Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

Können Sie mir bitte einmal sagen, warum die CDU Niedersachsen und die vorhergehende Landesregierung mit der Abschaffung eines Landesjugendhilfeausschusses bundesweit völlig allein standen und nach wie vor völlig allein stehen? Hat das seinen Grund darin, dass die anderen es nicht begreifen, oder liegt das an der hiesigen CDU?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Herr Kollege Meyer möchte antworten. Bitte sehr, Sie haben ebenfalls 90 Sekunden.

Sehr geehrter Herr Schwarz, eine ganz einfache Antwort: Wir waren eben Vorreiter für erfolgreiche Kinder- und Jugendarbeit in Niedersachsen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die Fraktion der FDP folgt jetzt Frau Kollegin Sylvia Bruns. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um gleich den richtigen Einstieg zu finden: Ich sehe es anders als die Kollegen von SPD und Grünen, dass Schwarz-Gelb die Jugendarbeit durch die Abschaffung des Jugendhilfeausschusses kaputtgemacht hätte. Es gibt und gab den Landesbeirat, und die Vernetzung funktioniert prima. Ich halte diese Entscheidung nach wie vor für richtig.

(Beifall bei der FDP)

Hier und heute reden wir nicht mehr darüber, ob wir einen Jugendhilfeausschuss bekommen werden. Definitiv durch Beschluss des Landtages wird es diesen geben. In der Diskussion sollte es also darum gehen, ob wir die geplante Ausrichtung und Zusammensetzung in Ordnung finden oder nicht. In der ersten Fassung war das definitiv nicht der Fall. Doch die von der SPD-Fraktion geplanten Änderungen an den ersten Fassungen greifen die Kritikpunkte auf, die ich in der ersten Diskussion im Ausschuss schon angesprochen hatte. Ich denke, die geplante Zusammensetzung - trotz aller

Schwierigkeiten, da es innerhalb der Ministerien gesplittete Zuständigkeiten gibt - ist das Beste, was man daraus machen konnte.

Ich möchte an dieser Stelle aber dringend darauf hinweisen, dass ein Jugendhilfeausschuss ein Ausschuss besonderer Bedeutung ist. Für mich

sind die dort gefassten Beschlüsse für die Landesregierung bindend. Daran werden Sie sich messen lassen müssen. Wir werden dem zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin Bruns. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt jetzt Kollegin Julia Willie Hamburg. Bitte sehr!

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor eineinhalb Jahren stand ich hier und hielt meine erste Rede in diesem Parlament zum Entschließungsantrag zur Wiedereinrichtung des Landesjugendhilfeaus

schusses. Ich freue mich, dass wir heute die Gesetzesvorlage zu eben dieser Wiedereinrichtung beschließen.

Es war ein intensives Jahr mit vielen Debatten. Die Anhörung im Ausschuss hat eindeutig gezeigt, wie wichtig die Einrichtung des Landesjugendhilfeausschusses ist. Insofern scheinen wir unterschiedliche Wahrnehmungen zu haben, Herr Kollege Meyer, aber so ist es. Endlich erfahren die Verbände wieder die Anerkennung, die sie verdient haben. Endlich gestalten wieder die Expertinnen und Experten, nämlich die Praktiker, die Kinder- und Jugendpolitik unseres Landes mit.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD)

Endlich kehrt wieder Fachlichkeit an den Tisch zurück, an dem Kinder- und Jugendpolitik in Niedersachsen gemacht wird.

Die Abschaffung des Landesjugendhilfeausschusses war meiner Meinung nach ein gravierender Fehler und eine deutliche Schwächung der Idee, dass neben behördlichen Strukturen auch ein Fachausschuss in Fragen der Kinder- und Jugendpolitik zusammentritt und politische Rahmenbedingungen mitentwickelt.

Auf kommunaler Ebene wird das heute immer noch so gemacht, und zwar sehr erfolgreich. Die alte Landesregierung hingegen hat gemeint, Expertinnen und Experten nicht länger auf Augenhöhe beteiligen zu müssen. Nein, es sollte reichen, sie zu hören. Wie viel Gewicht dieser Beirat wirklich hatte, kann man daran erkennen, dass Politiker, wenn sie sich einmal dorthin verirrt hatten,

immer besonders gegrüßt wurden. Auch mir wurde gesagt: Wie schön, Frau Hamburg, dass Sie sich einmal hierhin verirrt haben; Politiker sind so selten hier zu sehen. Das soll sich zukünftig ändern. Wir werden die Diskussion im Landesjugendhilfeausschuss wieder gewichtig machen. Er wird nämlich verbindliche Beschlüsse fassen, und das ist richtig so.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD)

Gemeinsam wird nun wieder auf Augenhöhe diskutiert und gearbeitet, zum Wohle der Kinder und Jugendlichen in unserem Land. Politik fasst Beschlüsse nicht mehr über Kinder und Jugendlichen hinweg, sondern unter aktiver Beteiligung von Expertinnen und Experten, die nahe an den Kindern und Jugendlichen sind, die tagtäglich mit ihnen arbeiten und die wissen, wo vor Ort der Schuh drückt. Die Wiedereinrichtung des Landesjugendhilfeausschusses ist das richtige Signal für eine starke und eigenständige Kinder- und Jugendpolitik und ein Signal dafür, was für die derzeitigen Regierungsfraktionen Beteiligung bedeutet. Bei uns werden betroffene Menschen nicht nur gehört; sie werden aktiv beteiligt und einbezogen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist unser Politikstil, und darauf bin ich stolz. Vielen Dank an Sie, Frau Ministerin Rundt, und an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses für diese gute Gesetzesvorlage. Unsere Fraktion wird nachher mit viel Freude zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Rundt das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist es endlich so weit: Der Landtag beschließt über den Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften des Kinder- und Jugendhilferechts. Mit diesem Gesetzentwurf schaffen wir die rechtlichen Voraussetzungen zur Wiedereinführung des Landesjugendhilfeausschusses und des Landesjugendamtes.

