Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sind die Menschen etwa so verwöhnt, oder geht es ihnen so gut, dass sie auf diese Privilegien, die ich eben angesprochen habe, verzichten? Es handelt sich durchaus um Privilegien. Wenn wir uns in der Welt umschauen, sehen wir, dass es auf dieser Erde Länder gibt, in denen die Stimmenabgabe mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben verbunden ist. Die Menschen dort haben kaum die Möglichkeit, sich über die Medien zu informieren, und sie können es auch nicht. Sie würden nur den Kopf schütteln oder auf andere Weise ihr Unverständnis äußern, weil sie gar nicht nachvollziehen können, dass man sein Wahlrecht in einem demokratischen Land nicht wahrnimmt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass es gewissen Populisten nicht gelingt, in der Bevölkerung durch Debatten Angst und Neid zu schüren, sondern lassen Sie uns mit einem klaren Ja uns zu Europa bekennen, weil es den Frieden sichert und wir die wirklich großen Aufgaben nur gemeinsam gestalten können!
Lassen Sie uns also Europa gemeinsam besser machen! Europa ist eine Versicherung für Frieden, Freiheit und Lebensqualität. Dafür lohnt es sich, zu kämpfen - mit allen Kräften, die uns zur Verfügung stehen.
Vielen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Ende der Debatte, da weitere Wortmeldungen nicht vorliegen.
Die Kolleginnen Pieper und Glosemeyer haben für ihre Fraktionen - das wird sicherlich von allen antragstellenden Fraktionen unterstützt - sofortige Abstimmung beantragt. Ich frage der guten Ordnung halber nach der Geschäftsordnung dennoch, ob aus der Mitte des Parlaments Ausschussüberweisung beantragt wird. - Das sehe ich nicht.
Dann können wir jetzt in der Sache abstimmen. Wer den gemeinsamen Antrag aller Fraktionen in der Drucksache 17/1482 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit hat der Landtag diesen Entschließungsantrag einstimmig beschlossen.
Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie von der Möglichkeit der Zusatzfragen nach der Geschäftsordnung Gebrauch machen wollen.
a) Gab es Ermittlungspannen im Korruptionsfall beim Landesjustizprüfungsamt in Celle? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/1512
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verlese im Folgenden die Dringliche Anfrage der FDP-Fraktion.
Das niedersächsische Justizwesen wird zurzeit von einem weiteren Skandal überschattet. Als leitender Mitarbeiter im Landesjustizprüfungsamt soll ein abgeordneter Richter Prüfungsarbeiten für das zweite Staatsexamen für jeweils mehrere Tausend Euro an zahlungswillige Referendarinnen und Referendare verkauft haben.
Nach Durchführung entsprechender strafrechtlicher Ermittlungen wurde er am 31. März 2014 auf der Flucht mit 30 000 Euro und einer scharfen Schusswaffe in Begleitung einer jungen Dame in einem Mailänder Hotel von der italienischen Polizei festgenommen. Der Beschuldigte befindet sich nach wie vor in Italien in Haft.
Bereits am 22./23. März 2014 erlangten die Ermittlungsbehörden Kenntnis von einem belastenden SMS-Verkehr zwischen dem Beschuldigten und an Prüfungsklausuren interessierten Personen, woraufhin am 26. März 2014 sowohl der Arbeitsplatz des Beschuldigten im Landesjustizprüfungsamt Celle als auch dessen Privatwohnung durchsucht wurden. Einen Tag später fand ein Gespräch zwischen dem Beschuldigten und Staatssekretär Scheibel im Justizministerium statt. Direkt nach dem Gespräch trat der Beschuldigte die Flucht nach Italien an.
1. Wer wusste in welchem Ministerium zu welchem Zeitpunkt was über den Stand der Ermittlungen gegen den abgeordneten Richter?
2. Welche Hinweise oder Anweisungen gab es aus welchem Ministerium zu welchem Zeitpunkt an welche ermittelnden Beamten?
3. Welchen genauen Inhalt hatte das Gespräch zwischen dem beschuldigten Richter und dem Staatssekretär, und wer war bei diesem Gespräch noch zugegen?
Vielen Dank, Herr Dr. Genthe, für das Einbringen der Dringlichen Anfrage. - Für die Landesregierung antwortet die Justizministerin Frau NiewischLennartz. Sie haben das Wort, Frau Ministerin.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Korruptionsvorwürfe gegen den beschuldigten Richter wiegen schwer. Sie alle wissen, dass mit Hochdruck zahlreiche Sonderprüferinnen und Sonderprüfer, Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in einem gewaltigen Kraftakt alle Examen zur zweiten Staatsprüfung seit 2011 noch einmal begutachten. Ihnen gelten an dieser Stelle mein Dank und meine Anerkennung für ihre Einsatzbereitschaft.
