Durch unsere Initiative und dadurch, dass wir hier zusammengefunden haben, ist noch ein wichtiger Passus mit in diesen Antrag gekommen: Die Menschen, die bereits die Verpflichtungserklärung für ihre Angehörigen abgegeben haben, werden natürlich auch davon befreit, und diejenigen, die schon in Deutschland sind, werden jetzt über das Land Niedersachsen krankenversichert, und das Risiko wird abgedeckt.
Ich glaube, wir dürfen zwei Sachen nicht vergessen. Bei alldem, was wir hier tun und gemeinsam für die Menschen tun wollen, die aus Syrien hierherkommen, dürfen wir auch nicht diejenigen vergessen, die zurückbleiben, diejenigen, die in ihrer Heimat Syrien verweilen, die vielen Millionen, die in den Anrainerstaaten in den Flüchtlingslagern zurückbleiben. Die dürfen wir auch nicht vergessen. Das ist auch ganz wichtig am heutigen Tag. Es ist der Auftrag für die gesamte Politik in Europa, das nicht zu vergessen.
Als Letztes - da bin ich wieder im Land Niedersachsen -: Wir dürfen auch nicht unsere niedersächsischen Kommunen vergessen. Denn es ist ihre Aufgabe, die Menschen, die hierherkommen, zu integrieren, aufzunehmen, unterzubringen und natürlich auch in ihre Gemeinde aufzunehmen. Diese große Herausforderung für unsere Kommunen ist eine ganz wichtige Aufgabe. Wir als Landtag müssen sie dabei unterstützen. Meine Damen und Herren, wir alle sollten uns des Öfteren die
Briefe des Landkreistages und des Städte- und Gemeindebundes durchlesen. Dass die niedersächsischen Kommunen bei dieser Aufgabe Unterstützung brauchen, sollten wir uns für die zukünftigen Debatten ins Stammbuch schreiben.
Vielen Dank, Herr Kollege Focke. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Polat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass heute auch Vertreterinnen und Vertreter der syrischen Community in Niedersachsen vertreten sind, weil sie in Niedersachsen sicherlich deutlich kommunizieren werden, dass heute - wie Herr Focke gesagt hat - zum zweiten Mal ein deutliches Signal aus Niedersachsen kommt. Zum zweiten Mal kommt ein Antrag zum Thema Syrien, und zwar einstimmig. Das ist etwas ganz Besonderes, weil wir das in den anderen Bundesländern nicht beobachten können, meine Damen und Herren.
Dieser Antrag war bereits in den Ausschüssen. Es war ein Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Mit einem Änderungsantrag der CDU-Fraktion sind wir übereingekommen, unseren Antrag zurückzuziehen und diesen gemeinsamen Antrag einzubringen. Er ist auch im Haushaltsausschuss intensiv beraten worden, Herr Focke. Im letzten Jahr haben wir noch auf der Grundlage des Haushalts einer schwarz-gelben Landesregierung agiert. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass wir erst in diesem Jahr auch im Sinne des erweiterten Familiennachzugs aktiv werden können, meine Damen und Herren.
manitären Katastrophe. Weil Herr Kollege Focke das noch einmal angesprochen hat, möchte ich deutlich machen, welche Dimension diese humanitäre Katastrophe gerade für die Flüchtlinge mittlerweile hat. Der Libanon hat 4,2 Millionen Einwohner. Schon jetzt sind dort über 1 Million syrische Flüchtlinge registriert - von 4,2 Millionen 1 Million syrische Flüchtlinge! Hunderttausende palästinensische Flüchtlinge leben seit Jahrzehnten im Libanon.
Jordanien ist eines der wasserärmsten Länder weltweit. Allein im Lager Al Zaatari leben 125 000 Menschen. Damit ist dieses Lager Al Zaatari die drittgrößte Stadt in Jordanien geworden. Der UNHCR-Beauftragte Kilian Kleinschmidt ist dort faktisch ein Bürgermeister. Interessanterweise ist die Stadt Amsterdam eine Städtepartnerschaft mit dem Lager Al Zaatari eingegangen. Eine humanitäre Aktion war, 5 000 Fahrräder dorthin zu schicken, weil die Menschen - das ist sicher - nicht vorübergehend dort leben werden, sondern mindestens zehn Jahre.
Die Türkei hat 1 Million Menschen aufgenommen. Über 200 000 werden in den Lagern versorgt, darunter viele Christinnen und Christen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ja, es ist gut, dass das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung aufgestockt wurde und Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern nun 20 000 syrische Flüchtlinge im Rahmen der humanitären Aktion aufnehmen wird.
