Protokoll der Sitzung vom 22.10.2014

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion ist ebenfalls zusätzliche Redezeit beantragt worden. Herr Kollege Dr. Pantazis, auch für Sie eine Minute. Bitte!

Frau Jahns, manchmal wäre es ganz hilfreich, den Rednerinnen und Rednern auch einmal zuzuhören.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe eindeutig gesagt, was wir für die Kommunen tun. Das Innenministerium ist auf der Suche, eine vierte Landesaufnahmebehörde einzurichten.

(Björn Thümler [CDU]: Auf der Su- che?)

- Ja, weil Sie nämlich die vierte geschlossen hatten; daran darf ich Sie vielleicht einmal erinnern.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Eben! Genau!)

Der nächste Punkt ist: Die Pro-Kopf-Pauschale wird zum 1. Januar 2015 auf 6 200 Euro angehoben.

(Björn Thümler [CDU]: Das reicht doch nicht!)

Der nächste Punkt ist: Es gibt Wegweiser-Kurse. Und die Sozialarbeit haben wir in den Aufnahmebehörden ebenfalls gesteigert.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es gibt also eine ganze Menge Maßnahmen, die wir auf diesem Gebiet in Gang gesetzt haben. Aber Sie tun so, als würden wir gar nichts tun, und das ist absolut nicht in Ordnung, Frau Jahns.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Filiz Polat [GRÜNE]: Un- redlich ist das! - Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

Vielen Dank, Herr Dr. Pantazis. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, Herr Kollege Thiele, dass ich jetzt diesen Punkt schließen kann.

Wir kommen zu

d) Permanente Angriffe gegen die Justiz - Welches Verhältnis hat die CDU zur dritten Gewalt? - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2198

Es redet Herr Kollege Limburg. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit einigen Monaten wird über die Justiz in Niedersachsen diskutiert. Angesichts solcher Fälle wie dem des mutmaßlichen Kinderpornofalls Edathy oder dem des mutmaßlich korrupten Richters Jörg L. ist das durchaus nachvollziehbar und legitim.

Nicht nachvollziehbar und nicht legitim ist es aber, wie die Landtagsopposition, wie insbesondere die CDU Niedersachsen diese Vorgänge missbraucht, um auf dem Rücken der Justiz, auf dem Rücken unserer engagierten Staatsanwaltschaften und Gerichte unverhohlen eine Schmutzkampagne gegen die niedersächsische Justizministerin zu inszenieren. Das ist völlig inakzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

In dieser Kampagne wird vor allem eines deutlich: Während die Frau Ministerin zu Recht hohes Ansehen innerhalb der Justiz genießt, offenbart sich, dass insbesondere die CDU keinerlei, wirklich keinerlei Konzepte in der Rechtspolitik hat.

Zwei Beispiele dazu aus dem Fall Edathy - ich könnte hier auch viele weitere nennen -: Während die rechtspolitische Sprecherin Frau Ross-Luttmann im Rechtsausschuss deklamiert, es gehe ja schließlich auch um die Unschuldsvermutung für Herrn Edathy, fordert der Fraktionsvorsitzende Thümler gleichzeitig öffentlich einen Haftbefehl für Herrn Edathy - was so ziemlich das Gegenteil der Unschuldsvermutung ist. Ein verbaler Slalomlauf! Völlig ohne Konzept!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: War er unschuldig?)

Der Tiefpunkt des christdemokratischen Desasters in Bezug auf rechtsstaatliche Grundsätze war ein anderer, nämlich ein CDU-Resolutionsentwurf, Herr Thümler, mit dem Sie einen der zentralen Grundsätze des modernen Strafverfahrens, nämlich das Recht des Beschuldigten, zu Vorwürfen zu schweigen, außer Kraft setzen wollten. Herr Nacke, Herr Thümler, von Ihnen beiden überrascht mich im Bereich Rechtsstaat überhaupt nichts mehr. Aber dass in der CDU-Fraktion selbst langjährige Rechtsanwälte wie der Kollege Winkelmann oder Sie, Herr Kollege Toepffer, einen solchen Entwurf mitgetragen haben, das erschüttert mich zutiefst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich bin jedenfalls froh, dass es der Staatsanwaltschaft Hannover gelungen ist, trotz all der Knüppel, die ihr die CDU immer wieder zwischen die Beine geworfen worden hat, das Verfahren Edathy bis zur Anklage weiterzuführen. Lassen Sie die Anklagebehörde endlich in Ruhe arbeiten!

Kommen wir zu einem anderen Fall, zu dem des mutmaßlich korrupten Richters Jörg L. Ich könnte es mir leicht machen und an dieser Stelle einfach darauf verweisen, dass es Herr Minister Busemann war, der diesen Mann zum Referatsleiter gemacht und damit in die Position gebracht hat, von der aus er seine mutmaßlich verbrecherischen Machenschaften begehen konnte. Aber darum geht es hier gar nicht. Wesentlich ist doch, dass diese Justiz

ministerin beim leisesten Korruptionsverdacht umfangreiche Präventionsmaßnahmen eingeleitet hat. Als sich der Verdacht erhärtet hat, hat sie weitere Maßnahmen ergriffen, und L. wurde umgehend aus dem Richterdienst entfernt.

