Protokoll der Sitzung vom 23.07.2014

In den Beratungen im Innenausschuss, meine Damen und Herren, wurde deutlich, dass mit dem Zukunftsvertrag bereits vielen Kommunen geholfen werden konnte, aber auch nicht allen.

(Beifall bei der CDU)

Das sollten wir hier deutlich feststellen. Die Fortführung und damit weitere Hilfen aus dem Zukunftsvertrag verweigern Sie jedoch, Herr Innenminister. Zwischenzeitlich war einmal eine gemeinsame Lösung zum Wohle der Kommunen sichtbar. Herr Kollege Watermann, Sie hatten einmal gesagt, vielleicht kriegen wir noch etwas Gemeinsames hin; das war während einer Innenausschusssitzung. Daraus ist leider Gottes nichts geworden. Es ist nichts Gemeinsames zustande gekommen. Ich kann nur sagen: Schade!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir wären froh, wenn Sie eine geeignete Alternative zum Zukunftsvertrag anbieten würden. Aber das tun Sie nicht.

(Beifall bei der CDU)

Sie handeln wie ein Arzt, der sagt: Diese Medizin hilft nicht allen Kranken. Darum soll überhaupt kein Kranker mehr Medizin bekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhelweg [CDU]: So ist es!)

Außer einigen Gesprächen des Innenministers mit einigen Städten und Regionen - mit Braunschweig und Wolfsburg, auch mit dem Landkreis Helmstedt - hat diese Landesregierung, wie ich finde, nichts getan, um Kommunen mit Stabilisierungsbedarf zu helfen. Auch diese wenigen Gespräche waren keine Hilfe. Vor allem haben sie vom Innenminister immer ein Nein gehört in dem Sinne: Nein, so geht das nicht. - Vielleicht können Sie, Herr Innenminister, einmal sagen, wie es geht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Das ist die Regierungskultur von Rot- Grün!)

Sogar der Fraktionschef der SPD im Landkreis Helmstedt hat Ihr Handeln, Herr Minister, soweit ich gelesen habe, als unprofessionell bezeichnet. Wahrlich kein Kompliment!

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Guter Mann!)

Meine Damen und Herren, die Kommunen sind uns viel zu wichtig. Das Aufgabenspektrum der

Kommunen ist in den vergangenen Jahren in der Regel eher gewachsen. Manche Einnahmesituation hat damit nicht standgehalten. Ich glaube, das macht uns allen Sorgen. Es stehen auch wirtschaftlich wirklich schwierige Probleme und demografische Herausforderungen an. Es gibt auch Kommunen, die wissen, dass sie sich reformieren müssen, und dies auch tun wollen. Sie bekommen von dieser Landesregierung aber keine Antworten, wie das gehen könnte.

Meine Damen und Herren, wir können diese Probleme nicht einfach auf die lange Bank schieben und aussitzen. Man muss auch handeln, Herr Innenminister.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Einsicht ist in manchen Regionen doch durchaus vorhanden. Es ist nicht so, dass man das nicht einsieht. Aber man darf sich auch nicht nur gegenseitig blockieren. Sozialdemokratische Kungelrunden allein helfen da auch nicht weiter. Ich meine, man muss auch den Innenminister einmal bitten, dort deutlich zu sagen, wie man Dinge lösen kann.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Die Kraft fehlt ihm!)

Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen. Der Samtgemeinde Lüchow wurden 8,5 Millionen Euro kapitalisierte Bedarfszuweisungen angeboten. Eine solche Entlastung würde vollständig zulasten der übrigen Kommunen erfolgen. Sie hat auch Mittel aus dem Zukunftsvertrag beantragt. Ist denn Ihre Alternative, sehr geehrter Herr Innenminister, dass Sie sozusagen die kommunale Familie dadurch schwächen wollen, dass Sie ihr Geld wegnehmen, um das Geld Kommunen zu geben, die zu entlasten sind? Das geht doch ganz zulasten der übrigen Kommunen. Ich glaube, das ist gar keine Lösung. Sie gefährden den kommunalen Frieden, wenn Sie das Geld aus der Masse des kommunalen Finanzausgleichs nehmen. Früher hat die Landesregierung dazu noch zur Hälfte Landesgeld genommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie müssen sich überlegen, ob Sie dem Zukunftsvertrag nicht doch mehr abgewinnen können, als Sie in der Vergangenheit davon wissen wollten und dazu gesagt haben. Sie, Herr Innenminister, haben mit Ihrer Regierungskoalition einiges Kommunales, das, wie ich finde, falsch ist, auf den Weg gebracht.

Sie haben die Amtszeiten der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten gekürzt und unnötig teure

Stichwahlen eingeführt. Und Sie haben die Grundsicherung nicht zu 100 % durchgereicht; das war auch nicht sehr kommunalfreundlich.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: So ist die Regierung eben!)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in mehreren Regionen Niedersachsens eine neue Strukturierung der Kommunen. Es gibt sowohl im Osten als auch im Süden Niedersachsens Räume mit Stabilisierungsbedarf.