Meine Damen und Herren, das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Mitarbeiter des Prüfungsamtes ist vom Tag eins an unter Hochdruck und unter Nutzung aller zulässigen Ermittlungsmaßnahmen geführt worden. Der Beschuldigte konnte aufgrund dieser Aktivität ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft hat relativ schnell Erfolge erzielt. Der Beschuldigte befindet sich noch in Italien. Wir warten auf seine Auslieferung, um das eigene Ermittlungsverfahren fortführen zu können.
Das Ermittlungsverfahren wird von einem Disziplinarverfahren begleitet. Alles dazu Notwendige hat mein Haus veranlasst. Der unter Korruptionsverdacht stehende Richter ist durch das Richterdienstgericht vorläufig seines Amtes enthoben worden.
Erstens fragen Sie, wer wann was wusste. Es geht also um den Personenkreis, es geht um den Zeitpunkt, und es geht auch um den Inhalt, was die einzelnen wussten. Das macht es leider notwen
(Christian Dürr [FDP]: Mein nächster Termin ist um 20.30 Uhr! - Jens Na- cke [CDU]: In den Ausschuss kom- men Sie ja nicht! - Gegenruf von Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Wollen Sie das jetzt hören oder nicht?)
Auf Kenntnisse aus Presseberichten möchte ich nicht eingehen. Ich gehe davon aus, dass Sie Kenntnisnahmen aus Presseberichterstattungen auch nicht meinen. Aber natürlich ist es auch auf diese Weise zur Kenntnis des Ermittlungsverfahrens gekommen. Die Berichte in der Presse begannen am 31. März aufgrund der Onlinemeldungen aus Italien.
Ich werde zunächst auf die Kenntnisse in meinem Haus und dann auf die Kenntnisse, die in der Staatskanzlei und im Innenministerium vorhanden waren, eingehen.
Zum Justizministerium: Ich beginne mit dem Justizprüfungsamt. Der erste Hinweis, der das Ermittlungsverfahren in Gang setzte, ging dort ein.
Der stellvertretende Leiter des Justizprüfungsamtes berichtete Folgendes - den ersten Abschnitt möchte ich vorlesen -:
„Am 15.01.14 erhielt ich durch einen Telefonanruf eines Kollegen aus dem Geschäftsbereich, der auch als nebenamtlicher Prüfer des Landesjustizprüfungsamts tätig ist, Kenntnis davon, dass ihm eine Kollegin erzählt habe, dass einer ehemaligen Referendarin dieser Kollegin niedersächsische Klausuren das zweite Staatsexamen betreffend angeboten worden seien. Hiervon erlangte auch Herr L., mein unmittelbarer Vertreter, Kenntnis, weil er während des Telefonats mein Dienstzimmer betrat und ich hinsichtlich seiner Person zu diesem Zeitpunkt keinerlei Verdachtsmomente hegte.
Im unmittelbaren Anschluss an dieses Telefonat habe ich meinen Dienstvorgesetzten, Herrn Präsident des OLG Professor Hupka, und in Absprache mit diesem sodann die Staatsanwaltschaft Verden über diesen zunächst noch recht rudimentären Sachverhalt in Kenntnis gesetzt.“
Natürlich arbeitete das Prüfungsamt im Weiteren mit der Staatsanwaltschaft zusammen, und zwar in Person des Präsidenten des Justizprüfungsamtes und seines Stellvertreters, der zugleich Kontaktperson zur Staatsanwaltschaft ist. Ab dem 7. März wurde ein Rechtspfleger hinzugezogen.
Der stellvertretende Leiter hatte seit Anfang Februar 2014 Kenntnis von einzelnen Ermittlungsmaßnahmen, namentlich der Telefonüberwachung und der Durchsuchung der Diensträume des Beschuldigten. Inhalt von Besprechungen mit der Staatsanwaltschaft am 7. und 17. März waren insbesondere die Arbeitsabläufe im Prüfungsamt sowie die Frage, inwieweit das Prüfungsamt die Staatsanwaltschaft unterstützen könnte - nicht aber der Stand der Ermittlungen.
Am Tag vor den Durchsuchungen, also am 25. März, informierte die Abteilungsleiterin I den stellvertretenden Leiter des Prüfungsamtes außerdem von der anstehenden Durchsuchung der Diensträume des Beschuldigten. Absprachegemäß wurde auch der Präsident des Prüfungsamtes informiert. Keine weiteren Personen im Prüfungsamt erlangten von den Durchsuchungen Kenntnis.
Nach Beginn der Durchsuchung am 26. März fand in Anwesenheit des Justizstaatssekretärs, der Abteilungsleiterin I und des Präsidenten des Justizprüfungsamtes eine Personalversammlung im Prüfungsamt statt. Dort wurden die Beschäftigten von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt.
Darüber hinausgehende Kenntnisse über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen waren im Prüfungsamt nicht vorhanden.