Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

(Ulf Thiele [CDU]: So weit kommt es noch, Herr Ministerpräsident! Wir las- sen uns doch von Ihnen den Mund nicht verbieten!)

Vor diesem Hintergrund betrachte ich in der Tat den Letter of Intent, der jetzt unterzeichnet worden ist, als einen großen Schritt vorwärts. Warum? - Zum ersten Mal haben alle Beteiligten gesagt: Ja, wir wollen gemeinsam Verantwortung für die Situation an der Ems übernehmen, und zwar in beiderlei Hinsicht, in wirtschaftlicher Hinsicht und bezogen auf die Wasserqualität. - Das ist deswegen ein großer Schritt vorwärts, weil das Misstrauen in der Zeit, über die ich gesprochen habe, so gewachsen ist und chronifiziert ist, dass es mit Händen zu greifen war. Es ist keinem Beteiligten leicht gefallen, zu sagen: Auf dieser Grundlage wollen wir dennoch gemeinsam an der Zusammenarbeit arbeiten.

Das wird ein schwieriger Weg. Nicht umsonst ist von einem Masterplan 2050 die Rede. Das ist also ein Vorhaben, das mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Vorhaben wird langwierig. Es wird schwierig und kostenaufwendig sein. Es wird manche Klippe zu nehmen haben. Die erste Klippe besteht darin, vom Letter of Intent zu einem Vertrag zu kommen, der alle Beteiligten bindet. Es ist eine schwierige und komplizierte Phase. Aber alle Beteiligten haben gesagt: Wir wollen das angehen. Wir können nicht länger zusehen und die Dinge nicht mehr länger treiben lassen. - Das ist auch die Haltung der Landesregierung. Wir sehen es als unabweisbar an, die Probleme an der Ems jetzt dauerhaft zu lösen, damit beides gelingen kann, damit die Wirtschaft und insbesondere die MeyerWerft eine gute Perspektive haben und damit die Ems als Fluss eine gute Perspektive hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Landesregierung steht für beides ein, für Arbeit und Umwelt, für Umwelt und Arbeit an der Ems.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Die Redezeit der Landesregierung wurde nicht überzogen. Es wurden also keine zusätzlichen Redezeiten ausgelöst.

(Jörg Bode [FDP]: Hat sich aber län- ger angehört! - Weitere Zurufe)

Es gibt zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir gehen über zu Punkt

c) Alte Meiler - neue Probleme: Paradigmenwechsel in der Atomaufsicht - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1655

Die Vorsitzende der Fraktion der Grünen hat sich zu Wort gemeldet. Frau Piel, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur zur Klarstellung: Die aktuelle Debatte um die Sicherheit des AKW Grohnde ist nicht ohne Grund von den Atomkraftgegnern aufgenommen worden. Am Anfang standen die jährliche Revision im AKW und die massiven Schäden, die dabei festgestellt wurden. Daraufhin wurden Sicherheitsüberprüfungen angeordnet und ernstzunehmende Hinweise auf unsachgemäße Reparaturen sehr zügig überprüft. Die Vorwürfe der Opposition, die Atomaufsicht habe damit ihre Kompetenzen überschritten, werden nicht überall gleichermaßen geteilt, und ganz sicher nicht am Standort Grohnde.

Ein defekter Generator, neun defekte Drosselkörper, meine Damen und Herren von der Opposition: Es geht nicht um einen Rasenmäher, der Probleme macht. Es geht um ein Atomkraftwerk, ein Atomkraftwerk aus Niedersachsen. - Ich kenne die Sorgen der Menschen, auch und besonders die der Anwohner und Anwohnerinnen vor Ort. Grohnde liegt bei mir direkt vor der Haustür. Wenn Sie sich die Mühe machen und sich vorstellen, welches Risiko ein Atomkraftwerk für die Menschen bei Fehlern und technischen Risiken eigentlich immer und überall darstellt, dann liegt Grohnde eigentlich bei jedem von uns vor der Haustür.

Die Atomenergie bleibt für den Rest der AKWLaufzeiten eine Hochrisikotechnologie. Ich kann Ihnen versichern: Wir haben uns als Grüne in die Verantwortung begeben, einen Atomkonsens mitzutragen, und das obwohl der späte Ausstieg bis zum Jahr 2022 mit erheblichen Risiken verbunden bleibt.

Mit der Regierungsverantwortung in Niedersachsen haben wir die politische Verantwortung für alle niedersächsischen AKWs übernommen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem die alten Meiler die

Atomaufsicht vor neue sehr große Herausforderungen stellen. Selbstverständlich nehmen wir diese Sicherheitsaspekte sehr, sehr ernst.