Herr Nacke, was sind denn die Vorschläge der CDU zur Korruptionsprävention? - Ich kenne keine, weil Sie keine haben, weil Sie auch hierbei völlig plan- und konzeptlos sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zum Thema Sicherungsverwahrung. Da verabschiedet der Niedersächsische Landtag unter Justizminister Busemann mit den Stimmen aller Fraktionen ein Gesetz zur Sicherungsverwahrung mit mehr Lockerungen, wie es die Menschenrechtskonvention vorschreibt. Und wer gehört zu den Ersten, die sich von diesem Gesetz politisch distanzieren? - Die CDU! SPD und Grüne stehen zu diesem Gesetz aus der Amtszeit von McAllister und Busemann! Wo aber stehen Sie, Herr Thümler, Frau Ross-Luttmann, Herr Nacke?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Auf der Seite des Schutzes der Bürger! Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben!)

Aber die Krönung für das CDU-Schmierentheater ist zweifellos die Kampagne, die Sie um den jetzigen Präsidenten des Landgerichts Hannover herumstricken - ein Mann übrigens, der ebenfalls unter Herrn Busemann im Justizministerium tätig war. Zunächst ging es um Dienstfahrten und um die Bewertung der Vorgänge durch den Oberlandesgerichtspräsidenten. Alles okay, und, ehrlich gesagt, wissen wir alle noch nicht, was bei der Überprüfung der Dienstfahrten durch die Staatsanwaltschaft herauskommen wird.

Aber das reicht Ihnen nicht, Herr Nacke, nicht wahr? - Ich weiß nicht, was Sie angetrieben hat, diesen Mann, diesen Richter, so zu bekämpfen, so öffentlich zu denunzieren, dass sich sogar Ihre eigenen Parteikollegen, ausgewiesene Rechtsexperten, von Ihnen, von Ihrer Schmutzkampagne aufs Deutlichste distanzieren und aus der CDU austreten.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ihre Anfrage, ob der Herr Landgerichtspräsident vor vielen Jahren - unter einer CDU-Justizminis

terin - auf einem Dienstrechner möglicherweise privat im Internet gesurft hat, hat mit dem legitimen parlamentarischen Fragerecht überhaupt nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren.

(Björn Thümler [CDU]: Das haben Sie überhaupt nicht zu beurteilen!)

Herr Thümler, Herr Nacke, mit Ihrer Weigerung, diese beiden Fragen zurückzuziehen, mit Ihrer Weigerung, sich für diese Schmutzkampagne zu entschuldigen, haben Sie beide dem Ansehen von Justiz und Politik schweren Schaden zugefügt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Widerspruch von Björn Thümler [CDU])

Das kritisieren auch die höchsten Richter dieses Landes in einem beispiellosen Brandbrief aufs Schärfste. Herr Thümler, Herr Nacke, Sie sollten die Gelegenheit dieser Aktuellen Stunde nutzen, sich hier und heute klipp und klar zu entschuldigen und zu erklären, dass Sie Landesbedienstete, die keine politischen Beamte sind, zukünftig in Ruhe in lassen und auf diese Stellvertreterangriffe verzichten!

Herr Thümler, Herr Nacke, auch die dritte Staatsgewalt, die Justiz, ist nicht unantastbar, auch die Justiz darf kritisiert werden. Aber nicht mit der zerstörerischen Kraft, die Sie hier an den Tag legen, sondern mit Achtung, mit Respekt und mit Augenmaß. Das ist Ihre Verantwortung als Parlamentarier! Finden Sie endlich zu einem respektvollen Umgang mit der niedersächsischen Justiz!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Nun hat Herr Dr. Birkner von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Justiz nimmt als dritte Gewalt eine besondere Stellung ein. Sie ist im besonderen Maße auf das Vertrauen der Bevölkerung in ihre objektive und unabhängige Aufgabenwahrnehmung angewiesen; denn nur, wenn das gewährleistet ist, kann sie auch ihre schlichtende Funktion wahrnehmen und das Gewaltmonopol des Staates auf Dauer bewahren und durchsetzen.

Gleichwohl, meine Damen und Herren, muss auch die Justizpolitik und muss auch die Justiz Gegenstand der politischen und der parlamentarischen Auseinandersetzung und Debatte sein dürfen; denn auch in der Justiz passieren Fehler, die Anlass zu Fragen geben. Und wo, wenn nicht im Parlament, meine Damen und Herren, müssen, dürfen und können diese Fragen dann thematisiert werden?

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Das gilt insbesondere dann, wenn die Ministerin wiederholt bewusst irreführend - so muss man ja mittlerweile sagen -

(Björn Thümler [CDU]: Sehr richtig!)