Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Fragen Sie mal die Selbstständigen in Osna- brück, was das für eine Bürokratie verursacht! Die Ausnahmegenehmi- gungen!)

Der damit verbundene Aufwand ist in der Vergangenheit längst angefallen. Wir mussten aufgrund Ihrer damaligen Initiativen in Osnabrück 125 000 Euro ausgeben, um die Beschilderung an den Autobahnen zu realisieren. Das sind Kosten der Vergangenheit; das ist längst gelaufen. Die Kosten des Personals, das für die von Ihnen kritisierten Ausnahmegenehmigungen zuständig ist, werden längst durch die Gebühreneinnahmen gedeckt; das hat die Antwort auf Ihre Anfrage längst gezeigt.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Derbe Wege- lagerei ist das! Nichts anderes!)

Das heißt, der bürokratische Verwaltungsaufwand und die Kosten des Apparats sind Dinge aus der Vergangenheit. Das ist doch längst gelaufen. Die Ausnahmegenehmigungen werden in Osnabrück und Hannover völlig unbürokratisch per Fax erledigt.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Nein! Per Fax wird das erledigt!?)

Das macht überhaupt keinen Aufwand. Darüber spricht niemand in Osnabrück. Ich sage Ihnen, Herr Dr. Hocker: Sie reden hier ein Problem herbei, das es in Osnabrück und Hannover überhaupt nicht gibt. Die Menschen haben die Umweltzone in Osnabrück längst akzeptiert. Es gibt keine Diskussion in Osnabrück über die Umweltzone.

Ich möchte übrigens darauf hinweisen, dass der damalige Stadtbaurat und heutige Oberbürgermeister, den die CDU gestellt hat, diese Umweltzone vorgeschlagen und eingeführt hat. Daran sehen Sie, dass das so falsch nicht gewesen sein kann.

Meine letzte Bemerkung: Von den 565 000 Fahrzeugen, die im Landkreis und in der Stadt Osnabrück zugelassen sind, haben etwa 65 000 immer noch keine grüne Plakette. Ihrem Antrag zum jetzigen Zeitpunkt zu folgen, würde bedeuten, diese Fahrzeuge in die Stadt fahren zu lassen. Das würde - auch das ist uns übrigens in der Anhörung bestätigt worden - zu einem sprunghaften Anstieg der Stickstoffdioxidbelastung führen. Denn ältere Dieselfahrzeuge haben einen dreimal höheren Schadstoffausstoß als moderne Fahrzeuge.

Fazit aus meiner Sicht: Eine vorzeitige Auflösung wäre Sache der Kommunen, in deren Zuständigkeit Sie unzulässig eingreifen wollen. Im Übrigen wäre sie grob rechtswidrig. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege Henning. - Zu Wort hat sich jetzt der Abgeordnete Martin Bäumer, CDU-Fraktion, gemeldet. - Er kommt fast aus Osnabrück. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der FDP-Fraktion sehr dankbar, dass wir heute zum wiederholten Male über das Thema Umweltzone sprechen dürfen.

Ich will daran erinnern, dass der Antrag, über den wir gleich beschließen wollen, nicht der Antrag ist, den die FDP hier eingereicht hat. Im Ursprungsantrag hat die FDP in der Tat gefordert, die Umweltzonen sofort abzuschaffen. Dazu haben auch meine Kolleginnen und Kollegen und ich im Ausschuss gesagt: Da können wir nicht mitgehen.

Die geänderte Fassung, die Herr Hocker heute vorgelegt hat, sieht eine kritische Prüfung vor. Ich glaube, es wäre auch für SPD und Grüne möglich, dem zuzustimmen. Aber ich habe dem Redebeitrag von Herrn Henning entnehmen können, dass er sich mit dem neuen Antrag vermutlich gar nicht beschäftigt hat. Insofern, Herr Bajus, haben Sie

gleich alle Chancen, mir zu bestätigen, dass Sie ihn gelesen haben. Ich glaube, bei gutem Willen wäre es möglich, heute zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen.

(Zustimmung von Adrian Mohr [CDU])

Ihre ersten Äußerungen bei der damaligen Plenarsitzung gaben mir das Gefühl: Wir kriegen da am Ende gemeinsam was hin. - Aber leider haben Sie an dieser Stelle Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ich hätte von den Regierungsfraktionen erwartet, zu dem Antrag der FDP etwas Neues einzubringen. Aber Sie haben das im Grunde bloß im Ausschuss diskutiert und dann Ihre Arbeit nicht getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Bajus hat im Ausschuss - darauf hat mein Kollege Dr. Hocker vorhin hingewiesen - in der Tat Signale gesandt, von denen ich geglaubt habe, dass sie ernst gemeint seien. Der Kollege Bajus hat im Ausschuss - das kann man in den öffentlichen Protokollen nachlesen - gesagt: Es bestehe allgemeines Einvernehmen über bestimmte Fragen. Es sei in der Tat so, dass es bürokratische Zumutungen gebe. Die Frage, wie lange man eine Umweltzone brauche, sei grundsätzlich berechtigt. Wenn sie zu einem Erfolg geführt habe, dann könne man sie aufheben, wenn die Einhaltung der Ziele der Luftreinhaltung gegeben sei. Ob die Umweltzonen in Zukunft überhaupt noch bestehen müssten, könne man klären; denn wirkungslose Maßnahmen könnten auch aufgehoben werden.

