Diese Aktuelle Stunde demonstriert sehr eindeutig, wie matt und farblos, wie unvorbereitet und unambitioniert die Grünen innerhalb dieser Regierung zu Werke gehen. Ein bisschen Melancholie, verehrte Frau Piel - sie scheint gerade den Saal verlassen zu haben -, schwang in Ihren Worten auch mit. Das haben wir alle deutlich mitbekommen.
Ich kann Sie als Grüne ja sehr gut verstehen, dass Sie sich ein bisschen die Vergangenheit der Jahre vor 2011 zurücksehnen. Damals war die grüne Welt noch so schön einfach, so schön abgrenzbar, so schön in Schwarz und Weiß einzuteilen, in Gut und Böse. Die Guten waren Sie und die Gorlebendemonstranten. Die Bösen waren alle anderen, die vielleicht damals schon die Frage gestellt haben, wie das alles unter einer naturwissenschaftlichen und technischen Betrachtung so schnell funktionieren soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Grünen hatten damals ein klares Feindbild. Sie hatten damals ein identitätsstiftendes Thema, nämlich den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie. Die Grünen hatten damit auch ein Thema, zu dem ihnen Kompetenzen unterstellt wurden. Und heute? - Alles weg! Pulverisiert, quasi über Nacht! Die Grünen, meine Damen und Herren, sind immer noch auf der Suche danach, was sie nach der Katastrophe von Fukushima eigentlich auf ihre Agenda setzen sollen.
Alles muss jetzt schneller gehen, schneller als noch vor einigen Jahren. Wer schneller werden muss, macht auch leichter Fehler. Genau diese Fehler kann sich eine hoch entwickelte Volkswirtschaft wie die in Deutschland eben nicht leisten. Ein einziger Blackout bei uns würde dazu führen, dass nicht nur ein immenser Imageverlust entstehen, sondern gleichzeitig viele Milliardeninvestitionen eben nicht mehr nach Deutschland führen würden.
Deswegen sollten Sie, Frau Piel, heute nicht melancholisch in die Vergangenheit blicken, sondern endlich auch eigene Vorschläge machen, wie Sie diese Energiewende zum Erfolg führen wollen, wie Sie es hinbekommen wollen, dass die Kosten nicht durch die Decke gehen, und wie Sie, Frau Piel, es hinbekommen wollen, dass in Zukunft Versorgungssicherheit in Deutschland auch dann exis
Wenn Sie in der Aktuellen Stunde heute die Frage stellen, was man innerhalb der letzten drei Jahre - seit Fukushima - hat lernen dürfen und lernen müssen, so gebe ich Ihnen drei Antworten.
Erstens. So tiefgreifende Beschlüsse wie die über die Energieversorgung einer Volkswirtschaft wie der deutschen sollten nicht über Nacht und nicht aus dem Bauch heraus, sondern sozusagen mit kühlem Kopf und mit Abwägung getroffen werden.
Zweitens. Um endlich die Kosten der Energiewende in den Griff zu bekommen, verehrte Frau Kollegin Piel, dürfen auch Sie sich der Einführung von Wettbewerb zwischen den erneuerbaren Energien nicht mehr verschließen. Die erneuerbaren Energien müssen sich endlich mit anderen Energieformen in einem Wettbewerb präsentieren. Solange Sie da nicht einen Schritt auf uns zugehen, werden Sie es nicht hinbekommen, dass die Kosten im Zaum bleiben.
(Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE] und Anja Piel [GRÜNE]: Wie sollen wir das in Berlin machen?)
Drittens. Die Energiewende wird scheitern, wenn sie ohne Rücksicht auf die Interessen der Menschen umgesetzt wird. Sprechen Sie doch mal mit den Menschen in Kirchlinteln und in Langwedel, in Südniedersachsen, in Westerstede, in Hameln, in Edemissen, in Toppenstedt, landauf, landab in Niedersachsen, mit Menschen, die sich mit ihrem Eigenheim eine Altersvorsorge haben aufbauen wollen, vielleicht ihren Kindern etwas vererben wollen, und die jetzt Angst haben, dass durch immer höhere Rotoren, dass durch immer mehr repowerte Standorte der Wert dieser Vermögen, dieser Altersvorsorge sinkt und dass am Ende sehr viel weniger zum Vererben da ist, als es noch vor einigen Jahren der Fall gewesen ist. Darauf müssen Sie, verehrte Frau Piel, Antworten finden.
Ich würde mich freuen, wenn Sie in Zukunft ein bisschen mehr den Blick nach vorn richten würden, anstatt sich nur melancholisch an die Vergangenheit zu erinnern.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Die neue Grünen-Führung enttäuscht: Statt alter Parteitugenden wie Leidenschaft und Kreativität verströmt sie Verzagtheit und Blässe.“ Keine Angst, Frau Kollegin Piel, dieses Zitat stammt nicht von mir, sondern von der InternetSeite Spiegel online und war ursprünglich auch nicht auf Sie gemünzt, sondern auf Ihre beide Kollegen an der Spitze der Grünen-Fraktion in Berlin.
Ihr Vorgänger, das frühere Aushängeschild der Grünen hier im Landtag, der Umweltminister, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Statt leidenschaftlicher Reden hören wir von ihm nur noch wohlfeile Allgemeinplätze. Das atomare Feuer ist erloschen
Der Landwirtschaftsminister leidet immer noch unter dem Weggang seines Luxusstaatssekretärs. Dieser Minister hat sich fest vorgenommen, die Restlaufzeit der Landwirtschaft in Niedersachsen zu verkürzen und die Produktion von Fleisch über kurz oder lang stillzulegen.
