Wir erleben seit einem Jahr die Regierung der gespaltenen Zunge. Ich zitiere noch einmal:

„Die A 39 ist wichtig für das Braunschweiger Land. Ich unterstütze das.“

Das ist die letzte bekannte Position dieser Landesregierung zur A 39. Falls sich die Position nicht geändert hat, ist es übrigens auch die Position von Minister Wenzel, der sie als Mitglied der Landesregierung mitträgt.