All diese Signale, lieber Herr Kollege Bajus, ließen mich glauben, dass wir das gemeinsam hinkriegen. Denn ebenso wie bei der Kernenergie ging es nicht um die Frage „Ausstieg - ja oder nein?“, sondern nur um das Wann. Ich glaube, bei gutem Willen hätten wir es gemeinsam hinbekommen. Aber Sie haben sich an dieser Stelle verweigert.

Ich will hier heute Nachmittag nicht missverstanden werden. Auch ich glaube, dass alle Menschen, die in Städten leben, genauso wie die auf dem Land ein Recht auf gute, gesunde Luft haben. Gerade die Menschen in der Stadt haben das Problem, dass die Luft dort durch sehr viel Verkehr bei sehr wenig Wind, sehr wenig Luftaustausch in der Tat schlimm ist. Dort gibt es massive Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastungen. Es wäre gut, wenn wir diesen Menschen helfen könnten. Die Frage ist nur, wie wir helfen können. Wir müssen leider erkennen - darauf hat schon Dr. Hocker hingewiesen -, dass das nicht mit einer Maßnahme

geht. Auch die Umweltzonen, die von den Städten auf Druck von oben - nämlich von Brüssel und von Straßburg - eingeführt wurden, sind nur eine kleine Maßnahme, mit der man die Belastung ein wenig senken kann. Insgesamt braucht es ein Bündel von Maßnahmen. Insofern, glaube ich, muss man da noch ein bisschen mehr tun.

Zu dem Bündel von Maßnahmen, über die wir im Ausschuss informiert worden sind, gehören eine Verringerung der Verkehrsdichte, eine Verstetigung des Verkehrs und eine Modernisierung der Flotte.

Was das Thema Verkehrsdichte angeht, freue ich mich, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt Osnabrück nächste Woche Sonntag, am 25. Mai, parallel zur Europawahl die große Chance habe, eine gute Entscheidung zu treffen.

An dieser Stelle will ich deutlich darauf hinweisen, dass der Kollege Henning und der Kollege Bajus nicht einer Meinung sind.

Der Kollege Henning hat erkannt: Wenn man den Verkehr aus der Innenstadt heraushalten will, dann muss man dafür sorgen, dass der Verkehr woanders fließen kann. Deswegen ist der Kollege Henning von der SPD genauso wie meine Freunde von der CDU - so wie Burkhard Jasper - dafür, dass in der Stadt Osnabrück eine Westumgehung entsteht, um den Verkehr aus den dicht besiedelten Wohngebieten herauszubekommen und um diese Gebiete herum zu führen.

(Frank Henning [SPD]: Die FDP ist aber dagegen!)

An dieser Stelle, mein lieber Kollege Bajus, kann ich nicht verstehen, warum Sie auf der einen Seite für die Umweltzone sind und auf der anderen Seite gegen die Westumgehung sind. Das passt nicht zusammen. Wir brauchen ein Bündel von Maßnahmen. Das wäre ein weiteres Puzzleteil. Aber Sie haben sich an dieser Stelle leider verweigert.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Das gilt auch für Ihre generelle Verweigerungshaltung, lieber Herr Kollege Bajus, was die sogenannte Ostumgehung angeht. Die Westumgehung muss noch gebaut werden. Man kann aber auch östlich an Osnabrück vorbeifahren. Das würde im Rahmen einer Verlängerung der A 33 bis zur A 1 funktionieren. Dann wäre der Ring um die Stadt geschlossen. Aber auch hier erlebe ich vor Ort die Grünen als diejenigen, die sagen: Nein, das geht

nicht. Das können wir nicht zulassen. Das wollen wir nicht. - Lieber Kollege Bajus, wenn Ihnen die Gesundheit der Menschen in Osnabrück wichtig wäre, dann müssten Sie auch an dieser Stelle erkennen, dass Sie zustimmen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bei dem dritten Punkt, der Modernisierung der Flotte, verlassen Sie sich darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger selber etwas tun. Da muss ich ganz ehrlich sagen: Gerade diese Landesregierung hätte alle Möglichkeiten, den Menschen zu helfen, ihre Flotte zu modernisieren, den Menschen zu helfen, aus normalen Verbrennungsmotoren Elektromotoren zu machen. Wenn es Ihnen ernst damit wäre, die Gesundheit der Menschen zu schützen, dann hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie ein Programm für die belasteten Städte auflegen, mit dessen Hilfe jemand, der noch ein Auto mit hohen Emissionen fährt, sich ein Auto mit geringeren Emissionen kaufen kann. Das wäre ein guter Vorschlag. Aber den habe ich an dieser Stelle von Ihnen leider noch nicht gehört.