Aber kurz bevor das grüne Wahlvolk von Naturschutzverbänden bis zur Antiatombewegung die Freundschaft aufkündigt, kramen Sie hier passend zum Jahrestag des Reaktorunfalls von Fukushima ein Thema hervor, das wie kein anderes das Brennelement grüner Wahlerfolge werden sollte.
Kernenergie, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat die Grünen schon immer bewegt. Kurz nach Fukushima lag die Partei bei der Sonntagsumfrage bei 24 %, und sie fühlten sich schon wie die neue Volkspartei. Davon ist aber nicht viel geblieben.
Heute dümpelt Ihre Partei bundesweit bei 11 % herum. Wenn Ihre persönliche Halbwertszeit bei drei Jahren liegt, dann werden Sie 2022 nach der Abschaltung des letzten Kernkraftwerks in Deutschland an der Fünfprozenthürde scheitern.
Denn Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat seine Konsequenzen aus dem Reaktorunfall von Fukushima gezogen. Innerhalb von wenigen Tagen wurden damals acht Kernkraftwerke vom Netz genommen, und innerhalb weniger Monate wurde mit großer Einmütigkeit beschlossen, bis zum Jahr 2022 komplett aus der Kernenergie auszusteigen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat kein anderes Land auf dieser Welt so gemacht. Seitdem machen wir Energiewende, und alle anderen Staaten schauen interessiert zu, ob uns das gelingt.
Ich wünsche mir sehr, dass wir den anderen beweisen, dass wir das können. Aber der Weg dorthin - das ist eine der Erkenntnisse der letzten drei Jahre - ist leichter gesagt als getan. - Wenn wir etwas aus Fukushima lernen können, dann, dass man Kernkraftwerke niemals - ich wiederhole: niemals - so nahe am Meer und so schlecht gegen Stromausfall gesichert hätte bauen dürfen wie in Japan, wo Erdbeben fast häufiger vorkommen als ein Sechser im Lotto.
Obwohl dieses Land durch den Tsunami und den Reaktorunfall geschädigt worden ist, obwohl mehr als 100 000 Menschen ihre Heimat verloren haben, steht heute, drei Jahre nach Fukushima, fest, dass Japan auch weiterhin an der Nutzung der Kernenergie festhalten will. Vielleicht wäre es besser gewesen, Frau Kollegin Piel, wenn Sie Ihre Rede hier auf Japanisch gehalten hätten, um den Japanern die Welt zu erklären, wie wir das von Ihnen hier so kennen.
Weltweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, waren Ende des Jahres 2013 immer noch 437 Kernkraftwerke in Betrieb, und 70 Kernkraftwerke werden, ganz aktuell, neu gebaut. Warum tun die
Sie, Frau Kollegin Piel, hätten besser gefragt, was die Welt aus der Atomkatastrophe lernen kann, und nicht, was wir daraus lernen können. Denn wir haben uns entschieden auszusteigen. Wir haben uns entschieden, unsere Reaktoren nach dem Stresstest noch sicherer zu machen. Und wir haben uns für einen Neustart bei der Endlagersuche entschieden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, mir fällt nicht viel ein, was wir hier in Deutschland oder Niedersachsen von dem Reaktorunfall in Fukushima lernen könnten. Vielleicht sollten wir uns eher um den Reaktor in Tschernobyl kümmern. Er liegt nur 1 500 km von Hannover entfernt. Das ist genauso weit wie von hier nach Neapel. Aber der Jahrestag von Tschernobyl liegt ja im April. Damit kann man in dieser Aktuellen Stunde keinen Wahlkampf für die Europawahl machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Grünen-Landtagsfraktion hier in Hannover, wenn Ihnen als Thema für eine aktuelle Debatte - ich betone „aktuelle Debatte“; denn was ich vorhin gehört habe, habe ich schon in den letzten 13 Monate gehört; da war nichts Aktuelles dabei - nichts Aktuelleres als Fukushima einfällt, dann wäre es besser, Sie würden sich selbst vom Netz nehmen und für einen ordnungsgemäßen Rückbau sorgen. Das atomare Feuer - ich wiederhole mich da - geht Ihnen langsam, aber sicher aus.
In den Geschichtsbüchern, Frau Piel, die einmal über diese Zeit geschrieben werden, wird es heißen: Nachdem den Grünen mit der Kernenergie ihre ureigene Lebensquelle stillgelegt wurde, verlor die Partei von Wahl zu Wahl Tausende von Stimmen und schied am Ende sang- und klanglos aus den Parlamenten aus. Im Gegensatz zu dem atomaren Müll, der in dieser Zeit produziert wurde, konnten die grünen Parteiprogramme ohne Rückstände der Wiederverwertung zugeführt werden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das war ei- ne beschämende Rede! - Anja Piel [GRÜNE]: Das finde ich auch!)
Vielen Dank, Herr Bäumer. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Umweltminister nunmehr das Wort. Bitte sehr, Herr Minister!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Anfang und Ende - beides muss uns bei diesem Thema beschäftigen. Da wir in Niedersachsen bei dieser Technologie vor allen Dingen mit dem Ende, mit der Entsorgung zu tun hatten, freue ich mich ganz besonders, dass Bundesumweltministerin Hendricks heute in der Braunschweiger Zeitung angekündigt hat, dass sie die Gorleben-Klage zurückzieht. Nach 31 Jahren ist es ein ganz wichtiges Signal, dass der alte Rahmenbetriebsplan damit Geschichte ist. Der Plan B, der es vielleicht noch zugelassen hätte, ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne Umweltprüfung Fakten zu schaffen, ist vom Tisch.