Protokoll der Sitzung vom 16.12.2014

Sie ducken sich weg.

Nur dagegen zu sein, reicht nicht aus. Wo bleibt Ihr schulpolitisches Gesamtkonzept, meine sehr geehrten Damen und Herren? - Ich kann es leider nicht erkennen - und die Menschen draußen auch nicht.

(Björn Thümler [CDU]: Sie müssen halt lesen!)

Denn es gibt mittlerweile reihenweise Leserbriefe zu dem, was Sie so in die Welt setzen. Aus einem dieser Leserbriefe vom 5. Dezember möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

Da schreibt ein Bürger unter der Überschrift - Sie sollten zuhören, Herr Thiele; das hilft weiter! -

„Nicht immer nur dagegen sein, sondern gemeinsam etwas für mehr Bildung im Land tun“:

„Anstatt die Diskussion aufzunehmen und mit eigenen Ansichten vielleicht zu beeinflussen, wird zwanghaft das getan, was Opposition leider viel zu häufig tut: dagegen sein und im Gegenzug noch vermeintliche Versäumnisse vorwerfen. Das ist erbärmlich. Die CDU will doch auch immer mehr Bildung, oder nicht? Der Philologenverband macht genauso reflexartig den Bedenkenträger und Besitzstandswahrer. Oder worum geht es denen? Ich hasse es und kann diese Verhaltensweisen einfach nicht ertragen. Herr Weil, machen Sie Ihr Versprechen wahr und bringen Sie dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung.“

(Zustimmung bei der SPD)

So ein Bürger in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

(Zuruf von der CDU: Wer ist denn die- ser Bürger?)

Wir werden dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung bringen; das ist sicher. Der Ministerpräsident und die Kultusministerin werden weiter so machen mit einer gesamtpolitischen Strategie - das ist auch gut so -; denn es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir vor uns haben. Mit der Zukunftsoffensive Bildung, der dritten Kraft in Krippen und dem vorliegenden Haushalt, über den wir heute noch reden werden, werden wir ein Zeichen setzen. Beenden Sie die Inhaltslosigkeit Ihrer Politik, und beweisen Sie Haltung für die Bildung. Das würde Niedersachsen guttun.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Politze. - Jetzt hat sich die Kultusministerin zu Wort gemeldet. Frau Heiligenstadt, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die rot-grüne Landesregierung ist die nachhaltige Erhöhung der Bildungschancen der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen das zentrale Anliegen ihrer Politik.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir ein Schulgesetz auf den Weg gebracht, das - wie mein Kollege Politze und Herr Scholing ausgeführt haben - tatsächlich den gesellschaftlichen Herausforderungen des Landes Niedersachsen gerecht wird. Ich will das gerne erläutern.

Wir sagen nämlich Ja zu einer Rückkehr zum 13jährigen Bildungsgang beim Abitur. Das schwarzgelbe Turboabitur ist krachend gescheitert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir geben unseren Schülerinnen und Schülern wieder mehr Lernzeit, mehr Raum für Kreativität und Individualität und für eine gründliche und fundierte Vorbereitung auf das Studium oder den Berufseinstieg.

Wir sagen Ja zum Ganztag, meine Damen und Herren. Mit der Zukunftsoffensive Bildung und der gesetzlichen Verankerung des Ganztages im neuen Schulgesetz schaffen wir mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Bildungschancen für unsere Schülerinnen und Schüler.

Wir sagen Ja zum Abbau von nicht kindgerechtem Leistungsdruck im Primarbereich. Die Ausübung von Leistungsdruck in dieser frühen Lebensphase durch die viel zu frühe Festlegung auf eine Schullaufbahn ist schon aus erziehungswissenschaftlicher Sicht eine deutliche Fehlentwicklung. Wir schaffen daher die Schullaufbahnempfehlung ab.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir sagen Ja zu neuen Formen des jahrgangsübergreifenden Unterrichts in der Grundschule. Wir schaffen damit weitere Möglichkeiten, auf die Bedürfnisse von Kindern einzugehen und ihre Potenziale auszuschöpfen.

