Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Eine sehr gute Frage war das!)

Weiter geht es mit Frau Geuter von der SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir gestern in diesem Haus über die Situation bei der Regierungsübernahme 2003 gesprochen haben, frage ich die Landesregierung, wie die ehemalige schwarz-gelbe Landesregierung Anfang 2003 mit dem Haushalt der Vorgängerregierung umgegangen ist.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Seri- ös!- Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Die Lehrermehrarbeitszeiten mussten wir zahlen!)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat der Finanzminister das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage wie folgt:

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sagen Sie, wie das mit den Novemberlehrern war!)

Die Regierung hat im Jahr 2003 - so wie wir jetzt - einen verabschiedeten Haushalt vorgefunden. Dieser enthielt eine Nettokreditermächtigung von 2,65 Milliarden Euro. Mit dem zweiten Nachtrag hat die schwarz-gelbe Mehrheit eine zusätzliche Kreditaufnahme von 195 Millionen Euro draufgepackt und mithin 2,845 Milliarden Euro aufgenommen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Für die No- vemberlehrer!)

Das war die Situation. Wenn es Sie interessiert, will ich Ihnen gern - mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten - dazu ein paar Informationen geben. Warum ist das so geschehen? Man muss es selbstverständlich ehrlich werten. Aber man muss auch die Wahrheit sagen. Die Wahrheit ist: Sie haben mehr Kredite aufgenommen als vorgesehen. Wir hatten damals in der Bundesrepublik - das war keine niedersachsenspezifische Lage - eine insgesamt schwierige Gesamtsituation.

(Zuruf von der CDU: Schröder/Eichel!)

Ich hatte gestern aus dem Gedächtnis die Zahlen dazu genannt. Ich habe sie jetzt mitgebracht. Wir haben auf der Einnahmeseite des Landeshaushaltes - eine Einnahmeseite, auf die wir so gut wie keinen Einfluss haben; Sie wissen um die Steuerzerlegung -, im Jahr 2001 einen Rückgang um 4,5 % gleich 734 Millionen Euro gehabt.

Im Jahr 2002 - Steuerrechtsänderungen, aber auch eine allgemeine wirtschaftliche Schwäche jener Jahre spielen eine große Rolle - gab es einen weiteren Rückgang auf der Einnahmenseite von 1,28 Milliarden Euro - 8,3 %. Innerhalb von zwei Jahren also ein Einnahmeeinbruch um 12,8 %.

(Jörg Bode [FDP]: Es ging aber um 2003!)

Die anschließende wirtschaftliche Erholung war deutlich schleppender, als wir es jetzt nach der großen Krise erlebt haben. Behalten Sie einmal als Maßstab die 12,8 % Einnahmeeinbruch im Kopf. Das waren die letzten Jahre der alten Regierung damals - 12,8 %.

Die große Krise, die wir alle noch mit Schrecken vor Augen haben, hat zu Steuerausfällen, zu Einnahmeausfällen von 948 Millionen gleich 5,1 % beim Land geführt. Der Einbruch, meine Damen und Herren, war damals mehr als doppelt so hoch

wie der, den wir im Jahr 2009 erlebt haben. Damit musste umgegangen werden.

(Zuruf von der CDU: Schröder’sche Steuersenkung!)

Wenn man sich das genau ansieht, müsste man eigentlich aufhören, den Mund so voll zu nehmen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das war für alle eine schwierige Situation damals. Das hat eine Aufstockung der Kreditaufnahme durch Sie erfordert sowie weitere herbe Einschnitte, die auch wehgetan haben.

(Zuruf von der CDU: Das sind neue Ausreden!)

Das will ich alles in Erinnerung rufen. Es gibt keinen Grund, den Mund zu voll zu nehmen, meine Damen und Herren. Sie haben mit einer schwierigen Situation Probleme gehabt. Angesichts der Gesamtlage, die ich vorhin hinreichend geschildert habe, werden wir jetzt ähnlich agieren müssen.