Aber die Zahlen, die ich eben genannt habe, zeigen: In Anbetracht der geschilderten humanitären Katastrophe ist das wirklich ein Tropfen auf dem heißen Stein. - Herr Focke, Sie haben recht. Deutschland und Schweden sind die einzigen, die entsprechend reagieren. Aber es reicht bei Weitem nicht aus, den Flüchtlingen, die Schutz suchen, gerecht zu werden.
Von daher senden wir ein ganz klares Signal an die Bundesregierung, nicht zu beenden, was sie angefangen hat, mehr Menschen im Rahmen der humanitären Aktion aufzunehmen.
Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten unserer humanitären Verantwortung gerecht. Wir haben mit dem ersten Antrag, den wir einstimmig
verabschiedet haben, schon die Aufforderung gestellt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Wir haben aber auch eine Forderung aufgestellt, die ebenfalls ganz wichtig ist - Herr Minister, Sie wissen das -: Im Rahmen der Dublin-Verordnung soll davon abgesehen werden, syrische Flüchtlinge wieder zurückzuüberstellen. Es ist sehr wichtig, dass das nicht passiert. Da senden wir auch noch ein ganz klares Signal an den Bundesinnenminister.
Wir freuen uns, dass wir heute diesen Antrag einstimmig verabschieden. Lassen Sie mich noch zum Schluss sagen: Die syrischen Menschen, die in Niedersachsen leben, wollen ihre Verwandten zügig aufnehmen. Es darf nicht an finanziellen Erwägungen scheitern, sodass die Menschen in Syrien oder in den Anrainerstaaten verbleiben müssen. Von daher hoffe ich auf die breite Zustimmung, wie sich das im Ausschuss angedeutet hat. Ich hoffe auch, dass der Erlass, der im September ausläuft, verlängert wird.
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Polat, Sie haben eben die Verzögerung mit Haushaltsansätzen und einem Haushalt begründet, den Sie übernommen haben und fortführen mussten. Sie wissen, dass das Unsinn ist.
Erstens hätten Sie die Möglichkeit gehabt, einen Nachtragshaushalt zu machen. Von dieser Möglichkeit haben Sie aber keinen Gebrauch gemacht.
Zweitens wissen Sie, dass wir Haushälter im Haushaltsausschuss - Sie haben es auch nachgelesen; Sie haben auf den Haushaltsausschuss Bezug genommen - immer gesagt haben, dass das eine humanitäre Frage ist, die nicht an Fragen der Finanzpolitik orientiert gelöst wird, sondern deren Lösung humanitären Aspekten folgen muss.
Drittens wissen Sie ganz genau, dass das über eine überplanmäßige Ausgabe, die knapp unter 5 Millionen Euro liegt, bewältigt werden kann. Deswegen kann sie ohne Parlamentsbeteiligung herbeigeführt werden. Sie wissen genau, dass das auf diesem Wege geht. Dieses Mittel haben Sie - übrigens auch mit unserer Zustimmung - in diesem Jahr eingesetzt, und das hätten Sie im Übrigen auch im letzten Jahr einsetzen können. Wenn es darüber hinausgegangen wäre - das haben wir signalisiert -, hätten wir es mitgemacht.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir fahren in der Rednerliste fort. Jetzt hat Frau Kollegin Eilers von der FDP-Fraktion das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hilbers, wir sollten an dieser Stelle den Zwist nicht verstärken, sondern die Gemeinsamkeiten suchen.
Meine Vorredner haben sich ähnlich geäußert. Es gibt Beschlüsse, bei denen es besonders erfreulich ist, wenn sie einstimmig fallen. Ich denke, dieses Thema, der Familiennachzug syrischer Flüchtlinge, gehört unbedingt dazu.
Es ist gut, dass wir heute zu einem einstimmigen Signal kommen; denn wir wollen mehr Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen und den Familiennachzug erleichtern. In Syrien ist eine Spirale der Gewalt in Gang gesetzt worden, die viele Familien heimatlos macht. Die Menschen in der vom Bürgerkrieg erschütterten Region bedürfen unserer Hilfe und unserer Unterstützung.
Frau Polat hat es zahlenmäßig genau ausgeführt. Mittlerweile gibt es 2 Millionen syrische Flüchtlinge, die außerhalb ihres Landes unterwegs sind. Sie haben auch die Leistungen des Libanon, von Jordanien und der Türkei hervorgehoben. Diesen Ländern gebührt der größte Respekt für die Anstrengungen, die sie auf diesem Gebiet unternehmen.
Moment, bitte, Frau Kollegin! Ihnen gebührt unsere Aufmerksamkeit. Deshalb bitte ich noch einmal um etwas Ruhe.
Die Aufnahmecamps platzen aus allen Nähten. Das wissen wir. Davor können und wollen wir die Augen nicht verschließen.