Meine Damen und Herren, es liegt in der Natur der Sache, dass Atomkraftwerke mit dem Alter störanfälliger werden. Die Landesregierung ist für die Sicherheit der Menschen vor Ort zuständig. Wenn es einen Anlass gibt, daran zu zweifeln, dass diese Sicherheit gewährleistet ist, dann muss sie unverzüglich einschreiten. Hier geht es nicht um grüne Parteipolitik, sondern um politische Verantwortung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Gestatten Sie mir noch ein persönliches Wort. Herr Thümler und Herr Dr. Birkner, ich habe eine Einladung an Sie. Ich bitte Sie darum, sich einmal gemeinsam mit mir in Hameln in die Fußgängerzone zu stellen und mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu sprechen. Ich bin sehr gespannt, wie Sie dort vermitteln, dass es keine Auswirkungen auf die Sicherheit hat, wenn am Ende der Laufzeiten nur noch gebrauchte Teile aus anderen AKWs zum Einsatz kommen. Diskutieren Sie bitte vor Ort mit mir, ob schwerwiegende Sicherheitshinweise künftig nicht mehr verfolgt werden sollen. Ich bin auf Ihre Argumente sehr gespannt.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen - Björn Thüm- ler [CDU]: Der war nicht schwerwie- gend, der war dämlich!)

Vielen Dank, Frau Piel. - Es spricht jetzt für die Fraktion der SPD Herr Kollege Marcus Bosse. Herr Bosse, bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eines steht seit dem gestrigen Tage fest, als es die Unterrichtung durch den Herrn Umweltminister im Umweltausschuss gab. Das Ministerium geht umsichtig mit älteren Atommeilern um und schaut ganz besonders genau hin. Herr Minister Wenzel, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Diskussion wirft aber auch Fragen auf, und zwar Fragen, wie ernst es die Opposition mit Sicherheit und Hinweisen auf mögliche Straftaten nimmt.

Was ist bitte schön falsch daran, wenn es detaillierte Kenntnisse in einem Schreiben gibt, diesem Vorgang nachzugehen? - Nur zur Erinnerung - Frau Piel sagte es -: Es ist keine Pommesbude, die es zu genehmigen und zu reparieren gilt. Es geht um ein Atomkraftwerk hier in Niedersachsen und in unmittelbarer Nähe zum Nachbarland NordrheinWestfalen. Solchen Hinweisen muss nach meinem Selbstverständnis nachgegangen werden.

(Zuruf von der CDU: Die Frage ist aber: Wie?)

Der Schutz und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger stehen hier im Fokus. Der Schutz und die Sicherheit gehen auch vor Kapitalinteressen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es tut mir leid, dass ich Ihnen das sagen muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt ist auch, dass sämtliche Vorwürfe der Opposition gestern wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen sind.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben folgende Kenntnisse mitgenommen:

Das Ministerium hat verantwortungsbewusst und kompetent gehandelt. Warum sage ich das? - Als Reaktion auf die Mail wurde zügig gehandelt. Es wurde ein Fragenkatalog des Ministeriums an den Betreiber übersendet. Es wurde eine Bestätigung des TÜV zu dem Vorfall erbeten. Es wurde eine eidesstattliche Erklärung des Betriebsleiters erbeten. Es wurde eine sofortige Übermittlung mit dem Verdacht auf eine Straftat an die Staatsanwaltschaft veranlasst, verbunden mit der ausdrücklichen Bitte um zügige Bearbeitung. Wie wir alle wissen, ist das auch geschehen.

Was ist daran eigentlich falsch? - Daran ist gar nichts falsch.

Neu ist für uns Regierungsfraktionen, dass die linke Zeitschrift Neues Deutschland - daraus wurde gestern auch wieder zitiert; in der Vergangenheit hat immer Herr Dr. Sohn darin gelesen - offenbar zur Fachlektüre von FDP und CDU geworden ist.

Wir wissen mittlerweile auch, wer offenbar ein Ratgeber der CDU-Fraktion ist. Da scheint schon ein Kuschelkurs zu beginnen. Die CDU hat Herrn Dipl.-Ing. Limburg in den Umweltausschuss eingeladen. Er hat das Papier „Energiepolitisches Manifest - Argumente für die Beendigung der Energiewende“ herausgegeben und macht darin verschiedene Vorschläge.

Damit komme ich wieder zum Thema.

(Zurufe von der CDU: Ah!)

Er hat z. B. vorgeschlagen:

„Der Ausstieg aus der Kernkraft wird gestoppt. Es wird keine weitere vorzeitige Abschaltung von Kernkraftwerken geben.“

Weiter heißt es:

„Das Standortausfallgesetz ist auszusetzen.“

Ich sage Ihnen einmal, wer Herr Limburg ist. Herr Dipl.-Ing. Michael Limburg ist Sprecher des Bundesfachausschusses Energiepolitik der AfD - Alternative für Deutschland - und berät in dieser Eigenschaft Partei und Vorstand. Da muss ich Sie fragen, ob Sie keine eigenen Fachleute haben, die sich mit wirklich ernsthaften Themen auseinandersetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ist Ihrer Bundespartei eigentlich bekannt, wen Sie hier einladen? - Ich denke, wohl nicht.

Vertrauen und Sicherheit in dieser Frage stellen Sie so nicht her! Ich frage auch ernsthaft: Wer soll Sie in dieser Frage noch ernst nehmen?

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bosse.

(Unruhe)