(Zustimmung bei der CDU)

Trotzdem, lieber Herr Kollege Bajus, bin ich ganz dankbar, dass mir die Stadtwerke Osnabrück gestern mitgeteilt hat, dass es zukünftig am Bahnhof in Osnabrück Ladesäulen geben wird. Man wird dort mit seinem Elektrofahrzeug vorfahren und es während der Zeit, in der man in Hannover ist, aufladen können. Wenn man dann mit der Bahn wiederkommt, kann man elektrisch, ohne Emissionen, weiterfahren. Das ist ein kluger Vorschlag. Insofern muss ich sagen: Die Stadtwerke Osnabrück haben da ihre Hausaufgaben gemacht.

Viele Menschen haben ein Problem mit der Umweltzone. Ich habe gerade letztes Wochenende mit jemandem gesprochen. Wir sind uns einig, dass die Gesamtbelastung gesenkt werden muss. Aber es gibt einzelne Menschen, die wirklich sehr betroffen sind. Die fahren Autos, die 20 oder 25 Jahre alt sind, und sagen mir: Herr Bäumer, mein Auto verbraucht doch bloß 6 l Diesel auf 100 km. - Es gibt Autos, die wesentlich mehr verbrauchen. Aber diese Menschen sperren wir aus den Städten aus. Sie werden niemals eine Ausnahmegenehmigung beantragen, sondern sagen einfach: Osnabrück, Hannover und andere Städte mit Umweltzone wollen mich nicht. - Diese Menschen werden im Grunde gezwungen, entweder diesen Städten fernzubleiben oder sich ein neues Auto zu kaufen.

Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir darüber nachdenken, wie wir insgesamt die Belastung senken, aber im Einzelfall die Beschwernisse, die eine Umweltzone verursacht, aufheben können. Deswegen wäre ich Ihnen, lieber Herr Kollege Henning, sehr dankbar, wenn Sie nicht immer das Horrorbild malen würden, dass 65 000 Autofahrer im Landkreis Osnabrück darauf warten, mit ihrer gelben oder roten Plakate zu Ihnen nach Osnabrück fahren zu dürfen. Viele von denen werden ihr Auto niemals nach Osnabrück bewegen, weil sie es nur brauchen, um in Nortrup oder Kettenkamp, in Quakenbrück oder in Glandorf-Schwege herumzufahren. Die würden Sie niemals besuchen. Aber wenn doch einer nach Osnabrück fahren möchte, dann lassen Sie ihn das doch tun, ohne dass er ein Fax schicken muss!

Wenn wir uns einig sind, dann müsste es möglich sein, einen Beschluss zu fassen, der besagt: Heute brauchen wir die Umweltzone noch, aber in wenigen Jahren kann sie abgeschafft werden. - Das ist im Grunde der Kern des vorliegenden Antrages. Zu einem solchen Beschluss sind Sie leider nicht bereit. Das, muss ich sagen, ärgert mich sehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Bäumer. - Eine Kurzintervention des Herrn Kollegen Henning. Bitte schön!

(Zuruf von der CDU: Sagen Sie etwas zu der Umfahrung!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Bäumer, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, dass Sie in Ihrem Redebeitrag gerade noch einmal die Qualität des Osnabrücker Luftreinhalteplans aufgezeigt haben, indem Sie deutlich gemacht haben, dass der Luftreinhalteplan eine Vielzahl von Maßnahmen vorsieht, bei dem die Umweltzone nur ein Punkt ist.

Sie haben einen weiteren Punkt angesprochen, der Maßnahmen wie den Bau von Umgehungsstraßen und den Bau der Entlastungsstraße West betrifft. Sie haben recht: Es gibt in der Osnabrücker Diskussion durchaus Differenzen zwischen Herrn Bajus und mir. Die SPD ist für den Bau der Umgehungsstraße, die Grünen sind dagegen.

Deswegen führen wir diese Bürgerbefragung am Sonntag der Europawahl durch.

Zur Wahrheit, Herr Dr. Bäumer - Herr Bäumer, nicht „Herr Dr. Bäumer“ - gehört natürlich auch, dass sich die FDP völlig seltsam verhält. Denn im Landtag ist sie der Auffassung, dass die Umweltzonen abgeschafft werden sollen. Aber wenn es vor Ort um weitere Entlastungsmaßnahmen geht - wie den Bau der Umgehungsstraße, der sehr vernünftig wäre, weil er noch mehr Innenstadtbewohner vom Verkehr entlastet -, ist die FDP dagegen. Die FDP argumentiert hier also mit zweierlei Maß. Sie spricht mit gespaltener Zunge. Im Grunde genommen wissen Sie gar nicht, was Sie wollen. Im Landtag wollen Sie die Umweltzonen abschaffen. Gleichzeitig lehnen Sie weitere Maßnahmen, wie den Bau einer Umgehungsstraße, in Osnabrück ab.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Sie haben den Antrag echt nicht gelesen! Wir führen eine Landtagsdebatte über die Umweltzone!)

Erklären Sie mir einmal, was Sie da eigentlich für ein Konzept haben! Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Das gehört zur Wahrheit dazu, Herr Bäumer. Das muss man einmal erwähnt haben.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)