Protokoll der Sitzung vom 22.07.2014

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Angleichung der Lebensverhältnisse der EUBürger bezieht sich selbstverständlich auch auf die Lebensmittelsicherheit. Deshalb ist die amtliche Lebensmittelkontrolle in der EU vergleichbar zu vollziehen. Hierzu gibt es seit geraumer Zeit entsprechende Vorgaben der Gemeinschaft und auch Regelungen, um zu prüfen, ob diese Vorgaben in den Mitgliedstaaten tatsächlich umgesetzt werden. In Niedersachsen werden die Lebensmittelunternehmen derzeit und wurden in den vergangenen Jahren nur zu etwa 50 % auf der Basis der in der Risikobewertung festgelegten Betriebskontrollfrequenzen überprüft. Das heißt, wir preschen hier nicht vor, sondern wir haben noch eine ganz große Menge an Nachholbedarf.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Risikokategorisierung ist auch nicht von Niedersachsen ausgegangen oder willkürlich festgesetzt worden, sondern nach einem bundeseinheitlichen Modell vorgegeben und festgelegt worden. Niedersachsen hat also in den letzten Jahren seine Verpflichtungen im Bereich der Lebensmittelüberwachung deutlich unterschritten. Das sollten sich gerade diejenigen zu Gemüte führen, die hier gerade das große Wort geführt haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dass es Defizite nicht nur im Lebensmittelbereich, sondern auch im Futtermittelbereich gibt, zeigen die Vorfälle vergangener Jahre im Falle von Dioxin - das war 2010/2011 -

(Heiner Schönecke [CDU]: War das ein Bioskandal?)

und Aflatoxin im Mais. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, weil Niedersachsen bisher nicht nur die rechtlichen Vorgaben für die Kontrolldichte bei den Lebensmittelkontrollen nicht einhält. Dieser Handlungsbedarf besteht auch, weil wir damit einer weiteren Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher entgegenwirken wollen. Und natürlich fördert ein erhöhter Kontrolldruck auch die Bereitschaft, die rechtlichen Vorgaben konsequenter zu erfüllen.

Zur Verstärkung der Kontrollen werden auf staatlicher Seite mehr Personal und größere Untersuchungskapazitäten benötigt. Das muss finanziert werden.

In diesem Zusammenhang darf ich aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes zitieren, der unverdächtig ist, dass er für Niedersachsen gefällige Schriften von sich gibt:

„Das EU-Recht verbietet es, aus Kostengründen auf eine angemessene finanzielle Ausgestaltung der Lebensmittelüberwachung zu verzichten“

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das wird doch gerade überarbeitet, Frau Kolle- gin!)

„oder Abstriche zu machen.“

- Bitte bis zu Ende zuhören! -

„Die Mitgliedstaaten haben die Kontrollstrukturen bei freier Wahl der Finanzierungsform (Steuern, Gebühren, Kostenbeiträge) so auszugestalten, dass sie diese ihre an den

hohen Zielen des EU-Rechts ausgerichteten Aufgaben wirksam erfüllen können.“

So der Bundesrechnungshof. Er fügt noch hinzu, dass die Befugnis zur Beschaffung von Gebührentatbeständen sich eben nicht allein auf Anlasskontrollen und Anlassuntersuchungen beschränkt. So viel zur gültigen Rechtslage.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die von der Landesregierung jetzt auf den Weg gebrachte Gebührenordnung für den Verbraucherschutz und die Veterinärverwaltung ermöglicht nun die Einführung von Gebühren für Regelkontrollen. Damit ist die überfällige Verstärkung der amtlichen Überwachung möglich, ohne die öffentlichen Haushalte zusätzlich zu belasten. Und entgegen dem, was hier vorhin gesagt wurde: Mit dieser Gebührenfinanzierung werden nicht die Gesamtkosten für das amtliche Kontrollsystem gedeckt, sondern die bisherige Finanzierung aus Landesmitteln muss beibehalten werden, um die Kontrolldichte überhaupt finanzieren zu können. Das heißt, die Zuschüsse an das LAVES bleiben bestehen und natürlich auch die Erstattungen an die Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleiches für die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: 180 neue Stellen!)

Gedeckt wird durch die Gebührenfinanzierung lediglich der Mehrbedarf zur Stärkung der Lebens- und Futtermittelkontrolle. In diesem Zusammenhang sind alle Spielräume genutzt worden, um die Gebühren für kleinere Betriebe wie Kioske, Bäckereien und Fleischerläden zu reduzieren und zu deckeln. Auch für die Marktbeschicker hat man im Hinblick auf ihre besondere Situation eine Regelung gefunden.

Durch die Einführung von Gebührenregelkontrollen ändern sich auch nicht die Grundprinzipien der amtlichen Überwachung, wie es von Ihnen behauptet worden ist, sondern es bleibt beim Verursacherprinzip und bei einer Wahrnehmung als hoheitliche Aufgabe im Bereich der Daseinsvorsorge.

Die zum Teil von Ihnen auch heute wieder angeführten Zahlen gehen grob an der Realität vorbei und sind auch nicht dazu geeignet, hier eine sachliche Diskussion herbeizuführen.