Für mich und die gesamte Landesregierung ist Jugendpolitik von besonderer Bedeutung, weil es um die Perspektiven, um die Chancen von Kindern und Jugendlichen geht, die es kontinuierlich zu verbessern gilt. Die Berücksichtigung von Anliegen von Kindern und Jugendlichen ist insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung von hoher Bedeutung. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Bevölkerung in Niedersachsen ist in den vergangenen acht Jahren von 18,9 % auf 16,8 % zurückgegangen. Umso wichtiger ist es also, die aktive Partizipation von allen Kindern und Jugendlichen durch geeignete Beteiligungsstrukturen zu verbessern.

Mit der heutigen gesetzlichen Änderung korrigieren wir den nachhaltigen Fehler der vorherigen Landesregierung. Die Beteiligungsrechte des von der vorherigen Landesregierung eingerichteten Landesbeirats beschränkten sich darauf, sich mit allen Angelegenheiten der überörtlichen Jugendhilfe und der Familienpolitik befassen zu dürfen und seine Beratungsergebnisse den obersten Landesjugendbehörden, wie es hieß, „zur Erwägung zuleiten“ zu dürfen. Das also war die schwarz-gelbe Vorstellung von Beteiligung. Wir haben eine ganz andere Vorstellung. Wir meinen Beteiligung auf Augenhöhe, wir meinen verbindliche Beratungs- und Beschlussrechte.

Dies ist im Übrigen, so schön es wäre, keine Erfindung von uns, sondern die Grundlage des bundesweiten Kinder- und Jugendhilferechts, also des SGB VIII, das schon immer für die Zweigliedrigkeit der Kinder- und Jugendhilfe auf Landesebene und auf der kommunalen Ebene steht.

Es geht eben in der Kinder- und Jugendhilfe nicht um Administration und Gesetzesanwendung, sondern um Gestaltung, eben um die Lebensverhältnisse von Kindern und Jugendlichen. Wir stärken also die Beteiligungsrechte, wir stärken die Entscheidungsrechte der Fachwelt.

Gerade die Vielzahl von Verbänden, in denen sich Kinder und Jugendlichen organisieren, in denen sie Freizeit verbringen und Ehrenämter ausüben, in denen sie pädagogisch betreut und gefördert werden, soll nun auch in den Landesjugendhilfeausschuss einbezogen werden, der zukünftig 18 stimmberechtigte Mitglieder umfassen wird. Neu sind unter den beratenden Mitgliedern die Abgeordneten jeder Landtagsfraktion, aus dem Bereich der Erziehungs- und Sozialwissenschaften mit Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendforschung ein Vertreter oder eine Vertreterin, ein

Vertreter oder eine Vertreterin auf Vorschlag der Familienverbände in Niedersachsen, aber auch jeweils eine Person auf Vorschlag der Alevitischen Gemeinde Deutschlands, auf gemeinsamen Vorschlag der Landesverbände der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen und der Israelitischen Kultusgemeinde sowie auf gemeinsamen Vorschlag der DITIP und der Schura. Das heißt, es ist hier gelungen, sich wirklich mit allen Expertinnen und Experten zusammenzutun und Kinder- und Jugendhilfe zu unterstützen. Nur wenn öffentliche und freie Träger konstruktiv zusammenarbeiten, wenn sie gemeinsam Ziele definieren, wenn diese Ziele gemeinsam strategisch umgesetzt werden, entsteht eine gute Kinder- und Jugendpolitik. Die Arbeit mit und für junge Menschen ist Daseinsvorsorge und Zukunftspolitik zugleich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Es gäbe auch keine Berechtigung dazu.

Somit können wir in die Abstimmung eintreten. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dieser Änderungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist sie mit Mehrheit angenommen.

Artikel 2. - Hierzu liegt ebenfalls eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer dieser Änderungsempfehlung zustimmen möchte, den darf ich um ein Handzeichen bitten. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Artikel 3. - Unverändert.

Artikel 4. - Hierzu liegt wiederum eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer für diese Änderungsempfehlung ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen?

(Ein Fraktionsmitarbeiter hält sich während der Abstimmung unter den Abgeordneten der CDU auf)

- Ich darf darum bitten, dass sich Fraktionsmitarbeiter bei Abstimmungsvorgängen nicht bei den Abgeordneten aufhalten! - Herr Mitarbeiter! Hallo! -

Wofür wollen Sie denn stimmen? - Man muss ja immer aufpassen, ob es U-Boote gibt.

(Heiterkeit)

Die Änderungsempfehlung wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Artikel 5. - Unverändert.