Der zweite Punkt, der mir wichtig ist: Die Entwicklung der Integration/Inklusion wird sehr verkürzt betrachtet, wenn wir sie nur vom Zeitpunkt 2012 aus betrachten. Wir sind seit mindestens 30, 40 Jahren in diesem Prozess. Ich könnte jetzt eine lange Rede dazu halten. Integration/Inklusion war immer ein Entwicklungsprozess.
Ein ganzer wichtiger Baustein dieses Entwicklungsprozesses war schließlich die Schulgesetznovelle 2012. Das ist völlig richtig. Da ist dann übrigens auch endlich das passiert, worauf die Praxis seit Jahr und Tag gewartet hatte: Gebt uns endlich verlässliche Rahmenbedingungen!
Genau das muss die Richtschnur sein, wenn wir weiter an der Inklusion arbeiten: verlässliche Rahmenbedingungen.
Zum Bereich Sprache: Herr Seefried, Sie haben uns völlig richtig zitiert. Ich sage nur eines - ich werde das nicht im Detail erörtern können -: Es geht nicht um die Abschaffung von Förderschulen.
Das wollen Sie populistisch genau so haben. Aber das ist nicht der Punkt. Es geht darum, vorhandene gute Konzepte im Rahmen der inklusiven Schule weiterzuentwickeln. Das wird eine spannende Auseinandersetzung. Da freue ich mich auf viele, auch kontroverse Diskussionen.
Wenn ich sage, wir wollen das nicht populistisch verhackstücken, heißt das nicht, dass wir uns nicht streiten. Das können wir gerne tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieser Debatte ist sehr viel von Gemeinsamkeit gesprochen worden. Ich habe diese in erfreulicher Weise zum Teil auch in der Rede von Herrn Försterling wahrgenommen, zum Teil auch bei Herrn Seefried. Zum Schluss hat er diese Linie leider völlig verlassen und nicht daran gedacht, dass 2012 zu den Gemeinsamkeiten durchaus auch gehörte, das Thema Inklusion behutsam weiterentwickeln zu wollen. Nichts anderes tun wir zurzeit.
Stattdessen ist hier einseitig a) mit Schuldzuweisungen und b) mit Verfälschungen gearbeitet worden, z. B. als behauptet wurde, die Förderschulen sollten komplett abgeschafft werden. Davon kann überhaupt keine Rede sein!
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Thomas Adasch [CDU]: Kennen Sie Ihren eigenen Koalitions- vertrag nicht?)
- Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es ist immer wieder sehr deutlich gesprochen und geschrieben worden, dass die Förderschulen „geistige Entwicklung“, „körperliche und motorische Entwicklung“, „Hören“, „Sehen“ überhaupt nicht angepackt werden. Wer dann behauptet, alle Förderschulen würden abgeschafft, der spricht einfach die Unwahrheit.
Ich habe gerade gesehen, dass unser ehemaliger Präsident, Herr Dinkla, sich in der Loge befindet. Er möchte den historischen Tag miterleben.
Ich möchte nochmals unterstreichen: Uns als CDU-Fraktion ist daran gelegen, die Inklusion zum Erfolg zu bringen. Wir stehen zu unserer Verantwortung für das, was wir hier 2012 gemeinsam schulgesetzlich auf den Weg gebracht haben.
Herr Scholing, Sie waren damals noch nicht Abgeordneter dieses Parlamentes. Als Förderschulleiter waren Sie aber sehr wohl an der praktischen Situation vor Ort beteiligt. Sie haben, nachdem Sie Abgeordneter geworden sind, in einer Sitzung des Kultusausschusses, in der wir über Inklusion gesprochen haben, gesagt, dass Sie damals, als dieses Gesetz beschlossen wurde, gedacht haben: Mensch, wissen die da eigentlich, wie weit sie an dieser Stelle gehen? Und: Es ist richtig, dass wir diesen Weg so beschritten haben. Ich finde auch: Es ist weitreichend, es ist ein Paradigmenwechsel, den wir dort vorgenommen haben. Deswegen ist es auch richtig, das an dieser Stelle in Niedersachsen entsprechend weiter umzusetzen.
Sie sagen aber auch, dass Sie verlässliche Rahmenbedingungen wollen. Ihr Koalitionsvertrag hat dafür gesorgt, dass es diese verlässlichen Rahmenbedingungen nicht mehr gibt.
Es gab diverse Eltern, die ihre Kinder im letzten Jahr auf einer Förderschule Sprache anmelden wollten. Die Landesschulbehörde hat dann aber - im Gehorsam auf den Koalitionsvertrag - erklärt, dass die Eltern darauf hingewiesen werden sollen, dass es diese Schule im nächsten Jahr gar nicht mehr gibt.
Wie viele Schicksale, wie viele Diskussionen haben wir durch Ihren Koalitionsvertrag in diese Familien hineingetragen?
Sie sagen: „Von Schließung der Schulen kann keine Rede sein.“ Ich zitiere noch einmal aus Kurz & Schnell:
„Als Förderschule Sprache sollen diese Schulen ab dem 1. August 2015 ab der ersten Klasse aufsteigend keine Schülerinnen und Schüler mehr aufnehmen.“
„Die Sekundarstufe an der Förderschule Lernen soll aus diesem Grunde erst ab dem Schuljahr 2017/2018 keine Schülerinnen und Schüler mehr in die 5. Klasse aufnehmen“.
Letzter Satz: Sie können an dieser Stelle keine Schulschließung vornehmen und sagen, das sei eine behutsame Weiterentwicklung, wenn es vorher nicht einmal eine vernünftige Evaluation gegeben hat. So kann keine Weiterentwicklung der Inklusion aussehen!
Vorgesehen ist die Überweisung an den Kultusausschuss. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Die Ausschussüberweisung ist damit beschlossen.
Tagesordnungspunkt 37: Erste Beratung: Ein unabhängiger Beauftragter für die Polizei statt einer Misstrauensstelle beim Staatssekretär des Innenministeriums - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1747
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum 1. Juli 2014 wurde im niedersächsischen Innenministerium gegen den erbitterten Widerstand unserer Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und deren Berufsverbände eine Beschwerdestelle für Bürgerinnen und Bürger und Polizei eingerichtet.
Das Presseecho hierzu ist verheerend. Ich zitiere die Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei:
„Beschwerdestelle ist Ausdruck ideologischer Politik und nicht notwendig für die Arbeit einer Bürgerpolizei“.
„Hier scheint eine Symbolpolitik insbesondere zur Befriedigung grüner Klientel betrieben zu werden.“
„Vielmehr zeigt hier Rot-Grün, mit welchem ideologischen Misstrauen die Regierung der Polizei gegenübersteht. Besser wäre es gewesen, sich über zunehmende Gewalt gegen Polizeibeamte Gedanken zu machen.“ - Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.