Wir haben mit diesen jetzt auf den Weg gebrachten neuen Gebührentatbeständen die Möglichkeit,

die Lebensmittelüberwachung und auch die Futtermittelüberwachung personell und finanziell so auszustatten, dass eine gründliche Überwachung möglich ist; denn die EU ist schon ein Stück weiter. Sie möchte nämlich das, was wir bisher an Vorgaben haben - Vorgaben, die bisher noch nicht eingehalten worden sind -,

(Glocke des Präsidenten)

noch verstärken und erhöhen. Von daher befinden wir uns erst beim ersten Schritt auf einem guten Weg.

Das, was die Anträge von CDU und FDP vorsehen, eine Kontrolle nach Kassenlage, kann es aufgrund der gültigen gesetzlichen Vorgaben nicht geben und wird es nicht geben. Einen Verzicht auf alle möglichen Kontrollen wird es auch nicht geben. Wer sagt, es soll alles staatlich gegenfinanziert werden, der wird sicherlich im Rahmen der Diskussionen um den Haushalt 2015 dazu ganz tolle Vorschläge einbringen. Darauf bin ich sehr gespannt.

Heute werden wir Ihre Anträge, weil sie uns nicht weiterhelfen, ablehnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Geuter. - Es hat sich zu Wort gemeldet: Miriam Staudte, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Oesterhelweg, ich habe mal ein bisschen Ihre Wortwahl mitgeschrieben. Sie sprechen von Fanatismus, dass geeifert werden würde, werfen den zuhörenden Abgeordneten Phlegmatismus vor, es würde eingeseift werden.

(Zurufe von der CDU: Und rasiert!)

Ich muss ganz ehrlich sagen: Bei dieser Wortwahl befinden Sie sich wirklich im Grenzbereich zum Ordnungsruf.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Kritik am Präsidium ist nicht zulässig, Frau Kol- legin!)

Ich möchte noch einmal betonen: Wir haben zwar Hochsommer, und es ist sehr warm. Aber wir be

finden uns hier nicht im Bierzelt, sondern im Niedersächsischen Landtag.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie haben mehrfach deutlich gemacht, dass Sie von Ihrer Seite aus eigentlich keinen Handlungsbedarf sehen. Dem möchte ich widersprechen und an die verschiedenen Lebensmittel- und Futtermittelskandale erinnern, die wir zu Beginn der Wahlperiode hatten. Wir haben immer betont, dass wir die Kontrollen, insbesondere die Kontrolldichte, verstärken wollen und dass wir dafür natürlich mehr Geld brauchen, und haben das Konstrukt der Gebührenfinanzierung eingeführt. Das wurde von den Regierungsfraktionen ausdrücklich unterstützt; ich erinnere an den Antrag vom Mai vergangenen Jahres. Die Landesregierung hat das umgesetzt und hat eine Gebührenverordnung erarbeitet.

Insbesondere Sie, Herr Grupe, sprechen immer davon, dass man sich hier von der Daseinsvorsorge entfernen würde. Es ist doch genau umgekehrt. Sie haben in den letzten Monaten immer wieder betont, wir bräuchten nur die Selbstkontrolle, sie würde ausreichen, und wir bräuchten keine staatliche Kontrolle. Jetzt, bei der Frage der Gebühren, fangen Sie an, von Daseinsvorsorge zu sprechen. - Selbstverständlich kann man Leistungen als Staat vorhalten und Gebühren erheben. Das ist genauso wie bei der Wasserversorgung. Das ist überhaupt kein Unterscheidungskriterium. Damit sollten Sie sich einmal befassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen, dass es darum geht, zusätzliche Mittel zu generieren, weil man die Kontrollen verschärfen möchte, und dass es eben nicht darum geht, Landesmittel einzusparen. Die 80 Millionen werden weiterhin für das LAVES und die Kommunen zur Verfügung stehen.

(Glocke des Präsidenten)

Die FDP hat trotz verschiedener Beratungen ihren Antrag nicht weiter modifiziert und quasi ein Weiter-so gefordert.

Der Antrag der Fraktion der CDU passt eigentlich überhaupt nicht zur Rede des Herrn Oesterhelweg. Anscheinend dürfen Sie die Anträge in Ihrer Fraktion nicht schreiben.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Doch, doch!)

Das ist sehr gut so.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In Ihrem Antrag - ich sage noch einmal, was darin steht, falls Sie es nicht wissen -

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Doch, doch!)

sprechen Sie davon: Sie wollen eine Weiterentwicklung der Kontrolle, Sie wollen eine sinnvolle Abgrenzung der Zuständigkeiten, Sie wollen Transparenz und dass die Gebührenhöhe nachvollziehbar ist. - Das alles wird gemacht. Das haben wir schon vor einem Jahr gefordert. Was wir nicht wollen, ist, dass die ganze Geschichte auf die lange Bank geschoben wird und dass wir die EUBeratungen abwarten; denn das EU-Recht gibt es sehr wohl her, jetzt über Gebühren zu finanzieren. Dabei geht es letztendlich nicht um die Geldquelle, sondern die EU sagt nur: Es muss ausreichend finanziert werden. - Woher das Geld kommt, ist egal.