Im Übrigen kann ich Ihnen sagen: Haushaltspolitik bedeutet immer das Auskommen mit zu wenig Geld. Die Decke ist immer zu kurz, weil die Wünsche immer größer sind. In aller Regel handelt es sich um berechtigte Wünsche, manchmal wird aber auch Quatsch gefordert.

(Zustimmung bei der CDU)

Das Geld reicht aber - wie im privaten Leben - nie, um alle Wünsche zu erfüllen. Insofern haben wir hier eine gemeinsame Aufgabe vor uns.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zwischenfrage stellt der Kollege Maximilian Schmidt von der SPDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Thümler, gleichsam im Namen der ehemaligen Koalition freimütig bekannt hat, dass die ehemalige Landesregierung der neuen volle Kassen hinterlassen habe, frage ich, ob die Landesregierung diese Auffassung teilt.

Auch in diesem Fall antwortet für die Landesregierung Herr Minister Schneider. Ich darf den Fragestellern sagen: Fragen dürfen nicht verlesen werden. - Herr Minister Schneider, bitte sehr!

(Jörg Bode [FDP]: Jetzt aber ehrlich! - Björn Thümler [CDU]: Die Antwort ist „Ja“!)

Also, ehrlich gesagt habe ich in diesem Land noch nie eine Regierung gesehen, die volle Kassen hatte.

(Heiterkeit)

Gucken Sie sich doch einmal die Schuldenentwicklung an. Wir werden - je nach Geschmack - wahrscheinlich irgendwo zwischen 55 Milliarden - das ist gesichert - und maximal 60 Milliarden Euro landen.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Wie kommen diese 60 Milliarden Schuldenstand im Lande Niedersachsen zusammen? - Sie kommen deshalb zusammen, weil es schon immer so war, dass es mehr Wünsche und Notwendigkeiten als finanzielle Möglichkeiten gab. Deswegen hat jede Landesregierung seit der Zeit der Militärregierung dazu beigetragen, den Schuldenberg über Nettoneuverschuldung aufzubauen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Deshalb wol- len wir diese Schuldenbremse! Und da wollen Sie nicht mitmachen! Das ist doch grotesk!)

- Herr Hilbers, wenn wir ehrlich miteinander umgehen, dann geben wir zu, wie sich das entwickelt hat. Ich könnte Ihnen die Tabelle vorlesen. Der Mechanismus ist immer der gleiche.

Fußball ist hier ja sehr beliebt. Ich sage immer: Eine Landesregierung mit kritischen Umfragewerten verhält sich am Ende immer so wie der Vorstand eines Fußballvereins kurz vor dem Abstieg. Da wird Geld ausgegeben, das man nicht mehr hat.

(Björn Thümler [CDU]: Das liegt am Finanzminister! Herr Schneider, Sie haben es erkannt!)

Das ist das Verhalten. Deswegen ist die Schuldenbremse - jetzt komme ich zu etwas Ernsthaften zurück - aus meiner Sicht notwendig.

(Renate Geuter [SPD]: Genau! - Jörg Bode [FDP]: Das ist doch viel zu spät! - Reinhold Hilbers [CDU]: Wir wollen sie früher!)

- Sie brauchen gar nicht rumzutönen, die steht doch längst im Grundgesetz. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wir wollen sie früher!)

Sie steht im Grundgesetz!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Schuldenbremse ist notwendig für uns alle, meine Damen und Herren, damit ein Punkt gesetzt wird, über den man nicht mehr hinwegkommt.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Wie stellen Sie sich den Abbau vor?)

Die Aufgabe der nächsten Jahre besteht darin, den Abbaupfad so zu gestalten, dass am Ende keine Crash-Situation besteht.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Ich fürchte, genau das wird eintreten, was Sie gesagt haben - Crash!)

Es liegt im Interesse des Landes - und nicht etwa im Interesse einzelner Parteien -, dass wir darüber hinaus Sorge dafür tragen, dass wir die vom Grundgesetz ermöglichten Spielräume für Notsituationen real werden lassen. Das erfordert ein abgestimmtes Verfahren, für das ich noch mal nachhaltig plädiere.