Wir sind uns auch darüber einig, dass diese Neustrukturierung von unten, also mit Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, erfolgen muss und dass Sie das allein von oben herab wahrscheinlich auch gar nicht können. In der Vergangenheit haben wir Gesetze zur Neustrukturierung von Kommunen infolge des Zukunftsvertrages mit großen Mehrheiten beschlossen. Gehen Sie diesen Weg weiter voran. Wenn Sie das mit Ihrer Einstimmenmehrheit allein hinbekommen wollen, dann wünsche ich Ihnen dabei zwar viel Erfolg, aber ich glaube nicht, dass das gelingt.

(Beifall bei der CDU - Ansgar- Bernhard Focke [CDU]: Schiffbruch wird das!)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie diesen Zukunftsvertrag ablehnen - weil er von der Vorgängerregierung stammt -, so erwarten wir von Ihnen doch greifbare und effektive Ansätze, wie Sie den einzelnen strukturschwachen Kommunen unseres Landes unter die Arme greifen und ihnen endlich Auswege aufzeigen wollen. Sie sind ja der selbsternannte größte Kommunalexperte - wobei Sie aber nachgeschoben haben, das Parlament sei es auch.

(Minister Boris Pistorius: So ist es!)

Herr Minister, das Parlament - zumindest die schwarz-gelbe Seite des Parlaments - erwartet von Ihnen, dass Sie den Menschen in den betroffenen Regionen, aber auch dem Landtag anständige Dialogangebote unterbreiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Bernd-Carsten Hiebing. - Jetzt hat sich Jürgen Krogmann, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

(Zuruf von der CDU: Der neue Ober- bürgermeister!)

- Das sollte man nicht zu früh sagen. - Bitte schön!

Noch müssen Sie mich ertragen. Wir wollen den Wählerinnen und Wählern da nicht ins Handwerk pfuschen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion datiert ja aus der Zeit kurz nach der Abwahl von Schwarz-Gelb hier in Niedersachsen, und so muss man ihn natürlich auch einordnen. Es ging Ihnen damals nicht darum, Lösungen für unsere Kommunen zu finden, sondern darum, Legenden zu bilden und die von den Wählern in die Wüste geschickte Landesregierung zu rehabilitieren. Damit wollten Sie auch ein bisschen Trauerarbeit leisten.

Meine Damen und Herren, diese Legendenbildung haben wir Ihnen schon damals nicht durchgehen lassen, und heute tun wir es noch viel weniger.

Der Zukunftsvertrag war kein Erfolgsmodell für Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Er war von vornherein zum Scheitern verurteilt, er ließ jede Strategie vermissen, er sorgte lediglich für eine kurzfristige punktuelle Entlastung, er funktionierte vor allen Dingen nach dem Zufallsprinzip, und er war nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt.

(Jörg Hillmer [CDU]: Warum redet ei- gentlich niemand dazu, der davon Ahnung hat?)

Aber vor allem war er überhaupt nicht durchfinanziert.

Der Zukunftsvertrag ist gescheitert, und deshalb gibt es für uns keinen Grund, ihn in dieser Form weiterzuführen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber es war ja noch schlimmer. Obwohl Sie wissen mussten, dass das Geld, das Sie vorgesehen hatten, vorne und hinten nicht reicht, haben Sie im Wahlkampf noch reihenweise Kommunen ermuntert, Anträge zu stellen. Sie haben uns einen riesigen Berg von Anträgen hinterlassen, obwohl Sie wissen mussten, dass das Geld dafür nicht vorhanden ist, und wir mussten Ihre ungedeckten Schecks einlösen.

So viel zum Thema Planungssicherheit. Bei Ihnen gab es null Planung. Wir waren es, die den Kommunen dann die Sicherheit geben mussten. Und das haben wir auch getan, nicht weil wir von dem Konzept überzeugt waren, sondern weil wir die Hoffnungen vor Ort nicht enttäuschen wollten. Ich möchte an der Stelle noch einmal ausdrücklich dem Innenminister, dem Kommunalminister Boris Pistorius, und dem Kabinett danken, dass hier eine Lösung gefunden wurde.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Lösung hat das Problem für den Moment zwar gelöst, aber - das gehört zur Ehrlichkeit dazu - hat eben auch zur Folge, dass wir die Verbindlichkeiten bis in die nächsten Jahrzehnte, bis 2041 verlängern mussten.

Ihr Zukunftsvertrag hat die Zukunft nicht gestaltet, sondern er belastet die Zukunft unseres Landes. Die Generationen, die uns hier in diesem Hause nachfolgen werden, werden daran noch zu tragen haben. Man kann sagen: Gott sei Dank, dass es mit dieser unseriösen Politik in Niedersachsen jetzt seit mehr als einem Jahr vorbei ist.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)