Wir sagen Ja zu einer schüler- und einzelfallbezogenen Überprüfung bei Nichtversetzungen. Wir schaffen nicht das Sitzenbleiben ab, sondern wir stärken die pädagogische Kompetenz der Schule, damit jeder Einzelfall, jedes Kind individuell in seiner Vielfalt am Ende eines Schuljahres angeschaut wird.

(Zurufe von der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das machen die jetzt nicht, oder wie? Das ist Unsinn!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sagen Ja zu einer regelmäßigen Überprüfung, wenn Kinder auf eine andere Schule verwiesen werden müssen. Wir wollen kein Kind durch das Raster fallen lassen, sondern wir schauen uns die Bildungsbiographie jedes einzelnen Kindes an. Das ist Vielfalt anstatt Automatismus am Ende der sechsten Klasse.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir sagen Ja zu einer Gesamtschule als ersetzende Schulform. Wir beenden damit die jahrelang gegen den breiten Willen der Eltern erfolgte Diskriminierung einer erfolgreichen Schulform und setzen verstärkt auf gemeinsames Lernen. Es wird im Übrigen kein Schulträger gezwungen, eine Gesamtschule einzurichten.

(Björn Thümler [CDU]: Nein!)

Wir schaffen auch keine Schulform ab. Wir lassen die bunte Vielfalt

(Björn Thümler [CDU]: Bunt, genau!)

der Schulformen in Niedersachsen im Schulgesetz. Die CDU scheint es noch nicht begriffen zu haben, Herr Thümler.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Nie- mand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen!)

Wir sagen Ja zur Stärkung des Gymnasiums. Das Gymnasium bleibt die stärkste Schulform in Niedersachsen. Ihr Bestand wird sogar noch extra geschützt. Das Gymnasium wird auch weiterhin seine starke Stellung in Niedersachsen behalten. Wir statten es sogar noch besser aus mit Förderstunden, mit mehr Stunden für das Abitur nach neun Jahren, mit mehr Zeit zum Lernen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das ist unglaublich!)

Wir sagen Ja zur Stärkung des kommunalen Entscheidungswillens, der kommunalen Schulträgerschaft. Schulträger können jetzt endlich ihre Schullandschaft so ordnen, wie sie es vor Ort angesichts der demografischen Entwicklung tatsächlich benötigen.

Wir sagen Ja zur Inklusion; denn wir sagen, Kinder müssen gemeinsam lernen. Es muss einen diskriminierungsfreien Zugang zu Schule geben, egal,

woher die Kinder kommen, egal, welche Behinderung sie haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das glauben Sie doch alles selber nicht!)

Das, meine Damen und Herren, sind zehn wichtige und notwendige Schritte, die ich aufgelistet habe. Wir sagen zehn Mal Ja zur Zukunftsfähigkeit des Landes Niedersachsen, zur Zukunftsfähigkeit und zu Chancen für unsere Schülerinnen und Schüler. Sie dagegen sagen nur Nein, wie in einem CDUPamphlet, das als Pressemitteilung verschickt wird, oder Sie sagen „Einfalt statt Vielfalt“, wie es die FDP in ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde getan hat.

(Jörg Bode [FDP]: Wir wollen Vielfalt, Sie wollen Einfalt!)

Ich sage: Das ist monoton. Das ist dürftig, und das ist einfältig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nein sagen, Herr Thiele und Herr Thümler, hilft dem Land nicht weiter.

(Jörg Bode [FDP]: Sie kämpfen doch gegen das Gymnasium!)

Sie fallen in stereotype Wiederholungen zurück. Sie haben Verbote durchgesetzt, wie Sie es jahrelang bei den Gesamtschulen gemacht haben: fünf Jahre lang verboten, fünf Jahre lang Hürden. Wir errichten keine Hürden, wir machen keine Verbote. Wir lassen gestalten, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die FDP hat zusätzliche Redezeit beantragt. Wir sind übereingekommen, dass das möglich ist. Der Kollege Försterling hat für 1:30 Minuten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Rede der Ministerin muss man doch eines feststellen: Sie sagt Nein zur Förderschule Lernen. Sie sagt Nein zur Förderschule Sprache. Sie sagt Nein zu den Hauptschulen. Sie sagt Nein zu den Realschulen. Sie sagt Nein zu den Oberschulen. Sie sagt Nein zu den Gymnasi